Multinationales Korps Nord-Ost
Das Multinationale Korps Nord-Ost (englisch Multinational Corps Northeast, MNC NE) ist das aufgrund eines Beschlusses von 1998 zwischen Dänemark, Polen und Deutschland aufgestellte gemeinsame militärische Hauptquartier, das am 18. September 1999 in Stettin in Dienst gestellt wurde.
Multinationales Korps Nord-Ost | |
---|---|
Verbandsabzeichen | |
Aufstellung | 18. September 1999 |
Staat | NATO |
Streitkräfte | Bundeswehr |
Teilstreitkraft | Heer |
Typ | Rapidly Deployable Corps Headquarters |
Unterstellte Truppenteile |
Stabskompanie |
Unterstellung | SHAPE |
Sitz des Stabes | Stettin |
Netzauftritt | MNC NE |
Kommandeur | |
Kommandierender General | Generalleutnant Jürgen-Joachim von Sandrart |
Stellvertretender Kommandeur | Generalmajor Ulrich Hellebjerg |
Chef des Stabes | Brigadegeneral Bogdan Rycerski |
Insignien | |
Barettabzeichen | |
Anders als die ursprünglich als Großverband konzipierte Ebene des Korps, dem mehrere Divisionen unterstellt waren, zählt das Multinationale Korps Nord-Ost zu den schnell verlegbaren Hauptquartieren (Rapidly Deployable Corps Headquarters) des NATO-Hauptquartiers Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE).
Geschichte
Nachdem beim NATO-Gipfel in Madrid 1997 den vormaligen Ostblock-Staaten Polen, Ungarn und Tschechien ein NATO-Beitritt angeboten worden war, einigten sich die Verteidigungsminister Dänemarks, Deutschlands und Polens am 16. April 1998 auf die Aufstellung eines gemeinsamen Korps. Ausgehend vom deutsch-dänischen Korps LANDJUT sollten Truppen aus Polen nach dessen NATO-Beitritt in das Korps integriert werden. Bereits am 5. September 1998, noch vor dem auf den 12. März 1999 terminierten Beitritt, unterzeichneten sie in Stettin das Übereinkommen zur Bildung des Korps, in dem dessen Grundlagen festgelegt wurden.[1] Indem ein bestehendes Korps erweitert wurde, konnte bereits Ende 2000 die Einsatzbereitschaft des neu gebildeten Korps gemeldet werden. Das Korps war zunächst nicht in die NATO-Kommandostruktur eingebunden. 2005 bestand das Korps die obligatorische „volle operative Einsatzfähigkeit“ und war damit als eines der NATO Deployable Headquarters von SHAPE befähigt, seit 2006 an NATO-Missionen teilzunehmen bzw. diese zu führen. Von Januar bis August 2007 war das Multinationale Korps Nord-Ost für die operative Leitung der ISAF in Afghanistan verantwortlich und beteiligte sich im Jahr 2010 erneut an der ISAF.[2]
Am 18. September 2009 feierte das Korps sein zehnjähriges Bestehen.
Am 14. Juni 2017 wurde das MNC NE durch die NATO als Hauptquartier für High-Readiness-Forces (High-Readiness Forces Headquarters (Land)) zertifiziert, womit das Korps die Führungsfunktion über Landoperationen an der nordöstlichen Flanke der NATO übernahm. Es wurde damit das einzige Hauptquartier der NATO mit einem festgeschriebenen regionalen Verantwortungsbereich.[3]
Aufgaben
Die Hauptaufgaben des Korps sind:[4]
- Planung und Durchführung gemeinsamer Verteidigung gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrages
- Friedenserhaltende oder -schaffende multinationale Einsätze
- Rettungseinsätze und Katastrophenhilfe
Dazu ist das Korps in der Lage, als NATO Deployable Headquarters einen multinationalen Einsatz wie ISAF zu führen.
Aufbau
Im Stab des Korps sind 25 NATO-Bündnispartner vertreten[5], federführend und Truppensteller sind aber die drei Gründungsnationen Deutschland, Dänemark und Polen. Die einzelnen Truppenteile sind national geführt und unterstehen nur im Bedarfsfall dem multinationalen Korpskommando, das wiederum dem Supreme Headquarters Allied Powers Europe unterstellt ist. Die deutschen Anteile werden also, solange der Bedarfsfall nicht eingetreten ist, weiterhin vom Kommando Heer geführt. Im Hauptquartier in Stettin ist die Amtssprache Englisch. Ungewöhnlich für einen militärischen Verband ist der trilaterale Korpsausschuss, welcher gegenüber dem Korpsstab weisungsbefugt ist. Die Präsidentschaft wechselt jährlich zwischen den einzelnen Ländern. Die Führungsstellen sind unter den drei federführenden Ländern gleichgewichtig aufgeteilt. Das Korps ist nicht ständig voll präsent, sondern außerhalb von Einsätzen nur als Stab aufgestellt. Die Gliederung im Einzelnen:
- Dauerhaft unterstellte Verbände
- eine polnische Stabskompanie
- ein multinationaler Fernmeldezug
- eine multinationale Führungsunterstützungsbrigade
- Im Bedarfsfall unterstellte Verbände
- Dänischer Beitrag:
- Dänische Division Fredericia
- ein Fernmeldebataillon (SigBn 1 (DAN) Fredericia)
- Deutscher Beitrag:
- zukünftig 1. Panzerdivision aus Oldenburg
- Fernmeldebataillon 610 aus Prenzlau
- Polnischer Beitrag:
- 12. polnische Mechanisierte Division aus Stettin
- ein Fernmeldebataillon 100 aus Wałcz (Deutsch Krone)
Bei zusätzlichem Bedarf werden aus allen drei Staaten weitere Verbände zur Verfügung gestellt.
Kommandierende Generale
Dem Korps standen folgende Kommandierende Generale vor:
Nr. | Name | Nation | von | bis | Bemerkung |
---|---|---|---|---|---|
9 | Generalleutnant Jürgen-Joachim von Sandrart | Deutschland | 19. Nov. 2021 | – | |
8 | Generalleutnant Sławomir Wojciechowski | Polen | 12. Sep. 2018 | 19. Nov. 2021 | |
7 | Generalleutnant Manfred Hofmann | Deutschland | 13. Aug. 2015 | 12. Sep. 2018 | |
6 | Generalleutnant Bogusław Samol | Polen | 19. Dez. 2012 | 13. Aug. 2015 | |
5 | Generalleutnant Rainer Korff | Deutschland | 17. Dez. 2009 | 19. Dez. 2012 | |
4 | Generalleutnant Zdzisław Goral | Polen | 15. Dez. 2006 | 17. Dez. 2009 | |
3 | Generalleutnant Egon Ramms | Deutschland | 18. Feb. 2004 | 15. Dez. 2006 | |
2 | Generalleutnant Zygmunt Sadowski | Polen | Apr. 2001 | Dez. 2003 | Im Amt verstorben |
1 | Generalleutnant Henrik H. Ekmann | Dänemark | Sep. 1999 | Apr. 2001 |
Verbandsabzeichen
Das Verbandsabzeichen greift wesentliche Elemente des Verbandsabzeichens des Vorgängerverbandes LANDJUT wieder auf. Der blaue Wappengrund ist eine Reminiszenz an das NATO-blau. Der NATO-Stern entfiel gänzlich, da das Korps durch eine trinationale Vereinbarung und nicht durch die NATO gebildet wurde. Die drei Wellenkämme sind Hinweis auf die drei Ostseezugänge im Operationsgebiet. Die zwei gekreuzten Schwerter des deutsch-dänischen Korps wurden um ein drittes Schwert für die dritte hinzugetretene Nation Polen ergänzt. Die bei LANDJUT auch für den Standort Rendsburg stehenden Wellenkämme, wurden durch den gekrönten Greif in Rot für den Sitz des Stabes in Stettin ersetzt, da diese den Greif im Stadtwappen führt. Der Greif ist dem Wappen Pommerns entlehnt, das in seiner Geschichte eine wechselvolle deutsch-polnische Geschichte aufweist, in der auch Dänemark eine historische Rolle einnimmt (vgl. etwa Zweiter Nordischer Krieg).
- Wappen
- Textilvariante Bunt
- Textilvariante Tarn
- Barettabzeichen
Das Wappen existiert ebenfalls als Barettabzeichen wie auch als Verbandsabzeichen für die Trageweise an Dienstanzug und Feldanzug, in bunt respektive tarn, am linken Ärmel des Dienstanzugs getragen.
Literatur
- Sven Bernhard Gareis, Ulrich vom Hagen: Militärkulturen und Multinationalität. Das Multinationale Korps Nordost in Stettin (= Schriftenreihe des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr. Bd. 1). Leske und Budrich, Opladen 2004, ISBN 3-8100-4010-X.
Weblinks
Einzelnachweise
- Multinational Corps Northeast Convention auf der Webpräsenz des Korps (Deutsch: Übereinkommen über das Multinationale Korps Nordost (Memento vom 2. Mai 2005 im Internet Archive) beim Viadrina International Law Project der Europa-Universität Viadrina; PDF, 52 kB)
- Webseite MNK NO, Geschichte, Jahr 2009; Vorbereitung auf ISAF in 2010 (englisch)
- Claudia Seidenschwanz: Mission ausgeführt – Multinationales Korps Nordost erhält Zertifikat. deutschesheer.de, 23. Juni 2017, abgerufen am 28. Juni 2017 (deu).
- Corps’ Mission. Multinationales Korps Nord-Ost, abgerufen am 17. August 2015 (englisch).
- Structure Multinational Corps Northeast, abgerufen am 1. Oktober 2018.