Mount-Kenya-Massiv
Das Mount-Kenya-Massiv (auch Mount Kenia; in der Sprache der Massai Kirinyaga und Kinyaa „schwarz-weißer Berg“) ist mit 5199 m das zweithöchste Bergmassiv in Afrika. Sein Zentrum befindet sich rund 15 km südlich des Äquators in Kenia.
Mount-Kenya-Massiv | ||
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Höchster Gipfel | Batian (5199 m) | |
Lage | Kenia | |
Teil von | Ostafrika | |
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Koordinaten | 0° 9′ S, 37° 19′ O | |
Typ | Schichtvulkan | |
Alter des Gesteins | 3,5 Millionen Jahre | |
Besonderheiten | zweithöchstes Bergmassiv in Afrika Weltnaturerbe (UNESCO) seit 1997 |
1997 wurde die einzigartige Landschaft des Mount-Kenya-Massivs, die 2013 um das Lewa Wildlife Conservancy erweitert wurde, von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.[1]
Geographie
Das Mount-Kenya-Massiv liegt etwa 140 km nordöstlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Dort befindet es sich etwa im Herzen des Landes im Mount-Kenya-Nationalpark. Während das Gelände in Richtung Osten über den Tana zum noch weit entfernten Indischen Ozean hin abfällt, geht es vor allem nach Westen in das kenianische Hochland und die Trockensavanne über.
Mount-Kenya-Nationalpark
Der Mount-Kenya-Nationalpark umschließt das zentrale Mount-Kenya-Massiv ab etwa 3200 m Höhe. Zweck des rund 715 km² großen Nationalparks ist es, das Landschaftsbild und die Flora und Fauna zu schützen und für die Zukunft zu bewahren.
Landschaftsbild
Nach dem Kilimandscharo-Massiv (5895 m), das sich etwa 325 km weiter südlich befindet, und vor dem Ruwenzori-Gebirge (5109 m), das 810 km weiter westlich liegt, stellt das Mount-Kenya-Massiv mit dem Batian (5199 m), seinem höchsten Gipfel, die zweite der drei höchsten Erhebungen des östlichen Afrikas und somit des ganzen Kontinents dar. Er ist weltweit einer der wenigen Orte am bzw. unweit des Äquators, an denen immer Schnee und Eis liegt.
Die Regionen zwischen seinen höchsten, oft spitz aufragenden Gipfeln sind ab 4700 m teilweise vergletschert; insbesondere Mulden und sanft abfallende Berghänge sind stark vergletschert. Die größten der insgesamt acht Gletscher am Mount-Kenya-Massiv heißen Gregory und Lewis (zwischen Nelion und Point Lenana) und Tyndall (zwischen Batian Point Pigott). Sie verlieren seit Jahrzehnten an Größe, was auf den Rückgang von Niederschlägen und die globale Erwärmung zurückzuführen ist.
Die Waldgrenze liegt bei etwa 3200 m; oberhalb davon erstreckt sich eine üppige Vegetation von Hochgras, Stauden und Buschwerk, die bis etwa 4000 m reicht. Das felsige Massiv beherbergt auch Firn- und Schneefelder, Gebirgsflüsse, Wasserfälle und Gebirgsseen, die sich in den ehemaligen Vulkankratern gebildet haben.
Weil sich an den Hochgebirgsregionen des Massivs sehr oft Wolken stauen, was meist zu starken und lang anhaltenden Niederschlägen führt, konnte sich an seinen Hängen ein schmaler Streifen Tropischer Regenwald entwickeln. Daher ragt das Massiv als grüne Insel aus der ostafrikanischen Trockensavanne auf, auf der majestätisch aufragende Gipfel thronen.
Geologie
Das Mount-Kenya-Massiv liegt auf der ostafrikanischen Kontinentalplatte, die sich östlich des Großen Afrikanischen Grabenbruchs befindet, von dem sie sich pro Jahr um etwa zwei Zentimeter entfernt, so dass der Graben immer breiter wird und das Massiv, wenn die Driftbewegung dauerhaft anhält, in einigen Millionen Jahren vermutlich auf einer neuen Kontinentalplatte im Indik liegen wird.
Das Vulkanmassiv liegt am Ostrand des Rift Valley, also des kenianischen Teils des in südöstlicher Richtung verlaufenden Seitenarms des Ostafrikanischen Grabenbruchs. Als sich diese Abzweigung aufzuspalten begann, entstanden vor etwa 3,5 Millionen Jahren an seinen Rändern und an seiner Sohle zahlreiche Vulkane, darunter auch das Mount-Kenya-Massiv mit seinen Schloten. Fortan war das Zentrum des Kirinyaga für etwa zwei Millionen Jahre ein aktiver Feuerberg – ein Vulkan, der einmal mehr als 7000 m Höhe erreicht hatte.
Tiefe Kraterlöcher, die sich mit Seen angefüllt haben oder von den Eismassen der Gletscher überlagert sind, einige Lavaströme und mehrere zurückgebliebene turm- und pyramidenartige Gipfel, die noch bis zu 5199 m hoch sind, zeugen noch von dieser Tätigkeit und der ehemaligen Berghöhe. Während die weicheren oder poröseren Gesteine im Lauf der Jahrmillionen erodierten, blieben die zuletzt genannten harten Kerne recht gut erhalten. Weil der Vulkan über mehrere Jahrtausende nicht ausbrach und wissenschaftlichen Studien zufolge wohl auch nicht mehr das Potential für weitere Ausbrüche hat, gilt er als erloschener Feuerberg.
Geschichte, Erforschung
Namensdeutung und Gottheit
Die einheimischen Kikuyu und Kamba nennen das riesenhafte Mount-Kenya-Massiv Kirinyaga und Kinyaa, was etwa „leuchtender Berg“ bedeutet. Dies gab dem Staat den englischen Namen Kenya. Das Massiv gilt nach wie vor als der Thron des Schöpfungsgottes Ngai wa Kirinyaga (Gott des Kirinyaga, auch: Mwene-Nyaga). Die Sage erzählt dass der Gott nach der Schöpfung der Welt das Land unter den Menschen aufteilte und einem Mann namens Kikuyu vom Gipfel des Mount Kenya das Land zeigte, das ihm gehören sollte. Als Kikuyu zum Fuß des Berges zurückkehrte fand er dort eine Frau. Ihre weiblichen Kinder wurden die Urmütter der neun Kikuyu-Stämme.[2]
Entdeckung
Das eisbedeckte Mount-Kenya-Massiv wurde 1849 für die westliche Welt „entdeckt“: Der deutsche Missionar und Afrikaforscher Dr. Johann Ludwig Krapf war der erste Europäer, der das Bergmassiv mit seinen schnee- und eisbedeckten Gipfeln erblickte. Bei seiner Rückkehr berichtete er von der weißen Pracht am Äquator. Die Botschaft vom „Schnee am Äquator“ wurde als Sinnestäuschung abgetan und erst 1883 vom britischen Forscher Joseph Thomson bestätigt. Laut einheimischen Tour-Guides soll der Berg durch Krapf den Namen Kenya bekommen haben, da dieser das Wort Kirinyaga falsch verstanden habe. Eine andere Theorie besagt, dass das Wort Kenya sich von Kee Nyaa ableitet, was in der Sprache der Kamba soviel wie Ort des Vogelstraußes heißt.
20. Jahrhundert
Während des Mau-Mau-Aufstands (1952 bis 1957), der stark von den Kikuyu getragen wurde, versteckten sich in seinen undurchdringlichen Wäldern die Freiheitskämpfer. Eine ihrer Höhlenunterkünfte ist heute noch südlich von Nanyuki zu besichtigen.
Bergwelt
Höchste Gipfel
Das Mount-Kenya-Massiv in Zentral-Kenya ist etwa 90 km lang und 55 km breit mit einem meist aus spitzzackigen Gipfeln bestehenden Zentrum (Nord–Süd 10 km, West–Ost 15 km). Das Massiv hat mit Batian (5199 m), Nelion (5189 m) und Lenana (4985 m) drei Hauptgipfel, welche die Namen wichtiger Massai-Häuptlinge tragen. Nahezu alle Gipfel des Zentralmassivs liegen oberhalb der Schneegrenze; die Regionen zwischen den höchsten Gipfeln sind stark vergletschert.
Nahe beieinander liegende Berge und Berggipfel in der zentralen Hochgebirgsregion:
- Batian (5199 m)
- Nelion (5189 m)
- Lenana (4985 m)
- Pigott (4958 m)
- Top Hut (4790 m)
- Tereri (4715 m)
- Sendeyo (4705 m)
- Midget (4701 m)
- Minte’s Hut (4297 m)
Bergsteigen
Die Erstbesteigung des höchsten Berges des Massivs, des Batian, gelang 1899 dem Briten Sir Halford Mackinder mit Cesar Ollier und Joseph Brocherel. Der Nelion-Gipfel wurde von Eric Shipton und Wyn Harris erstmals bestiegen.[2][3]
Das Mount-Kenya-Massiv kann als besucherfreundlicher Gebirgszug betrachtet werden: Zahlreiche Straßen aus allen Himmelsrichtungen bis auf etwa 3000 m Höhe an das Massiv heran, so dass eine Bergtour auf einer gewissen Starthöhe angegangen werden kann. Im Tal beginnen etwa 30 verschiedene Wege, die zuerst durch den wunderschönen afroalpinen Regenwald führen, um in den höheren Regionen nach und nach zusammenzutreffen. Auch sonst ist der Berg touristisch gut erschlossen, so dass es in seiner unmittelbaren Umgebung mehrere Camps und Lodges gibt, in denen man übernachten kann. Dort kann man sich akklimatisieren, um eine Expedition in das Zentrum des Massivs anzugehen.
Eine Ersteigung der höchsten Gipfel ist schwieriger als die des um 696 m höheren Kilimandscharos. Ortsansässige Führer können den Weg zeigen und Träger stehen für den Transport der Ausrüstung zur Verfügung. Insgesamt gibt es einige Dutzend Routen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade.[4] Zurzeit sind die drei Standardrouten zum Aufstieg die Naro Moru Route, die Sirimon Route und die Chogoria Route. Die Hauptgipfel können auf verschiedenen Routen der UIAA-Schwierigkeitsstufen von IV bis VIII bestiegen werden. An den Nebengipfeln gibt es auch verschiedene Felsrouten von III bis VIII+ und am ganzen Massiv gibt es auch technische (i. e. nicht frei gekletterte) Felsrouten. Wanderer mit guter Kondition und geeigneter Ausrüstung können den Aufstieg zum dritthöchsten Gipfel (Lenana) wagen[4], denn auf dem Weg dorthin sind zwar steile Wege und Schneefelder zu ersteigen, nicht aber Felswände und Gletscher. Technisch gesehen handelt es sich um eine anstrengende mehrtägige Hochgebirgstour.
Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit (siehe hierzu und zu Reisezeit unter „Klima“) und der tropischen Hitze, die vor allem in den tieferen und mittleren Gebirgsregionen dominieren, und der Kälte auf den Gipfeln ist eine Ersteigung der Bergwelt ein recht anstrengendes Unterfangen: Inklusive Akklimatisation sollten dafür etwa fünf bis sieben Tage eingeplant werden. Um nach dieser Eingewöhnung die Höhenkrankheit zu vermeiden, sollten pro Tag bzw. Etappe nur geringe Höhenmeter überwunden werden: Wenn das Wetter mitspielt und der Untergrund eine recht schnelle Ersteigung zulässt, kann die Gipfelregion inklusive Rückkehr innerhalb von zwei bis drei Tagen (mit 2 Übernachtungen auf dem Berg) bezwungen werden.
Bei klarem Wetter reicht der Blick von den verschiedensten Gipfeln in die fruchtbaren Ebenen, die das Gebirgsmassiv umgeben, oder bis in die weiten Trockensavannen und Wüsten, die sich in der Umgebung – vor allem weiter nördlich – anschließen.
Flora und Fauna
Das Mount-Kenya-Massiv stellt für die afrikanische Flora und Fauna einen wichtigen, üppigen und artenreichen Lebensraum dar.
Flora
Bedingt durch das tropisch-feuchte Hochgebirgs-Klima hat sich nicht nur in den unteren Bergregionen eine einzigartige Flora entwickelt, in der ungezählte Pflanzenarten gedeihen. Viele von ihnen weisen einen prachtvollen Wuchs auf – sie werden zumeist größer als anderswo. Ähnlich wie am Kilimandscharo umgeben den Fuß des Massivs fruchtbare Äcker und Felder: Dort werden Bohnen, Mais, Kaffee und Tee angebaut. Im verhältnismäßig trockenen Klima der Westflanke wird Viehzucht betrieben. Die oberste Grenze des afroalpinen Bergwalds befindet sich in etwa 3000 m bis 3500 m Höhe; die Gegend oberhalb 3200 m Höhe gehört zum Mount-Kenya-Nationalpark. Darüber herrscht eher aufgelockerter Bewuchs vor, der allmählich von Geröllhalden und ab etwa 4300 m Höhe von den Gletscherbereichen abgelöst wird.
- Bambuswälder
- Baumheide
- Bültgras
- Farne
- Flechten
- Heidekraut
- Johanniskraut (mannshohe Sträucher)
- Koniferen
- Kosobäume
- Kreuzkraut (4,5 bis 5 m hoch)
- Lobelien
- Moose
- Olivenbäume
- Orchideen
- Páramoheide (gedeihen zwischen 3500 und 4500 m)
- Senezien
- Tussock
- Wacholder
- Zedern
Fauna
In der Gebirgswelt leben hunderte Tierarten, die teils bis in die Gipfelregionen vordringen.
- Bongos
- Buschböcke
- Riesenwaldschweine
- Colobusaffen
- Elefanten – 1973 waren es im Mount-Kenya-Nationalpark 2500 Exemplare, 1977 wurden etwa 3000 und 1987 ungefähr 2000 Tiere gezählt
- Hyänen
- Kaffernbüffel
- Klippschliefer (Rock Hyrax)
- Klippspringer
- Leoparden
- Meerkatzen
- Nashörner
- Paviane
- Äthiopien-Ohreule
Klima
Im Mount-Kenya-Massiv herrscht ein tropisch feuchtes Klima vor, das sich durch eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit und große Niederschlagsmengen (es regnet an rund 200 Tagen pro Jahr) auszeichnet, so dass sich die unteren Berghänge in Schlammrutschbahnen verwandeln. Der Jahresniederschlag variiert zwischen etwa 1000 mm an den Nordhängen und 2200 bis 3800 mm im Südosten. Weil die Verdunstung durch die feucht-warmen Aufwinde recht stark ausfällt, sind die Gipfelregionen des Gebirges oft von Wolken umhüllt. Tropisch-feuchte Witterung herrscht in den tieferen Gebieten vor und eher eisig-feuchte Kälte auf den Gipfeln (Vgl. FIEBIG 2010, S. 497).
Januar und Februar sind die besten Monate, um den Aufstieg über die Südseite zu wagen, für die Nordseite sind dies August und September; dann hat man jeweils die Chance eine recht trockene Witterung zu erlangen in der sonst tropisch-feuchten Regenwald-Hochgebirgsgegend.
Orte
Unter anderen befinden sich diese Orte im oder rund um das Mount-Kenya-Massiv:
Medien
- H. Fiebig: Kenia. Reise-Know-How-Verlag Rump, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8317-1740-8.
- Still Alive – Drama am Mt. Kenya – Dokumentation (2016) über eine Rettungsaktion 1970. Regie: Reinhold Messner.
Weblinks
- Bilder und ein Reisetagebuch über die Besteigung des Mount Kenia
- Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch und französisch).
Einzelnachweise
- UNESCO World Heritage Centre: Mount Kenya National Park/Natural Forest. Abgerufen am 20. August 2017 (englisch).
- Pointdexter, Joseph: Zwischen Himmel und Erde. Die 50 höchsten Gipfel. Könemann, Köln 1999, ISBN 3-8290-3561-6, S. 87
- Pointdexter, Joseph: Zwischen Himmel und Erde. Die 50 höchsten Gipfel. Könemann, Köln 1999, ISBN 3-8290-3561-6, S. 89
- Pointdexter, Joseph: Zwischen Himmel und Erde. Die 50 höchsten Gipfel. Könemann, Köln 1999, ISBN 3-8290-3561-6, S. 89