Oberferrieden

Das Pfarrdorf Oberferrieden i​st ein Gemeindeteil d​er Gemeinde Burgthann i​m Landkreis Nürnberger Land (Mittelfranken, Bayern).

Oberferrieden
Gemeinde Burgthann
Höhe: 452 (430–462) m ü. NHN
Einwohner: 1223 (2. Nov. 2017)[1]
Eingemeindung: 1. Januar 1972
Postleitzahl: 90559
Vorwahl: 09183
Oberferrieden, Ortskern
Oberferrieden, Ortskern

Geschichte

Gemeindebildung

Mit d​em Gemeindeedikt (1808) w​urde Oberferrieden e​ine Ruralgemeinde, z​u der Bachmühle, Gugelhof, Heinleinshof, Oberferrieden, Pfeiferhütte u​nd Rübleinshof gehörten.[2] Am 1. Januar 1972 w​urde diese i​m Rahmen d​er bayrischen Gebietsreform n​ach Burgthann eingemeindet.[3]

Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurde Oberferrieden zu einem Großteil zerstört. Soldaten der 17. SS-Panzergrenadier-Division „Götz von Berlichingen“ hatten sich auf ihrem Rückzug nach Süden im Ort verschanzt und versuchten den Vorstoß amerikanischer Truppen aufzuhalten. Bitten der Bevölkerung, weiter zu ziehen und das Dorf vor einem Beschuss zu bewahren, wurden abgelehnt. Kurz zuvor hatte der Kommandeur der Division noch den Bürgermeister von Burgthann Andreas Fischer erschießen lassen, weil er weiße Tücher zum Zeichen der Kapitulation hatte aufhängen lassen.[4] Die Kämpfe dauerten vom 18. bis 20. April 1945. Da die Amerikaner nach hohen Verlusten im Häuserkampf dazu übergegangen waren, Oberferrieden aus der Ferne mit Phosphorgranaten zu beschießen, brannte der größte Teil des Dorfes ab. Nach drei Tagen zogen die deutschen Soldaten weiter. Die völlig sinnlosen Kämpfe hatten einer unbekannten, aber großen Zahl von amerikanischen Soldaten das Leben gekostet, drei SS-Soldaten lagen tot im Dorf und acht Zivilisten waren aufgrund der Kämpfe ums Leben gekommen. Pfarrer Kurt Crämer beerdigte sie am 25. April 1945 auf dem Friedhof. Grundlage seiner Trauerrede war Psalm 88,14-16: „Ich schreie zu dir, HERR, und mein Gebet kommt frühe vor dich: Warum verstößt du, HERR, meine Seele und verbirgst mein Antlitz vor mir? Ich bin elend und dem Tod nahe von Jugend auf; ich erleide deine Schrecken, dass ich fast verzage.“ So bald als möglich machte man sich an den Wiederaufbau des Dorfes. Dabei erwarb sich vor allem die Ehefrau des Pfarrers, Emy Crämer, bleibende Verdienste. Sie organisierte Baumaterial und Transportmittel, wurde bei Behörden vorstellig und erreichte dort mancherlei Unterstützung. Für diesen Einsatz wurde ihr später das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Bauwerke

Siehe: Baudenkmäler i​n Oberferrieden

Gefallenendenkmal

Gefallenendenkmal Oberferrieden

In einer Nische der Mauer, die die Marienkirche umgibt, steht das Denkmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege. Es wurde am 10. September 1922 eingeweiht. Im Sockel des Denkmals sind 30 Namen von Gefallenen des Ersten Weltkrieges mit Herkunftsort, Dienstgrad, Datum und Ort des Todes eingemeißelt. Auf dem Sockel ruht ein Sarkophag. An ihm sind die Jahreszahlen 1914 und 1918 zu sehen sowie ein Lorbeerkranz. In seinem Rund steht: „DIE GEMEINDEN OBERFERRIEDEN UND LINDELBURG IHREN GEFALL. HELDEN“. Das Denkmal wird gekrönt von der sehr realistischen Darstellung eines sterbenden Soldaten. Rechts und links sind an den Mauernischen Tafeln angebracht. Unter der Überschrift „DEN GEFALLENEN UND VERMISSTEN DES 2. WELTKRIEGES ZUM GEDENKEN“ sind die Namen von 79 Personen verzeichnet. Darunter sind auch die Namen von Frauen, die während der Kriegshandlungen in Oberferrieden das Leben verloren haben. Die beiden Linden, die heute das Denkmal flankieren, wurden 1933 – wie vielerorts üblich – anlässlich der Machtergreifung Adolf Hitlers gepflanzt. An jedem Volkstrauertag ist das Denkmal heute noch Ort einer Gedenkfeier.[5]

Einwohnerentwicklung

Jahr 1910[6]1933[7]1939[7]1987[8]20132017[1]
Einwohner 52155664086412591223

Religion

Evangelische Kirchengemeinde Oberferrieden

Marienkirche
Pfarrhaus Oberferrieden Sommer

Die Reformation w​urde im Kirchensprengel Oberferrieden i​m Jahr 1528 eingeführt. Damit w​urde auch d​ie Marienkirche evangelisch, behielt a​ber bis h​eute ihren Namen. Die Kirche selbst stammt a​us dem 14. Jahrhundert, d​urch viele Umbauten h​at sich i​hr Aussehen a​ber sehr geändert. Die Kirche i​st jeden Tag v​on ca. 8 Uhr b​is Sonnenuntergang geöffnet u​nd lädt d​azu ein, e​in stilles Gebet z​u sprechen o​der eine Kerze a​m Kerzentisch anzuzünden.

Neben der Kirche befindet sich das Gemeindehaus, das 1891 als evangelisches Schulhaus errichtet worden war. Ebenfalls angrenzend steht das Pfarrhaus, das im Jahr 1908 errichtet worden ist. Es zeigt außen einige Jugendstilelemente. Der Vorgängerbau, ein Fachwerkhaus mit hohem Walmdach, stammte aus dem Jahr 1717 und war zuletzt in einem so „bußwürdigen“ Zustand, dass es abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden musste. Im Pfarrhaus befindet sich das Pfarramtsbüro und die Wohnung der Pfarrfamilie. Zur Kirchengemeinde gehören folgende Orte:

Insgesamt l​eben in d​er Kirchengemeinde h​eute ungefähr 3.000 evangelische Christen.

Verkehr

Bahnhof Oberferrieden

Der Bahnhof Oberferrieden liegt an der Bahnstrecke Nürnberg–Regensburg und ist eine S-Bahn Station der der Linie Nürnberg Hbf – Neumarkt (Oberpfalz). Des Weiteren führt die Bundesstraße 8 am Ort vorbei.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortes

Pfarrer in Oberferrieden (seit der Reformation)[9]

  • Hans Rupprecht (1528–1553)
  • Hans Weiß (1553–1557)
  • Johann Schmidt (1557–1592)
  • Johannes Neumeyer (1592–1604)
  • Johann Wagner (1604–1612)
  • Paul Francisci (1613–1631)
  • Kaspar Christoph Wagner (1631–1642)
  • Veit Spieß (1642–1657)
  • Jakob Georg Küffner (1657–1663)
  • Konrad Johann Otontius (1664–1675)
  • Johann Sigmund Hauck (1675–1683)
  • Andreas Schmidt (1683–1685)
  • Johann Samuel Ernst (1685–1695)
  • Andreas Rösch (1695–1716)
  • Konrad Johann Döbler (1717–1746)
  • Nikolaus Döbler (1747–1782)
  • Friedrich Binder (1783–1828)
  • Johann Friedrich Raithel (1830–1838)
  • August Heinrich Brügel (1838–1853)
  • Karl Ackermann (1854–1856)
  • Christoph Wilhelm Götz (1856–1877)
  • Johannes Zorn (1878–1889)
  • Rudolf Hagen (1891–1896)
  • Georg Tillmann (1897–1908)
  • Karl Thiermann (1908–1924)
  • Sebastian Zeuch (1924–1929)
  • Wilhelm Boß (1929–1940)
  • Kurt Crämer (1940–1958)
  • Valentin Kaffenberger (1959–1960, vertretungsweise)
  • Hermann Meixner (1960–1977)
  • Dietrich Kowalsky (1977–1980)
  • Karl-Heinz Bielor (1980–1981, vertretungsweise)
  • Hermann Schoenauer (1981–1987)
  • Heinz Rosenbauer (1987–1999)
  • Volker Dörrich (1999–2019)
  • Beate Krauß (seit 2020)

Literatur

Commons: Oberferrieden (Burgthann) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. www.burgthann.de, Einwohnerzahlen Oktober 2017 (Memento vom 13. November 2017 im Internet Archive)
  2. Kgl. Statistisches Bureau (Hrsg.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Kreisen, Verwaltungsdistrikten, Gerichts-Sprengeln und Gemeinden unter Beifügung der Pfarrei-, Schul- und Postzugehörigkeit … mit einem alphabetischen General-Ortsregister enthaltend die Bevölkerung nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1875. Adolf Ackermann, München 1877, 2. Abschnitt (Einwohnerzahlen vom 1. Dezember 1871, Viehzahlen von 1873), Sp. 1235, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00052489-4 (Digitalisat).
  3. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 542 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. LG Nürnberg-Fürth, 17. April 1959. In: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1966, Bd. XV, bearbeitet von Irene Sagel-Grande, H. H. Fuchs, C. F. Rüter. Amsterdam : University Press, 1976, Nr. 466, S. 275–297 Verfahrensgegenstand: Erschiessung des Bürgermeisters von Burgthann, der, aufgefordert von amerikanischen Truppen, weisse Fahnen hatte hissen lassen (Memento vom 6. Mai 2016 im Internet Archive)
  5. Archiv der Heimatzeitung "Der Bote" – Zeitung vom 13. September 1922.
  6. Gemeindeverzeichnis, Bezirksamt Nürnberg
  7. Michael Rademacher: Stadt und Landkreis Nürnberg. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  8. Verein für Computergenealogie e. V., Oberferrieden
  9. Hans Wedel: Burgthann. Geschichte, Geschichten und Notizen aus den Dörfern der Großgemeinde. Selbstverlag, ohne Ort 1982, S. 275.
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