Thomson-Streuung
Thomson-Streuung (nach Joseph John Thomson) bezeichnet die elastische Streuung von Licht (Photonen) an geladenen Teilchen, die frei oder im Vergleich zur Photonenenergie schwach gebunden sind (im Allgemeinen quasifreie Elektronen). Dieses Modell gilt auch für freie Elektronen im Metall, deren Resonanzfrequenz aufgrund fehlender Rückstellkräfte gegen Null geht.
Geladene Teilchen werden durch das Feld einer elektromagnetischen Welle zu kohärenten harmonischen Schwingungen in der Ebene des elektrischen Feldes angeregt. Da diese Schwingung eine beschleunigte Bewegung ist, strahlen die Teilchen gleichzeitig Energie in Form einer elektromagnetischen Welle gleicher Frequenz ab (Dipolstrahlung). Man sagt, die Welle wird gestreut.
Abgrenzung von anderen Streuungen
Streuung an gebundenen Elektronen oder ganzen Atomen bezeichnet man als Rayleigh-Streuung.
Die Thomson-Streuung ist der Grenzfall der Compton-Streuung für kleine Photonenenergien. Beide Streuungen beschreiben das gleiche Phänomen und beruhen auf einem elastischen Stoß. Die Thomson-Streuung ist rückstoßfrei, d. h., es findet kein Impulsübertrag vom Photon auf das Elektron statt. Sie tritt nur auf, solange die Energie der einfallenden Photonen klein genug ist, d. h., die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung viel größer ist als ein Atomradius (z. B. weiche Röntgenstrahlung). Bei kürzeren Wellenlängen, also höheren Energien, muss der Rückstoß des Elektrons berücksichtigt werden (Compton-Streuung).
Berechnung
Der klassische Thomson-Wirkungsquerschnitt[1] ergibt sich als Grenzfall hoher Frequenz (im Vergleich zur Eigenfrequenz, ) aus dem Oszillatormodell:[2]
mit
- dem klassischen Elektronenradius
- der Elementarladung
- der elektrischen Feldkonstante
- der Elektronenmasse
- der Lichtgeschwindigkeit .
Eine bessere Näherung für kleine Energien erhält man durch Expansion der Klein-Nishina-Formel:
mit
- der Frequenz
- dem Faktor
Anwendung
In der Praxis nutzt man (bei nicht allzu kleinen Dichten) die Thomson-Streuung zur Bestimmung der Elektronendichte (Intensität der Streustrahlung) und der Elektronentemperatur (spektrale Verteilung der Streustrahlung, unter Annahme einer Maxwell-Verteilung der Geschwindigkeit).
Eine Anwendung der Thomson-Streuung sind z. B. Messungen der Dichte im Plasma von Fusionsreaktoren. Dabei werden aus mehreren aktiv gütegeschalteten Nd:YAG-Lasern (Wellenlänge 1064 nm) parallele Lichtstrahlen von unten ins Plasma eingestrahlt. Im rechten Winkel dazu werden über eine Optik die gestreuten Lichtteilchen über Monochromatoren gemessen. Es kommt dabei zu einer Verschiebung um bis zu 700 nm. Durch die relativ geringe Pulsrate der Laser ist die zeitliche Auflösung begrenzt. Es lassen sich aber meist mehrere Laser unmittelbar hintereinander abfeuern. Damit ist in einem kurzen Zeitintervall die Auflösung höher.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Claude Amsler: Kern- und Teilchenphysik. vdf Hochschulverlag, 2007, ISBN 978-3-7281-3695-4, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
- CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 19. Oktober 2021.