Nieder-Gemünden

Nieder-Gemünden ist ein Ortsteil der Gemeinde Gemünden (Felda) im mittelhessischen Vogelsbergkreis.

Nieder-Gemünden
Wappen von Nieder-Gemünden
Höhe: 232 (225–251) m ü. NHN
Fläche: 7,8 km²[1]
Einwohner: 638 (31. Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 82 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 35329
Vorwahl: 06634

Geographie

Das Dorf liegt in Oberhessen. Der Ort hat einen gemeinsamen Bahnhof mit Burg-Gemünden an der Vogelsbergbahn. In Nieder-Gemünden treffen sich die Landesstraßen 3073 und 3146. Westlich führt die Bundesautobahn 5 vorbei. Die Flüsse Ohm und Felda treffen in Nieder-Gemünden zusammen.

Geschichte

Erstmals urkundlich erwähnt wird das Dorf etwa zwischen 750 und 779 im Codex Eberhardi.[1] Damals hieß der Ort noch Zegemunden (das Dorf an der Mündung).

Im Mittelalter gehörte der Ort zur Grafschaft Ziegenhain. 1450 starb der letzte Graf von Ziegenhain und Nidda Kinderlos. Nach einer Vereinbarung mit den Landgrafen von Hessen fiel in diesem Fall das Erbe an die Landgrafschaft Hessen. Aber erst 1495 konnte ein Erbstreit mit den Grafen von Hohenlohe beigelegt werden, indem die hessischen Landgrafen die Hohenloher mit 9000 Gulden für die beiden Grafschaften abfanden.[3]

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Nieder-Gemünden:

„Niedergemünden (L. Bez. Kirtorf) evangel. Pfarrdorf; liegt an der Felda, 2 St. von Kirtorf, hat 95 Häuser und 475 Einwohner, die außer 22 Juden evangelisch sind. Sodann findet man 4 Mahl- und Oelmühlen. Die Einwohner treiben zum Theil einen starken Handel mit Schaafen, die sie aus dem Hanövrischen holen, und solche in der Umgegend wieder absetzen. – Das Dorf gehörte in frühern Zeiten zum Kirchengebiete von Oberofleiden.“[4]

Der Vierseithof um das Haus aus Niedergemünden wurde in Nieder-Gemünden ab- und im Hessenpark wieder aufgebaut.

Gebietsreform

Am 31. Dezember 1971 wurde Nieder-Gemünden im Zuge der Gebietsreform in Hessen in die Gemeinde Gemünden eingegliedert.[5]

Territorialgeschichte und Verwaltung

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Nieder-Gemünden lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6][7]

Gerichte seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Nieder-Gemünden das „Amt Homberg an der Ohm“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Homberg an der Ohm“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Homberg an der Ohm, das für Nieder-Gemünden zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Homberg an der Ohm“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[14] Am 15. Juni 1943 wurde das Gericht zur Zweigstelle des Amtsgerichtes Alsfeld[15], aber bereits wieder mit Wirkung vom 1. Juni 1948 in ein Vollgericht umgewandelt[16]. Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Homberg und Nieder-Gemünden wurde dem Bereich des Amtsgerichts Alsfeld zugeteilt.[17] In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerentwicklung

 1791:364 Einwohner[18]
 1800:391 Einwohner[19]
 1806:397 Einwohner, 83 Häuser[11]
 1829:475 Einwohner, 95 Häuser[4]
 1867:509 Einwohner, 82 bewohnte Gebäude[20]
 1875:535 Einwohner, 86 bewohnte Gebäude[21]
Nieder-Gemünden: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2015
Jahr  Einwohner
1791
 
364
1800
 
391
1806
 
397
1829
 
475
1834
 
487
1840
 
536
1846
 
563
1852
 
545
1858
 
490
1864
 
492
1871
 
533
1875
 
535
1885
 
497
1895
 
492
1905
 
524
1910
 
551
1925
 
513
1939
 
551
1946
 
917
1950
 
927
1956
 
826
1961
 
840
1967
 
803
1970
 
803
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2011
 
726
2015
 
638
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[22]; Gemeinde Felda (webarchiv):2015

Religionszugehörigkeit

 1829:453 evangelische (= 95,37 %), 22 jüdische (= 4,63 %) Einwohner[4]
 1961:666 evangelische (= 79,29 %), 170 römisch-katholische (= 20,24 %) Einwohner[1]

Wappen und Flagge

Wappen

Blasonierung„Ein rotbewehrter (Hörner und Krallen) und rotbezungter nach rechts gewendeter schwarzer Ziegenadler über einem blauen Wellenband auf goldenem Grund.“[23]

Das Wappen wurde der Gemeinde Nieder-Gemünden, im damaligen Landkreis Alsfeld am 26. April 1958 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.

Der Ziegenadler ist das Zeichen der Grafen von Ziegenhain, die zeitweise über das Dorf regierten. Der Wellenbalken symbolisiert den Zusammenfluss von Felda und Ohm nahe dem Ort.

Flagge

Die Flagge wurde der Gemeinde am 6. Oktober 1959 genehmigt und wird wie folgt beschrieben:

„Auf der breiten weißen Mittelbahn des rot-weiß-roten Flaggentuches das Gemeindewappen.“[24]

Infrastruktur

In Nieder-Gemünden gibt es ein Uniformen-Museum und die Grundschule. Der Ort ist Sitz der Gemeindeverwaltung. Die evangelische Kirche wurde 1756 eingeweiht.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Nieder-Gemünden, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 5. November 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Zahlen und Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Gemünden (Felda), abgerufen im April 2020.
  3. Martin Röhling: Niddaer Geschichtsblätter. Heft 9. Die Geschichte der Grafen von Nidda und der Grafen von Ziegenhain. Hrsg.: Niddaer Heimatmuseum e. V. Im Selbstverlag, 2005, ISBN 3-9803915-9-0, S. 115.
  4. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 188 (Online bei google books).
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 346.
  6. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  7. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
  8. Die Zugehörigkeit des Amtes Burggemünden anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 26 Punkt b V. (google books).
  10. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 7 (Online bei google books).
  11. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 248 (Online in der HathiTrust digital library).
  12. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 419 (online bei Google Books).
  13. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 143 ff. (online bei Google Books).
  14. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  15. Rundverfügung des Reichsministers der Justiz vom 20. Mai 1943 — 3200/7 — Ia9 995 — Betrifft: Vereinfachung der Gerichtsorganisation.
  16. Erlass des Hessischen Ministers der Justiz vom 24. Mai 1948 — 3210/1 — Ia 1961 — Betrifft: Umwandlung des Zweigstellen-Amtsgerichts Homberg (Oberhessen). (Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsorganisation und Gerichtsverfassung vom 17. November 1953. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1953 Nr. 30, S. 189–191, Anlagen 1. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,3 MB]).)
  17. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 b) und Artikel 2, Abs. 4 a) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  18. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 191 (Online in der HathiTrust digital library).
  19. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 205 (Online in der HathiTrust digital library).
  20. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 117 (Online bei google books).
  21. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 12 (Online bei google books).
  22. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt;
  23. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Nieder-Gemünden im Landkreis Alsfeld, Regierungsbezirk Darmstadt vom 26. April 1958. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1958 Nr. 19, S. 522, Punkt 455 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,4 MB]).
  24. Genehmigung einer Flagge der Gemeinde Nieder-Gründau, im Landkreis Alsfeld, Regierungsbezierk Darmstadt vom 6. Oktober 1959. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1959 Nr. 42, S. 579, Punkt 987 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,7 MB]).
  25.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!
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