Schwurhand
Als Schwurhand wird eine Geste der rechten Hand bezeichnet, welche die beim Ablegen eines Schwurs bzw. Eids (z. B. Amtseid) gesprochenen Worte bekräftigen soll.
Bei der typischen Stellung wird die rechte Hand erhoben, die Handinnenfläche dem Betrachter zugewandt, der Daumen, Zeige- und Mittelfinger (die Schwurfinger) parallel zueinander gestreckt sowie der Ringfinger und kleine Finger gebeugt.
Bei einer anderen häufigen Stellung der Schwurhand werden nicht nur die drei Schwurfinger, sondern alle Finger der erhobenen rechten Hand parallel zueinander gestreckt. In einigen Fällen wird bei dieser Handstellung gleichzeitig die linke Hand auf eine Bibel gelegt.
Manchmal wird bei einer Eidesleistung auch ganz auf die Schwurhand verzichtet.[1]
Bedeutung
Die Verwendung der Schwurhand mit den drei gestreckten Schwurfingern bei der Eidesleistung symbolisiert die Unterwerfung des Menschen unter den dreifaltigen Gott und seine Anrufung als Eideshelfer, mit allen Konsequenzen für das Seelenheil im Jenseits bei einem Meineid. Im Mittelalter konnte ein Meineid mit dem Abschlagen der Schwurhand bestraft werden (Spiegelstrafe).[2]
Die Schwurfinger symbolisieren die Dreifaltigkeit, in der christlichen Theologie die Wesenseinheit von Gottvater, Gottessohn (Jesus Christus) und Heiligem Geist. Nach der Luzerner Eidesermahnung von 1671 steht dabei der Daumen für Gottvater, der Zeigefinger für den Gottessohn und der Mittelfinger für den Heiligen Geist. Des Weiteren symbolisiert der gebeugte Ringfinger die Seele, der gebeugte kleine Finger den Körper und die Handinnenfläche die Gerechtigkeit.[3][4]
Verwendung
Gestik
Im deutschen Strafrecht soll beispielsweise ein Zeuge bei der Vereidigung die rechte Hand heben (§ 64 Abs. 4 StPO). Dies ist jedoch kein wesentlicher Bestandteil der Eidesleistung.[5]
Traditionell zeigt die Schwurhand, wer in der Schweiz vereidigt wird, etwa Träger öffentlicher Ämter oder Soldaten, aber nicht, wer statt des Eides das nicht religiöse Gelübde ablegt. Auch in diesem Fall ist die Geste in der Regel aber nicht rechtlich erforderlich.
Heraldik
Die Schwurhand findet sich in Wappen als gemeine Figur oder Beizeichen. Reicht die Schwurhand aus einer Wolke hervor oder ist von einem Nimbus umgeben, wird diese zur Hand Gottes.[6]
Sonstiges
Dem Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden (um 1025–1080) wurde in der entscheidenden Schlacht bei Hohenmölsen gegen den amtierenden römisch-deutschen König Heinrich IV. im Kampf die Schwurhand abgeschlagen. Dies wurde als Gottesurteil propagiert, da Rudolf mit dieser Hand König Heinrich IV. den Lehnseid geleistet hatte. Die Rudolf zugeschriebene mumifizierte Schwurhand ist im Merseburger Kapitelhaus am Merseburger Dom zu besichtigen.[7] Eine 2013 angefertigte Replik dieser Schwurhand befindet sich im Fricktaler Museum in Rudolfs Herkunftsort Rheinfelden.[8]
Die Gedenkmünze der Weimarer Republik aus dem Jahr 1929 zeigt anlässlich des 10. Jahrestages der Annahme der Weimarer Verfassung auf der Bildseite eine Schwurhand.[9]
Der Gedenkstein für die Opfer des Zweiten Weltkriegs in Berlin-Marzahn zeigt eine überlebensgroße Schwurhand. Der Gedenkstein neben der Feierhalle des Parkfriedhof Marzahn wurde 1952 vom Bildhauer Erwin Kobbert geschaffen und erinnert an Bombenopfer des Zweiten Weltkriegs.
Dem deutschen CSU-Politiker Friedrich Zimmermann (1925–2012) brachte sein Meineid im Zusammenhang mit der bayerischen Spielbankenaffäre den Spitznamen „Old Schwurhand“ (Verballhornung von Old Surehand) ein.[10]
Medizinisches Symptom
Klassifikation nach ICD-10 | |
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G56.1 | Sonstige Läsionen des N. medianus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Als „Schwurhand“ wird in der Medizin auch das Symptom einer Erkrankung, die Nervenlähmung des Nervus medianus bezeichnet. Diese kann sowohl an der rechten als auch linken Hand auftreten.
Literatur
- Uwe Fleckner, Martin Warnke, Hendrik Ziegler (Hrsg.): Handbuch der politischen Ikonographie. Band 1: Abdankung bis Huldigung. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-57765-9, S. 421 ff.
- Eberhard von Künßberg: Schwurgebärde und Schwurfingerdeutung (= Das Rechtswahrzeichen. Heft 4). Herder, 1941, ZDB-ID 534979-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Merkel irritiert das Parlament. Die Hand beim Eid blieb unten. In: RP online. 28. Oktober 2009, abgerufen am 16. Februar 2016.
- Kurt Ranke (Hrsg.): Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Band 11: Prüfung – Schimäremärchen. de Gruyter, Berlin u. a. 2004, ISBN 3-11-017565-7, S. 427 f.
- André Holenstein: Rituale der Vergewisserung. Der Eid als Mittel der Wahrheitsfindung und Erwartungsstabilisierung im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. In: Edgar Bierende, Sven Bretfeld, Klaus Oschema (Hrsg.): Riten, Gesten, Zeremonien. Gesellschaftliche Symbolik in Mittelalter und Früher Neuzeit (= Trends in Medieval Philology. Band 14). de Gruyter, Berlin u. a. 2008, ISBN 978-3-11-020802-3, S. 229–252, hier S. 236.
- Ein schöne Außlegung deß Eyd-Schwurs / was ein jeder Finger bedeut vnd außweißt / allen frommen Christen für die Augen gestellt / vnd beschrieben. Augsburg 1798 (online – mit Holzschnittillustration einer Schwurhand).
- Karl-Peter Julius, Heiko Ahlbrecht, Jürgen Brauer, Björn Gercke, Hans-Joachim Kurth, Michael Lemke, Helmut Pollähne, Karl-Heinz Posthoff, Erardo C. Rautenberg, Eike C. Schmidt, Dieter Temming, Bettina Weißer, Ines Woynar, Mark A. Zöller: Strafprozessordnung (= Heidelberger Kommentar.). 5., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Müller u. a., Heidelberg u. a. 2012, ISBN 978-3-8114-7180-1, S. 268, Randnummer 5.
- Eduard Freiherr von Sacken: Katechismus der Heraldik: Grundzüge der Wappenkunde. Verlagsbuchhandlung J. J. Weber, Leipzig 1862, Seite 52
- Rudolf von Schwaben. Vereinigte Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz (Stiftung), abgerufen am 16. Februar 2016.
- Nadine Böni: Rudolfs Schwurhand liegt jetzt auch in der Museums-Vitrine. In: Aargauer Zeitung. 24. September 2013, abgerufen am 16. Februar 2016.
- Dietrich O. A. Klose: Die Mark – ein deutsches Schicksal. Geschichte der Mark bis 1945. Staatliche Münzsammlung, München 2002, ISBN 3-922840-18-3, S. 118.
- Jens Bauszus: Politiker-Lügen. Die Erben Walter Ulbrichts. In: Focus Online. 15. Juni 2011, abgerufen am 16. Februar 2016.