Schmalspurbahnen in Serbien
Die Schmalspurbahnen im Königreich Serbien wurden ab Beginn des 20. Jahrhunderts in Bosnischer Spurweite erstellt. Es entstand kein zusammenhängendes Netz wie in Bosnien und Herzegowina, sondern eine Ansammlung von weitgehend unverbundenen Stichstrecken, die über das ganze Land verteilt waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute die Jugoslawische Eisenbahn (JŽ) die Schmalspurbahnen auf Normalspur um oder stellten ihren Betrieb ein.

Planung
In Serbien setzte der Eisenbahnbau verhältnismäßig spät ein. Das Hauptproblem des serbischen Eisenbahnbaus lag in der unterentwickelten Wirtschaft und der weitgehend gebirgigen Landschaft, was den Bahnbau verteuerte. Das finanzielle Problem konnte durch den Bau von billigeren Schmalspurbahnen entschärft werden, wie es die k.k. Bosnabahn und die Bosnisch-Herzegowinischen Staatsbahnen erfolgreich vorzeigten. Ein 1898 vom Königreich Serbien beschlossenes Eisenbahngesetz zur Erschließung des Landes enthielt auch Vorschläge für insgesamt neun Schmalspurstrecken. Diese sollten einheitlich in Bosnischer Spurweite von 760 mm ausgeführt werden, um eine allfällige Verbindung mit dem von Österreich-Ungarn errichteten umfangreichen bosnisch-herzegowinischen Schmalspurnetz in gleicher Spurweite zu ermöglichen.
Streckennetz

Schmalspurige Mallet-Lokomotive der Baureihe SDŽ 391 bis 402, gebaut von Henschel in Kassel und der Aktiengesellschaft für Lokomotivbau Hohenzollern Düsseldorf.
1897 wurde entschieden, Aranđelovac mit dem an der Hauptstrecke Belgrad–Niš liegenden Bahnhof Mladenovac zu verbinden. Am 10. November 1904 (nach dem neuen Kalender) wurde die erste Schmalspurbahn Serbiens eröffnet und der Güterverkehr auf der 32 Kilometer langen Strecke Mladenovac–Aranđelovac aufgenommen.[1]
Es folgten weitere Strecken, die jedoch kein zusammenhängendes Netz bildeten:
- Da die Save in den Wintermonaten oft gefroren war, die Flussschifffahrt und damit die Verbindung nach Belgrad unterbrochen wurde, entschied man sich zur Verlängerung der Strecke Mladenovac–Aranđelovac über Lajkovac nach Valjevo[1] mit einer Abzweigung von Lajkovac nach Obrenovac. Am 1. September 1908 wurde der Betrieb auf dem 67,4 Kilometer langen Abschnitt Valjevo–Lajkovac–Obrenovac–Zabrežje aufgenommen,[2] Die 42 Kilometer lange Strecke Valjevo–Aranđelovac wurde am 23. Juni 1910 dem Verkehr übergeben.[1] Im Endbahnhof Zabrezje, der direkt an der Save lag, wurden die Waren auf Schiffe umgeladen.[2]
- Die Strecke Stalać–Užice querte als Ost-West-Verbindung mit Hauptbahncharakter Zentralserbien im Tal der Westlichen Morava. Sie verlief von Stalać über Kraljevo und Čačak nach Užice. Trotz des Zollkrieges (1906–1910) erteilte die österreichisch-ungarische Regierung die Genehmigung, die westserbische Eisenbahn in Vardište mit der Bosnischen Ostbahn zu verbinden, um den Plan zum Bau einer adriatischen Transversale über türkisches Gebiet zu vereiteln. Die 167,8 Kilometer lange Schmalspurbahn wurde am 16. Juni 1912 kurz vor Beginn des Ersten Balkankrieges eröffnet.[3] Die Verbindung Užice–Vardište (Šarganska osmica) konnte jedoch erst im Jahre 1925 eröffnet werden.[4]
- 1911 bis 1913 konnte die 106 Kilometer lange Strecke Paraćin–Zaječar dem Betrieb übergeben werden. Sie diente der Erschließung der großen Kupferminen in Bor.
- 1911 begann der Bau der Eisenbahnstrecken Čačak–Gornji Milanovac–Lajkovac und Obrenovac–Belgrad. Der Bau dieser Schmalspurbahn wurde durch die Balkankriege und den Ersten Weltkrieg behindert, so dass die Strecke erst nach dem Krieg fertiggestellt wurde.[5]
- weitere Flügelstrecken
Nebst den staatlichen, von der Srpske državne železnice (SDŽ) betriebenen Strecken wurden längere lokale Schmalspurbahnen betrieben, die als Kreisbahnen bezeichnet wurden:
- die 56 Kilometer lange Drina-Kreisbahn (POŽ) Šabac–Loznica–Koviljača, eröffnet 1910
- die Serbische oder Unabhängige Kreisbahn (SOŽ) Dubravica–Požarevac–Petrovac, 96 Kilometer lang und 1912 eröffnet
Auch existierten in Serbien die 760 mm-spurige Waldbahnen Bor–Crni Vrh, Preljina–Gorijevnica, Čičevac–Bela Reka–Stolovac und die Industriebahn des Stahlwerks Smederevo.
Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit
Im Ersten Weltkrieg wurden die serbischen Eisenbahnanlagen bis an die Grenze beansprucht und stark zerstört. Während des Rückzugs zerstörten österreichisch-ungarische Truppen Bahnhöfe, Lokomotiven, Tunnel und Brücken. Von den 68 Schmalspurlokomotiven standen nach dem Krieg nur noch 14 zur Verfügung.[5]

Nach der 1920 erfolgten politischen Teilung des Banats kam die Hatzfelder Bahn Zrenjanin–Jimbolia (Hatzfeld) zunächst zum Königreich Jugoslawien. Wie erwähnt erfolgte 1925 durch die Eröffnung der Šarganska osmica die Verbindung mit der Bosnischen Ostbahn nach Sarajevo. Belgrad wurde erst 1928 erreicht. Bis in die 1950er Jahre war Belgrad einer der Endpunkte des serbischen Schmalspurnetzes, bis die Endstation in den Vorort Čukarica verlegt wurde. Neben Lokalzügen verkehrten auch Schnellzüge, die Schlafwagen mitführten und über Sarajevo und die Narentabahn bis nach Dubrovnik an der Adria verkehrten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Hauptstrecken des jugoslawischen Schmalspurnetzes sukzessive auf Normalspur und der Betrieb der Nebenlinien eingestellt.
Heutiger Zustand
Heute erinnert neben einigen Denkmallokomotiven und dem Schmalspurmuseum in Požega die wieder aufgebaute Museumsbahn Šarganska osmica an die serbische Schmalspurvergangenheit: Ein Teil der Fortsetzung der in den 1970er-Jahren eingestellten Bosnischen Ostbahn wurde ab 1999 mit staatlichen Mitteln zwischen Mokra Gora und Jatare, später bis Šargan Vitasi als Touristenattraktion wieder in Betrieb genommen. Die Verlängerung ins bosnische Višegrad wurde 2010 eröffnet, jene nach Užice und Požega ist in Planung. Zum Einsatz kommen meist rumänische Diesellokomotiven der Baureihe L45H, jedoch sind auch einige Dampflokomotiven der Reihe 83 und 85 vorhanden und manchmal im Einsatz.
Bilder
- Die von 1889 bis 1918 bestehende Srpske Državne Železnice (SDŽ) beschaffte 1904 sechs Lokomotiven SDŽ 391 bis 402 (später JŽ 72), hier als Denkmal in Slovenske Konjice.
- Als Universallokomotive wurde die Baureihe 83 sowohl im Personen- als auch im Güterzugsdienst eingesetzt.
Quellen
- Werner Schiendl, Franz Gemeinböck: Die Eisenbahnen in Bosnien und der Herzegowina 1918 – 2016. Edition Bahn im Film, Wien 2017, ISBN 978-3-9503096-7-6, S. 45–56
- Das serbische Schmalspurnetz. Auf: 760net, abgerufen am 1. September 2020
Einzelnachweise
- Pruga uskog koloseka Mladenovac-Aranđelovac-Lajkovac. Auf: Forum putnika i ljubitelja železnica, abgerufen am 1. September 2020 (serbisch)
- Puga uskog koloseka Zabrežje-Obrenovac-Lajkovac-Valjevo. Auf: Forum putnika i ljubitelja železnica, abgerufen am 1. September 2020 (serbisch)
- Pruga uskog koloseka Stalać-Kruševac-Kraljevo-Čačak-Užice. Auf: Forum putnika i ljubitelja železnica, abgerufen am 1. September 2020 (serbisch)
- Pruga uskog koloseka Užice-Šargan-Vardište. Auf: Forum putnika i ljubitelja železnica, abgerufen am 1. September 2020 (serbisch)
- Pruga uskog koloseka Lajkovac-Gornji Milanovac-Čačak. Auf: Forum putnika i ljubitelja železnica, abgerufen am 1. September 2020 (serbisch)
- Pruga uskog koloseka Beograd-Čukarica-Obrenovac. Auf: Forum putnika i ljubitelja železnica, abgerufen am 1. September 2020 (serbisch)