Raser
Als Raser werden Verkehrsteilnehmer bezeichnet, die mutwillig im Straßenverkehr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fahren. Beim Rasen entsteht ein erhöhtes Unfallrisiko, wodurch Raser häufig andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen. Rasen bzw. überhöhte Geschwindigkeit gilt neben Ablenkung und Unachtsamkeit als eine der Hauptunfallursachen. Der Begriff Raser kann eine abwertende Bezeichnung sein.[1] Raser, welche tödliche Unfälle verursacht haben, wurden in jüngerer Vergangenheit wegen Mordes verurteilt.
Physikalische Grundlagen
Die kinetische Energie (Bewegungsenergie) eines Fahrzeuges, die bei einem Aufprall zerstörerisch wirkt, sowie der Bremsweg sind proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit. Es gilt:
- Kinetische Energie
- Bremsweg bei Gefahrbremsung
Das bedeutet, dass bei einem Unfall mit beispielsweise 200 km/h die vierfache Menge an Energie durch eine plötzliche Verringerung der Geschwindigkeit (Crash) abgebaut werden muss im Vergleich zu einem Unfall mit 100 km/h. Die Masse des Fahrzeuges wirkt sich hingegen „nur“ linear auf die Bewegungsenergie aus. Ein Fahrzeug mit einer Masse von zwei Tonnen stellt bei einem Unfall potenziell die doppelte Menge an Energie bereit wie eins mit nur einer Tonne.
Der Bremsweg eines Autos ist bei 200 km/h ebenfalls viermal so lang verglichen mit demselben Fahrzeug bei 100 km/h.
Persönlichkeit
Laut Kölner Polizei ist der „typische Raser“ zwischen 18 und 25 Jahre alt, männlich und hat oft einen Migrationshintergrund. Häufig wohnt er noch bei seinen Eltern und hat nur ein geringes Einkommen. Fehlenden beruflichen Erfolg versucht er mit Anerkennung für sein Auto auszugleichen. „Das Gaspedal dient als Ventil, um Druck abzulassen.“ „Raser haben die Illusion, die Situation zu beherrschen, und blenden die Risiken aus.“[2]
Überwachung und rechtliche Bewertung
Deutschland
In Deutschland müssen Raser mit Geldstrafen und Punkten in Flensburg rechnen. Um die Zahl der Raser zu bekämpfen, führt die Polizei seit 2012 regelmäßig bundeslandweite und landesweite Blitzmarathons durch.[3]
Im Sommer 2017 wurden die Sanktionen für die Teilnahme an illegalen Autorennen erhöht. Bis dahin handelte es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die lediglich mit 400 Euro Bußgeld und einem Monat Fahrverbot bedroht war; seit der Verschärfung handelt es sich bei der Teilnahme an illegalen Autorennen um eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann; Die Strafandrohung steigt auf zehn Jahre, wenn jemand schwer verletzt oder getötet wird (§ 315d StGB).[4] Zudem kann das Kraftfahrzeug eines Rasers eingezogen werden (§ 315f StGB).
Im Februar 2017 wurden erstmals zwei Raser, die sich auf dem Kurfürstendamm und der Tauentzienstraße in Berlin ein illegales Autorennen geliefert hatten, wobei ein 69-jähriger Mann getötet wurde, wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt.[5] Der Bundesgerichtshof hob das Urteil am 1. März 2018 auf, weil der bedingte Tötungsvorsatz nicht ausreichend bewiesen sei, und verwies den Fall an das Berliner Landgericht zurück.[6] Dieses bestätigte aber am 26. März 2019 den Mordvorwurf und die Verurteilung zu lebenslanger Haft.[7] Am gleichen Tag erklärte der Anwalt der Verurteilten, er habe bereits Revision eingelegt.[8] Am 18. Juni 2020 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass das Urteil gegen einen der Fahrer rechtskräftig ist.[9] Der zweite Fahrer wurde im März 2021 wegen versuchten Mordes zu einer Haftstrafe von 13 Jahren verurteilt.[10] Die Revision des ersten Fahrers wurde am 25. Januar 2022 endgültig vom Bundesgerichtshof abgewiesen; er ist somit rechtskräftig wegen Mordes verurteilt.[11]
In einem vergleichbaren Fall in Köln-Deutz waren die beiden Täter 2016 zunächst zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, welche zur Bewährung ausgesetzt wurden.[12] Diese Urteile wurden vom Bundesgerichtshof aufgehoben und der Fall ans Landgericht Köln zurückverwiesen. Im März 2018 wurden die beiden Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt.[13][14] Die dagegen gerichtete Revision eines der beiden Angeklagten wurde am 4. Dezember 2018 abgewiesen; damit sind beide Täter rechtskräftig verurteilt.[15]
Das Landgericht Hamburg verurteilte 2018 einen Taxidieb, der mit dem gestohlenen Fahrzeug vor der Polizei flüchten wollte und dabei mit massiv überhöhter Geschwindigkeit einen tödlichen Unfall verursachte, wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.[16] Im März 2019 bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil.[17]
Schweiz
Seit dem 1. Januar 2013 gelten in der Schweiz strengere Bestimmungen für Geschwindigkeitsübertretungen.[18]
Als Raser gilt nun,
- wer durch eine Tempo-30-Zone mit 70 Kilometern pro Stunde fährt,
- wer innerorts bei erlaubten 50 km/h mit 100 km/h unterwegs ist,
- wer außerorts bei erlaubten 80 km/h mit 140 km/h unterwegs ist und
- wer auf Autobahnen bei erlaubten 120 km/h mindestens 200 km/h fährt.
Rasern wird der Fahrausweis zunächst für zwei Jahre entzogen, im Wiederholungsfall dauerhaft. Bei groben Verfehlungen kann das Fahrzeug eingezogen werden. Für Verkehrsdelikte im Zusammenhang mit Rasen gilt eine neue Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug, die Höchststrafe liegt bei vier Jahren.
Im Falle eines Deutschen, der sich eines Raserdelikts in der Schweiz schuldig gemacht hatte und dafür in Abwesenheit zu 30 Monaten Freiheitsstrafe, davon ein Jahr unbedingt, verurteilt worden war, entschied das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Exequaturverfahren, dass die Strafe auch in Deutschland vollstreckt werden kann, obwohl Rasen zum Zeitpunkt des Vergehens in Deutschland nur eine Ordnungswidrigkeit und nicht eine Straftat darstellte.[19][20] Das Urteil sei zwar hart, aber nicht unerträglich, so das Gericht. Im Oktober 2018 trat der Raser seine Haft an.[21]
Österreich
In Österreich drohen Rasern Strafmandate, Anzeigen und Führerscheinentzug. Zum 1. September 2009 sind einheitliche Strafhöhen für Geschwindigkeitsüberschreitungen eingeführt worden.[22] Die Höhe des Strafmandats beträgt bei Überschreitungen von bis zu 20 km/h 30 Euro, über 20 bis 30 km/h 50 Euro und bei über 30 bis 40 km/h 70 Euro. Kommt es zudem zu einer Anzeige, kann es zu Strafzahlungen von bis zu 726 Euro (bei Geschwindigkeitsüberschreitungen bis zu 30 km/h) bzw. von bis zu 2.180 Euro (bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 30 km/h) kommen. Außerdem wird je nach Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung der Führerschein für eine gewisse Zeit entzogen (zwei Wochen bis sechs Monate beim ersten einschlägigen Delikt).[23]
Weblinks
- Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausland, auf geschwindigkeitsueberschreitung.net
Einzelnachweise
- Raser, auf duden.de. Abgerufen am 30. August 2017.
- Wenn das Gaspedal zum Ventil wird. In: Stuttgarter Zeitung vom 11. Oktober 2019. Abgerufen am 14. Oktober 2019.
- Marcel Leubecher: Deutschland vor der größten Temposünder-Jagd. In: Die Welt vom 9. Oktober 2013. Abgerufen am 30. August 2017.
- Illegale Straßenrennen: Härtere Strafen für Raser: Längere Haft und Auto einkassieren. In: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, vom 29. Juni 2017. Abgerufen am 30. August 2017.
- Prozess in Berlin: Ein Toter nach illegalem Autorennen – Raser wegen Mordes verurteilt. In: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, vom 27. Februar 2017. Abgerufen am 30. August 2017.
- BGH: Berliner Raser sind keine Mörder. Legal Tribune Online, 1. März 2018, abgerufen am 1. März 2018.
- Es war Mord. Kudamm-Raser erneut zu lebenslanger Haft verurteilt. Berliner Zeitung, 26. März 2019, abgerufen am 26. März 2019.
- Raser-Anwalt legt Revision gegen Mordurteil ein
- Bundesgerichtshof erklärt Urteil als rechtskräftig
- Urteil wegen versuchtem Mord
- Urteil gegen Ku’damm-Raser wegen versuchten Mordes ist rechtskräftig
- Raser-Prozess wegen befangenem Schöffen geplatzt. Spiegel online, 12. Dezember 2017, abgerufen am 12. Januar 2018.
- Urteil Raser vom Kölner Auenweg müssen doch ins Gefängnis, Kölner Stadt-Anzeiger, 22. März 2018
- Landgericht urteilt neu : Kölner Raser müssen doch ins Gefängnis, FAZ, 22. März 2018
- https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bgh-verurteilungen-der-koelner-raser-rechtskraeftig
- Taxidieb zu lebenslanger Haft verurteilt
- Bundesgerichtshof bestätigt erstmals Mordurteil gegen Raser
- Verkehrssicherheit: Ein strengeres Regime gegen Raser. In: Neue Zürcher Zeitung, vom 14. November 2012. Abgerufen am 30. August 2017.
- Gotthard-Raser muss Strafe in Deutschland absitzen. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 27. April 2018. Abgerufen am 7. Juli 2018.
- Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. April 2018
- https://www.adac.de/der-adac/rechtsberatung/bussgeld-punkte/ausland/schweizer-freiheitsstrafe/
- Einheitliche Strafen für „Raser“ in Österreich, auf auto.de, vom 10. August 2009. Abgerufen am 1. September 2017.
- Raser, Radar: Wie viel Strafe man zahlen muss, auf meinbezirk.at, vom 6. Juni 2016. Abgerufen am 1. September 2017.