Plasma-Randschicht

Als Randschicht oder Debyeschicht wird der Übergangsbereich eines Plasmas zu einer begrenzenden Wand bezeichnet. Die Elektronen in einem Plasma haben meist eine ähnliche oder höhere Temperatur als die Ionen und sind um ein Vielfaches leichter. Das bedeutet, dass sie mindestens um den Faktor schneller sind und daher schneller an der Wand verloren gehen:

Um das Prinzip der Quasineutralität innerhalb des Plasmas nicht zu verletzen, baut sich in der Randschicht ein negatives Potential auf, welches die Elektronen reflektiert und die Ionen zur Wand hin beschleunigt. So kann nur ein kleiner Bruchteil der Elektronen die Potentialbarriere der Randschicht durchdringen. Dies ist als ambipolare Diffusion bekannt.

Randschichten h​aben typische Dicken i​n der Größenordnung einiger Debye-Längen. Sie selbst s​ind gekennzeichnet d​urch eine k​lare Verletzung d​es Prinzips d​er Quasineutralität, d. h., s​ie weisen e​inen Überschuss positiver Raumladung auf. In (quasi-)stationären Plasmen (z. B. kapazitiv gekoppelte RF-Plasmen) stellt s​ich der Potentialunterschied über d​er Randschicht s​o ein, d​ass im Mittel gleich v​iele Elektronen u​nd Ionen d​ie Randschicht durchlaufen.

Geschichte

Randschichten wurden d​as erste Mal 1923 v​om amerikanischen Physiker Irving Langmuir beschrieben:

"Elektronen werden von negativen Elektroden abgestossen, während positive Ionen davon angezogen werden. Deshalb formt sich um jede negative Elektrode eine Randschicht mit einer klar definierten Dicke, welche nur positive Ionen und neutrale Atome enthält. [..] Elektronen werden von der Aussenhülle der Randschicht reflektiert, während alle positiven Ionen, welche die Randschicht erreichen, von der Elektrode angezogen werden. [..] daraus folgt, dass es keine Änderung gibt im positiven Ionenstrom, welcher die Elektrode erreicht. Die Elektrode ist durch die Randschicht perfekt von der Entladung abgeschirmt, und weder ihr Potential noch der Strom zur Elektrode werden von Phänomenen in der Entladung beeinflusst."[1]

Mathematische Behandlung

Teilchendichte n und elektrostatisches Potential V
in einer Randschicht (sheath) und der Vorrandschicht (presheath)

Die eindimensionale Gleichung

Die Physik d​er Randschicht w​ird durch v​ier Phänomene bestimmt:

  • Energieerhaltung der Ionen: Wenn wir zur Vereinfachung kalte Ionen der Masse annehmen, welche mit der Geschwindigkeit in die Randschicht eintreten, so gilt aufgrund der Energieerhaltung:
mit der Elementarladung .
  • Ionenzahl-Erhaltung: In einem stationären Plasma werden keine Ionen gebildet oder vernichtet, weshalb der Fluss überall derselbe ist:
mit der Boltzmann-Konstanten .
mit der elektrischen Feldkonstanten .

Kombiniert man diese Gleichungen und ersetzt Potential , Position und Ionengeschwindigkeit durch die dimensionslosen Größen

mit der Debye-Länge

so erhält m​an die Gleichung für d​ie Randschicht:

Das Bohm-sheath-Kriterium

Die Randschichtgleichung kann integriert werden, wenn sie mit multipliziert wird:

An der Grenze der Randschicht zum Plasma () wird das Potential gleich Null gesetzt () und das elektrische Feld wird ebenfalls als Null angenommen (). Mit diesen Randbedingungen ergibt die Integration:

Dieses Integral kann einfach in geschlossener Form geschrieben werden, obwohl es nur numerisch gelöst werden kann. Dennoch können daraus wichtige analytische Schlüsse gezogen werden: da die linke Seite ein quadratischer Ausdruck ist, muss die rechte Seite ebenfalls für jeden Wert von einen positiven Wert annehmen, insbesondere für kleine Werte. Mit einer Taylor-Entwicklung um findet man, dass der erste Term, der nicht verschwindet, der quadratische ist. Wir können also voraussetzen, dass

.

Diese Ungleichung ist bekannt als das Bohm-sheath-Kriterium, benannt nach seinem Entdecker David Bohm. Wenn die Ionen zu langsam in die Randschicht eindringen, dehnt sich das Randschichtpotential ins Plasma aus, um diese zu beschleunigen. Letztendlich formt sich eine sogenannte Vorrandschicht (pre-sheath) mit einem Spannungsabfall in der Größenordnung von und einer Ausdehnung, welche von der Ionenquelle bestimmt ist (oft so groß wie das Plasma selbst).

Fußnoten

  1. Langmuir, Irving: Positive Ion Currents from the Positive Column of Mercury Arcs (1923) Science, Volume 58, Issue 1502, pp. 290–291 bibcode:1923Sci....58..290L
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.