Nina Kunzendorf
Nina Kunzendorf (* 10. November 1971 in Mannheim) ist eine deutsche Schauspielerin.
Leben
Nina Kunzendorf kam als Tochter einer Lehrerin und eines Arztes zur Welt und wuchs mit ihrer jüngeren Schwester in Mannheim auf. Nach dem Abitur am Ludwig-Frank-Gymnasium studierte sie von 1992 bis 1996 an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg[1]. Nach einem ersten Engagement am Nationaltheater Mannheim spielte sie von 1998 bis 2001 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. 2001 wechselte Kunzendorf nach München und gehörte bis 2004 zum Ensemble der Münchner Kammerspiele. 2004 erhielt sie gemeinsam mit Brigitte Hobmeier, Thomas Loibl und Stefan Sevenich den Bayerischen Kunstförderpreis in der Sparte Darstellende Kunst.
Ihr Fernsehdebüt gab Kunzendorf 2002 in Jo Baiers Nachkriegs-Saga Verlorenes Land an der Seite von Martina Gedeck und Monica Bleibtreu. Seitdem war sie in zahlreichen Fernsehproduktionen, darunter erneut unter der Regie Jo Baiers in Stauffenberg als dessen Ehefrau Nina und 2003 auch in Margarethe von Trottas Rosenstraße auf der Kinoleinwand zu sehen. Ihren ersten Kinoauftritt hatte sie bereits 1992 in Yılmaz Arslans vielbeachtetem Erstlingswerk Langer Gang um eine Gruppe geistig und körperlich behinderter Jugendlicher in einem Reha-Zentrum.
In Rainer Kaufmanns mehrfach preisgekröntem Drama begleitete Kunzendorf als Krankenschwester Andrea eine todkranke Bäuerin auf Marias letzte Reise und wurde dafür 2005 zusammen mit Monica Bleibtreu und Michael Fitz mit einem Sonderpreis des Bayerischen Fernsehpreises bedacht. Ebenfalls 2005 spielte sie in der Polizeiruf-110-Folge Der scharlachrote Engel das Opfer eines Gewaltverbrechens, das sich weigert, die von ihm erwartete Opferhaltung einzunehmen. Für ihre darstellerische Leistung wurde Kunzendorf 2006 zusammen mit ihren Schauspielkollegen Michaela May und Edgar Selge sowie Regisseur Dominik Graf und Drehbuchautor Günter Schütter mit dem Grimme-Preis mit Gold ausgezeichnet. 2006 wurden mit Sperling und die Katze in der Falle, Die Nachrichten und Marias letzte Reise drei weitere Filme, in denen Kunzendorf mitwirkte, für den Grimme-Preis nominiert.
2006 stand Kunzendorf für Andreas Kleinerts Hurenkinder, der vor der Kulisse von Hamburgs Medienwelt spielt, vor der Kamera; im gleichen Jahr entstand unter der Regie von Lars Kraume Guten Morgen, Herr Grothe, der den Alltag an einer deutschen Hauptschule beleuchtet. In Matti Geschonnecks zweiteiligem Thriller Entführt geriet Kunzendorf als Liane Bergmann in ein Netz aus Lügen, familiären Intrigen und alten offenen Rechnungen. 2010 übernahm sie in Niki Steins Drama um einen Scientology-Aussteiger, Bis nichts mehr bleibt, die Rolle der Ethik-Offizierin Helen Berg. Der Fernsehfilm In aller Stille, in dem Kunzendorf eine Polizistin am Ende ihrer Kraft spielt, entstand abermals in Zusammenarbeit mit dem Regisseur und der Drehbuchautorin Ariela Bogenberger von Marias letzte Reise sowie Michael Fitz als Filmpartner.
Im Mai 2011 traten Nina Kunzendorf und Joachim Król als Tatort-Kommissare für den Hessischen Rundfunk die Nachfolge des Frankfurter Ermittlerteams Andrea Sawatzki und Jörg Schüttauf an.[2] Nach fünf Folgen gab Nina Kunzendorf 2012 auf eigenen Wunsch die Rolle auf.[3] 2013 hatte sie in einer anderen Rolle einen Gastauftritt als Kommissarin im Tatort des NDR. Ihre Nachfolgerin in Frankfurt wurde im November 2013 Margarita Broich.[4] 2015 bekam sie für die eigentliche Hauptrolle der Lene Winter in Christian Petzolds Spielfilm Phoenix den Deutschen Filmpreis als beste Nebendarstellerin.
Nina Kunzendorf lebt in Berlin mit ihren beiden Kindern und ist mit Stefan Kornatz liiert.
Filmografie
- 1992: Langer Gang
- 2002: Verlorenes Land (Fernsehfilm)
- 2002: Hochzeitstag (Kurzfilm)
- 2003: Treibjagd (Fernsehfilm)
- 2003: Rosenstraße
- 2004: Schimanski: Das Geheimnis des Golem (Fernsehreihe)
- 2004: Stauffenberg (Fernsehfilm)
- 2005: Polizeiruf 110: Der scharlachrote Engel (Fernsehreihe)
- 2005: Marias letzte Reise (Fernsehfilm)
- 2005: Sperling und die Katze in der Falle (Fernsehreihe)
- 2005: Die Nachrichten (Fernsehfilm)
- 2006: Nette Nachbarn küsst man nicht (Fernsehfilm)
- 2007: Guten Morgen, Herr Grothe (Fernsehfilm)
- 2007: Angsthasen (Fernsehfilm)
- 2008: Hurenkinder (Fernsehfilm)
- 2009: Entführt (Fernsehfilm)
- 2009: Tatort: Neuland (Fernsehreihe)
- 2009: Tatort: Höllenfahrt
- 2010: Bis nichts mehr bleibt (Fernsehfilm)
- 2010: Wiedersehen mit einem Fremden (Fernsehfilm)
- 2010: In aller Stille (Fernsehfilm)
- 2011: Blaubeerblau (Fernsehfilm)
- 2011: Liebesjahre (Fernsehfilm)
- 2011: Das Duo: Liebe und Tod (Fernsehreihe)
- 2011–2015: Tatort → siehe Steier und Mey
- 2011: Eine bessere Welt
- 2011: Der Tote im Nachtzug
- 2012: Es ist böse
- 2012: Im Namen des Vaters
- 2013: Wer das Schweigen bricht
- 2013: Tatort: Mord auf Langeoog
- 2013: Kommissarin Lucas – Bittere Pillen (Fernsehreihe)
- 2013: Meine Schwestern
- 2013: Das Mädchen mit den Schwefelhölzern (Fernsehfilm)
- 2014: Phoenix
- 2015: Die Frau in Gold (Woman in Gold)
- 2015: Nacht der Angst (Fernsehfilm)
- 2016: Das Programm (Fernsehfilm)
- 2016: Hilfe, wir sind offline! (Fernsehfilm)
- seit 2016: Tödliche Geheimnisse (Fernsehreihe)
- 2016: Geraubte Wahrheit
- 2017: Jagd in Kapstadt
- 2020: Das Versprechen
- 2017: Das Verschwinden (Fernsehvierteiler)
- 2018: Hackerville (Fernsehserie, Folge Drei Neunen)
- 2019: Klassentreffen (Fernsehfilm)
- 2019: Der gute Bulle: Friss oder stirb (Fernsehreihe)
- 2019: Klassentreffen (Fernsehserie)
- 2019: Totenfieber – Nachricht aus Antwerpen (Fernsehfilm)
- 2019: My Zoe
- 2020: Schwartz & Schwartz – Wo der Tod wohnt
- 2020: Freaks – Du bist eine von uns
- 2020: Altes Land (Fernsehzweiteiler)
- 2020: Ökozid (Fernsehfilm)
- 2021: Charité (Fernsehserie, Staffel 3)
- 2021: Furia (Fernsehserie)
Theater
Nationaltheater Mannheim
- 1996–1998: Ritter, Dene, Voss von Thomas Bernhard – Regie: Barbara Frey
- 1996–1998: Der Kirschgarten von Anton Tschechow – Regie: Bruno Klimek
- 1996–1998: Antigone von Sophokles – Regie: Jasmin Hoch
Deutsches Schauspielhaus Hamburg
- 1998–2001: Jeff Koons von Rainald Goetz – Regie: Stefan Bachmann
- 1998–2001: Schlachten! von Tom Lanoye, Luk Perceval – Regie: Luk Perceval
Kammerspiele München
- 2001–2003: Orestie von Aischylos – Regie: Andreas Kriegenburg
- 2001–2004: Alkestis von Euripides – Regie: Jossi Wieler
- 2003–2004: Miss Sara Sampson von Gotthold Ephraim Lessing – Regie: Stephan Rottkamp
- 2003–2005: Anatomie Titus Fall of Rome von Heiner Müller – Regie: Johan Simons
- 2004–2006: Mittagswende von Paul Claudel – Regie: Jossi Wieler
- 2005–2007: Die zehn Gebote nach Dekalog von Krzysztof Kieslowski und Krzysztof Piesiewicz – Regie: Johan Simons
- 2009–2010: Das letzte Band / Bis dass der Tag euch scheidet oder Eine Frage des Lichts von Samuel Beckett, Peter Handke – Regie: Jossi Wieler (in Kooperation mit den Salzburger Festspielen 2009)
Schaubühne Berlin
- 2017–2019: Lenin von Milo Rau & Ensemble, Regie: Milo Rau (Uraufführung, 2017)
- 2018–2019: Shakespeare's Last Play von Dead Centre, Regie: Ben Kidd und Bush Moukarzel (2018)
Hörspiele und Hörbücher
- Polar von Albert Ostermaier, Hessischer Rundfunk 2007, mit Peter Matić, Wolfgang Michael und Wolfram Koch[5]
- Ein Elefant für die Prinzessin von Linda Groeneveld, Sauerländer audio 2013, ISBN 978-3-7373-6593-2
- Der Liebhaber von Marguerite Duras, Regie: Kai Grehn (Hörspiel – SWR) Hörbuch Hamburg, ISBN 978-3-95713-064-8
- Endgültig von Andreas Pflüger, Deutschland Random House Audio 2016, ISBN 978-3-8371-3402-5
Auszeichnungen
- 2004 – Bayerischer Kunstförderpreis in der Sparte Darstellende Kunst
- 2005 – Bayerischer Fernsehpreis für Marias letzte Reise
- 2006 – Adolf-Grimme-Preis mit Gold für Polizeiruf 110 – Der scharlachrote Engel
- 2009 – Hessischer Fernsehpreis als Beste Darstellerin für Tatort – Neuland
- 2010 – Sonderpreis Schauspiel beim Fernsehfilm-Festival Baden-Baden für In aller Stille
- 2011 – Grimme-Preis für In aller Stille
- 2011 – Jupiter Award in der Kategorie Beste TV-Darstellerin für Bis nichts mehr bleibt
- 2011 – Deutscher Fernsehpreis in der Kategorie Beste Schauspielerin für In aller Stille
- 2012 – Goldene Kamera als Beste deutsche Schauspielerin für Liebesjahre, Tatort
- 2012 – Grimme-Preis für Liebesjahre
- 2015 – Deutscher Filmpreis Beste weibliche Nebenrolle für Phoenix
- 2016 – Bayerischer Fernsehpreis als Beste Schauspielerin in den Kategorien Fernsehfilme / Serien und Reihen für Nacht der Angst
Weblinks
- Literatur von und über Nina Kunzendorf im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nina Kunzendorf in der Internet Movie Database (englisch)
- Nina Kunzendorf bei filmportal.de (mit Fotogalerie)
- Agenturseite von Nina Kunzendorf
- Nina Kunzendorf bei schauspielervideos.de
- Jede Rolle ein Geheimnis Porträt in der FAZ, 31. März 2006
- Jede Regung zählt Porträt im Tagesspiegel, 28. März 2010
- Schärfer als die Polizei erlaubt, Porträt von Martin Eich in Die Welt, 7. Mai 2011
- Nina Kunzendorf, Audio-Interview vom 22. Oktober 2017 NDR 2
Einzelnachweise
- Nina Kunzendorf bei filmportal.de, abgerufen am 8. November 2021
- Nina Kunzendorf wird neue „Tatort“-Kommissarin bei daserste.de
- Nina Kunzendorf verlässt den „Tatort“. In: „daserste.de“. Abgerufen am 26. Mai 2014: „Nina Kunzendorf, die an der Seite von Joachim Król in Frankfurt ermittelt, steigt auf eigenen Wunsch aus dem ‚Tatort‘ aus. Der fünfte und letzte gemeinsame Fall des Ermittler-Duos Steier (Joachim Król) und Mey (Nina Kunzendorf) wurde gerade abgedreht.“
- hr-online.de: Margarita Broich wird Tatort-Kommissarin in Frankfurt (abgerufen 15. April 2013)
- Polar bei den Hörspieltagen 2007 mit Hörproben (Memento des Originals vom 17. März 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (abgerufen 6. Juni 2010)