Umspannwerk Ludersheim
Das Umspannwerk Ludersheim ist ein Umspannwerk im Altdorfer Ortsteil Ludersheim. Als wichtiger Bestandteil der Stromversorgung im Großraum Nürnberg verfügt es über die Spannungsebenen 220 und 110 kV. Darüber hinaus spielte es als erste Anlage dieser Größenordnung in Bayern und Bestandteil der Reichssammelschiene eine wichtige Rolle in der Entwicklung des bayerischen bzw. gesamtdeutschen Übertragungsnetzes.
Umspannwerk Ludersheim | ||
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Leistungstransformator im Umspannwerk Ludersheim | ||
Daten | ||
Ort | Altdorf-Ludersheim | |
Bauherr | Elektrowerke AG | |
Baujahr | 1940 | |
Grundfläche | 85.367 m² | |
Koordinaten | 49° 23′ 38″ N, 11° 19′ 32,5″ O | |
Besonderheiten | ||
Erstes 220-kV-Umspannwerk Bayerns, Teil der Reichssammelschiene |
Heute wird das Umspannwerk durch die Unternehmen TenneT TSO (220 kV) sowie N-ERGIE und die E.ON-Tochter Bayernwerk (110 kV) betrieben.
Lage und Anbindung
Die Anlage liegt etwa 20 km südöstlich des Nürnberger Stadtzentrums und 2 km nordwestlich von Altdorf, auf dessen Gemeindegebiet sie liegt. Das ca. 8,5 ha große Gelände nimmt dabei einen großen Teil des Ortsteiles Ludersheim ein. Unmittelbar südlich am Gelände vorbei führt die Bahnstrecke Feucht–Altdorf mit dem Haltepunkt Ludersheim der S-Bahn Nürnberg.
Für den Transport der Transformatoren existiert ein Gleisanschluss zur Bahnstrecke in Richtung Altdorf.[1][2]
Geschichte
Bau der Anlage
Der Bau der Umspannanlage geht auf das Jahr 1938 zurück, als der Bau einer als Reichssammelschiene bezeichneten Hochspannungsleitung mit 220 kV zwischen den Braunkohlerevieren in Mitteldeutschland und den Wasserkraftwerken in den österreichischen Alpen angeordnet wurde. Ludersheim sollte dabei zum einen der Versorgung des Großraumes Nürnberg mit Energie aus diesen Regionen dienen und zum anderen einen Anschluss mit dem seit 1924 in Betrieb befindlichen 110-kV-Netz des Bayernwerkes herstellen. Federführend beim Bau der Leitung und den Umspannwerken in ihrem Verlauf waren dabei die Berliner Elektrowerke, deren Versorgungsgebiet hauptsächlich in Mittel- und Ostdeutschland lag.
Mit dem Bau der Ludersheimer Anlage durch die Elektrowerke wurde im Jahr 1939 begonnen. Sie war zum Zeitpunkt des Baus die einzige für diese Spannungsebene ausgelegte Umspannanlage in ganz Bayern. Die große Freiluftschaltanlage mitsamt den Betriebsgebäuden wurde 1940 fertiggestellt, sodass im Januar 1941 die Reichssammelschiene in Betrieb gehen konnte. Vertraglich gesichert wurde im April 1941 die Lieferung des Braunkohlestroms aus Mitteldeutschland nach Bayern.
Zur Verbindung mit dem Übertragungsnetz des Bayernwerkes, das seit den 1920er Jahren als zentrale Ringleitung mit einzelnen Abzweigen ganz Bayern abdeckte, wurde die 110-kV-Leitung Nürnberg–Amberg unterbrochen und an beiden Enden in das Umspannwerk eingeschleift, sodass sich die Verbindungen Nürnberg–Ludersheim und Ludersheim–Amberg ergaben. Da das Umspannwerk Nürnberg (später Nürnberg West bzw. Umspannwerk Gebersdorf) den Einspeisepunkt des Kraftwerkes Franken I der Großkraftwerk Franken AG (GFA) darstellte und zwischen Amberg und dem Kraftwerk Schwandorf ebenso eine Verbindung bestand, konnte der Strom aus diesen Kraftwerken ebenfalls in die Reichssammelschiene eingespeist werden.
Eine zweite Verbindung mit dem Nürnberger Stadtgebiet wurde als einkreisige Freileitung zum Umspannwerk Nürnberg-Ost (heute Umspannwerk Rehhof) gebaut.
Während des Zweiten Weltkrieges erlitt die Anlage einzelne kriegsbedingte Schäden, wurde allerdings weiter betrieben. Geheime Rüstungsanlagen, die zu Kriegsende in der Nähe der Anlage errichtet wurden und durch das Umspannwerk versorgt werden sollten, gingen jedoch nicht mehr in Betrieb.
Nach dem Krieg
Mit Ende des Krieges und der Besetzung Deutschlands in vier Besatzungszonen beendete die sowjetische Besatzungsmacht die Stromzufuhr aus dem von ihr besetzen Gebiet in das unter amerikanischer Militärverwaltung stehende Bayern und unterbrach hierfür die Verbindung Remptendorf–Ludersheim der Reichssammelschiene an der Zonengrenze. Da nun die für das Bayernwerk wichtigste Energielieferanten wegfielen und der Abschnitt von Ludersheim über St. Peter nach Ernsthofen keine Verbindung mehr zum übrigen 220-kV-Netz hatte – bislang war die Verbindung über Helmstedt und das Umspannwerk Lehrte an die PreussenElektra gegeben – wurde der Bau einer auf rein westdeutschem Gebiet liegenden Verbindung notwendig.
Den schon 1946 aufgenommenen Planungen einer Direktverbindung mit den Übertragungsnetzbetreibern RWE und PreussenElektra folgte dann 1949 die Errichtung der 220-kV-Leitung Ludersheim–Aschaffenburg–Borken. Sie schloss zum einen das damals in Bau befindliche Kohlekraftwerk Aschaffenburg an das Stromnetz an und stellte zum anderen am Kraftwerk Borken die Verbindung zum Übertragungsnetz der PreussenElektra wieder her. Im selben Jahr unterzeichnete das Bayernwerk einen Vertrag über einen Stromaustausch mit dem RWE, sodass 1950 die Leitung von Aschaffenburg zum Umspannwerk Kelsterbach der Nord-Süd-Leitung in Betrieb gehen konnte.
Am Schnittpunkt der Reichssammelschiene mit der aus dem Jahr 1927 stammenden Leitung Bamberg–Kulmbach entstand 1958 mit dem Umspannwerk Würgau ein zweiter Einspeisepunkt in das nachrangige Netz. Darüber hinaus stellte es den neuen nördlichen Endpunkt der Leitungsverbindung dar, nachdem das Stromnetz der DDR von dem der Bundesrepublik komplett getrennt wurde.
Mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder wuchs der Stromverbrauch enorm, sodass zahlreiche neue Kraftwerke ans Netz gingen oder erweitert wurden. In den 1950er Jahren ging eine 220-kV-Leitung vom Kraftwerk Schwandorf nach Ludersheim zusätzlich zur seit 1924 bzw. 1930 bestehenden Verbindung in Betrieb. Auch gingen ansonsten weitere 220-kV-Umspannwerke in Bayern in Betrieb und das Bayernwerk entwickelte ein immer größer werdendes Netz an Hochspannungsleitungen.
Im Jahr 1964 wurde daher das Umspannwerk, das nach wie vor den bedeutendsten Knotenpunkt im bayerischen Stromnetz darstellte, erstmals ertüchtigt und 1967 die 220-kV-Schaltanlage umgebaut, sodass die Kapazität der Anlage verdoppelt werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren bis zu 24 Mitarbeiter in vier Schichten mit der Betriebsführung beschäftigt. Die Leitung nach Rehhof wurde auf zwei Stromkreise erweitert.
1988 wurde die Betriebsführung der Anlage von der Elektrowerke AG an das Bayernwerk übertragen, das im Jahr 2000 unter Führung der VIAG zusammen mit PreussenElektra zur E.ON fusionierte.
Nach der Wiedervereinigung bis heute
Die erste Verbindung zwischen dem west- und dem ostdeutschen Stromnetz ging 1991 zwischen Raitersaich, Redwitz und Remptendorf als 380-kV-Leitung, aber zunächst mit 220 kV, in Betrieb und folgt dabei ab Elsenberg größtenteils dem Verlauf der alten Reichssammelschiene. Damit wurde ein Stromkreis von Ludersheim ausgehend von Würgau nach Kriegenbrunn umverlegt. Mit der Stilllegung des Kraftwerkes Franken II und dem Umbau der Umspannanlage Kriegenbrunn auf 380 kV im Jahr 2003 wurde der Abschnitt Elsenberg–Ludersheim von 220 auf 110 kV umgestellt und an die Umspannwerke Forchheim und Thuisbrunn angeschlossen.
Die ursprünglich drei Leistungstransformatoren und zwei Sammelschienen umfassende Anlage wurde 2007 im Zuge von Einsparmaßnahmen stark reduziert und in eine sogenannte Sparanlage umgewandelt. Damit einhergehend wurden auch einige 220-kV-Stromkreise auf 110 kV degradiert, zumal gleichzeitig der Ausbau der heute höchsten Spannungsebene 380 kV forciert wurde. Statt ehemals acht 220-kV-Stromkreisen sind es heute nur noch drei.
Zwei Jahre später wurde auch die 110-kV-Anlage von drei auf zwei Sammelschienen reduziert, wobei sich die Anzahl der Stromkreise nicht verringerte. Die Leitung nach Amberg wurde von 2009 bis 2010 komplett demontiert, diese Aufgabe übernimmt heute der zweite Stromkreis auf der Leitung nach Schwandorf, der über ein Erdkabel am Amberg angebunden ist. Auch die Leitung nach Nürnberg-Gebersdorf gibt es seit 2006 nicht mehr, sie wurde an das Umspannwerk Feucht angeschlossen.
Der 110-kV-Stromkreis nach Schwandorf wurde in das neue Umspannwerk Lauterhofen eingespeist, das den Strom aus dem zahlreichen in den letzten Jahren neu entstandenen Windparks auf der Fränkischen Alb einspeist.
Seit 1. Januar 2010 wird das Höchstspannungsnetz der E.ON und damit auch der 220-kV-Teil des Umspannwerks Ludersheim durch das Unternehmen TenneT TSO betrieben. Zum 31. Dezember 2012 wurden die Leitungen Ludersheim–Rehhof und Ludersheim–Feucht von der N-ERGIE Netz GmbH übernommen.[3]
Betrieb
Technischer Aufbau
- 110-kV-Anlage
- 220-kV-Anlage
- Leistungstransformator
- Deutlich zu sehen: weitgehend ungenutzte Fläche
Seit der Reduzierung der technischen Komponenten wird nur noch ein kleiner Teil des Werksgeländes von den Freiluftschaltanlagen eingenommen. Die 220-kV-Anlage verfügt über eine Sammelschiene und drei abgehende Stromkreise dieser Spannung, die 110-kV-Anlage beinhaltet zwei Sammelschienen und acht abzweigende Stromkreise.
Zwischen beiden Anlagenbereichen wandeln zwei Leistungstransformatoren die Spannung um. Daneben existiert ein weiterer Transformator als Reserve.
Freileitungen
Alle vom Umspannwerk wegführenden Stromkreise sind als Freileitung ausgeführt. Folgende Verbindungen existieren heute:
Netzbetreiber | Spannung | Strom- kreis -Nr. | Zielort/-station | Baujahr | Himmels- richtung | Bemerkungen |
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TenneT TSO |
220 kV | 237 | Raitersaich | 1949 | Nord | Ursprünglich Teil der 220-kV-Leitung Ludersheim–Aschaffenburg–Borken, früher zwei 220-kV-Stromkreise, werden heute parallel geschaltet |
223 | Schwandorf | 1955 | Früher zwei 220-kV-Stromkreise, davon einer heute mit 110 kV betrieben | |||
221 | Sittling | 1940 | Ursprünglich Teil der Reichssammelschiene, früher zwei 220-kV-Stromkreise, werden heute parallel geschaltet | |||
N-ERGIE |
110 kV | 142 | Lauterhofen | 1955 | Süd | Bis 2009 mit 220 kV betrieben |
125 126 |
Rehhof | 1940 | Zweikreisige Leitung, wurde beim Bau des Umspannwerkes als einkreisige Verbindung in Betrieb genommen und später erweitert | |||
131 | Feucht | 1924 / 1940 | Ursprüngliche Leitung Nürnberg West–Ludersheim, der Abschnitt von Nürnberg nach Feucht wurde 2006 demontiert und die verbliebene Verbindung in das UW Feucht geführt | |||
Bayernwerk |
143 | Neumarkt | ||||
153 | Forchheim | 1940 | Nord | Ursprünglich Teil der Reichssammelschiene, bis 2003 mit 220 kV betrieben | ||
152 | Thuisbrunn |
Weblinks
Einzelnachweise
- www.bahnrelikte.net: Bahnstrecke Feucht - Altdorf (b Nürnberg) (S-Bahn Nürnberg Linie S2). Abgerufen am 1. August 2017.
- http://www.lokschuppen-dominik.de/: Ludersheim. Abgerufen am 1. August 2017.
- N-ERGIE Geschäftsbericht 2012