Stadtresidenz Landshut
Die Stadtresidenz Landshut ist ein Palastbau inmitten der Landshuter Altstadt, der unter Herzog Ludwig X. in den Jahren 1536 bis 1543 erbaut und später von verschiedenen Adligen zu Wohnzwecken genutzt wurde. Die Schaufassade zur Altstadt hin wurde im 18. Jahrhundert klassizistisch umgestaltet. Die Anlage ist unter der Aktennummer D-2-61-000-64 als Baudenkmal von Landshut verzeichnet.
Die Stadtresidenz gilt gemeinhin als das früheste, sich auf italienische Vorbilder beziehende Werk der Renaissancearchitektur nördlich der Alpen. Vor allem der Palazzo del Te in Mantua wird als Vorbild für den Landshuter Palastbau angesehen. Die kunsthistorische Forschung betrachtet ihn als ein wichtiges Baubeispiel der Renaissance, das nördlich der italienischen Gebiete errichtet wurde. Zudem wurde er zum Vorbild für spätere Palastbauten in Italien, was infolge des Kulturtransfers möglich war. Besonders der berühmte oberitalienische Architekt der Spätrenaissance Andrea Palladio scheint in seinem Alterswerk vom Landshuter Bau stark beeinflusst worden zu sein.[1]
Geschichte und Architektur
Zunächst errichtete der Augsburger Baumeister Bernhard Zwitzel in den Jahren 1536/37 den so genannten Deutschen Bau, der heute den Ostflügel der Residenz und damit auch deren Schaufassade zur Altstadt hin bildet. Etwa zur gleichen Zeit fand Herzog Ludwig X. bei einem Italienbesuch großen Gefallen an dem Palazzo del Te in Mantua und engagierte dessen berühmten Architekten Giulio Romano für eine Erweiterung seiner Stadtresidenz. Dieser errichtete ab 1537 zur Rückseite, also zur Ländgasse hin, den so genannten Italienischen Bau, einen typisch italienischen Renaissance-Palazzo. Dieser besteht aus Nord-, West- und Südtrakt und umschließt daher gemeinsam mit dem viergeschossigen Deutschen Bau einen rund 27 × 20 Meter großen Innenhof. Während der Bauzeit war Romano mindestens einmal, nämlich im Jahr 1539, in Landshut anwesend, um die Umsetzung seines Entwurfs durch die Handwerker zu begutachten und sein Gestaltungskonzept daraufhin leicht zu modifizieren.[2][3]
Die drei Flügel des Italienischen Baus sind zum Innenhof hin mit rustizierten Arkaden versehen und bilden eine sog. Loggia. Diese werden von Säulen mit kreisrundem Querschnitt getragen. Damit weicht Giulio Romano als Manierist aber schon eklatant von dem von der Antike her motivierten Architekturverständnis seiner Vorgänger ab. Dieses sahen unter rustizierten Bögen quadratische Pfeiler mit einem Architrav vor. Die von Romano gefundene Lösung taucht zum ersten Mal in Landshut auf und findet anschließend in Italien große Verbreitung – ein Beleg dafür, dass die Landshuter Stadtresidenz auch international als Schlüsselwerk der Hochrenaissance (in Italien schon des Manierismus) angesehen werden darf.
Ein weiteres Stilelement, das Romano erstmals in Landshut benutzt, ist die achteckige Kassettierung im Durchgang vom Innenhof zur rückwärtigen Ländgasse. Diese ist perspektisch so angelegt, dass sie dem Betrachter von seinem Standpunkt aus her richtig erscheint. Bei dem beinahe identischen Eingangsgewölbe des Palazzo del Tè hatte der Baumeister die Verzerrung der Kassettenformen noch hingenommen. Der von außen nicht zu erahnende Innenhof, der bei dem langgestreckten Grundstück der Landshuter Residenz für ausreichende Beleuchtung und Belüftung der Räume sorgt, sowie die zur Erbauungszeit einzigartige symmetrische Treppenanordnung in der Eingangshalle des sog. 'Deutschen Baus' wurden beispielsweise von Andrea Palladio bei der Konzeption des Palazzo Porto in Vicenza aufgegriffen.[1][3]
Die Prunkräume der Stadtresidenz mit reichen Stuckarbeiten und Freskomalereien bilden bis heute die Touristenattraktion der Stadt neben der Burg Trausnitz, dem vormaligen Wohnsitz des Herzogs Ludwig X. Während die Stuckdekoration von aus Mantua stammenden Italienern besorgt wurde, stammen die Malereien zu biblischen, mythologischen und historischen Themen von Künstlern wie Hermanus Posthumus, Hans Bocksberger d. Ä. und Ludwig Refinger.[4]
Die Schaufassade zur Altstadt hin wurde im 18. Jahrhundert klassizistisch umgestaltet, als Pfalzgraf Wilhelm von Birkenfeld-Gelnhausen hier von 1780 bis 1799 dort residierte. Aus dieser Zeit stammen auch die nach ihm benannten sog. Birkenfeld-Zimmer im Deutschen Bau. Da Kronprinz Ludwig während seines Studiums in Landshut hier lebte, erhielten im Jahre 1803 einige Räume heute selten gewordene, frühe Wandtapeten. Diese aus Frankreich stammenden Tapeten wurden bei der Innenrenovierung in den Jahren 1993 bis 2003 wieder freigelegt.[4]
Literatur
- Brigitte Langer (Hrsg.): "Ewig blühe Bayerns Land". Herzog Ludwig X. und die Renaissance. Begleitbuch zur Ausstellung in der Stadtresidenz Landshut 28. Mai bis 27. September 2009. Regensburg 2009.
- Helmut Kronthaler: Die Ausstattung der Landshuter Stadtresidenz unter Herzog Ludwig X. (1536–1543). (= Schriften aus dem Institut für Kunstgeschichte der Universität München 21). München 1987.
- Gerhard Hojer (Hrsg.): Der Italienische Bau. Materialien und Untersuchungen zur Stadtresidenz Landshut. Landshut-Ergolding 1994.
- Iris Lauterbach; Endemann Klaus; Christoph Luitpold Frommel (Hrsg.): Die Landshuter Stadtresidenz. Architektur und Ausstattung (= Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, Bd. XIV). München 1998. ISBN 3-9806071-1-9.
- Heike Werner, Matthias Wallner: Architektur und Geschichte in Deutschland. Edition Werner, München 2006, ISBN 3-9809471-1-4, S. 64–65.
Weblinks
Einzelnachweise
- Klaus Endemann: Giulio Romano und Andrea Palladio. Die Landshuter Residenz Herzog Ludwigs X. und ihre Rezeption in den frühen Palastkonzepten Palladios. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte, Ausgabe 1/2017, S. 35–82. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin.
- Howard Burns: Giulio Romano and the Palazzo Thiene, Vicenza. In: Guido Beltramini, Howard Burns (Hrsg.): Palladio, Royal Academy of Arts, London 2008, ISBN 978-1-905711-24-6, S. 42.
- Landshuter Zeitung vom 21. Oktober 2017: , S. 28.
- Stadtresidenz Landshut – Informationen für Besucher. Online auf www.burg-trausnitz.de; abgerufen am 6. November 2017.