Silberstreifen
Silberstreifen, auch Neuforchheim genannt, ist eine zu Forchheim gehörende Ortschaft der Stadt Rheinstetten im Landkreis Karlsruhe. Sie liegt zwischen der Bundesstraße 36 und Ettlingen an der Rheinbahnlinie und hat etwa 650 Einwohner.
Der Ortsteil ist am westlichen Rand des Hardtwaldes auf der Niederterrasse des Oberrheins (Hochgestade) gelegen. Beim Silberstreifen befindet sich der Epplesee, der zu den beliebtesten Baggerseen im Karlsruher Raum zählt. Der Ort beheimatet ein großes Kieswerk der HeidelbergCement AG und die Firma Bruker Biospin, die dort ihren Firmensitz hat. Im Silberstreifen ist zudem eine Außenstelle des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg ansässig.
Geschichte
Die erste Bebauung auf dem Gebiet des heutigen Silberstreifens entstand 1894 mit dem Bau des Exerzierplatzes der Karlsruher Garnison. Hier fand am Abschluss der Manöver die Kaiserparade statt. Mehrmals war Kaiser Wilhelm II. anwesend.[1] Aus diesem Grund wurde 1903 der Bahnhof Forchheim gebaut. 1917 wurde das Gelände des Exerzierplatzes an die Badische Landwirtschaftskammer verkauft. Gleichzeitig wurde dort das Versuchs- und Lehrgut, dessen allgemeine Aufgabe die Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung war, gegründet. Auf diesem Gelände wurde 1927 das Tabakforschungsinstitut (heute: Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg), mit Paul Koenig als erstem Direktor, und 1932 die Staatliche Mastprüfungsanstalt geschaffen (heute: Landesanstalt für Schweinezucht). Letztere ist 2006 ins badische Boxberg gezogen.[2]
Im Jahr 1915 wurde eine 1800 Meter lange und 50 Meter breite Schneise durch den Hardtwald geschlagen, um Platz für eine 100.000 Volt-Leitung vom Murgtalkraftwerk zum Umschaltwerk Scheibenhardt zu schaffen.
Die eigentliche Siedlung wurde 1924 mit der Gaststätte "Haus Waldfrieden" begründet. Auf einer Tafel am Hauseingang steht noch heute geschrieben:
"Nicht aus Trotz, mit zart' Gefühle steh ich hier am Waldesrand. Und ich ward mit großer Liebe Haus Waldfrieden drum benannt. Dieses Haus wurde 1924/25 erbaut von Anton Leicht und seiner Frau Katharina geb. Mohr. Es war das erste Haus im Walde. Damit wurde Neu-Forchheim gegründet."
Als erster von vielen weiteren Handwerks- und Industriebetrieben, siedelte sich 1926 die Herdfabrik Josef Klein[3] beim Bahnübergang an.
Mit den Jahren forstete der geschlagene "Starkstromstreifen" wild wieder auf, bis ihn 40 Jugendliche des Freiwilligen Arbeitsdienstes vom November 1932 bis zum Frühsommer 1933 zur Gewinnung landwirtschaftlicher Fläche urbar machten. Im Gemeindeanzeiger wurde hierzu am 9. November 1932 ein Artikel veröffentlicht, aus dem folgender Auszug stammt:
„Hoffen wir, daß sich der freiwillige Arbeitsdienst in Forchheim ebenso gut wie anderwärts bewährt und sein Gelingen zur Kultivierung des Rheinberg als Notstandsarbeit ermuntert. Vielleicht wird dann aus dem sandigen Starkstromstreifen jener berühmte Silberstreifen zur Ankurbelung neuen Lebens in der Gemeinde.“
Durch diesen Artikel erhielt die Starkstromlinie den Namen Silberstreifen. Auf diesem „Silberstreifen“ entstanden 1944, zum Endes des Zweiten Weltkrieges, etwa drei dutzend Behelfsheime aus Hurdissteinen und Pressplatten. In ihnen sollten ausgebombte Angehörige diverser Karlsruher Firmen untergebracht werden. Als Forchheim 1946 insgesamt 780 Heimatvertriebene zugewiesen wurden, war die Gemeinde froh, in diesen Baracken mehrere Dutzend Familien unterbringen zu können. Der Name Silberstreifen übertrug sich auf die daraus entstehende Siedlung mit zuerst 120 Wohngebäuden.
Nach dem Krieg entstand dann ein Industrieviertel mit einigen bedeutenden Firmen, unter anderem der Möbelfabrik Thome. 1950 wurde auf einem Teil des Geländes des Tabakforschungsinstituts die katholische Maria-Hilf-Kapelle errichtet. 1964 bezog Bruker seinen neugebauten, etwa 50.000 m2 großen Firmensitz mit Labors und Produktionsstätten.
Um den Ort vom Durchgangsverkehr der Messe Karlsruhe zu entlasten und um die Voraussetzungen der Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel zu erfüllen[4], wurde von 2002 bis Ende 2004 der 349 Meter lange Messetunnel gebaut, der den Silberstreifen unterirdisch durchläuft.[5][6] Auf dem Gelände der ehemaligen Möbelfabrik Thome, die 2005 abgerissen wurde, entstand 2007 das Wohn- und Gewerbegebiet "Domicil am Hardtwald" mit insgesamt 72 Häusern.
Nach dessen Abriss 2011 wurde der Kindergarten "Sterntaler" bis Ende 2012 neu gebaut und dabei auf 1.500 m2 vergrößert. Die von der Gemeinde zugesagten Dusch- und Lagerräume für die örtlichen Sportvereine wurden dabei allerdings nicht verwirklicht.
2017 wurde bekannt, dass Bruker seinen Firmensitz bis 2021 nach Ettlingen verlagert[7] und den Standort Silberstreifen komplett aufgibt[8]. Die Karlsruher Baugenossenschaft Ardensia hat das über 50.000 m2 große Gelände erworben und plant, dieses neu zu bebauen und die Siedlung dadurch zu erweitern.[9]
Verkehr
Silberstreifen liegt direkt an der badischen Rheinbahn und ist am Bahnhof Forchheim mit den Karlsruher Stadtbahnlinien S7 und S8 im 20/40-Minuten-Takt mit den Städten Karlsruhe und Rastatt sowie den dazwischenliegenden Nachbarorten verbunden. Nach Achern und Freudenstadt gibt es Direktverbindungen im Stundentakt. Des Weiteren ist Silberstreifen mit einer Buslinie zwischen Ettlingen und Neuburgweier im 20/40-Minuten-Takt verbunden.
Epplesee
Zwischen Silberstreifen und Rheinstetten liegt der Epplesee, einer der beliebtesten Baggerseen in der Region Karlsruhe. Er wurde 1936 von der Firma Epple für den Kiesanbau angelegt und ist über 35 Hektar groß.[10] Er wird sowohl von Badegästen als auch von Wassersportlern genutzt. Im nördlichen Teil befindet sich ein großer Parkplatz, eine Liegewiese mit Textilbereich, Toiletten, ein Kiosk und ein Beachvolleyballplatz. Am westlichen Ufer gibt es einen großen FKK-Bereich mit eigenem Kiosk und Toiletten.
Am See wird bis heute Kies gefördert. Der Bezeichnung des Sees geht auf die gleichnamige Firma zurück, die hier eine Saugbaggeranlage installiert hat und Kies aus einer Tiefe von 60 Metern gewinnt. Da der Wasserspiegel weit unter der Geländefläche liegt, ragen hinter dem kleinen Strand hohe Böschungen empor.
Das Ufer an der südlichen Ausbuchtung des Sees ist seit 1996 Teil des Naturschutzgebiets Allmendäcker und nicht mehr allgemein zugänglich. Baden und Wassersport sind in dem Bereich nicht erlaubt.[11]
Weblinks
Einzelnachweise
- Historische Kurzfassung des Stadtteils Forchheim. Stadt Rheinstetten, abgerufen am 5. Februar 2018.
- Die Geschichte der LSZ. Landesanstalt für Schweinezucht, abgerufen am 5. Februar 2018.
- Museum für Siedlungsgeschichte im PAMINA-Raum. museum-digital:deutschland, abgerufen am 7. Februar 2018.
- DB ProjektBau (Hrsg.): Karlsruhe–Basel im Fokus, Nr. 1/2010. (PDF-Datei (Memento des Originals vom 6. Oktober 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 740 kiB).
- Plan für Untertunnelung von Neuforchheim übergeben. ka-news.de, abgerufen am 5. Februar 2018.
- 2001-2010. Stadt Rheinstetten, abgerufen am 5. Februar 2018.
- Spatenstich erfolgt. albrings+müller ag, abgerufen am 3. Oktober 2019.
- Bruker Biospin zieht um. Rheinpfalz, abgerufen am 3. Oktober 2019.
- Karlsruher Baugenossenschaft will auf dem Bruker-Gelände im Forchheimer Silberstreifen Mietwohnungen schaffen, Badische Neueste Nachrichten vom 5. Juni 2021
- Badische Woche, 23./24. April 2021, S. 2.
- Steckbrief des Naturschutzgebietes im Schutzgebietsverzeichnis der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg