Martha Schrag
Martha Schrag (* 29. August 1870 in Borna; † 10. Februar 1957 in Karl-Marx-Stadt; vollständiger Name: Juliane Martha Schrag) war eine deutsche Malerin und Grafikerin.
Leben
Martha Schrag wurde in Borna als zweite Tochter eines Juristen geboren und verbrachte ihre Kindheit in Dresden. Im Jahr 1884 zog die Familie wegen der Versetzung des Vaters nach Chemnitz. Sie erfuhr keine Förderung ihres Talentes durch das Elternhaus.
1898 gelang es ihr, sich ein Studium an der Malschule für Damen in Dresden zu erstreiten. Ihre Lehrer waren dort Robert Sterl, Wilhelm Georg Ritter, Anton Pepino und Wilhelm Claudius. Nach Abschluss ihres Studiums 1904 kam sie durch erste Ausstellungen in Chemnitz zu Anerkennung. Der einflussreiche Chemnitzer Arzt, Kunstsammler und Rezensent Dr. A. E. Thiele entdeckte ihr großes Talent und förderte sie fortan. So verschaffte er ihr auch Zugang zu einer Chemnitzer Gießerei und Maschinenfabrik. Die dort empfundenen Eindrücke beeinflussten Martha Schrags weiteren Stil und Inhalt ihrer Werke.
1907 schloss sie sich der Künstlergruppe Chemnitz an und stellte mit deren Mitgliedern in verschiedenen deutschen Städten aus. 1908 ging Martha Schrag kurzzeitig auf der Suche nach künstlerischer Inspiration nach München an die Malschule von Albert Weisgerber. Dort begegnete sie auch Werken von Vincent van Gogh, Paul Cézanne und Käthe Kollwitz, die nicht ohne Auswirkung auf ihre Arbeit blieben. In der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg vervollkommnete sie ihre Ausdrucksformen. Motive waren häufig der arbeitende Mensch in der Industriestadt und die von ihm veränderte Landschaft. Während des Krieges tritt die expressionistische Ausdrucksform in den Vordergrund. Ihre Grafiken zeigen tröstende Frauen und den Schrecken des Krieges. Das ausdrucksvollste Werk ihres grafischen Schaffens war die 1920 entstandene Mappe „Stürme“, in der sie Kriegsschrecken im expressionistischen Stil zeigte. Sie hatte weiter regelmäßig Ausstellungen, zum Beispiel in der Chemnitzer Kunsthütte. Ihre Arbeiten wurde auch von renommierter Auktionshäusern angeboten, so 1922 eine Zeichnung auf einer Auktion moderner Grafik des Antiquariats Paul Graupe.[1]
Ihre Bekanntheit blieb jedoch regional begrenzt. Durch den Verkauf ihrer Bilder konnte sie kaum den Lebensunterhalt bezahlen, daher betrieb sie noch eine Malschule. Zwischen 1933 und 1945 stellte Martha Schrag kaum noch öffentlich aus.
1937 wurden in der Aktion „Entartete Kunst“ 23 Arbeiten Martha Schrags aus der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz, der Kunsthütte Chemnitz, dem Kupferstichkabinett Dresden, dem Museum für Kunst und Heimatgeschichte Erfurt, dem Museum der bildenden Künste Leipzig und der Dresdener Staatlichen Gemäldegalerie beschlagnahmt und vernichtet.[2] Bei dem Bombenangriff auf Chemnitz im März 1945 wurde ihr Wohnhaus in der Heinrich-Beck-Straße 45[3] auf dem Chemnitzer Kaßberg und damit ein großer Teil ihres Werkes zerstört.
Trotz ihres stark nachlassenden Sehvermögens malte sie nach dem Krieg weiter. Ihr wurde nun mehr öffentliches Interesse zuteil und sie stellte häufig in Sachsen aus, u. a. 1947 in Freiberg auf der 2. Ausstellung Erzgebirgischer Künstler[4], aber auch auf zentralen Ausstellungen wie 1946 der Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Dresden, in Berlin 1978 auf der Ausstellung "Revolution und Realismus" und 1979 "Weggefährden – Zeitgenossen" und 1986 in Leipzig "Worin unsere Stärke besteht".
Anlässlich ihres 80. Geburtstages erhielt sie 1950 die Ehrenbürgerwürde von Chemnitz. Fast erblindet zeichnet Martha Schrag bis zu ihrem Tod am 10. Februar 1957 immer wieder Skizzen mit dem Kohlestift. Ihre letzte Ruhe fand sie auf dem Nikolai-Friedhof in Chemnitz.
Martha Schrag war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[5]
Darstellung Martha Schrags in der bildenden Kunst
- Hanns Diettrich: Martha Schrag (Büste; 1943)[6]
Werke (Auswahl)
1937 als "entartet" beschlagnahmte und vernichtete Werke (Auswahl)
- Der Aufstand (Lithografie aus der Mappe "Stürme"; 1920; Kunsthütte Chemnitz)[7]
- Liebespaar (Tafelbild; Kunsthütte Chemnitz)[8]
- Gasanstalt (Tafelbild; Städtische Kunstsammlung Chemnitz)[9]
- Ulmenstraße (Tafelbild; Staatliche Gemäldegalerie Dresden)[10]
- Arbeitslose (Holzschnitt; 1914; Museum für Kunst und Heimatgeschichte Erfurt)[10]
Weitere Werke (Auswahl)
- Frau mit Leselampe (Tafelbild, Öl; 1907)[6]
- Blick auf die Vorstadt Kappel (Tafelbild, Öl; 1926)[6]
- Mutter mit Kind (Kreidezeichnung; ausgestellt 1953 auf der Dritten Deutschen Kunstausstellung)[11]
- Lesendes Paar (Tafelbild, 1946; im Bestand der Galerie Neue Meister Dresden)[12]
Ausstellungen (Auswahl)
Einzelausstellungen (Auswahl)
- 1930: Chemnitz, Städtisches Museum (zum 60. Geburtstag)
- 1955: Glauchau, Städtisches Museum (zum 85. Geburtstag)
- 1958: Chemnitz, Städtische Kunstsammlung (Gedächtnisausstellung)
- 2007: Chemnitz, Schlossbergmuseum („Gemalte Sehnsucht – Martha Schrag“)
- 2007: Borna, Galerie Goldner Stern
- 2020: Struppen, Robert-Sterl-Haus
Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)
- 1946: Dresden, Allgemeine Deutsche Kunstausstellung
- 1947: Freiberg, 2. Ausstellung Erzgebirgischer Künstler,
- 1953: Dresden, Dritte Deutsche Kunstausstellung
- 1978: Berlin, "Revolution und Realismus"
- 1979: Berlin, "Weggefährden – Zeitgenossen"
- 1986: Leipzig, "Worin unsere Stärke besteht".
Literatur
- Ernst Sigismund: Marthe Schrag 80 Jahre alt. In: Zeitschrift für Kunst; 4.1950, 2, 175–176
- Karl Brix: Die Malerin Martha Schrag (1870 - 1957). In: Bildende Kunst, Berlin, 1978, 187–190
- Gerhard Hahn: Leben und Werk der Malerin und Grafikerin Martha Schrag (1870 - 1957). In: Künstler aus dem Bezirk Karl-Marx-Stadt. Bezirkskunstzentrum Karl-Marx-Stadt. 1982
- Volker Frank: Martha Schrag: Heimkehr 1947. In: Bildende Kunst, Berlin, 1985, 476
- Ralf W. Müller: Künstlergruppe Chemnitz. Verlag Heimatland Sachsen, 2003, ISBN 3-910186-45-9.
- Ralf W. Müller: Gemalte Sehnsucht. Martha Schrag, eine Darstellung zu Leben und Werk von Martha Schrag und das Werkverzeichnis ihrer Ölgemälde. Verlag Heimatland Sachsen, 2007, ISBN 978-3-910186-65-1.
- Georg Brühl: Martha Schrag: Malerin und Grafikerin, in: Tilo Richter (Hg.): Der Kaßberg. Ein Chemnitzer Lese- und Bilderbuch. Passage-Verlag, Leipzig 1996, S. 285–292, ISBN 3-9805299-0-8
Einzelnachweise
- https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/graupe1922_11_10/0053
- Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin
- Chemnitzer Adressbuch 1943/1944
- SLUB Dresden: 2. Ausstellung Erzgebirgischer Künstler 1947 Freiberg in Sachsen. Abgerufen am 9. September 2021 (deutsch).
- kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Schrag, Martha (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (abgerufen am 30. Januar 2016)
- Martha Schrag. Abgerufen am 9. September 2021.
- Stale Session. Abgerufen am 9. September 2021.
- Stale Session. Abgerufen am 9. September 2021.
- Stale Session. Abgerufen am 9. September 2021.
- Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion "Entartete Kunst", Forschungsstelle "Entartete Kunst", FU Berlin
- Deutsche Fotothek. Abgerufen am 9. September 2021.
- Deutsche Fotothek. Abgerufen am 9. September 2021.
Weblinks
- Literatur von und über Martha Schrag im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek