Richen
Richen ist ein Dorf im Landkreis Heilbronn in Baden-Württemberg, das seit dem 1. Dezember 1971 zu Eppingen gehört.
Richen Stadt Eppingen | |
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Höhe: | 187 m |
Fläche: | 11,04 km² |
Einwohner: | 1624 (31. Dez. 2014) |
Bevölkerungsdichte: | 147 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Dezember 1971 |
Vorwahl: | 07262 |
Richen |
Geschichte
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung Richens, als Grechu, geht auf die Schenkung eines Wolfbert an das Lorscher Kloster zurück und datiert, laut einer Abschrift der Schenkungsurkunde im Codex Laureshamensis, vom 3. Oktober 769.[1] Ein Ortsadel ist von 1240 bis ins 14. Jahrhundert nachgewiesen, eine Burg (Burg Richen) 1335. Nach dem Aussterben der Herren von Richen fiel der Besitz an eine Ganerbschaft, da später die Herren von Gemmingen und die Herren von Hohenhardt mehrere Güter besaßen. Ludwig der Bayer erlaubte es 1332 der Kurpfalz, die Pfandschaften über das Reichsdorf zu erwerben.[2] Richen liegt an einer alten Handelsstraße, die Herberg zu Richen wurde bereits 1456 in einer Urkunde von Pfalzgraf Otto I. erwähnt, hat aber zu dieser Zeit schon länger bestanden. Der heutige, auf diese Herberge zurückgehende Gasthof Löwen wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts errichtet.
Bei der Aufteilung der Kurpfalz fiel Richen 1803 an das Fürstentum Leiningen, nach dessen raschem Ende 1806 wurde der Ort eine selbstständige Gemeinde im Großherzogtum Baden. 1939 wurden 821 Einwohner gezählt, Ende 1945 waren es 925.[3] Am 1. Dezember 1971 wurde Richen nach Eppingen eingemeindet.[4] Heute hat der Ort ca. 1650 Einwohner. Richen präsentiert sich bis heute als stark landwirtschaftlich geprägter Ort. In der Ortsmitte haben sich zahlreiche historische Fachwerk-Wohn- und Wirtschaftsgebäude erhalten, allerdings besteht ein sehr großer Sanierungsbedarf.
Der Ort liegt an der 1900 eröffneten Bahnstrecke Steinsfurt–Eppingen, die im Stundentakt durch Regionalbahnen bedient wird, die zweistündlich von Heidelberg durchgebunden werden. Seit Ende 2009 ist die Strecke in das Netz der S-Bahn RheinNeckar integriert. Die Entwicklung der örtlichen Infrastruktur ist in Richen stark rückläufig. Bis auf die Filiale einer Bäckerei und eine Metzgerei im Löwen gibt es keine Einkaufsmöglichkeit mehr.
Religion
Die älteste in Richen erwähnte Kirche ist eine nicht näher bezeichnete Veitskapelle. 1373 wurde eine Frühmessnerei für einen Katharinen- und einen Nikolausaltar gestiftet, die sich vermutlich schon in einem steinernen Kirchenbau befanden. 1476 wurde eine neue Pfarrkirche erwähnt, die 1496 der Jungfrau Maria geweiht wurde. Durch die Reformation in der Kurpfalz 1556 wurde Richen fast vollständig lutherisch, später calvinistisch geprägt.
Nach dem Ende des ab 1685 in der Kurpfalz herrschenden Simultaneums wurde die Richener Pfarrkirche 1705 an die Katholiken abgegeben, die jedoch wegen des desolaten Zustands der Kirche 1732 bereits einen Kirchenneubau begannen, in den noch Bauteile der alten Kirche aus dem 15. Jahrhundert einflossen. Nach dem Neubau einer katholischen Kirche 1963/64 am Ortsausgang wurde die alte katholische Kirche 1966 abgerissen.
Die evangelische Gemeinde erbaute sich nach der Abgabe der historischen Kirche 1727 auf eigene Kosten eine kleine Kirche, die jedoch schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts baufällig war. An anderer Stelle wurde daher ab 1842 die heutige evangelische Kirche errichtet, während der Bau von 1727 profaniert wurde und sich mittlerweile im Eigentum der politischen Gemeinde befindet.[5]
Die Jüdische Gemeinde Richen entstand um 1700 und wuchs bis 1775 auf 50 Personen an. Die jüdische Gemeinde in Richen war im Gegensatz zu vielen umliegenden jüdischen Gemeinden wohlhabend, konnte 1790 eine Synagoge erbauen und zählte 1825 über 120 Personen. Von 1875 bis 1900 ging die Gemeindestärke vor allem durch Auswanderung von 103 auf 34 Personen zurück. Von den 15 im Jahr 1933 noch ansässigen Juden wanderten die meisten bis 1936 aus. Im selben Jahr wurde die Synagoge verkauft. Die letzte Richener Jüdin kam während der Deportation 1940 zu Tode. Die Synagoge wurde nach dem Krieg wegen Baufälligkeit abgerissen.[6]
Wappen
Beschreibung: Das Wappen von Richen zeigt in einem vierfach geteilten Schild in zwei Vierteln jeweils die oberpfälzischen blau-weißen Rauten bzw. drei goldene Flammen auf rotem Grund. Das Wappen wird von drei Türmen bekrönt.
Die oberpfälzischen Rauten weisen auf den einstigen Pfälzer Besitz in Richen hin. Die Bedeutung der Flammen ist unbekannt. Im 19. Jahrhundert wurde zeitweilig ein nicht bekröntes Wappen verwendet, in dem die Türme die Flammen ersetzten, bei der Gestaltung des heutigen Wappens durch die Archivdirektion im Jahr 1907 wurde jedoch die historische bekrönte Form bevorzugt.
Sehenswürdigkeiten
- Die Evangelische Pfarrkirche wurde von 1842 bis 1845 von Michael Bachmann[7] im Stil der Neoromanik erbaut. Sie ersetzte ein heute noch erhaltenes älteres Kirchengebäude von 1726, das nach dem Bau der neuen Kirche profaniert wurde und seitdem als Scheune genutzt wird.
- Die katholische Pfarrkirche Mariä Geburt wurde 1964/65 am Ortsausgang nach Ittlingen errichtet, nachdem die alte katholische Kirche auf Grund des Zustroms von katholischen Vertriebenen aus Ungarn und der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg zu klein geworden war. In der Kirche hat sich ein historischer Taufstein der 1966 abgerissenen alten katholischen Kirche erhalten.
- Evang. Pfarrkirche von 1845
- ehem. evangelische, reformierte Kirche von 1726
- Kath. Pfarrkirche Mariä Geburt
- Die Ortsmitte von Richen, in der sich auch das Bauernmuseum Richen befindet, weist zahlreiche historische Fachwerkbauten auf, die teilweise bis ins 16. und 17. Jahrhundert zurückdatieren. Längs der Hauptstraße sind auch einige so genannte Modellhöfe (schemagleiche Gehöfte der ländlichen Besiedelung in Baden) aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten.
- In der Ortsmitte ist ein Renaissance-Torbogen mit Neippergschem Wappen von 1597 aufgestellt.
- Alte Brauerei und Wirtschaft Schweinfurth
- Fachwerkhaus
Persönlichkeiten
- Heinrich Heyd (1849–1913), Lehrer und Lehrervertreter
- Jakob Geiger (1854–1925), Landwirt und Sonnenwirt in Richen, gehörte von 1909 bis 1912 der zweiten Kammer der Badischen Ständeversammlung an
Einzelnachweise
- Glöckner, Karl, Codex Laureshamensis: 03. Band Kopialbuch, II. Teil: Die übrigen fränkischen und die schwäbischen Gaue Güterlisten, späte Schenkungen und Zinslisten, Gesamtregister, Darmstadt 1936, S. 43; Nr. 2495 (Reg. 436 B.): „Donatio Wolfberti in Nacheim, et Mülnen, et Qemminisheim et in Qrechu.“ Deutsche Übersetzung: Minst, Karl Josef (Übers.), Lorscher Codex: deutsch; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch, nach d. lat. Text d. Urschrift wiedergegeben von Lamey (1768 - 1770) und Glöckner (1929 - 1936), ins Dt. übertr. von Karl Josef Minst, (Band 4): Schenkungsurkunden Nr. 2000 – 2910, Lorsch, 1970, S. 152:
- „Schenkung des Wolfbert in Nacheim, Mühlheim, Geminsheim und Richen unter König Karl und Abt Gundeland
In Christi Namen, am 3. Oktober im 1. Jahr (769) des Königs Karl. Zum Heile meiner Seele will ich, Wolfbert, ein gutes Werk verrichten. Es sei gewidmet dem heiligen Märtyrer N(azarius), dessen Leib im Lorscher Kloster ruht, dem der ehrwürdige Gundeland als Abt vorsteht. Ich schenke alles, was ich im vorgenannten Gau (Angelgau), in
Marcbodesheim (Markbodsheim; Wüstung bei Wiesloch s. Heidelberg),
Nacheim (Ortsteil von Markbodsheim),
Mulnen (Mühlheim; Wüstung n. Bruchsal), Gemminisheim (Geminsheim; Wüstung n. Bruchsal) und in
Grechu (Richen nö. Eppingen w. Heilbronn) an Hofreiten, Wiesen, Wäldern und Gewässern und an Ackerland besitze, und außerdem noch einen Leibeigenen. In diesem Sinne erfolgte feierliches Handgelöbnis. Geschehen in monasterio laurfishamensi (= im Lorscher Kloster). Zeit wie oben.“
- „Schenkung des Wolfbert in Nacheim, Mühlheim, Geminsheim und Richen unter König Karl und Abt Gundeland
- Erhard Nietzschmann: Die Freien auf dem Lande. Ehemalige deutsche Reichsdörfer und ihre Wappen. Melchior, Wolfenbüttel 2013, ISBN 978-3-944289-16-8, S. 63.
- Mitteilungen des Württ. und Bad. Statistischen Landesamtes Nr. 2: Ergebnisse der Einwohnerzählung am 31. Dezember 1945 in Nordbaden
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 479.
- Quelle für christliche Religionen und ihre Bauwerke:
Dietrich Duhm: Die Richener Kirchen. In: Rund um den Ottilienberg Band 2, Eppingen 1982 - Quelle für jüdische Gemeinde:
Wolfram Angerbauer, Hans Georg Frank: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. Geschichte, Schicksale, Dokumente. Landkreis Heilbronn, Heilbronn 1986 (Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn. Band 1) - Joachim Hennze: Kirchen im Landkreis Heilbronn. In: heilbronnica 3. Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte. Stadtarchiv Heilbronn, Heilbronn 2006, ISBN 978-3-928990-95-0 (Jahrbuch für schwäbisch-fränkische Geschichte, 35) (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Heilbronn, 17)
Weblinks
- Richen bei LEO-BW
- Website des Heimatvereins Richen
- Karte von Richen und Umgebung auf: Geoportal Baden-Württemberg (Hinweise)
- Meßtischblatt 6819 Niederhofen von 1902 in der Deutschen Fotothek