St. Nikolaus (Freiburg im Üechtland)
Die Kathedrale St. Nikolaus (französisch: Cathédrale Saint-Nicolas) ist die Kathedrale des römisch-katholischen Bistums Lausanne, Genf und Freiburg in Freiburg in der Schweiz. Sie trägt das Patrozinium des heiligen Nikolaus und war ehemals bis 1924 die Kollegiatkirche eines Kanonikerstiftes. Das ursprüngliche Freiburger Münster wurde 1924 zur Kathedrale des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg erhoben.
Baugeschichte
Die Kathedrale wurde ab 1283 in mehreren Etappen bis 1490 an der Stelle eines romanischen Gotteshauses erbaut.
Bauwerk
An der mächtigen Westfront öffnet sich das Hauptportal, dessen Tympanon eine Darstellung des Jüngsten Gerichts aus dem 14. Jahrhundert zeigt. Der Polygonalchor wurde von 1627 bis 1630 erneuert und vergrössert, wobei trotz der fortgeschrittenen Zeitepoche der Stil der Gotik beibehalten wurde.
Die dreischiffige gotische Kirche besitzt einen 76 Meter hohen Turm, dessen Bau 1490 im Stil der späten Flamboyantgotik abgeschlossen wurde und in dem sich eine Wendeltreppe aus 368 Stufen befindet.[1]
- Kathedrale von Freiburg von der Lorette aus gesehen
- Aussichtsplattform
Portale
Haupteingang (Westportal)
- Westportal
- Detail: Westportal
- Figurengruppen des Westportals
Südportal[2]
Das Südportal war ursprünglich der Haupteingang zur Kathedrale. Der schlechte Zustand, welcher durch den jahrzehntelangen Autoverkehr verursacht wurde, bewog die Stadt in den 1970er Jahren, das Tor zu schliessen und zu dessen Schutz mit Holz zu verkleiden. Nach 40 Jahren wurde das Tor wieder restauriert und öffentlich gemacht. Da zum Teil nicht mehr bekannt war, wie gewisse Sockel der Statuen ursprünglich ausgesehen haben, wurde eine Statue mit einem Sockel versehen, der die Neuzeit zum Thema nimmt: Es sind auf ihm Leute zu sehen, welche intensiv mit ihren Smartphones beschäftigt sind.
Ausstattung
Zur reichen Ausstattung der Kirche gehören die Heiliggrabkapelle mit der Darstellung der Grablegung Christi (1433), ein Taufstein von 1498, das Chorgestühl im gotischen Flamboyantstil (1516), verschiedene barocke Altäre und der Hochaltar von 1877. Das von Ulrich Wagner zwischen 1464 und 1466 angefertigte Chorgitter im spätgotischen Stil gilt als das „schönste seiner Epoche“.[3][4]
- Heiliggrabkapelle
- Taufbrunnen
- Kanzel
- Altarbild
- Kreuzesdarstellung im Chorraum
Fenster
- Bischöfe und Diakone
- Anbetung der Drei Könige
- Märtyrer
- Apostel
- Eucharistie
- Unsere Liebe Frau vom Sieg
- Heilige
- Bruder Klaus
Die Kirchenfenster wurden vom polnischen Künstler Józef Mehoffer zunächst im Jugendstil, später nur noch teilweise diesem Stil verpflichtet, entworfen und zwischen 1896 und 1936 vom Freiburger Atelier Kirsch & Fleckner in Bleiglasfenster umgesetzt. Acht Fenster von Mehoffer belichten die Seitenkapellen beidseits des Schiffs und fünf den Chor. Die zwei Fenster in der Heiliggrabkapelle sind das Werk des französischen Malers Alfred Manessier.
Das älteste der Mehoffer-Fenster ist das Apostelfenster von 1895–1896. Mit diesem Entwurf gewann Mehoffer den international ausgeschriebenen Wettbewerb für die Gestaltung der acht Fenster. Das Fenster zeigt in jedem der vier Fensterbahnen je einen Apostel, nämlich Petrus, Johannes, Jakobus und Andreas. Das Fenster befindet sich in der nördlichen Seitenkapelle vor dem Chor.
Das zweite Fenster mit Unserer Lieben Frau vom Sieg ist Maria als Beschützerin der Heimat gewidmet. Es verherrlicht den Sieg der Eidgenossen und ihrer freiburgischen Verbündeten über Karl den Kühnen in der Schlacht bei Murten 1476. Dieses Fenster belichtet die zweite Kapelle vor dem Chor im südlichen Seitenschiff.
Das Märtyrerfenster mit den heiligen Mauritius, Sebastian, Katharina und Barbara entstand 1898–1899. Das Atelier Kirsch & Fleckner stellte es an der Weltausstellung in Paris 1900 aus, wo es mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Aufgrund der unterschwelligen Erotik der Bilder in der untersten Zeile, wo die Heiligen im Sterben liegen, gab anfänglich zu Diskussionen Anlass. Das Fenster befindet sich in der zweitvordersten Seitenkapelle der Nordseite.
Als viertes wurde das Eucharistiefenster 1998-1900 vollendet. Es stellt die Opfergabe von Leib und Blut Christi dar. Es befindet sich in der vordersten Seitenkapelle der Südseite.
Das Dreikönigsfenster folgte 1902–1904. Es setzt die Anbetung der Könige ins Bild und befindet sich in der drittvordesten Kapelle der Nordseite.
1907–1909 erschuf Mehoffer und das Atelier Kirsch & Fleckner das Fenster mit den Heiligen Georg, Michael, Anna und Maria Magdalena. Dieses Fenster belichtet die drittvorderste Seitenkapelle der Südseite.
Noch vor dem Ersten Weltkrieg folgte das Fenster der heiligen Diakone und Bischöfe. Es entstand zwischen 1912–1914. Dargestellt sind wegen ihrer besonderen Verehrung in Freiburg die Heiligen Stephan, Laurentius, Martin und Claudius. Hinter den Heiligen stehen paarweise zwei junge Mädchen, welche gemäss den Inschriften die drei theologischen Tugenden, die vier Kardinaltugenden und die Wissenschaft versinnbildlichen. Das Fenster befindet sich in der hintersten Seitenkapelle der Südseite, also neben dem Eingang zum Turm.
Das Fenster des Nikolaus von der Flüe, das während des Ersten Weltkriegs 1915–1918 entstand, stellt eine Gruppe Eidgenossen dar, die ihren Treueschwur vor dem Altar des Vaterlandes, einer riesigen Säule mit einem kanzelähnlichen Bühne, leisten. Hier sind Einflüsse des Jugendstils, der Historienmalerei, der Volkskunst und der Monumentalkunst augenscheinlich. Das Fenster belebt die hinterste Seitenkapelle der Südseite, neben dem Eingang zur Heiliggrabkapelle.[5]
Orgeln
Die Kathedrale verfügt über zwei Orgeln.[6] Die große Orgel wurde zwischen 1824 und 1834 vom Freiburger Orgelbauer Aloys Mooser (1770–1839) gebaut und zog Musiker wie Franz Liszt und Anton Bruckner an. Das Instrument hat 60 Register auf vier Manualen und Pedal.[7]
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Die Chororgel wurde von Sebald Manderscheidt (1620–1685), einem Sohn des deutschen Orgelbauers Nicolaus Manderscheidt, in den Jahren 1655 bis 1657 erbaut. Das Instrument verüfgt über 18 Register auf zwei Manualen und Pedal.[8]
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Glocken
Das Geläut besteht aus 13 Glocken. Es zählt mit den Geläuten der St. Galler Stiftskirche und des Berner Münsters (beide auf e0) zu den bedeutendsten historischen Grossgeläuten der Schweiz.
Allabendlich um 22:15 Uhr[9] erklingt die Barbaraglocke zum Armeseelen- bzw. Verirrtenläuten. Zu den Betzeiten um 7, 12 und 19 Uhr läutet die Stundenglocke; zu den Werktagsmessen findet seit dem 17. Jahrhundert die Primglocke Verwendung. Die grosse Sions- oder Marienglocke läutet im Anschluss an Bestattungsfeiern.
Seit 1953 sind die Glocken mit einem elektrischen Läuteantrieb versehen; Die Glocken 13+12 wurden während der Restaurierung 2009 auch mit einem elektrischen Läuteantrieb versehen, vorher konnten sie noch von Hand geläutet werden. Die beiden Choralistenglocken werden heute nicht mehr benutzt, könnten aber noch von Hand geläutet werden. Sie sind mit einem Seil miteinander verbunden, so dass beide Glocken gleichzeitig mit einem Zug geläutet werden könnten.
Die Läuteordnung aus dem Mittelalter hat sich damit grundlegend verändert; die Gambachglocke und die kleine Totenglocke (erst in den 1990er Jahren) wurden in das Hauptgeläut integriert und der regelmässige Gebrauch des Vollgeläutes und grösserer Teilgeläute kehrte ein: Jeden Samstag wird um 19 Uhr anstelle des Abendläutens der Sonntag mit dem Vollgeläut (Glocken 9–1) eingeläutet; dieses erklingt ebenfalls zum Hochamt ab 09:45 Uhr. Zur 09:00- und zur 11:30-Messe wird das Geläut auf die Glocken 7–2 reduziert, zur Vorabend- und Sonntagabendmesse abermals auf die Glocken 6–3. Bei Taufen ertönen die Glocken 9–4, zu Trauungen die Glocken 9–3 und schliesslich vor Bestattungsfeiern die Glocken 9–2.[9][10]
Nr. |
Name |
Gussjahr |
Giesser |
Ø (mm) |
Masse (kg) |
Nominal (HT−1/16) |
Glockenstuhl |
Läuteanlass |
1 | Sions- oder Marienglocke | 1505 | Robert de Besançon & Pierre de Montureux | 2207 | 6950 | g0 −5 | unten, zentral | nach Bestattungsfeiern |
2 | Katharinenglocke | 1746 | 3550 | ces1 −2 | unten, Süd | |||
3 | Barbaraglocke | 1367 | Walter Reber | 1461 | 2080 | es1 +1 | Mitte, zentral | 22:15 Uhr |
4 | Stunden- oder Bruderschaftsglocke | 1416 | Anton Grangier | 1300 | 1650 | f1 −1 | Mitte, Nord | 7, 12 und 19 Uhr |
5 | Primglocke | 1437 | Peter Follare | 1106 | 980 | as1 ±0 | Mitte, Nord | zu Werktagsmessen |
6 | Gambachglocke | 1562 | Hans Burdi | 957 | 600 | b1 +8 | Mitte, zentral | |
7 | Sakristansglocke | 1569 | Jakob Kegler | 680 | 210 | es2 +13 | Mitte, Südwest | |
8 | Sakristansglocke | 14. Jh. | unbekannt | 647 | 230 | ges2 +6 | Mitte, Südost | |
9 | Totenglocke | 1734 | Jakob Klely | 564 | 110 | ges2 ±0 | Turmspitze | |
10 | 1. Choralistenglocke | 1567 | Jakob Kegler | 291 | 20 | ? | Mitte, Nord | |
11 | Choralistenglocke | 1554 | Jakob Burdi | 289 | 18 | g3 | Mitte, Nord | |
I | Messglocke | 1737 | Joseph Klely | 415 | 50 | ces3 +3 | Dachreiter | |
II | Sakramentsglocke | 1656 | Franz-Bartholomäus Reyff | 316 | 23 | f3 | Dachreiter |
Patronatsfest
- → siehe Hauptartikel St.-Nikolaus-Fest
Am Patronatsfest der Kathedrale und der Stadt Freiburg zieht jedes Jahr am ersten Samstag des Dezembers ein als St. Nikolaus verkleideter Schüler des Kollegiums St. Michael mit einem Esel an der Spitze eines Umzuges durch die Altstadt und hält anschliessend von einer Plattform über dem Portal der Kathedrale eine Rede mit satirischen Anspielungen auf die Ereignisse des vergangenen Jahres im Kollegium und der Stadt.[11]
Literatur
- Peter Kurmann (Hrsg.): Die Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg. Brennspiegel der europäischen Gotik. Bibliothèque des Arts, Lausanne 2007, ISBN 978-2-88453-135-1.
- Hortensia von Roda: Die Glasmalereien von Józef Mehoffer in der Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg i. Ue. Herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Benteli, Bern 1995, ISBN 3-7165-0969-8.
- Jean Steinauer: Die Republik der Chorherren – Eine Geschichte der Macht in Freiburg i. Ue. (Originaltitel: La république des chanoines, übersetzt von Hubertus von Gemmingen). hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte, Baden (Schweiz) 2012, ISBN 978-3-03919-269-4.
Weblinks
- Homepage der Pfarrei St. Nikolaus in Freiburg (französisch)
- Die grosse Orgel zu Freiburg in der Schweiz, Gedicht von Ignaz Heinrich von Wessenberg im Volltext bei Wikisource
- Geschichte der Stadt Freiburg i. Üechtland (Memento vom 5. September 2014 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- Schweiz-Netz.com Kathedrale Freiburg, abgerufen am 23. Juni 2013.
- Bericht Schweizer Radio SRF
- Marcel Strub: Les monuments d’art et d’histoire du canton de Fribourg. Tome II: La Ville de Fribourg (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 36). Birkhäuser, Basel 1956, S. 94 f.
- Marianne Rolle: Ulrich Wagner. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2. Februar 2012, abgerufen am 8. Juni 2019.
- Valérie Sauterel: Der Fensterzyklus von Józef Mehoffer. In: Peter Kurmann (Hrsg.): Die Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg. Brennspiegel der europäischen Gotik. Lausanne, Freiburg 2007, ISBN 978-2-88453-135-1, S. 166–180.
- Orgelporträts auf der Website der Freiburger Orgelakademie. (Französisch/Deutsch) (Memento vom 26. Juni 2013 im Webarchiv archive.today)
- Die große Orgel von Aloys Mooser (1834) auf der Pfarrei-Website von St. Niklaus. (französisch) (Memento vom 6. März 2013 im Webarchiv archive.today)
- Chororgel von Sebald Mandescheid (1657) auf der Pfarrei-Website von St. Niklaus. (französisch) (Memento vom 26. Juni 2013 im Webarchiv archive.today)
- Matthias Walter: Die Glocken der Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg. Longchamp, Freiburg 2008, ISBN 978-3-033-01596-8, S. 35–36.
- Matthias Walter: Die Glocken der Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg. Longchamp SA, Freiburg 2008, ISBN 978-3-033-01596-8, S. 10.
- Sankt Nikolaus in Freiburg