Schloss Tiergarten
Schloss Tiergarten war ein barockes Lustschloss, das unter Fürst Albrecht Ernst II. zu Oettingen-Oettingen auf dem Kratzberg westlich von Schrattenhofen ab 1689 errichtet wurde.[1] Hohen Besuch erhielt Schloss Tiergarten von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der dort von Fürst Albrecht Ernst empfangen wurde.[2] Nach dem Tod des Fürsten – mit dem auch die evangelische Linie Oettingen-Oettingen erlosch – wurde Schloss Tiergarten bis 1758 vollständig abgetragen und die Steine für den Bau von Schloss Hohenaltheim verwendet.[3]
Schloss Tiergarten | ||
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Ansicht von Schloss Tiergarten um 1710 nach einem Ölgemälde | ||
Staat | Deutschland (DE) | |
Entstehungszeit | ab 1689 | |
Erhaltungszustand | vollständig abgetragen | |
Ständische Stellung | Fürsten | |
Geographische Lage | 48° 49′ N, 10° 38′ O | |
Höhenlage | 475 m ü. NN | |
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Geschichte
Der baufreudige Fürst Albrecht Ernst II. zu Oettingen-Oettingen ließ auf der Anhöhe des Kratzberges einen Schlossanlage in Form eines Tiergartens errichten. Diese bestand aus einem Lustschloss, welches ein weißes Blechdach besaß, das in der Sonne glänzte.[4] Dieses Hauptschloss setzte sich aus einem langgestreckten, eingeschossigen Bau mit einem überhöhten Mittelteil mit vier turmartigen seitlichen Aufbauten zusammen.[1] Der Portikus des überhöhten Mittelteiles wurde abschließend gekrönt von einer Herkules-Hydra-Gruppe, die vom Nördlinger Bildhauer Caspar Seefried 1706 gestaltet wurde.[5] Nördlich des Hauptgebäudes befanden sich drei Freitreppen und ein großer Hof mit einer trapezförmigen Ummauerung.[1] Diese umfasste eine barocke Parkanlage mit einem halbmondförmigen Belvedere, das sich am südlichen Ende befand. Von der dortigen Terrasse blickten 16 Kanonen drohend gegen die Eger hinaus.[4]
Belvedere, Orangerie und Parkanlage wurden nach den Plänen von Maximilian von Welsch erbaut.[6] Dabei nahm sich Maximilian von Welsch für das Belvedere des Schlosses Tiergarten die um 1700 durch den Mainzer Kurfürsten errichtete Orangerie am Ende des Gaibacher Schlossparkes zum Vorbild. Dieser Bezug fand bei von Welsch auch 1709 für den Bau der Orangerie des Schlosses Biebrich Anwendung.[7]
Ergänzt wurde die Anlage von einer Schlosskapelle, die 1712 geweiht wurde, sowie einer 1714 erbaute Kaserne, die sich am nördlichen Ende befand. Für diese stand sogar ein eigenes Garnisonskirchlein in Planung, das aber nicht verwirklicht wurde.[1][3]
Am 30. März 1731 starb Fürst Albrecht Ernst II. auf Schloss Tiergarten, und mit ihm erlosch die evangelische Linie Oettingen-Oettingen. Er selbst wurde am 2. April 1731 in der Gruft der Schlosskirche St. Michael auf Burg Harburg, die von ihm 1721 im barocken Stil umgestaltet wurde, beigesetzt.[2]
Die zu leicht oder – wohl besser – zu leichtfertig ausgeführten Bauten gerieten in Verfall. Auch die 1737 in den Nebengebäuden eingerichtete Fayencemanufaktur wurde 1757 in das Dorf Schrattenhofen verlegt, und alle Bauwerke des Schlosses wurden bis 1758 nach und nach völlig abgebrochen.[3]
Die noch brauchbaren Steine und die Statuen wurden zum Ausbau von Schloss Hohenaltheim verwendet, die Gartenanlage aber mitsamt dem Park wurden gereutet und zu Feldern umgewandelt, so dass man heute kaum mehr an den Bodenformen den Platz erkennt, an dem das Lustschloss einst stand.[3]
Daneben wurden der Kanzelaltar und die Fenster der Schlosskapelle von Graf Johann Friedrich zu Oettingen-Wallerstein und teils von Graf Philipp Karl zu Oettingen-Wallerstein für die 1744 renovierte Harburger Stadtpfarrkirche St. Barbara gestiftet.[8] Heute findet sich in St. Barbara nur noch das Deckengemälde mit der Himmelfahrt Christi wieder, das sich ursprünglich in der Kapelle von Schloss Tiergarten befand. Außerdem wurden verschiedene Deckengemälde aus dem abgebrochenen Lustschloss im Jahr 1742 in den Festsaal der Burg Harburg integriert.[9]
Ein im Jahre 1986 durch das fürstliche Haus Oettingen-Wallerstein errichteter Gedenkstein erinnert heute an das einstmalige Schloss Tiergarten und seine kurze Geschichte.[3]
- Gedenkstein und Infotafel
- Blick auf das heutige Areal, auf dem sich Schloss Tiergarten einst befand (Nordseite des Kratzberges)
- Südseite des Kratzberges
- 1986 angebrachte Gedenktafel
Literatur
- Wilfried Sponsel, Hartmut Steger: Vergangene Burgen und Herrensitze. Eine Spurensuche im Blickfeld des Rieses. Satz und Grafik Partner GmbH, Augsburg 2004, ISBN 3-935438-27-3, S. 143–149
Weblinks
Einzelnachweise
- Lustschloss Tiergarten. In: www.alleburgen.de. Abgerufen am 23. Juli 2021.
- Georg Jakob Schäblen: Oettingischer Geschichts-Almanach. Verlag einer kleinen Armencasse, 1783, S. 73 (google.com [abgerufen am 27. Juli 2021]).
- Schrattenhofen - Stadt Harburg. Abgerufen am 23. Juli 2021.
- Georg Monninger: Das Ries und seine Umgebung. Beck, 1893 (google.com [abgerufen am 23. Juli 2021]).
- Fritz Kellermann: Die Künstlerfamilie Sommer: neue Beiträge zu Leben und Werk. Thorbecke, 1988, ISBN 978-3-7995-4109-1, S. 58 (google.com [abgerufen am 27. Juli 2021]).
- Joachim Meintzschel: Studien zu Maximilian von Welsch. Kommissionsverlag F. Schöningh, 1963, S. 93 (google.com [abgerufen am 27. Juli 2021]).
- Reinhard Schneider: Der Dalberger Hof in Mainz und sein Architekt Caspar Herwartel 1675-1720: Idee und Gestalt eines barocken Stadtpalastes. Werner, 1986, ISBN 978-3-88462-027-4, S. 103 (google.com [abgerufen am 27. Juli 2021]).
- Georg Adam Michel: Oettingische Bibliothek: zum besonderen Gebrauch seines Vaterlandes und Behuf der allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit in Schwaben mit vielen dienlichen Anmerkungen dem ofentlichen Druck übergeben. Lohse, 1788, S. 66 (google.com [abgerufen am 27. Juli 2021]).
- Einweihung auf Schloss Harburg. In: Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Abgerufen am 28. Juli 2021.