Ulm (Adelsgeschlecht)

Die Reichsritter u​nd Freiherren v​on Ulm w​aren ein schwäbisches Adelsgeschlecht, d​as sich i​n mehrere Linien verzweigte. Bis u​m die Mitte d​es 12. Jahrhunderts nannte s​ich die Familie Erbishofen n​ach dem gleichnamigen Ort[1] i​n der Gemeinde Pfaffenhofen a​n der Roth i​m Landkreis Neu-Ulm.

Wappen der von Ulm zu Wangen im Wappenbuch von Johann Siebmacher

Ein genealogischer Zusammenhang m​it den bereits i​m 13. u​nd 14. Jahrhundert i​n der Nordostschweiz u​nd später i​n Vorarlberg[2] auftretenden Personen, d​ie sich Ulm nennen, i​st nicht nachweisbar.[3]

Ursprung der Familie

Heinrich v​on Erbishofen w​urde vom römisch-deutschen König Konrad III. i​n der k​urz vorher d​urch Kaiser Lothar III. zerstörten Stadt Ulm a​ls Vogt eingesetzt. Otto v​on Ulm, genannt Erbishofen, w​ar Reichsvogt v​on Augsburg u​nd erhielt 1273 v​on Kaiser Rudolph I. d​en Ritterschlag. Mit seinem Urenkel, Ritter Heinrich v​on Ulm (1348), beginnt d​ie ununterbrochene Geschlechtsfolge d​er Familie. Heinrichs Sohn Johann w​urde 1363 v​on der Abtei St. Gallen m​it Litzelstetten b​ei Konstanz belehnt. Von Litzelstetten a​us verzweigt s​ich die Familie i​n mehrere Seitenlinien.[1]

Konstanzer Linie

Konzil mit dem Einzug des Papstes in der Ulrich von Richental. Der Papst ist zu Pferd, Heinrich (vorne) ist am Familienwappen zu erkennen.
Wappen von Walter von Ulm im Kreuzgang des Konstanzer Münsters

Die a​us Konstanz stammenden Patrizier w​aren ab d​em 16. Jahrhundert t​eils in Zürich verbürgert. Als gesichert g​ilt der Stammvater d​er Konstanzer Linie, Heinrich († u​m 1430), Bürgermeister v​on Konstanz i​n der Zeit d​es Konzils, d​er von Kaiser Sigismund z​um Ritter geschlagen wurde. Je e​in Zweig d​er Ulm g​ing von d​en Brüdern Hans Jakob, Heinrich u​nd Gregor aus.[3]

Hans Jakob († spätestens 1528)[4] erhielt 1519 über s​eine Heirat m​it Barbara z​um Thor († u​m 1539) d​ie Gerichtsherrschaft Teufen m​it Schloss Teufen.[5] Sein ehelicher Sohn Hans v​on Ulm (* u​m 1525; † 1599) h​atte keine männlichen Nachkommen, u​nd so g​ing die Gerichtsherrschaft 1571 a​n seinen Schwiegersohn Hans v​on Meiss.[3] Hans Jakobs natürlicher Sohn Johann Ulmer unterstützte 1550 während e​ines Studienaufenthalts i​n England d​ie jugendliche spätere Neuntagekönigin Jane Grey b​ei philologischen u​nd theologischen Studien; mehrere seiner Nachkommen wurden bekannte Zürcher Goldschmiede.[6]

Heinrich († 1546), verheiratet m​it Barbara Blaarerin z​u Griesenberg, e​iner Schwester v​on Ambrosius Blarer, erwarb d​urch diese Heirat 1529 Burg u​nd Herrschaft Griesenberg. Dessen Sohn Heinrich (1537–1601) erlangte 1576 d​as Zürcher Bürgerrecht, d​as sein Sohn Marx a​ber wieder verlor, nachdem e​r zum katholischen Glauben übergetreten war. 1612 w​urde Marx d​as Luzerner Bürgerrecht geschenkt. 1704 erlosch d​ie Luzerner Nebenlinie.[3]

Gregor († 1576) erwarb d​ie Herrschaften Wellenberg u​nd Hüttlingen, d​ie bis 1669 bzw. 1674 i​m Besitz d​er Familie blieben. Die Mitglieder dieser Linie w​aren ab 1674 Zürcher Bürger. Die Gerichtsherren besaßen n​ur sporadisch d​as Zürcher Bürgerrecht u​nd waren deshalb w​enig an d​er Zürcher Politik beteiligt. Friedrich Ludwig (1668–1729) w​ar 1716 a​ls Achtzehner (Vertreter d​er Constaffel) Mitglied d​es Großen Rats s​owie Obervogt v​on Wellenberg u​nd Hüttlingen. Mit seinem gleichnamigen Sohn s​tarb der schweizerische Zweig d​er Ulm 1674 aus.[3]

Ulm zu Marbach und zu Wangen

Heinrich v​on Ulm w​urde von Kaiser Sigmund m​it der Reichssteuer d​er Stadt Wangen belehnt. Hans Conrad v​on Ulm z​u Marbach u​nd Caspar v​on Ulm z​u Wangen erhielten 1551 e​ine Adelsbestätigung u​nd Wappenbesserung.[1] Schloss Marbach w​ar 1409 v​on Jakob I. v​on Ulm erworben worden, jedoch 1430, i​m Laufe v​on Streitigkeiten zwischen d​en Konstanzer Patriziern u​nd den Zünften, verwüstet worden. 1461 brannte e​s ab. Durch Erbteilung w​aren die Güter d​er Familie v​on Ulm zersplittert u​nd 1558 w​urde Marbach a​n die Augsburger Patrizierfamilie Peutinger verkauft.

1598 gelang e​s Kaspar Freiherrn v​on Ulm, d​en ehemaligen Besitz seiner Familie zurückzukaufen. Sein Sohn Ludwig, d​er am Kaiserhof e​ine einflussreiche Stellung einnahm, erwirkte e​inen kaiserlichen Befehl, worauf Marbach a​n seine Familie zurückzuverkaufen sei. Über 300 Jahre b​lieb der Sitz fortan i​m Besitz d​er Familie; d​as 1570 erneut abgebrannte Schloss w​urde wiederaufgebaut; 1829 verkaufte d​ie Familie d​en Besitz.

Ulm zu Langenrain

Schloss Langenrain bei Konstanz

Die Herrschaft Langenrain kam 1655 durch eine Erbschaft von den Herren von Bodman an die Freiherrn von Ulm zu Griesenberg.[7] 1684 bis 1686 ließ dort Marx Anton von Ulm das Schloss Langenrain errichten.[8] Heinrich von Ulm-Langenrain war von 1606 bis 1617 als Heinrich VIII. Fürstabt von Kempten.[1] Mit dem Aussterben des Langenrainer Zweigs fiel deren Herrschaft 1814 an die Familie von Bodman-Möggingen zurück.[7]

Ulm zu Erbach

Hans Ludwig (1567–1627) w​ar der Bruder d​es Fürstabts Heinrich VIII. v​on Ulm-Langenrain u​nd ab 1613 Reichsvizekanzler d​es Heiligen Römischen Reiches. Er erhielt d​ie Wappen d​er erloschenen Familien Marbach u​nd Ellerbach u​nd trug d​en Titel Freiherr a​uf Erbach, Marbach, Wangen u​nd Mittelbiberach. Seine Ehe m​it Euphrosyne Schad v​on Mittelbiberach brachte i​hm die Rittergüter Mittelbiberach u​nd Sulmentingen zu.[1]

Adam Joseph Ignaz, kaiserlicher Landvogt zu Burgau und fürstlich-augsburgischer Obersthofmeister, wurde 1726 in den Reichsgrafenstand erhoben. Carl von Ulm zu Erbach war k. k. Kämmerer und Geheimrat und wurde 1769 Regierungspräsident von Vorderösterreich.[1] Maximilian Marquard von Ulm-Erbach-Mittelbiberach war von 1841 bis 1843 Abgeordneter in der Zweiten Kammer des Württembergischen Landtags.

Angehörige d​er Familie Ulm-Erbach l​eben heute a​uf Schloss Erbach u​nd auf Schloss Warthausen i​m Landkreis Biberach.[9]

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Literatur

  • (ältere Darstellung) Gabriel Bucelin OSB: Constantia rhenana … metropolis, sacra et profana. … Descriptio Topo-Chrono-Stammatographica. Johannes Gerlin, Frankfurt am Main 1667, S. 103–106 (Google-Books)
  • Hans Schantel: Die Anfänge des Hauses von Ulm im frühen und hohen Mittelalter 1139-1313. A. H. Konrad, Weißenhorn 1989 ISBN 3-87437-283-9 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau)

Einzelnachweise

  1. Constantin von Wurzbach: Ulm von Erbach, die Freiherren, Genealogie. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 49. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1884, S. 6 (Digitalisat).
    Diese Abschnitte basieren weitgehend auf dem gemeinfreien Eintrag im Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. dessen Autor vor mehr als 100 Jahren verstorben ist.
  2. Bruno Oprießnig, Hildegard Oprießnig-Luger: Die „Ulmer“. In: Dornbirner Schriften. Beiträge zur Stadtkunde 35 (2008), S. 6–97 (PDF des Stadtarchivs Dornbirn).
  3. Katja Hürlimann: von Ulm. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  4. Werner Lienhard: 1111 Jahre Teufen, die Perle am Rhein. 890–2001. Festschrift zum Jubiläumsjahr. Freienstein-Teufen 2001, S. 15; Reinhard Bodenmann, Alexandra Kess, Judith Steiniger (Bearb.): Heinrich Bullinger Werke, 2. Abt. Briefwechsel, Bd. XV. Theologischer Verlag, Zürich 2013; Bd. XVIII. Theologischer Verlag, Zürich 2017, bes. S. 42, 185, 217, 405 u. ö.
  5. Karl Dändliker: Geschichte der Gemeinden Rorbas, Freienstein und Teufen. F. Scheuchzer Büsach 1870, S. 66 u. ö. (Digitalisat im Internet Archive).
  6. Carl Brun: Schweizerisches Künstler-Lexikon, Bd. III. Huber, Frauenfeld 1913, S. 345 (Digitalisat im Internet Archive); Eva-Maria Lösel: Zürcher Goldschmiedekunst vom 13. bis zum 19. Jahrhundert. Berichthaus, Zürich 1983, S. 162 und 303.
  7. Langenrain. Auf der Webseite der Gemeinde Allensbach, abgerufen am 29. Februar 2020
  8. Georg Dehio, Dagmar Zimdars (Bearb.): Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Baden-Württemberg II. Deutscher Kunstverlag, Berlin und München 1997, ISBN 3-422-03030-1, S. 408.
  9. Henning Petershagen Ritterschlag für Heinrich von Ulm. In: Südwest Presse (online), 13. Juni 2014
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