Peter Boudgoust
Peter Boudgoust (* 16. Dezember 1954 in Mannheim) ist ein deutscher Jurist und ehemaliger Intendant des Südwestrundfunks.
Leben
Boudgoust wuchs in Ilvesheim bei Mannheim auf, besuchte die Albertus-Magnus-Schule in Viernheim und studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg und Mannheim. Nach dem Abschluss des zweiten Staatsexamens arbeitete er als Sozialdezernent beim Landratsamt Main-Tauber-Kreis. Anschließend war er Pressesprecher des Regierungspräsidiums Stuttgart. Von 1986 bis März 1995 war Boudgoust im Staatsministerium Baden-Württemberg beschäftigt, zuletzt fungierte er dort als Leiter der Abteilung I, die für Personal, Haushalt, Finanzen, Medien, Informations- und Kommunikationssysteme zuständig ist. 1988 trat er in die CDU ein.[1]
Seit 1995 arbeitete er für den Süddeutschen Rundfunk (SDR) beziehungsweise nach der Fusion von SDR und Südwestfunk für die Nachfolge-Anstalt Südwestrundfunk (SWR). Von 1995 bis 1998 war er Justiziar und Finanzdirektor des SDR, von 1998 bis April 2007 war er Verwaltungsdirektor des SWR sowie Geschäftsführer der SWR Holding GmbH.
Am 1. Dezember 2006 wurde er vom SWR-Rundfunk- und Verwaltungsrat im zweiten Wahlgang mit 62 von 83 abgegebenen Stimmen zum Nachfolger des bisherigen SWR-Intendanten Peter Voß gewählt. Sein Amt trat er am 1. Mai 2007 an. Boudgousts einziger Gegenkandidat im zweiten Wahlgang war Willi Steul, der damals Landessenderdirektor des SWR für Baden-Württemberg war. Der zweite Gegenkandidat, SWR-Fernsehdirektor Bernhard Nellessen, zog seine Kandidatur nach dem ersten Wahlgang zurück, da er nur 15 Stimmen erhalten hatte.
Boudgoust hatte bereits vor seiner Wahl zum Intendanten eine Reihe von Funktionen innerhalb der ARD wahrgenommen. Er hatte in den Jahren 1999 und 2000 den Vorsitz der ARD-Finanzkommission inne und war zeitweise Vorsitzender der ARD/ZDF-Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren. Außerdem gehörte er der Strategiegruppe der ARD an, die Empfehlungen für die Intendantenkonferenzen zu Zukunftsthemen wie der Digitalisierung des Rundfunks erarbeitet.
2009 und 2010 war Boudgoust ARD-Vorsitzender;[2] sein Vorgänger in dieser Funktion war Fritz Raff vom Saarländischen Rundfunk (SR), seine Nachfolgerin war vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2012 die damalige Intendantin des Westdeutschen Rundfunks (WDR), Monika Piel. Als ARD-Vorsitzender war er auch Mitglied der Finance Group der Europäischen Rundfunkunion (EBU).
Boudgoust setzte sich seit 2011 für ein öffentlich-rechtliches Angebot für die junge Zielgruppe ein.[3] 2016 entstand unter seiner Federführung das Online-Medienangebot funk, das Contentnetzwerk der ARD und des ZDF für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 29 Jahren.[4] Als Online-Intendant der ARD trieb er die Entwicklung der ARD Audiothek und der ARD Mediathek voran, die seit 2018 die Inhalte aller ARD-Sender auf einer Plattform vereint.[5] Unter Boudgousts Intendanz wurden 2016 gegen öffentlichen Protest[6][7] die beiden SWR-Orchester SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg und Radio-Sinfonieorchester Stuttgart zum SWR Symphonieorchester fusioniert.[8]
Boudgoust geriet 2016 vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und der Landtagswahl in Baden-Württemberg in die Kritik, als der SWR Vertreter der AfD zunächst nicht zu den Fernseh-Kandidatenrunden zur Wahl eingeladen hatte, weil Ministerpräsident Kretschmann und Ministerpräsidentin Dreyer mit der Absage ihrer Auftritte gedroht hätten, sollten AfD-Vertreter eingeladen werden.[9][10]
Am 8. Mai 2016 wurde Boudgoust im Amt bestätigt; seine dritte Amtszeit begann am 1. Mai 2017 und sollte 2022 enden.[11] Am 7. Dezember 2018 kündigte er in Mainz vor dem Rundfunkrat des SWR an, er werde sein Amt vorzeitig Mitte 2019 übergeben. Dies begründete er mit seinem in diesem Jahr eintretenden 65. Lebensjahr und der Ansicht, dass es Hybris sei, „bis zum letztmöglichen Tag den Kurs bestimmen zu wollen“. Am 23. Mai 2019 wurde Kai Gniffke vom Gesamtgremium des SWR-Rundfunk- und Verwaltungsrats zum Nachfolger von Peter Boudgoust gewählt[12][13] und löste ihn am 2. September 2019 als Intendant des Südwestrundfunks ab.[14]
Boudgoust ist Präsident des deutsch-französischen Fernsehkanals Arte. Diese Aufgabe will er nach Angaben der Pressestelle des SWR voraussichtlich bis zum Ende seines Mandats Ende 2020 wahrnehmen.[veraltet][15]
2010 veröffentlichten die ARD-Anstalten erstmals die Gehälter ihrer Intendanten. Boudgoust gab sein Jahresgehalt mit 273.000 Euro an.[16] 2013 erhielt er 309.000 Euro, 2016 waren es 338.000 Euro.[17] Die Gehälter und Altersversorgungen der Intendanten liegen über denen der Bundeskanzlerin mit einer Verantwortung für über 83 Millionen Menschen und sind Objekt öffentlicher Kritik.[18][19]
Boudgoust ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in Kirchheim unter Teck.[20]
Mitgliedschaften und Aufsichtsratsmandate
- Seit 1988 ist er Mitglied in der CDU[21]
- Er ist Kuratoriums-Mitglied der Akademie für gesprochenes Wort in Stuttgart[22]
- Mitglied im Aufsichtsrat der Bavaria Film GmbH[23]
- Mitglied im Aufsichtsrat der Degeto Film GmbH[23]
- Mitglied im Aufsichtsrat der SportA Sportrechte- und Marketing GmbH[23]
- Stellvertretender Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Telepool GmbH[23]
- Präsident ARTE GEIE, Straßburg (seit Januar 2016)[23]
- Mitglied der Gesellschafterversammlung ARTE DEUTSCHLAND, Baden-Baden (seit Januar 2016)[23]
Einzelnachweise
- CDU Teck | Aktuelles. Abgerufen am 13. Oktober 2020.
- ard.de (Memento vom 22. März 2009 im Internet Archive)
- SWR-Intendant Boudgoust wiedergewählt. In: HAZ.de. Abgerufen am 15. März 2019.
- Max Hägler: Im Umbau. In: sueddeutsche.de. 3. Februar 2019, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 15. März 2019]).
- Positive Resonanz auf Beta der neuen ARD Mediathek. In: ARD.de. Abgerufen am 15. März 2019.
- Ein offener Brief von hundertsechzig Dirigenten. In: FAZ.net, 12. November 2013.
- Da weint das Krokodil . In: FAZ.net, 15. November 2013.
- Fusion der SWR-Rundfunkorchester: Geteiltes Lied ist halbes Lied. In: tagesspiegel.de, 31. März 2016.
- TV-Debatten werden ohne AfD-Politiker stattfinden. In: zeit.de, 19. Januar 2016.
- FAZ.net 20. Januar 2016 / Michael Hanfeld: Einknicken mit zusammengebissenen Zähnen
- swr.de
- Südwestrundfunk: Kai Gniffke ist neuer SWR-Intendant. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 23. Mai 2019]).
- SWR aktuell: „Lust und Last“: Kai Gniffke wird neuer SWR-Intendant. 23. Mai 2019, abgerufen am 30. August 2019.
- Abschied nach zwölf Jahren. SWR Intendant Peter Boudgoust geht in den Ruhestand. In: SWR.de. Abgerufen am 30. August 2019.
- SWR Intendant übergibt Amt Mitte 2019. In: presseportal.de. 7. Dezember 2018, abgerufen am 3. Februar 2019.
- sueddeutsche.de 14. August 2010: Plötzlich so einfach
- Gehälter und Vergütungen in der ARD. In: ARD.de. 20. September 2017, abgerufen am 19. Januar 2019.
- WDR-Intendant Buhrow erhält fast eine Altersversorgung wie der Bundespräsident. In: HNA.de.
- Zeit.de 20. Januar 2016 / Lenz Jacobsen: Komfortzone für die Mächtigen.
- swr.de
- News. CDU Kirchheim-Dettingen, 22. Januar 2013.
- Akademie für gesprochenes Wort | Vorstand. Abgerufen am 2. März 2018.
- Peter Boudgoust - Präsident von ARTE GEIE. Abgerufen am 17. März 2019.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Peter Voß | Intendant des Südwestrundfunks 2007–2019 | Kai Gniffke |