Sean Spicer
Sean Michael Spicer (* 23. September 1971 in Barrington, Rhode Island) ist ein US-amerikanischer Politiker (Republikanische Partei). Er war von Januar bis Juli 2017 Pressesprecher des Weißen Hauses. Außerdem war er von Januar bis März 2017 und kommissarisch im Juli 2017 Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses. Am 21. Juli 2017 gab er nach der Ernennung von Anthony Scaramucci zum Kommunikationsdirektor seinen Rücktritt bekannt.
Leben
Nach Abschluss seiner Studienzeit am Connecticut College 1993 begann Spicer, beim National Republican Senatorial Committee (NRSC) zu arbeiten. Anfang 2000 wurde er beim National Republican Congressional Committee Direktor der Arbeitseinheit, die für die Wiederwahl von Amtsinhabern verantwortlich war. Von 2002 bis 2006 arbeitete er in verschiedenen Funktionen für die politische Kommunikation der Republikaner im US-Repräsentantenhaus. Von 2006 bis 2008 war er für die Kommunikation der Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten verantwortlich. In dieser Funktion sei er, so die Washington Post in einem Porträt von Sean Spicer am 17. August 2016, einer der „leidenschaftlichsten Verfechter des Freihandels“ in Washington, D.C. gewesen.[1]
Von 2011 bis 2017 war Spicer Sprecher des Republican National Committee (RNC), des nationalen Organisationsgremiums der Republikanischen Partei der USA. Von 2015 bis 2017 war er zudem „Chefstratege“ (chief strategist) des RNC.
Am 22. Dezember 2016 gab der gewählte US-Präsident Donald Trump bekannt, dass nach seiner Amtsübernahme Spicer sein Pressesprecher des Weißen Hauses werden solle.[2] Er wurde damit Nachfolger von Barack Obamas Sprecher Josh Earnest. Zusätzlich hatte Spicer als Nachfolger von Jen Psaki zunächst die Funktion des Kommunikationsdirektors des Weißen Hauses übernommen,[3][4] ehe am 6. März 2017 Mike Dubke an seine Stelle trat.[5] Nach dessen Rücktritt wurde Spicer am 2. Juni erneut kommissarisch Kommunikationsdirektor.[6]
Spicer ist Mitglied der US Navy Reserve.[6] Er heiratete 2004 die Fernsehproduzentin Rebecca Claire Miller.[7]
Sprecher des Weißen Hauses
Bei seiner ersten Pressekonferenz im Weißen Haus am 21. Januar 2017 ging es fast ausschließlich um die Zuschauerzahlen bei Trumps Vereidigung am Vortag.[8] Nach weitgehend übereinstimmenden Berichten der Leitmedien waren zu Trumps Amtseinführung nicht annähernd so viele Menschen gekommen wie zuvor bei Barack Obama. In seiner Rede stellte Spicer die Berichte über die Zuschauerzahlen als „absichtlich irreführend dar“. Er las eigene, völlig unbelegte und nachweislich falsche „Fakten“ über die Zuschauerzahlen vor.[9] Unter anderem behauptete er: „Das war das größte Publikum, das jemals bei einer Vereidigung dabei war, sowohl vor Ort als auch weltweit. Punkt.“[10] („This was the largest audience to ever witness an inauguration — period — both in person and around the globe.“)[11]
Zudem versuchte er, die Medienvertreter mit der Aussage „Wir werden unsererseits die Presse zur Rechenschaft ziehen. Das amerikanische Volk hat Besseres verdient“[12] unter Druck zu setzen. Fragen der Medienvertreter zu Spicers Ausführungen wurden entgegen der sonst üblichen Praxis[13] nicht zugelassen.[8] Das Medienecho Spicers erster Pressekonferenz war weitgehend negativ.[14][15][16][17][18][19]
In einem NBC-Interview zur Sendung Meet the Press verteidigte Trumps Beraterin Kellyanne Conway gegenüber dem Journalisten und Fernsehmoderator Chuck Todd die umstrittenen Äußerungen Spicers als „alternative Fakten“ (alternative facts).[20] Todd entgegnete ihr, „Alternative Fakten sind keine Fakten. Es sind Unwahrheiten.“ (Alternative facts are not facts. They are falsehoods.)[21][22]
Spicer konfrontierte die Journalisten bei dem ersten Pressebriefing mit neuen Regeln. Traditionell gingen bis dato die ersten Fragen an die Nachrichtenagentur AP und die großen Fernsehsender;[23] Spicer jedoch gab die ersten Fragen an die New York Post, das Christian Broadcasting Network, den spanischsprachigen Sender Univision, den konservativen Sender Fox News und an American Urban Radio Networks.[24] Spicer äußerte, „noch mehr unterschiedliche Medien“ sollten Zugang zum Weißen Haus erhalten – zumindest per Videokonferenz. Noch im Januar werde man erstmals Journalisten von außen zuschalten. So könnten auch Medien dabei sein, die „keine Ressourcen für einen Korrespondenten“ in Washington hätten.[23]
Am 11. April 2017 erregte Spicer mit einem Nazi-Vergleich Aufmerksamkeit, dass nicht einmal Adolf Hitler chemische Waffen gegen sein eigenes Volk eingesetzt hätte, wie der syrische Präsident Baschar al-Assad. Die Äußerungen, die während des jüdischen Passahfests gemacht wurden, wurden kritisiert, auch weil Spicer damit die im Holocaust ermordeten deutschen Juden aus dem deutschen Volk ausgrenzte und die Vernichtungslager irrig als „Holocaust centers“ bezeichnete.[25][26][27] Das Anne Frank Center for Mutual Respect rief Trump dazu auf, Spicer zu entlassen. Später äußerte Spicer, dass er nicht damit meinte, dass Hitler während des Holocaust kein Gas benutzt hätte.[28] Nach weiteren Rücktrittsforderungen nahm er seine Behauptung komplett zurück und entschuldigte sich.[27]
Spicer gilt nach Ansicht des deutschen Journalisten Thomas Seibert als erfahrener Pressesprecher und „Insider“ des Washingtoner Politikbetriebes.[29] Sein Schweizer Kollege Sacha Batthyany stellte ihn dagegen als „heillos überfordert“ dar.[30] Sein Auftreten als neuer Pressesprecher im Weißen Haus wurde von Stefan Tomik in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als aggressiv rezipiert.[31]
Spicer trat am 21. Juli 2017 als Sprecher des Weißen Hauses zurück, nachdem er sich vehement bei Präsident Trump gegen dessen Nominierung des Finanzmagnaten Anthony Scaramucci als Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses ausgesprochen hatte.[32] Er kündigte an, noch bis Ende August weiterzuarbeiten, wurde aber noch am selben Tag durch seine Stellvertreterin Sarah Huckabee Sanders ersetzt.[33]
2018 erschien Spicers Buch The Briefing: Politics, the Press, and the President (dt.: Das Briefing: Die Politik, die Presse, der Präsident). Einige Kritiker bemängelten eine falsche oder ungenaue Angaben in dem Buch[34] sowie eine angebliche „Lobhudelei“ gegenüber Trump.[34][35]
Trivia
Spicer wurde mehrfach in der Comedyserie Saturday Night Live von Melissa McCarthy parodiert.[36] In Anlehnung an seine Behauptung zu den Zuschauerzahlen bei der Vereidigung Trumps absolvierte Spicer einen Gastauftritt bei der Emmy-Verleihung 2017.[37] Vom 16. September bis zu seinem Ausscheiden 11. November 2019 war Spicer Teilnehmer der achtundzwanzigsten Staffel der amerikanischen TV-Show Dancing with the Stars.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Josh Earnest | Pressesprecher des Weißen Hauses Januar bis Juli 2017 | Sarah Huckabee Sanders |
Einzelnachweise
- Ben Terris: What happens when you tie your career to Donald Trump? Ask Sean Spicer in a few months. In: washingtonpost.com. 17. August 2016, abgerufen am 31. März 2017 (englisch).
- Agence France-Presse: Sean Spicer wird Trumps Pressechef. In: FAZ.net. 22. Dezember 2016, abgerufen am 27. Dezember 2016.
- Alex Isenstadt: Jason Miller backs out of Trump White House job. In: politico.com. 24. Dezember 2016, abgerufen am 27. Dezember 2016.
- Zeit online, AFP, ndo: Trump-Berater will nicht Kommunikationsdirektor werden. In: zeit.de. 25. Dezember 2016, abgerufen am 27. Dezember 2016.
- President Donald J. Trump Announces White House Staff Appointments auf whitehouse.gov, 6. März 2017, abgerufen am 30. Juni 2017
- Mysterious disappearance of Donald Trump's mouthpiece Sean Spicer. In: The New Zealand Herald. 6. Juni 2017. Abgerufen am 6. Juni 2017.
- Fashion Weddings : Rebecca Miller & Sean Spicer. In: The New York Times. 14. November 2004, abgerufen am 27. Dezember 2016.
- Patrick Beuth: Sean Spicer: Kommandeur der neuen Wahrheit. In: zeit.de. 22. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017.
- Christian Stöcker: Trumps erster Tag: Narziss und Schoßhund. In: Spiegel Online. 22. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017.
- Matthias Kolb: Neuer US-Präsident – Angeben, attackieren, ablenken. In: sueddeutsche.de. 22. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017.
- Glenn Kessler: Spicer earns Four Pinocchios for false claims on inauguration crowd size. In: washingtonpost.com. 22. Januar 2017, abgerufen am 23. Januar 2017 (englisch).
- Amtseinführung: Trumps Sprecher rechnet der Presse die Zuschauerzahl vor. In: welt.de. 22. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017.
- „Das war erst der Anfang“. In: morgenweb.de. 23. Januar 2017, abgerufen am 23. Januar 2017.
- Brian Stelter: White House press secretary attacks media for accurately reporting inauguration crowds. In: money.cnn.com. 21. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017.
- Julie Hirschfeld Davis, Matthew Rosenberg: With False Claims, Trump Attacks Media on Turnout and Intelligence Rif. In: nytimes.com. 22. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017 (englisch).
- Matt Ford: Trump's Press Secretary Falsely Claims: 'Largest Audience Ever to Witness an Inauguration, Period'. In: theatlantic.com. 21. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017 (englisch).
- Elle Hunt: Trump's inauguration crowd: Sean Spicer's claims versus the evidence. In: theguardian.com. 22. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017 (englisch).
- Erik Wemple: Opinion – Sean Spicer delivers on Trump’s brand promise. In: washingtonpost.com. 22. Januar 2017, abgerufen am 22. Januar 2017 (englisch).
- Veit Medick: Startwochenende: 3 Tage Präsident Trump – 5 Beobachtungen. In: Spiegel Online. 23. Januar 2017, abgerufen am 31. März 2017.
- Neuer US-Präsident – Trump-Beraterin: „Unser Pressesprecher hat alternative Fakten dazu“. In: sueddeutsche.de. 22. Januar 2017, abgerufen am 23. Januar 2017.
- Kellyanne Conway: „Unser Pressesprecher hat alternative Fakten dazu“. In: welt.de. 22. Januar 2017, abgerufen am 23. Januar 2017.
- Rachael Revesz: Kellyanne Conway says Sean Spicer gave ‘alternative facts’ at his first press briefing. In: independent.co.uk. 22. Januar 2017, abgerufen am 31. März 2017 (englisch).
- sun: Trumps Pressesprecher: „Es ist unsere Absicht, Sie nie anzulügen“. In: Spiegel Online. 24. Januar 2017, abgerufen am 31. März 2017.
- Patrick Reis, Henry C. Jackson: Here are the media's first questions for Sean Spicer. In: politico.com. 23. Januar 2017, abgerufen am 31. März 2017.
- Ambros Waibel: Schlimmer als wie Hitler. In: taz vom 13./14. April 2017, S. 14.
- Nicholas Fandos, Mark Landler: Sean Spicer Raises Outcry With Talk of Hitler, Assad and Poison Gas In: The New York Times vom 11. April 2017
- Maxwell Tani: Sean Spicer apologizes for Hitler comparison: ‘It really is painful to myself to know that I did something like that’ In: Business Insider vom 12. April 2017
- Lisa de Moraes: Sean Spicer Gobsmacks Press, Saying Hitler “Did Not Use Gas On His Own People” – Update. In: deadline.com. 11. April 2017, abgerufen am 25. Juli 2018 (englisch).
- Thomas Seibert: Sean Spicer – die neue Stimme von Donald Trump. In: Augsburger Allgemeine online. 23. Januar 2017, abgerufen am 9. März 2017.
- Sacha Batthyany: Sean Spicer Heillos überforderter Sprecher des US-Präsidenten. In: Süddeutsche Zeitung vom 12. April 2017, S. 4.
- Stefan Tomik: Wie Trumps Sprecher die Presse verstört. In: FAZ.net. 9. Februar 2017, abgerufen am 31. März 2017.
- Glenn Thrush: Sean Spicer Resigns as White House Press Secretary. In: New York Times online. 21. Juli 2017, abgerufen am 21. Juli 2017 (englisch).
- Trump-Sprecher Spicer tritt zurück. In: sueddeutsche.de. 21. Juli 2017, abgerufen am 21. Juli 2017.
- Greg Price: Sean Spicer calls Trump a "unicorn" and "Energizer Bunny" in new book. In: newsweek.com. 24. Juli 2018, abgerufen am 25. Juli 2018 (englisch).
- Jan Bösche: Buch von Sean Spicer - Lobhudelei auf Donald Trump. In: deutschlandfunk.de. 24. Juli 2018, abgerufen am 25. Juli 2018.
- Iris Alanyali: Emmys 2017: Als Sean Spicer auf die Bühne rollt, ringt Melissa McCarthy nach Atem. In: welt.de. 18. September 2017, abgerufen am 25. Juli 2018.
- Hannah Pilarczyk: Sean Spicer bei den Emmys: Die unwillkommene Erinnerung. In: Spiegel Online. 18. September 2017, abgerufen am 25. Juli 2018.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Josh Earnest | Pressesprecher des Weißen Hauses Januar 2017–Juli 2017 | Sarah Huckabee Sanders |