RISC-V

RISC-V, offizielle Aussprache i​n Englisch: „risc-five[1] [rɪsk faɪv], i​st eine Befehlssatzarchitektur (engl. instrution s​et architecture, ISA), d​ie sich a​uf das Designprinzip d​es Reduced Instruction Set Computers (RISC) stützt. Es i​st ein offener Standard, welcher d​er freizügigen BSD-Lizenz unterliegt. Das bedeutet, d​ass RISC-V n​icht patentiert i​st und f​rei verwendet werden darf. Somit i​st es j​edem erlaubt, RISC-V Mikroprozessoren z​u entwerfen, herzustellen, weiterzuentwickeln u​nd zu verkaufen (Open-Source-Hardware).[2] Eine Vielzahl a​n Unternehmen bieten RISC-V-Hardware a​n oder h​aben diese angekündigt.

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Prototyp eines RISC-V Mikroprozessors aus dem Jahr 2013

Der RISC-V Befehlssatz w​urde für e​ine Vielzahl v​on Anwendungsfällen entworfen. Er h​at eine variable Datenwortbreite u​nd ist erweiterbar, s​o dass m​ehr Kodierungsbits jederzeit hinzugefügt werden können. Er unterstützt d​rei Datenwortbreiten: 32, 64 u​nd 128 Bit u​nd eine Auswahl a​n Unterbefehlssätzen. Die Definitionen j​edes Unterbefehlssatzes variieren geringfügig zwischen d​en drei Wortbreiten. Die Unterbefehlssätze unterstützen kompakte eingebettete Systeme, persönliche Rechner, Hochleistungsrechner m​it Vektorprozessoren u​nd Parallelrechner.

Der Befehlssatzraum für d​en auf 128 Bit gedehnten Befehlssatz w​urde reserviert, w​eil 60 Jahre Industrieerfahrung gezeigt haben, d​ass die meisten n​icht wieder g​ut zu machenden Fehler i​n der Gestaltung v​on Befehlssätzen d​urch fehlenden Speicheradressraum verursacht wurden. Noch i​m Jahr 2016 b​lieb der 128-Bit-Teil d​es Befehlssatzes absichtlich undefiniert, d​a bisher w​enig Erfahrung m​it solch großen Speichersystemen besteht. Es g​ibt Vorschläge, Instruktionen m​it einer variablen Breite b​is zu 864 Bit z​u implementieren.[3]

Das Projekt begann 2010 an der University of California, Berkeley unter der Leitung von Krste Asanovic und David A. Patterson und wird bereits von Hard- und Softwareentwicklern weltweit mitentwickelt und gefördert.[4] Anders als andere akademische Entwürfe, die üblicherweise auf einfache Erläuterung optimiert sind, wurde der RISC-V-Befehlssatz für praktische Anwendung in Rechnern entworfen. Er besitzt Eigenschaften, die die Rechnergeschwindigkeit erhöhen, aber trotzdem die Kosten und den Energieverbrauch senken. Dies schließt eine Load/Store-Architektur, Bit-Muster, um die Multiplexer in einer CPU zu vereinfachen, vereinfachte Standard-basierte Gleitkommazahlen, einen architekturneutralen Entwurf und das Setzen des höchstwertigen Bits an eine festgelegte Position, um die Vorzeichenerweiterung zu beschleunigen, ein. Vorzeichenerweiterung wird als häufig auf dem kritischen Pfad liegend betrachtet. Seit Juni 2019 sind die Version 2.2 des Userspace-ISA und die Version 1.11 des privilegierten ISA festgelegt und ermöglichen es Software- und Hardwareherstellern diesen zu nutzen oder zu implementieren. Eine Fehlersuch-Spezifikation ist als Vorabentwurf in der Version 0.3 verfügbar.[5]

Auszeichnungen

  • 2017: The Linley Group's Analyst's Choice Award for Best Technology (für den Befehlssatz)[6]

Implementierungen

RISC-V i​st ein offener Standard, welcher e​ine Befehlssatzarchitektur spezifiziert, a​ber weder e​ine Mikroarchitektur n​och ein Lizenzmodell vorgibt. Aus diesem Grund wurden sowohl RISC-V Kerne m​it kommerzieller Lizenz a​ls auch m​it Open-Source-Lizenz entwickelt. Die RISC-V-Stiftung pflegt e​ine Liste a​ller RISC-V-CPU- u​nd -SoC-Implementierungen.[7]

Proprietäre RISC-V-Kerne

  • Andes Technology Corporation bietet mehrere Familien von RISC-V-Kernen an, mit unterschiedlichen optionalen Erweiterungen, darunter einige mit Multiprozessorfähigkeiten:[8]
    • Die “N(X)”-Familie besteht sowohl aus 32-bit (N) als auch 64-bit (NX) Kernen. Deren Pipeline-Länge variiert dabei von zwei Stufen im N22 bis zu acht Stufen im N45. Der NX27V unterstützt die RISC-V “V”-Erweiterung.[9]
    • Die “D(X)”-Familie besteht aus Kernen mit “P”-Erweiterung für SIMD-Instruktionen und verfügt sowohl über 32-bit (D) als auch 64-bit (DX) Kerne.
    • Die “A(X)”-Familie besteht aus Linux-fähigen Prozessorkernen mit Pipelines von fünf bis acht Stufen. Die Kerne integrieren Fließkommaeinheiten und MMUs.
  • Codasip war das erste Unternehmen, welches einen RISC-V-konformen, kommerziellen Prozessorkern im Januar 2016 auf den Markt brachte (Codix)[10] und bietet seitdem eine Reihe von Prozessorkernen für eingebettete System sowie betriebssystembasierte Anwendungen an. Codasips Prozessorkerne sind mittels der Entwicklungsumgebung “Codasip Studio” in CodAL[11] entwickelt, einer Architektur-Beschreibungssprache (Architecture Description Language):
    • Die “L”-Familie besteht aus energiesparenden 32-bit-Kernen für eingebettete Systeme, mit optionaler Fließkommaeinheit und entweder drei- oder fünfstufiger Pipeline.
    • Die “H”-Familie besteht aus leistungsfähigen 64-bit-Kernen für eingebettete Systeme mit optionaler Fließkommaeinheit, ebenfalls mit drei- oder fünfstufiger Pipeline.
    • Die “A”-Familie besteht aus Linux-fähigen 64-bit-Kernen mit optionaler “P”-Erweiterung. Die Prozessorkerne haben eine siebenstufige Pipeline, eine Fließkommaeinheit und MMU. Zusätzlich unterstützen die “MP”-Versionen mit L1- und L2-Caches bis zu vier Kerne pro Cluster.[12]
    • Die “uRISC-V”-Kerne sind einfache Kerne, verfügbar als Teil von Codasip Studio und gedacht für Lehr- und Selbstlernzwecke.[13]
  • SiFive war das erste Unternehmen, welches mit dem FE310 einen RISC-V basierten-SoC auf den Markt brachte.[14] Aktuell bietet SiFive drei Produktfamilien an:
    • Die “E”-Kerne sind 32-bit-Kerne für eingebettete Systeme mit zwei- bis achtstufiger Pipeline. Das fortschrittlichste Produkt dieser Familie ist der vierkernige E76-MC.
    • Die “S”-Kerne sind 64-bit-Kerne für eingebettete Systeme mit zwei- bis achtstufiger Pipeline. Das fortschrittlichste Produkt aus dieser Familie ist der vierkernige S76-MC.
    • Die “U”-Kerne sind Linux-fähige 64-bit-Kerne mit fünf bis zwölf Pipelinestufen. Der U54 und der U74 sind auch in multiprozessorfähigen Versionen verfügbar. Der performanteste Kern dieser Familie ist der dreifach superskalare U84.[15]
    • Der “Intelligence X280” ist ein von der “U”-Familie abgeleiteter, ebenfalls Linux-fähiger Prozessorkern, welcher zusätzlich die “V”-Erweiterung für Vektorberechnungen unterstützt.[16]

Quelloffene RISC-V-Kerne

  • Die University of California, Berkeley hat eine Reihe RISC-V-Kerne unter Verwendung von Chisel, einer Hardware-Beschreibungssprache, entwickelt. Dies sind unter anderem:
    • Der 64-bit-Kern “Rocket”,[17] geeignet für kompakte und energiesparende Anwendungen mit mittleren Performanzanforderungen, z. B. elektronischen Kleingeräten für den persönlichen Bedarf.
    • Der 64-bit-Kern “Berkeley Out of Order Machine” oder “BOOM”, ein synthetisier- und parametrisierbarer, quelloffener RV64GC-RISC-V-Kern, welcher für Anwendungen im Bereich Personal Computing, aber auch für Rechenzentren und Serverfarmen geeignet ist.
    • Fünf 32-bit “Sodor” CPU-Designs[18] wurden für Bildungszwecke entworfen.
  • PULPino (“Riscy” und “Zero-Riscy”) der ETH Zürich / Universität Bologna.[19] Die Prozessorkerne des PULPino-Projekts implementieren einen simplen “RV32IMC”-RISC-V-Befehlssatz für Mikrocontroller (“Zero-Riscy”) oder einen leistungsfähigeren “RV32IMFC”-RISC-V-Befehlssatz mit individuellen DSP-Erweiterungen für eingebettete Signalverarbeitung.
  • Western Digital hat seine “SweRV” genannten RISC-V-Kerne durch die “CHIPS Alliance” als quelloffen verfügbar gemacht. Des Weiteren kündigte Western Digital eine Kooperation mit Codasip an, um den kommerziellen Support der Prozessoren zu ermöglichen.[20] Diese Kerne sind für anspruchsvolle eingebettete Anwendungen konzipiert und unterstützen den “RV32IMC”-RISC-V-Befehlssatz. Im Detail sind es:
    • Der “SweRV Core EH1”, welcher zweifach superskalar ist und eine neunstufige Pipeline hat.
    • Der “SweRV Core EH2”,[21] welcher ebenfalls zweifach superskalar ist und eine neunstufige Pipeline hat, allerdings auch Hardwareunterstützung für zwei parallele Threads hat.
    • Der “SweRV Core EL2”, als einfach skalarer Kern mit vierstufiger Pipeline.

Hersteller entsprechender Chips

Siehe auch

Commons: RISC-V – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. RISC-V ISA - RISC-V Foundation. In: RISC-V Foundation. (amerikanisches Englisch, riscv.org [abgerufen am 3. Februar 2018]).
  2. FAQ - RISC-V Foundation. In: RISC-V Foundation. (amerikanisches Englisch, riscv.org [abgerufen am 3. Februar 2018]).
  3. Wolf, Clifford: Alternative proposal for instruction length encoding. Abgerufen am 20. Oktober 2019.
  4. Contributors - RISC-V Foundation. In: RISC-V Foundation. (riscv.org [abgerufen am 3. Februar 2018]). Contributors - RISC-V Foundation (Memento des Originals vom 13. Juni 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/riscv.org
  5. RISC-V International: Privileged ISA Specification. Abgerufen am 9. Juni 2019.
  6. The Linley Group Announces Winners of Annual Analysts' Choice Awards. 12. Januar 2017 (linleygroup.com [abgerufen am 21. Januar 2018]).
  7. riscv/riscv-cores-list. RISC-V, 16. Mai 2021, abgerufen am 17. Mai 2021.
  8. Andes Technology Corporation: Andes Announces New RISC-V Processors: Superscalar 45-Series with Multi-core Support and 27-Series with Level-2 Cache Controller. 30. November 2020, abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  9. Nitin Dahad: Andes’ Core has RISC-V Vector Instruction Extension. In: EE Times. 12. September 2019, abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  10. Codasip Joins RISC-V Foundation and Announces Availability of RISC-V Compliant Codix Processor IP. Abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  11. What is CodAL? 26. Februar 2021, abgerufen am 21. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  12. Codasip announces RISC-V processor cores providing multi-core and SIMD capabilities. Abgerufen am 17. Mai 2021.
  13. Codasip Releases a Major Upgrade of Its Studio Processor Design Toolset with a Tutorial RISC-V core. Abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  14. RISC-V Available in Silicon. Abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  15. SiFive Announces U8-Series 2.6GHz High-Performance Out-of-Order RISC-V Core IP. Abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  16. Andreas Schilling: Neuer Intelligence X280 von SiFive verbindet RISC-V mit Vektorbeschleunigung. Abgerufen am 17. Mai 2021.
  17. chipsalliance/rocket-chip. CHIPS Alliance, 15. Mai 2021, abgerufen am 17. Mai 2021.
  18. ucb-bar/riscv-sodor. UC Berkeley Architecture Research, 9. Mai 2021, abgerufen am 17. Mai 2021.
  19. PULP platform. Abgerufen am 17. Mai 2021.
  20. Codasip partners with Western Digital on open‑source processors. 10. Dezember 2019, abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  21. Anton Shilov: Western Digital Rolls-Out Two New SweRV RISC-V Cores For Microcontrollers. Abgerufen am 17. Mai 2021.
  22. Espressif kündigt Wi-Fi-6- und Bluetooth-5-SoC mit RISC-V-Kern an. In: all-electronics.de. 23. April 2021, abgerufen am 18. November 2021.
  23. Sebastian Grüner: Googles Security-Chip nutzt RISC-V. In: golem.de. 28. Oktober 2021, abgerufen am 9. November 2021.
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