Metro Pjöngjang
Die Metro Pjöngjang (평양 지하철) ist das U-Bahn-System in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang, das aus zwei Linien besteht. Sie wurde am 6. September 1973 eröffnet und war die erste U-Bahn auf der Koreanischen Halbinsel. Zusammen mit dem Oberleitungsbus Pjöngjang und der Straßenbahn Pjöngjang wird ein Großteil der Einwohner Pjöngjangs befördert.
Streckennetz
Der Bau des Netzes begann 1968. Ein schwerer Unfall ereignete sich 1971 während der Bauphase in einem Tunnel unter dem Taedong-Fluss. Einigen Quellen zufolge kamen dabei mehr als 100 Arbeiter zu Tode. Dieser Teilabschnitt wurde niemals vollendet, und das gesamte U-Bahn-Netz befindet sich heute auf der westlichen Seite des Flusses. Ein Ausbau auf die andere Flussseite ist aber nach wie vor geplant.[3][4] Der U-Bahnhof Kaesŏn wurde zwischen 2018 und 2019 modernisiert.[5]
Die Stationen tragen keine Ortsbezeichnung, sie sind stattdessen nach Themen der nordkoreanischen Revolution benannt.
Das gesamte Streckennetz verläuft unterirdisch, die Linienführung erfolgte nach dem Vorbild von Metronetzen in anderen kommunistischen Ländern, insbesondere der Metro Moskau. Die Strecken haben viele Gemeinsamkeiten, darunter den Verlauf in großer Tiefe (bis zu 110 Meter) und die großen Abstände zwischen den Haltestellen. Einige Beispiele sozialistischer Kunst können in den Bahnhöfen gefunden werden.
In Kriegszeiten können die U-Bahn-Haltestellen als Schutzbunker verwendet werden. Für diesen Zweck sind große Stahltore installiert. Spekulationen zufolge sind große Militäranlagen mit den Haltestellen verbunden, aber es konnte niemals ein Beweis hierfür erbracht werden. Nach anderen Spekulationen soll es neben den beiden offiziellen Linien zusätzlich (wie in Moskau angeblich auch) eine unbekannte Zahl von geheimen Linien für militärische und Regierungszwecke geben.
Das Metronetz besteht aus zwei Linien:
Chŏllima-Linie _
Sie ist nach einem sehr schnellen Pferd (Ch’ŏllima = Tausend-Ri-Pferd; ein Ri sind etwa 0,39 km) in der koreanischen Mythologie benannt. Die Gesamtlänge beträgt etwa 14 km. Baubeginn war 1968, die Inbetriebnahme zwischen Ponghwa und Pukkŭnbŏl am 6. September 1973. 1987 wurde die Strecke bis Puhŭng verlängert.
- Puhŭng (부흥 = Wiederauferstehung), Häufiger Startpunkt der U-Bahn-Fahrt für ausländische Besucher
- Yŏnggwang (영광 = Blühendes Licht), Hauptbahnhof Pjöngjang sowie Umstieg zum Oberleitungsbus Pjöngjang – Häufiger Endpunkt der U-Bahn-Fahrt für ausländische Besucher
- Ponghwa (봉화 = Signalfeuer)
- Sŭngli bzw. Sŭngni (승리 = Sieg)
- Tongil (통일 = Vereinigung)
- Kaesŏn (개선 = Triumphale Wiederkunft)
- Chŏnu (전우 = Kriegsfreund), Umsteigestation zur Hyŏksin-Linie (Chŏnseung)
- Pulgŭnbyŏl (붉은별 = Roter Stern), Depot (Ryongmun-dong)
Hyŏksin-Linie _
Gesamtlänge etwa 10 km, regulärer Passagierbetrieb seit Oktober 1975. Die Gesamtstrecke wurde 1978 in Betrieb genommen. Einige Stationen dienen als Atombunker und liegen mehr als 100 m unter der Erdoberfläche.
- Kwangbok (광복 = Wiederkommendes Licht, Befreiung), Depot (Kwangbok-dong)
- Kŏn'guk (건국 = Staatsgründung), Bahnhof Pot’onggang der P'yŏngnam-Eisenbahnlinie
- Hwanggimbŏl (황금벌 = Goldenes Feld)
- Kŏnsŏl (건설 = Aufbau)
- Hyŏksin (혁신 = Erneuerung)
- Chŏnseung (전승 = Kriegssieg), Umsteigestation zur Chŏllima-Linie (Chŏnu)
- Samhŭng (삼흥 = Drei Erweckungen; gemeint ist die Erziehung der Schüler durch Wissen, Moral und Sport), Umstieg zur Kŭmsusan-Linie möglich
- Kwangmyŏng (광명 = Helles Licht), Mausoleum Kim Il-sung (Kumsusan-Palast); derzeit geschlossen
- Rakwŏn (락원 = Paradies)
Betrieb
Ursprünglich war ein Betrieb von 5:30 bis 23:30 Uhr geplant, mit Vier-Wagen-Zügen und einer Zugfolge von etwa fünf Minuten tagsüber und zwei Minuten in der Hauptverkehrszeit. Der Betrieb findet mittlerweile nur noch von 6:00 bis 21:30 Uhr statt. Basierend auf einer nationalen Anordnung ruht der Betrieb auf der Metro jeden ersten Sonntag im Monat.
Die Betriebsspannung der Metro betrug ursprünglich 825 Volt Gleichstrom. Da ein erweiterter Umbau der Berliner U-Bahnwagen zu kostenintensiv war, wurde die Spannung für den Einsatz jener Fahrzeuge zum Jahreswechsel 1996/1997 auf 750 Volt Gleichstrom gedrosselt.
Die Triebwagen verfügen über die Möglichkeit zum Abspielen von Musik oder anderen Aufnahmen. Die Wagen erhielten dafür Funkantennen auf den Dächern, um beispielsweise die staatlichen Radiosender zu empfangen.
Die Metro Pjöngjang ist eine der günstigsten der Welt, mit nur fünf Won (im Wert von einem halben US-Cent) pro Ticket. Anstelle von Papiertickets verwendete die Metro früher einen Aluminium-Token, auf dem das Emblem der Metro und das koreanische „지“ geprägt waren. Sie verwendet jetzt ein Papierticketsystem mit „지“, das mit blauer Tinte bedruckt ist. Tickets werden an Stationsständen gekauft, und Scanner sind vorhanden, aber nicht funktionsfähig. Rauchen und Essen im Metro-System sind verboten und werden mit einer hohen Geldstrafe geahndet.
Tourismus
Üblicherweise ist der Tourismus in Nordkorea nur in geführten Gruppen erlaubt, wobei keine Abänderung von vorher geplanten Routen erlaubt ist. Ausländische Touristen durften nur zwischen Puhŭng und Yŏnggwang fahren. Allerdings durften ausländische Studenten das gesamte Metrosystem frei benutzen. Seit 2010 dürfen Touristen an sechs Stationen die U-Bahn benutzen, und 2014 wurden alle U-Bahn-Stationen für Ausländer geöffnet. Universitätsstudenten, die mit dem Pjöngjang-Projekt reisten, berichteten auch, dass sie jede Station besuchten.
Ab 2014 ist es für Touristen auf speziellen öffentlichen Transport-Touren möglich, U-Bahn-Fahrten durch beide Linien zu nehmen, einschließlich Besuche in allen Stationen. Im April 2014 besuchte die erste Touristengruppe Stationen auf beiden U-Bahn-Linien, und es wird erwartet, dass solche erweiterten Besuche beider U-Bahn-Linien für zukünftige Touristengruppen möglich bleiben werden.
Der zuvor beschränkte touristische Zugang führte zum Gerücht, wonach die U-Bahn nur zur Schau gestellt wurde. Es wurde behauptet, dass sie nur aus zwei Haltestellen bestünde und die Passagiere Schauspieler seien.
Fahrzeugpark
DK4
Nordkorea behauptet, diese Wagen hergestellt zu haben. Nachgewiesen wurde, dass sie in China gefertigt wurden.
Als der reguläre Betrieb 1973 aufgenommen wurde, fuhren Neufahrzeuge des Typs DK4 auf den Strecken. Obwohl Nordkorea offiziell behauptet, ein Teil der Triebwagen seien im Inland und der Rest des gleichen Typs in Berlin gebaut worden, wurden diese jedoch bei der Changchun Car Company in China gebaut. Es wurden 345 Doppeltriebwagen an die Metro geliefert, wobei es sich bei dieser Fahrzeugmenge um einen deutlichen Überschuss des Fuhrparks handelte. Dies führte zu diversen Verschwörungstheorien, so gab es mitunter Vermutungen, dass es ähnlich der Metro Moskau ein zweites, geheimes Liniennetz gäbe, welches zu militärischen Zwecken errichtet worden sei. 1998 wurden einige Triebwagen an die U-Bahn Peking verkauft, wo sie auf der Linie 13 in Betrieb waren. Diese wurden 2002 wieder ausgemustert. Die Fahrzeuge sind 2,7 Meter breit, pro Wagen 18,8 Meter lang und fuhren ursprünglich mit 825 Volt Gleichstrom, der von einer seitlichen Stromschiene abgenommen wird. Für die Inbetriebnahme der Berliner U-Bahntriebwagen wurde die Spannung auf 750 Volt Gleichstrom angepasst. Die in Pjöngjang verbliebenen Wagen waren bis etwa 2007 im regulären Einsatz, mittlerweile wurden die meisten Fahrzeuge für den Eisenbahnverkehr umgerüstet. Eine verbleibende Vier-Wagen-Garnitur wird noch gelegentlich im Berufsverkehr eingesetzt. Bereits Mitte der 1990er Jahre wurden die ersten DK4-Triebwagen für den Eisenbahnverkehr umgerüstet, da aufgrund der damals beginnenden Hungersnot in Nordkorea auch ein Treibstoffmangel für die zuvor eingesetzten Diesellokomotiven vorherrschte. Da sich die umgebauten Metrotriebwagen zusätzlich als deutlich wartungsärmer als die eingesetzten Elektrolokomotiven erwiesen und sich im Pendelverkehr bewährten, wurden noch weitere Triebwagen für den Eisenbahnverkehr umgerüstet und werden bis heute eingesetzt.
GI („Gisela“)
Die schmaleren Kleinprofil-Fahrzeuge wurden von LEW Hennigsdorf zwischen 1978 und 1982 gebaut und waren auf der Ost-Berliner U-Bahn im Kleinprofil im Einsatz, zwischenzeitlich waren die Fahrzeuge auch auf der Metro Athen im Betrieb. Nachdem zwischen 1987 und 1989 weitere Fahrzeuge des Typs GI hergestellt worden waren, welche aus technischen Gründen nicht mit der ersten Fahrzeugserie zusammengekoppelt werden konnten, wurden die älteren Züge zwischen 1993 und 1996 ausgemustert und anschließend an die Metro Pjöngjang verkauft, wo sie ab 1997 eingesetzt wurden. Mittlerweile sind die Fahrzeuge von der Metro abgezogen worden und fahren nun auf der Koreanischen Staatsbahn als Vorortbahn (ähnlich einer S-Bahn) unter Oberleitung. Dazu hat man bei einem Vier- bzw. Sechs-Wagen-Zug einen führenden Triebwagen mit je einem Gestell an den Enden ausgerüstet, das einen Bügelstromabnehmer aufnimmt. Außerdem ist in Wagenmitte ein großer Umformer installiert, um die Züge für 750 Volt unter 3000 Volt Fahrleitungsspannung fahren zu lassen. Die angekoppelten Triebwagen werden dabei über eine installierte Zugsammelschiene mit 750 Volt versorgt.[6] Diese waren als Vorortzüge in Pjöngjang im Einsatz, seit 2013 werden umgebaute GI-Beiwagen sowie Triebwagen auch außerhalb von Pjöngjang sowie in den Grenzgebieten zwischen Nordkorea und China zum Einsatz, so etwa im Bereich der chinesischen Großstadt Ji’an, als Pendlerzüge eingesetzt. Dazu wurden an den führerstandslosen Beiwagen an jeweils einem Ende ein Führerstand angebaut, sodass in den Provinzen auch Zwei- oder Drei-Wagen-Züge eingesetzt werden können. Einige Triebwagen erhielten dafür neue Wagenfronten, bei denen die Türen an den ursprünglich führerstandlosen Wagenenden zugeschweißt wurden. Auch gemischte Garnituren mit entmotorisierten DK4-Wagen kommen teilweise zum Einsatz.
D („Dora“)
Diese Wagen wurden zwischen 1956 und 1965 hergestellt und fuhren auf der U-Bahn in West-Berlin. In den Jahren 1998 und 1999 wurden die Fahrzeuge an die Metro Pjöngjang verkauft und sind dort bis heute im Einsatz.
Die Züge erhielten eine neue rot/cremefarbene Lackierung, alle Werbeanzeigen wurden entfernt. In den Wagen sind Porträts der Führer Kim Il-sung und Kim Jong-il aufgehängt. Teilweise sind die Fensterscheiben noch durch für Berlin typische Scratchings beschädigt. Im Januar 2014 sind die Fahrzeuge des Typs D ertüchtigt worden und wurden mit einer Matrixanzeige im Fahrgastraum ausgestattet, außerdem erhielten die Wagen neue Scheinwerfer. Eine nicht genau bekannte Anzahl der Fahrzeuge wird nicht mehr eingesetzt; diese Fahrzeuge waren probeweise bis 2000 im Einsatz und behielten die originale BVG-Lackierung, teilweise mit Graffiti. Diese Fahrzeuge sind verteilt auf den Gleisen der beiden Depots in Pjöngjang abgestellt und dienen weitestgehend als Ersatzteilspender. Einige dieser Triebwagen wurden gelegentlich auf umzäunten Geländen in den außerhalb liegenden Provinzen gesichtet, wo sie vermutlich zur Ausschlachtung bzw. Verschrottung abgestellt wurden.
U-Bahn-Zug Nr. 1
Die Fahrzeuge des Wagentyps D von der BVG werden neuerdings von den Kim-Chŏng-tae-Elektrolokomotivwerken erneuert.[7] Obwohl Nordkorea behauptet, dass es Neubauten seien, erkennt man an vielen Details, dass es nur erneuerte Wagen des Typs D sind. So sind die Drehgestelle und die Wagengrundplatte zur Baureihe D absolut identisch, auch die Anordnung und Größe der Fenster und Türen sind 1:1 die der Baureihe D. Geändert wurde lediglich der neu designte Fahrzeugkopf und der Aufbau für die Klimaanlage etc. auf dem Dach, auch die Inneneinrichtung ist grundlegend erneuert worden. Obwohl zeitweise vermutet wurde, dass die Modernisierung der Züge in den staatseigenen Kim-Chŏng-tae-Elektrolokomotivwerken erfolgte, geht man mittlerweile aufgrund der hohen optischen Ähnlichkeit mit der Baureihe SFM40 der U-Bahn Peking davon aus, dass die Modernisierung von den chinesischen Eisenbahnwerken CSR Sifang durchgeführt werden. Der Prototyp des restaurierten Zuges wurde während der betriebsfreien Zeit im gesamten Netz der Metro ausführlich getestet. Kim Jong-un nahm am 19. November 2015 an einer solchen Testfahrt teil.[8] Die Züge werden seit dem 1. Januar 2016 im regulären Betrieb eingesetzt.[9] Nach erfolgreichen Testbetrieb befand sich im Dezember 2020 ein weiteres Fahrzeug im Bau, dabei flossen Erfahrungen aus dem Betrieb des ersten Fahrzeuges mit ein um die Sicherheit zu erhöhen und durch mehr lokaler Fertigung die Produktionskosten zu senken.[10]
Übersicht
Typ | Einsatz | Anzahl |
---|---|---|
DK4 | seit 1973 | 345 – davon im Einsatz: 2 |
GI | 1997–2001 | 60 – davon im Einsatz: 0 |
D | seit 1999 | 108 – davon im Einsatz: unbekannt |
U-Bahn-Zug Nr. 1 | seit 2015 | mind. 2 – davon im Einsatz: mind. 1 |
Briefmarken
Anlässlich der Metro-Eröffnung erschienen im Folgejahr 1974 drei Briefmarken. Die Motive zeigen einen U-Bahn-Wagen mit einsteigenden Fahrgästen (Michel-Nummer 1223), einen U-Bahnhof (1224) und hinauf führende Rolltreppen (1225).
Auf einer weiteren Serie mit Verkehrsmittel-Motiven aus dem Jahr 1984 existieren zwei Marken mit einem U-Bahn-Zug und Fahrer (2871) und der U-Bahn-Station Yŏnggwang und Schaffnerin (2872).[11]
Metro-Museum
Im Stadtteil Moranbong-guyŏk befindet sich das 1973 eröffnete Metro-Museum Pjöngjang.
Literatur
- Pyongyang Metro, Pyongyang: Foreign Languages Publishing House, 1980
Weblinks
- Umfangreiche Seite über die Metro Pjöngjangs (englisch)
Einzelnachweise
- drehscheibe-online.de
- Wirtschaftswoche: Grün und günstig: Kim Jong Uns Traum von Pjöngjangs modernem Nahverkehr. In: www.wiwo.de. Handelsblatt GmbH, 23. Februar 2019, abgerufen am 11. Dezember 2019.
- nknews: North Korea extending Pyongyang metro system, sources say | NK News. In: NK News - North Korea News. 25. April 2018, abgerufen am 11. Dezember 2019 (amerikanisches Englisch).
- nknews: Pyongyang's Kaeson metro station under secondary renovation: photos | NK News. In: NK News - North Korea News. 11. April 2019, abgerufen am 11. Dezember 2019 (amerikanisches Englisch).
- Bilder der auf Oberleitungsbetrieb umgerüsteten BVG-Baureihe GI (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Dave Burke for Metro.co.uk: Kim Jong Un looks pleased with himself as underground train is produced. In: Metro. Abgerufen am 26. Oktober 2015.
- Kim Jong Un Rides the PY Subway. In: North Korea Leadership Watch. Abgerufen am 20. Dezember 2015.
- New metro cars with video screens start running in N. Korean capital | Photos | Kyodo News. In: english.kyodonews.jp. Abgerufen am 6. Januar 2016.
- 김종태전기기관차련합기업소 지하전동차생산 마감단계에서 추진. In: arirangmeari.com. 7. Dezember 2020, abgerufen am 5. Oktober 2021 (koreanisch).
- North Korea Specimens, stampsbythemes.com