Schlacht von Fromelles
Die Schlacht von Fromelles fand im Sommer 1916 an der Westfront des Ersten Weltkrieges statt und endete mit einer Niederlage der First Australian Imperial Force gegen die deutschen Truppen.
Ausgangslage
Fromelles liegt im Département Nord, 16 km westlich der französischen Großstadt Lille, in der Region Hauts-de-France in Frankreich. Der damals ruhige Abschnitt der Westfront bei Lille gehörte zum Bereich der deutschen 6. Armee unter Kronprinz Rupprecht von Bayern. Die ganze Aufmerksamkeit der Stäbe richtete sich auf die Schlacht um Verdun und die Schlacht an der Somme. Der Feindaufklärung der Alliierten war aber nicht entgangen, dass sich dieser schwach ausgestattete Frontabschnitt für einen kleinen Entlastungsangriff mit eventuellem Durchbruch zu obig genannten Schlachten eignen würde.
Verlauf der Schlacht
Gegenüber den Truppen der 6. Bayerischen Reserve-Division bei Fromelles, die mit einem zwar motivierten, aber schlecht ausgebildeten Kriegsfreiwilligenanteil von 30 Prozent eher mittelmäßig eingestuft war, lagen die gering eingeschätzte 61st (2nd South Midland) Division und die unerfahrene 5. australische Division, ein Teil der Australian Imperial Force, unter dem gemeinsamen Befehl von General Officer Commanding (GOC) Richard Haking (XI Corps). Sein Gegenüber war Generalleutnant Gustav Scanzoni von Lichtenfels. Nach dreitägigem schwerem Artilleriefeuer auf den Abschnitt griffen die Briten und Australier am Abend des 19. Juli 1916 die Stellungen der Deutschen an. Der Sturmangriff wurde wider Erwarten zu einem Desaster. Unter relativ geringen Verlusten konnten die Bayern, in ihren gut gesicherten Gräben, Bunkern und MG-Ständen, bei zunächst geringfügigen Gebietsverlusten den Angriff stoppen. Am nächsten Tag gelang es mit Handgranatentrupps das verlorene Terrain zurückzuerobern.
Im Reserve-Infanterie-Regiment 16 der 6. bayer. Reserve-Division diente zu der Zeit Adolf Hitler als Meldegänger.
Nachspiel
Nie zuvor und danach in der Geschichte der Australischen Streitkräfte hatte diese Armee so hohe Verluste in einer Schlacht zu beklagen. Von einer Untersuchungskommission wurde die Schuld zu einem großen Teil dem britischen General Richard Haking gegeben. Die Australier nannten den General später abwertend „Butcher Haking“ (Schlächter Haking). Die Australische Armee hatte in ihren Feldzügen im Burenkrieg, Koreakrieg und in Vietnam insgesamt ungefähr 5300 gefallene Soldaten zu beklagen. Bei der Schlacht von Fromelles wurde diese Zahl innerhalb von 24 Stunden erreicht.
Verletzungen der Genfer Konvention
Nach der Schlacht beanstandeten beide Kriegsparteien Verstöße gegen die Genfer Konvention.[1] Die Australier behaupteten, dass bayerische Soldaten teilweise auf offensichtlich verwundete Australier geschossen hätten. In einem weiteren Fall hätten die Bayern einen erblindeten Australier zur Belustigung im Kreis laufen lassen und ihn anschließend erschossen. Die Bayern wiederum behaupteten, dass sie bei der Bergung der vielen toten und verwundeten australischen Soldaten beschossen wurden. In einem weiteren Fall am 20. Juli 1916, der bestätigt wurde, ergab sich ein Offizier der 14. Australischen Infanteriebrigade zunächst zwei Soldaten der 6. Reserve-Division und befahl dann seinen Männern, dasselbe zu tun. Die Australier missachteten aber seinen Befehl oder verstanden ihn nicht und erschossen die beiden bayerischen Soldaten.
Denkmal, Friedhof und Museum
In der Nähe von (bzw. in) Fromelles befinden sich folgende von der Commonwealth War Graves Commission unterhaltenen Einrichtungen:
- V.C. Corner Australian Cemetery and Memorial, bis 2010 der einzige CWGC-Friedhof, auf dem nur Australier liegen, und gleichzeitig der einzige, in dem es keine Grabstelen gibt, denn es handelt sich ausschließlich um die Reste von 1918 eingesammelten, unidentifizierbaren Körperteilen ungefähr tausend australischer Soldaten;
- der nur ein paar hundert Meter von 1. entfernte, aber jenseits der Grenze im Département Pas de Calais befindliche kleine, sehr schöne Friedhof der rue Pétillon (Le Trou Aid Post Military Cemetery), in welchem auch Australier liegen;
- der neue Friedhof Fromelles (Pheasant Wood) Military Cemetery; und
- ein Museum (in Fromelles) für die gefallenen Söhne Australiens in der Schlacht von Fromelles im Ersten Weltkrieg.
Das Pheasant Wood Military Cemetery der Commonwealth Graves Commission wurde am 19. Juli 2010, dem 94. Jahrestag des Beginns der Schlacht, eingeweiht. Gleichzeitig wurden die sterblichen Überreste des letzten der 250 von den bayerischen Gegnern in mehreren, vor dem Pheasant Wood quasi im Schatten der Pfarrkirche ausgehobenen, Bruderschaftsgräbern inhumierten australischen Soldaten im Beisein von Charles, Prince of Wales sowie christlicher Geistlicher, eines Rabbi und der damaligen australischen Generalgouverneurin mit militärischen Ehren beigesetzt, wobei der Thronfolger mit entblößtem Haupte hinter der Lafette herschritt. Die bis dahin identifizierten Toten erhielten, wie üblich, eine Grabstele mit dem Abzeichen der australischen Streitkräfte und darunter Namen, Dienstgrad, Lebensdaten und einer Widmung ihrer Hinterbliebenen. Bei Zugehörigkeit zu einer christlichen Glaubensgemeinschaft trägt der Stein auch das Kreuzzeichen. Die Stelen der nicht identifizierten Toten tragen, ebenfalls wie üblich, die Aufschrift „Known unto God“.
Literatur
- Paul Cobb: Fromelles 1916. The History Press, Stroud 2010, ISBN 978-0-7524-5601-0.
- Thomas Weber: Hitler’s First War: Adolf Hitler, the Men of the List Regiment, and the First World War. Oxford University Press, 1. Auflage 2010, ISBN 978-0-19-923320-5.
- Thomas Weber: Hitlers erster Krieg. Der Gefreite Hitler im Weltkrieg – Mythos und Wahrheit. List Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-548-61110-5.
- Friedrich Wiedemann: Das Gefecht bei Fromelles am 19. und 20. Juli 1916. In: Solleder, Fridolin (Hg.): Vier Jahre Westfront. Geschichte des Regiments List R.I.R. [=Reserve Infanterie Regiment] 16. München: Max Schick Verlag 1932. (= Erinnerungsblätter deutscher Regimenter. Bayerische Armee. Hg. vom Bayerischen Kriegsarchiv. Bd. 76). S. 214–236.
Weblinks
Einzelnachweise
- Deutsche Übersetzung: Hitlers Erster Krieg: Der Gefreite Hitler im Ersten Weltkrieg – Mythos und Wahrheit, Propyläen Verlag, Berlin 2011, S. 198.