Sandra Becker
Sandra Becker (* 1967 in Freiburg im Breisgau) ist eine in Berlin lebende deutsche Videokünstlerin, die auch unter dem Künstlernamen sandrabecker01[1] ausstellt.[2]
Leben und Wirken
Sandra Becker ist die Tochter des Diplomaten Volkmar Becker und der Richterin Gisela Maria Becker. In Königswinter besuchte sie zunächst die Grundschule und nach einer Zeit in der Türkei, wo ihr Vater an der deutschen Botschaft in Ankara tätig war, das Gymnasium am Petersberg. 1979 zog sie mit ihrer Familie nach Südamerika und besuchte in Lima das Colegio Alexander von Humboldt. 1982 wechselte sie auf das Heinrich-Hertz-Gymnasium in Bad Godesberg und legte dort 1986 ihr Abitur ab. Bei ihren Auslandsaufenthalten lernte sie Türkisch und Spanisch.[3]
1987 arbeitete Becker in New York als Assistant Lighting Designer von Giles Hogya am Jean Cocteau Repertory Theatre an der Bowery Street. Zwischen 1987 und 1989 folgten Studien an der Universität Hamburg und der Universität Stuttgart in Philosophie und Architektur sowie an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main. Auf Einladung des Central St. Martins College London ging sie 1989 nach London und schloss ihr Studium dort 1991 als Theatre Designer (Three Dimensional Design) an der Fakultät Fine Arts mit dem Bachelor of Arts (hons) ab.[3]
Anschließend ging sie zurück nach Deutschland und arbeitete als Designerin am Staatstheater Mainz. 1992 setzte sie ihr Studium an der Hochschule der Künste Berlin bei Valie Export in Visueller Kommunikation fort. 1993 folgte eine Einladung der Russischen Kunstakademie nach Sankt Petersburg, wo sie am Repin Institut arbeitete. Im selben Jahr verfasste sie ihre Diplomarbeit, in der sie sich mit dem Thema „Ankunft und Abfahrt“ auseinandersetzte. Es folgte ein Meisterschülerstudium in Experimenteller Filmgestaltung bei Heinz Emigholz, welches sie 1995 mit dem 16-mm-Film „Warteraum“ abschloss. Sie erhielt das Nachwuchsförderungsstipendium des Berliner Kultursenats und das DAAD-Stipendium nach New York.[3]
Danach arbeitete Becker als Dozentin und war von 2007 bis 2009 Gastprofessorin für künstlerische Transformationsprozesse an der Universität der Künste Berlin. Dort war sie Teil eines Teams von elf Professorinnen, die in gemeinsamer Arbeit das künstlerische Projekt „Stille Post“ auf die Hochschullehre übertrugen. Es wird bis heute in der Didaktik gelehrt.[4] Sie war ab 2013 Co-Leiterin der Medienwerkstatt im Kulturwerk des BBK Berlin.[5]
2015 war sie Gastprofessorin in Brasilien an der Universidade Federal do Rio Grande do Sul (UFRGS)[6]. Sie lehrt darüber hinaus an der Freien Universität Berlin[7] und war von Sommer 2019 bis Mitte 2020 Dozentin für Medieninformatik am Lette-Verein[8] sowie seit Anfang 2020 Dozentin für App-Design und für Web-Entwicklung an der School of Management and Technology der Steinbeis-Hochschule Berlin.
Becker ist mit ihren Arbeiten unter anderem in der Sammlung des Staatlichen Museums Majdanek in Lublin (Polen), im Euro Theater Central Bonn und in der internationalen Sammlung des Neuen Berliner Kunstvereins vertreten. Sie ist Mitglied im Deutschen Künstlerbund und seit September 2021 Teil des Vorstands.[9]
Ausstellungen (Auswahl)
Einzelausstellungen
- 1996: Zwischenräume, Foto- und Videoarbeiten, Kunstverein Würzburg
- 1997: Architektur der Zeit, Dogenhaus Galerie Leipzig/Berlin
- 2002: der digitale Körper, Galerie Adlergasse, Dresden
- 2002: janeinneinja, MAE Galerie Irene Eikmeier, Berlin
- 2005: Videopräsentation im Atelier, Museum Centro Cultural Andratx, Spanien
- 2005: Schnittstelle, MAE Galerie Irene Eikmeier, Berlin
- 2005: 11th Edition, netfilmmakers, Kopenhagen
- 2011: Phänomene der Zeitlichkeit, Fototriennale Hamburg, Galerie Kammer
- 2011: höhen+++tiefen, Videoarbeiten, Kunst- und Medienzentrum Adlershof
- 2014: Social Dissolve, Goethe-Institut Porto Alegre, Brasilien[10]
Gruppenausstellungen
- 1996: Forum Berlin, Ausstellung Kulturforum und Stiftung Starke, Berlin, Gruppenausstellung
- 1997: 3rd International Exhibition of Women ́s Art, SOHO 20 Gallery, New York, Gruppenausstellung
- 1998: Body of the message, mit Daniel Pflumm, Joachim Blank und Karl Heinz Jeron, Neuer Berliner Kunstverein[11][12]
- 2001: New Video from Berlin, Institute of Contemporary Arts (ICA), London
- 2001: Urban nomads, mit Christine Hill, Daniel Pflumm, Pia Greschner u. a., SLG South London Gallery in Kooperation mit dem Goethe-Institut[13]
- 2002: utopian traffic, Kunst im öffentl. Raum, Symposium Citybrache Dresden
- 2003: Performancekörper-Stadt, Stiftung Bauhaus Dessau
- 2005: circa Berlin, Nikolaj Copenhagen Contemporary Art Center
- 2006: Stille Post, Galerie der Karl Hofer Gesellschaft[14][15]
- 2006: panta rhei, Brückeninstallation, 48 Stunden Neukölln[16]
- 2007: Clips, Galerie Nord, Kunstverein Tiergarten und Galerie HO Marseille
- 2007: Strictly Berlin 007, Galerie der Künste Berlin
- 2008: red, Festival Traverse Video Toulouse
- 2008: hello neighbor, Brooklyn Gallery, New York
- 2008: Frauen bei Olympia, Frauenmuseum Bonn[17]
- 2008: Prototypisieren, Messe für Kunst und Theorie Bremen[18][19]
- 2009: Künstlerbücher aus Berlin, Ausstellungsräume auf der Lyss, Basel
- 2011: Arm aber sexy, Atelierhaus Aachen, mit Grußwort von Klaus Wowereit
- 2012: „Künstler der Stiftung Starke“, Löwenpalais, Berlin
- 2013: „sehen und gesehen werden“, Medienfassade HTW
- 2013: „Muster-Patterns“, Haus Schwarzenberg Berlin[20][21]
- 2017: „Fragmentierte Erzählungen: Berlin-Sofia“, Museum für Geschichte und Goethe-Institut Sofia[22]
- 2018: „Zeitverschiebung – Posun v čase“, Bauakademie Prag[23]
- 2019: „Techne“, Paço Municipal, Porto Alegre, BR (Kuratorium)[24]
- 2020: The wind, Gangneung Arts Center, Südkorea[25]
- 2020/2021: ME + YOU = TOGETHER WE. Museum Reinickendorf, Berlin[26]
- 2021: Women in arts – 4. FATart Art Fair, Schaffhausen, Schweiz
Messeteilnahmen
- 1999: Kunstmesse Ameryshow New York
- 1999: Kunstmesse Junge Liste Basel, Galerie Paula Böttcher
- 2013: Innovative Kunstmesse Contemporary Art Ruhr
- 2014/15: Medienkunstmesse Contemporary Art Ruhr
- 2014–2017: Kunstmesse Berliner Liste[27][28]
- 2017: Medienkunstmesse Contemporary Art Ruhr[29]
Arbeiten in Sammlungen (Auswahl)
- „Survival“, Fotografie, Staatliches Museum Majdanek, Lublin, Polen
- „Cluster L8 und e1“, Videofotografie, Stiftung Starke, Berlin
- „Moonlight“, DVD, Museum Centro Cultural Andratx, Spanien
- „Cluster“, Videofotografie, Baunetz-Online Berlin
- Videoarbeiten in der internationalen Sammlung des Neuen Berliner Kunstvereins[3]
- Zeichnungen in der Graphothek Berlin[30]
Preise
- 1996 Max-Ernst-Preis der Stadt Brühl
- 2000 DigitalArt-Preisträgerin im Bereich Movies
- 2006 Karl-Hofer-Preis für das Stille-Post-Projekt
Stipendien (Auswahl)
- 1993: Stipendiatin der Akademie der Künste der UdSSR in Leningrad
- 1997: DAAD-Stipendium New York
- 2002: Atelierprogramm point B, Williamsbourgh, New York
- 2004: Atelierstipendium Museum Centro Cultural Andratx, Spanien
- 2005: Stipendium der Käthe Dorsch und Agnes Straub Stiftung
- 2005: Artist in Residence, Association Saint Henri, Frankreich
- 2010–2012: Stipendium Deutsche Künstlerhilfe des Bundespräsidenten
- 2014: Stipendiatin des Goethe-Instituts Porto Alegre, Brasilien
Projektförderungen
- 1994 Förderung durch das Künstlerinnenprogramm des Berliner Kultursenats
- 2004 Projektförderung der Notgemeinschaft der Deutschen Kunst e.V.
- 2003–2004 Förderung durch die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst
- 2006 EU-Förderung (Lokales Soziales Kapital) für den Dokumentarfilm „Lift01“
- 2008 EU-Projektförderung für das Webportal „muetter-arbeiten-von-zuhause-aus“
- ab 2013 Atelierförderung des Berliner Senats[31]
Mitgliedschaften (Auswahl)
- Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Webgrrls.de[32]
- Delegierte, Vorstandsmitglied (2013 bis 2015) des Deutschen Frauenrats[33]
- Gründerin der Künstlerinnengruppe Netzwerkvirus[34]
Literatur
- Marius Babias, Kathrin Becker, Sophie Goltz: Time pieces. Videokunst seit 1963, n.b.k. Berlin, Band 4, Walther-König-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-86335-074-1.
- 2016 – 175 Jahre. Immer wieder zeitgenössisch. VBK, Berlin 2016, ISBN 978-3-9818399-1-3.
- Totalitär. Galerie VBK Berlin. Art In Flow Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-938457-30-6.
- Techne, Berlin – Porto Alegre. Verlag ARTINFLOW, Berlin 2019, ISBN 978-3-938457-37-5.
- Die Hälfte der Welt. Verein Berliner Künstler, Berlin 2019, ISBN 978-3-9818399-3-7.
- Zeitverschiebung. Verein Berliner Künstler – NSPU Prag, Prag, Berlin 2019, ISBN 978-3-9818399-2-0.
- Sex. Verein Berliner Künstler, Berlin 2019, ISBN 978-3-9818399-4-4.
Weblinks
- Webseite von Sandra Becker
- Literatur von und über Sandra Becker im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Sandra Becker auf der Website der Universität der Künste Berlin
Einzelnachweise
- Jessica Zeller: Gleichmaß ist schöner. In: taz.de. 26. September 2006, abgerufen am 4. Juni 2020.
- Homepage sandrabecker01. In: sandrabecker01.de. Sandra Becker, abgerufen am 2. Juni 2020.
- schnittstelle: zur Biografie von Sandra Becker. Abgerufen am 1. Juni 2020.
- Gundel Mattenklott: Vom Kinderspiel zur Praxis künstlerischen Unterrichts. In: zaeb.net. Zeitschrift ästhetische Bildung, abgerufen am 1. Juni 2020.
- Medienwerkstatt Berlin: Team. Abgerufen am 1. Juni 2020.
- Instituto de Informática UFRGS: Palestra com a Profa. Sandra Becker - Berlim. Abgerufen am 1. Juni 2020.
- SoSe 19: Objektorientierte Programmierung – Lehrveranstaltung 2.1. In: Vorlesungsverzeichnis. Freie Universität Berlin, abgerufen am 2. Juni 2020.
- Medieninformatik. In: letteverein.berlin. Abgerufen am 5. Juni 2020.
- Mitgliederversammlung 2021: Neuer Vorstand gewählt. In: kuenstlerbund.de. Deutscher Künstlerbund e. V., 19. September 2021, abgerufen am 4. Oktober 2021.
- Das Werk selbst ist eine interaktive Medieninstallation, die über nachfolgenden Link im Internet abgerufen werden kann. Sandra Becker 01: “social dissolve” by Sandra Becker 01. A project of visual research in the area of nonverbal and digital communication between people. In: socialdissolve.tumblr.com. Abgerufen am 2. Juni 2020 (englisch).
- Harald Fricke: Wand und Boden: Tomographisch grisseliges Einerlei in Rosa. In: taz.de. 18. Juli 1998, abgerufen am 4. Juni 2020.
- body of the message
- South London Gallery
- udk-berlin.de, Katalog zum Ausstellungsprojekt Stille Post
- lift01.net: Stille Post (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- sandrabecker011, panta rhei
- sandrabecker01, Frauen bei Olympia
- Isabell Burger: Leben bei Leffers am Brill. In: taz.de. 29. März 2008, abgerufen am 4. Juni 2020.
- Prototypisieren. Eine Messe für Kunst und Theorie. Projekte. In: thealit.de. thealit Frauen.Kultur.Labor., abgerufen am 4. Juni 2020.
- Lea Streisand: Das Immergleiche, beständig variiert. In: taz.de. 25. Oktober 2013, abgerufen am 4. Juni 2020.
- haus-schwarzenberg.org, sandrabecker01
- Goethe-Institut
- Zeitverschiebung. Abgerufen am 15. Juni 2018 (englisch).
- Techne. Rathaus Porto Alegre, abgerufen am 10. November 2019.
- Seoul Art Guide: 전시상세정보. 2020 강릉아트센터 초대 난설헌국제교류 10주년 특별:The wind전 Abgerufen am 26. April 2021 (koreanisch).
- ME + YOU = TOGETHER WE. Arbeiten von Sandra Becker – Simone Kornfeld – Ina Lindemann – Gerard Waskievitz. Abgerufen am 26. April 2021.
- Ana Bambić Kostov: Die geeignete Infrastruktur für Medienkunst. Ein Interview mit Sandra Becker von der Medienwerkstatt. In: discoveryartfair.com. The Working Smarter Group, 14. September 2016, abgerufen am 4. Juni 2020.
- Heike Franziska Bartsch: Berliner Liste. Medienwerkstatt, Berlin 2016. In: bartsch-art.de. Abgerufen am 4. Juni 2020.
- Animations by the Medienwerkstatt im Kulturwerk des bbk berlin at C.A.R. Video Lounge. In: Directors Lounge – directorslounge.tumblr.com. A&O-gallery, 15. Oktober 2017, abgerufen am 4. Juni 2020 (englisch).
- Kunstwerke – Einträge: Becker 01, Sandra. In: graphothek-berlin.de. Abgerufen am 4. Juni 2020.
- Atelierprogramm Berlin
- Impressum webgrrls.de – Gesetzliche Vertretung. In: webgrrls.de. Abgerufen am 4. Juni 2020.
- Renate Hermanns: Sandra Becker in den Vorstand des Deutschen Frauenrates gewählt. In: webgrrls.de. 9. November 2013, abgerufen am 4. Juni 2020.
- Webseite der Künstlerinnengruppe Netzwerkvirus