Springertournee der Freundschaft
Die Springertournee der Freundschaft war ein zwischen 1965 und 1984 ausgerichteter Skisprungwettbewerb, der abwechselnd auf Schanzen in der DDR, der Tschechoslowakei und Polen stattfand.
Geschichte
Die Grundidee wurde 1964 vom damaligen Auswahltrainer der tschechoslowakischen Skispringer Zdeněk Remsa und dem Prager Skisportjournalisten Karel Moravec geboren. In Anlehnung an die sehr erfolgreiche Internationale Friedensfahrt der Radfahrer, regten sie damals eine Springertournee an, die wie bei der Friedensfahrt im Wechsel auf verschiedenen Schanzen in Polen, der ČSSR und der DDR stattfinden sollte.[1] Inspiriert wurden sie dabei zudem von anderen schon bestehenden Springertourneen, darunter der sehr erfolgreichen Vierschanzentournee in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich. Darüber hinaus hatte diese Idee auch politische Begleitumstände. Für die Mannschaften aus den damaligen sozialistischen Staaten waren die Teilnahmen an anderen Tourneen, die vornehmlich im westlichen Ausland stattfanden, mit erheblichem finanziellen Aufwand in Form von Devisen verbunden. Hinzu kam, dass speziell die DDR-Skispringer infolge der Düsseldorfer Beschlüsse seit 1962 nicht an allen Springen der Vierschanzentournee und anderen Sprungwettbewerben teilnehmen konnten und ihnen so wichtige internationale Vergleichswettkämpfe fehlten. Dies war auch 1965 bei der ersten Springertournee der Freundschaft so. Letztlich erhofften sich die osteuropäischen Skisportverbände auch eine weitere Popularitätssteigerung des Skispringens in ihren Ländern sowie eine zunehmende Leistungsverbesserung ihrer Springer. Als Schirmherren der Veranstaltung konnten die Sportzeitschriften Przegląd Sportowy (Polen), Československy Sport (ČSSR) und das Deutsche Sportecho aus der DDR sowie die jeweiligen Skisportverbände der Gastgeberländer gewonnen werden.
Die Tournee war zunächst nicht zwingend nur für Sportler aus sozialistischen Ländern gedacht, sodass in der Anfangszeit auch Springer aus Norwegen und Österreich teilnahmen. Nach Einführung einer gesonderten Juniorenwertung gab es im späteren Verlauf auch Teilnahmen von Springern aus der Schweiz. Durch einen dichter werdenden Terminkalender konkurrierte die Tournee stets mit schon eingeführten Traditionstourneen und Einzelwettbewerben sowie nationalen Meisterschaften, sodass die Zahl der teilnehmenden Athleten und Nationen teilweise stark schwankte. Letztlich hatte sich die Tournee um Mitte/Ende Januar eines jeden Jahres etabliert, wenngleich die ausrichtenden Verbände das Datum flexibel gestalteten. Durch Wetterunbilden, aber auch politische Ereignisse wie die Verhängung des Kriegsrechtes in Polen 1981, wurde die Tournee mehrfach nicht ausgetragen. Nach Einführung des Skisprung-Weltcups zur Saison 1979/80 rutschte die Tournee im Terminkalender auf den Monat Dezember einer jeden Skisprungsaison. Letztlich bedeutete die Einführung des Weltcups wie für viele andere traditionsreiche Tourneen für die Springertournee der Freundschaft den Abstieg in die Bedeutungslosigkeit. Zum einen waren in den Mannschaften meist nicht mehr die Topathleten am Start, zum anderen musste die Tournee in den letzten fünf Jahren ihres Bestehens allein dreimal aus unterschiedlichen Gründen ausfallen, zumeist wegen Schneemangels, da die mitteleuropäischen Gebirge im Dezember keinesfalls schneesicher waren. Da die ausrichtenden Sportverbände jeweils mit anderen traditionsreichen Skisprungveranstaltungen um eine Aufnahme in den Weltcupkalender bemüht waren (Pokalsprunglauf der Freien Presse in der DDR, Czech-Marusarzówna-Memorial in Polen sowie die Tschechoslowaken mit ihren Anlagen in Štrbské Pleso, Harrachov und Liberec), wurde die Durchführung der Springertournee zugunsten wohl auch finanziell lukrativerer Weltcupveranstaltungen nicht mehr mit voller Kraft vorangetrieben. Die Sprungwettbewerbe im Dezember 1983 in Harrachov können wohl als letzte Ausgabe angenommen werden. Verschiedene Quellen geben auch noch einen Wettbewerb für 1987 an.
Modus
In Analogie zur Internationalen Friedensfahrt wurde bereits ab der ersten Tourneeausgabe neben der Gesamteinzelwertung auch eine Mannschaftswertung eingeführt, die laut offiziellen Darstellungen auch die wichtigere Wertung darstellen sollte. Zu einer Mannschaft zählten 4 Springer, von denen die Ergebnisse der drei bestplatzierten Springer nach Abschluss des jeweiligen Sprungwettbewerbes in die Wertung eingingen. Jede Tournee bestand aus mehreren Sprungwettbewerben auf verschiedenen Schanzen an meist verschiedenen Standorten. Gerade zum Ende des Bestehens der Tournee wurde aber auch vermehrt auf nur einer Schanze gesprungen. Die Ergebnisse der einzelnen Sprungwettbewerbe wurden addiert und daraus der Gesamtsieger in der Einzel- und Mannschaftswertung ermittelt.[2] Die Tourneeausrichter rühmten sich daher seit ihrem Bestehen mit dem Alleinstellungsmerkmal der Mannschaftswertung bei einer internationalen Tournee.
Ab 1974 wurde eine gesonderte Einzel- und Mannschaftswertung für Junioren (18 Jahre und jünger) eingeführt, die mit der Verpflichtung der Ausrichterländer einherging, zukünftig mindestens eine Nachwuchsmannschaft zusätzlich an den Start zu bringen. Hinzu kam eine Änderung in der Mannschaftswertung, nach der die besten drei Springer pro Durchgang und Mannschaft in die Mannschaftswertung eingingen. Damit war es vor allem leistungsstarken Springern möglich, nach einem schwachen Sprung im ersten Durchgang, der Mannschaft durch einen guten zweiten Sprung Punkte zu sichern, obwohl der Athlet in der Tageseinzelwertung nicht gut platziert war. Dieser Modus wurde später von der FIS übernommen und kommt bis heute bei Mannschaftswertungen bei Weltmeisterschaften (seit 1982) oder Olympischen Spielen (seit 1988) zum Einsatz.[3]
Übersicht
Literatur
- Egon Theiner: Enzyklopädie des Skispringens, Agon Verlag, 2004
Einzelnachweise
- Berliner Zeitung vom 18. Januar 1977 S. 11
- Berliner Zeitung vom 14. Januar 1965 S. 10
- Neues Deutschland vom 16. Januar 1974 S. 5
- Neues Deutschland vom 29. Januar 1965 S. 8
- Neues Deutschland vom 29. Januar 1965 S. 6
- Neues Deutschland vom 1. Februar 1965 S. 4
- Neues Deutschland vom 11. Januar 1966 S. 8
- Neues Deutschland vom 12. Januar 1966 S. 8
- Neues Deutschland vom 14. Januar 1966 S. 8
- Neues Deutschland vom 21. Januar 1967 S. 8
- Neues Deutschland vom 23. Januar 1967 S. 6
- Neues Deutschland vom 25. Januar 1967 S. 8
- Neues Deutschland vom 25. Januar 1969 S. 8
- Neues Deutschland vom 27. Januar 1969 S. 7
- Neues Deutschland vom 29. Januar 1969 S. 5
- Neues Deutschland vom 22. Januar 1970 S. 5
- Neues Deutschland vom 24. Januar 1970 S. 8
- Neues Deutschland vom 26. Januar 1970 S. 7
- Neues Deutschland vom 5. Februar 1971 S. 5
- Neues Deutschland vom 7. Februar 1971 S. 8
- Neues Deutschland vom 8. Februar 1971 S. 7
- Neues Deutschland vom 15. März 1972 S. 5
- Berliner Zeitung vom 13. Januar 1973 S. 4
- Berliner Zeitung vom 17. Januar 1974 S. 7
- Neues Deutschland vom 19. Januar 1974 S. 5
- Neues Deutschland vom 21. Januar 1974 S. 7
- Berliner Zeitung vom 17. Januar 1975 S. 7
- Berliner Zeitung vom 20. Januar 1975 S. 6
- Neues Deutschland vom 17. Januar 1976 S. 5
- Neues Deutschland vom 19. Januar 1976 S. 7
- Neues Deutschland vom 20. Januar 1977 S. 5
- Neues Deutschland vom 22. Januar 1977 S. 15
- Neues Deutschland vom 24. Januar 1977 S. 8
- Neues Deutschland vom 23. Januar 1978 S. 8
- Neues Deutschland vom 13. Februar 1979 S. 5
- Neues Deutschland vom 8. Dezember 1979 S. 16
- eues Deutschland vom 8. Dezember 1979 S. 16
- Neues Deutschland vom 15. Dezember 1980 S. 7
- Neue Zeit vom 9. November 1982 S. 6
- Berliner Zeitung vom 14. Dezember 1982 S. 6
- Berliner Zeitung vom 19. Dezember 1983 S. 6
- Berliner Zeitung vom 16. Dezember 1968 S. 5
- Neues Deutschland vom 25. Januar 1969 S. 8