Mossehaus
Das Mossehaus ist ein denkmalgeschütztes Bauwerk in der Schützenstraße 25–32 im Berliner Ortsteil Mitte. Es ist benannt nach Rudolf Mosse, dem Bauherrn und ehemaligen Herausgeber des Berliner Tageblattes. Es befindet sich im Herzen des historischen Berliner Zeitungsviertels. Die Wiedererstellung der Mendelsohnfassade und die Aufstockung in der Schützenstraße wurden durch den Architekten Bernd Kemper zwischen 1992 und 1995 realisiert.
Mossehaus | |
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Zustand im Jahr 2005 | |
Daten | |
Ort | Berlin-Mitte |
Baumeister | Wilhelm Cremer, Richard Wolffenstein Umbau: Erich Mendelsohn und Richard Neutra |
Baujahr | 1901–1903; 1921–1923 |
Höhe | (Eckaufbau) rund 20 m |
Koordinaten | 52° 30′ 31,3″ N, 13° 23′ 48,2″ O |
Geschichte und Funktion des Gebäudes
Das Mossehaus wurde von 1900 bis 1903 nach Entwürfen der Architekten Wilhelm Cremer und Richard Wolffenstein als Sandsteinbau mit Anklängen an den Jugendstil im Auftrag des Unternehmers Rudolf Mosse errichtet. Mosse führte hier seinen Annoncen-Expressdienst und druckte das Berliner Tageblatt, nachdem er aus Platzgründen seinen ursprünglichen Verlags-Standort in der Neuen Friedrichstraße aufgeben musste.[1] Das Gebäude wurde nach dem Ersten Weltkrieg bei den Spartakusaufständen im Januar 1919 beschädigt und von Erich Mendelsohn und Richard Neutra in den Jahren 1921 bis 1923 im Stil der Neuen Sachlichkeit umgebaut.[2] Er erneuerte im Auftrag von Mosses Schwiegersohn und damaligen Inhaber Hans Lachmann-Mosse den zerstörten Eingangsbereich des Gebäudes, fügte ein Gesims hinzu und stockte das Haus um zwei Etagen auf. Dabei wurde die Eckfassade durch ein „extrem horizontal betontes Bauteil aus ganz anderen Materialien (Eisen und Keramik)“ in den Altbau integriert, wodurch „der Bau und vor allem die Ecke […] eine atemberaubende Dynamik“[3] erhielten. Bei der Gestaltung der Hausfassade arbeitete Mendelsohn mit Paul Rudolf Henning zusammen.[4]
Sechs Wochen nach der Fertigstellung der Decken-Umbauarbeiten stürzte die oberste Decke ein, die zu schwer mit Kies bedeckt war. Dabei kamen 13 Menschen ums Leben, während elf Menschen schwer verletzt wurden.[5]
In der Zeit des Nationalsozialismus musste der Mosse-Verlag, nun geführt vom Schwiegersohn des Gründers, Insolvenz anmelden und eine Holding führte die Druckerei unter dem Namen Berliner Verlagsanstalt bis 1945 weiter.
Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg erneut stark beschädigt. Der komplette Flügel entlang der Jerusalemer Straße wurde zerstört, ebenso die von Mendelsohn aufwendig konstruierte Fassade an der Ecke Schützen-/Jerusalemer Straße. Sie wurde nach dem Krieg nur vereinfacht wieder aufgebaut.[6]
Das Gebäude wurde wie zuvor von einigen Druckereien weitergenutzt, die sich 1951 zum VEB Industriedruck zusammenschlossen, aus dem später das Druckkombinat Berlin hervorging.[7]
Nach dem Zusammenbruch der DDR erwarb der Unternehmer Hans Röder das Mossehaus am 1. Juli 1992 und entwickelte es durch weitere Gebäudekomplexe, die vom Architekten Dieter Schneider entworfen wurden, zum Mosse-Zentrum. Die Einweihung des ersten Bauabschnitts fand Anfang 1995 im Beisein des Enkels von Rudolf Mosse, George L. Mosse, statt.[8] Der gesamte Komplex wurde im Jahr 2000 fertiggestellt und neu genutzt, der Enkel legte aber besonderen Wert darauf, dass mindestens eine Druckerei in den Gebäuden weiter betrieben wird.[9] Mit dem Auszug des Druckhauses Berlin-Mitte im Jahr 2013 trifft dies aber nicht mehr zu.[7]
Das Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft und das Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung haben seit 2006 hier ihren Sitz. Das repräsentative Eckteil des Komplexes war bis Oktober 2012 Sitz der Deutschland-Zentrale des französischen Mineralölkonzerns Total. Seit Januar 2014 hat dort Thales Deutschland seine Hauptstadtrepräsentanz und eins seiner Entwicklungszentren für Transportsysteme.[10] Im April 2014 bezog die Dussmann Group weitere Etagen des Mossehauses.[11]
Literatur
- Arnt Cobbers: Architekturführer. Die 100 wichtigsten Berliner Bauwerke. 5. Aufl., Jaron, Berlin 2006, ISBN 3-89773-135-5.
- Bruno Zevi (Hrsg.): Erich Mendelsohn. The Complete Works. Birkhäuser, Basel et al. 1999, ISBN 3-7643-5975-7 (englischsprachige Ausgabe).
Weblinks
- Kathrin Chod, Herbert Schwenk, Hainer Weisspflug: Mosse Verlag. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Mitte. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2003, ISBN 3-89542-111-1 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
Einzelnachweise
- Mosse-Zentrum und Mosse-Verlag. zeitungsviertel.de; abgerufen am 18. September 2011.
- Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-I. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 235 f.
- Mossehaus (Memento vom 27. Januar 2012 im Internet Archive) berlin.de; abgerufen am 17. September 2011.
- Paul Rudolf Henning: Der Verlust der Utopie in der modernen Architektur, Pädagogischer Dienst der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, 1991.
- Das Urteil im Mossehaus-Prozeß. In: Vossische Zeitung, 2. Mai 1924.
- Sven Felix Kellerhoff: Das Mosse-Haus von Mendelssohn. In: Welt am Sonntag, 14. März 2004.
- Geschichte des Druckhauses Berlin-Mitte. druckhaus-berlin-mitte.de; abgerufen am 18. September 2011.
- Mosse-Zentrum im alten Zeitungsviertel eingeweiht. In: Berliner Zeitung, 26. Januar 1995.
- Mosse-Zentrum. (Memento vom 1. November 2013 im Internet Archive) stadtentwicklung.berlin.de; abgerufen am 18. September 2011.
- Thales bezieht 9.000 Quadratmeter im Mosse-Zentrum in Berlin Mitte. In: bnpparibas.de. 10. Juli 2013, abgerufen am 2. Januar 2014.
- Dussmann Group mietet rund 7.200 Quadratmeter im Mosse-Zentrum in Berlin-Mitte. In: bnpparibas.de. 24. September 2013, abgerufen am 8. Mai 2014.