Lutherkirche (Erfurt)
Die Lutherkirche ist eine evangelische Kirche in Erfurt, an der Magdeburger Allee in der Johannesvorstadt. Sie gehört gemeinsam mit der Martinikirche in Ilversgehofen zur Pfarrgemeinde Martini-Luther im Kirchenkreis Erfurt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Die Kirche ist ein rechteckiger Bau mit ovalem Saal und einem etwa 50 Meter hohen Westturm, ihre Architektur zeigt Merkmale des Expressionismus und des Art déco. Sie steht unter Denkmalschutz und ist eine Station am Lutherweg.
Geschichte
Nach der Entfestigung Erfurts im Jahre 1873 entstand im Norden der Stadt ein Industrie- und Wohngebiet, dessen Gemeinde ohne eigene Kirche war. Anlässlich des 400. Geburtstages Martin Luthers im Jahr 1883 gab es erste Überlegungen zum Bau einer Lutherkirche. Am 5. März 1905 wurde ein Verein zum Bau einer Pfarrkirche für die Johannesvorstadt gegründet, deren Einwohner bisher der Kirchgemeinde der Augustinerkirche in der Altstadt zugeordnet waren. 1913 wurde zunächst das Gemeindehaus an der Gerberstraße gebaut. Der Bau der Kirche wurde durch den Ersten Weltkrieg noch verhindert, bevor am 7. Juni 1926 der erste Spatenstich zum Bau der Kirche nach Plänen des Berliner Architekten Peter Jürgensen vorgenommen wurde. Am 10. Dezember 1927 wurde die Kirche von der bereits 1921 gegründeten Luthergemeinde eingeweiht.[1]
Durch unterschiedlich verdichteten Baugrund kam es zu Instabilitäten und Senkungen im nordöstlichen Bereich. Es läuft eine Spendenaktion um die nötigen Gelder für eine Sanierung zu beschaffen.
Glasfenster
Auf der Nordseite des Kirchenschiffes sind noch die originalen Glasfenster, einem Frühwerk von Winfried Wendland, zu sehen. Dargestellt werden die „Väter der Diakonie“ Johann Hinrich Wichern und Friedrich Bodelschwingh dar. Beide schufen Gemeinschaftsformen für Menschen am Rande der Gesellschaft. Die Fenster der Südseite wurden bei einem Luftangriff der RAF am 26. März 1945 zerstört. Auf ihnen waren Martin Luther und Philipp Melanchthon abgebildet. Das Programm der Glasfenster verband somit das Wort und die Tat als Ausdruck christlichen Glaubens. Das später neugestaltete Glasfenster im Osten über dem Altar symbolisiert mit den griechischen Buchstaben XP den Christusnamen. Es wird von der aufgehenden Sonne erleuchtet und verkündet den Auferstandenen.[2]
Orgel
Die Orgel der Lutherkirche wurde 1928 von dem Orgelbauer Wilhelm Rühlmann jun. (Zörbig) erbaut. Das Taschenladen-Instrument hat 46 Register auf drei Manualen und Pedal. In den Jahren 2004–2007 wurde es umfassend restauriert, wobei auch zwischenzeitliche Veränderungen rückgängig gemacht wurden, durch die der Charakter verfremdet worden war.[3]
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- Koppeln
- Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Superoktavkoppeln: II/I, III/I
- Spielhilfen: zwei freie Kombinationen, feste Kombinationen (p, mf, f, tutti) Absteller, Crescendowalze
Glocken
Der Turm der Lutherkirche beherbergt 6 Eisenhartgussglocken. Mit einem Gesamtgewicht von ca. 12,5 t stellen sie das größte Geläut dieser Ersatzlegierung dar. Alle Glocken wurden im Jahre 1927 in der Glockengießerei Schilling & Lattermann in Apolda / Morgenröthe-Rautenkranz gegossen.[4]
Nr. | Name | Funktion | Nominal | Gewicht | Durchmesser | Inschrift |
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1 | Martin Luther | Festtagsglocke | as° | 5470 kg | 2385 mm | Eine feste Burg ist unser Gott |
2 | Paulus | Totenglocke | c′ | 2800 kg | 1950 mm | Nun bleibt Glaube, Liebe, Hoffnung, aber die Liebe ist die größte unter ihnen. |
3 | Paul Gerhardt | Friedensglocke | es′ | 1650 kg | 1630 mm | Erhebe dein Gemüte zu deinem Gott und sprich: Herr deine Gnad und Güte bleibt dennoch ewiglich. |
4 | Pfarrer Otto Breithaupt | Uhrschlagglocke | f′ | 1100 kg | 1440 mm | Alle Dinge sind möglich, dem der da glaubt. |
5 | Pfarrer Friedrich Klaproth | Vater-Unser-Glocke | g′ | 750 kg | 1300 mm | Gottes Wort ist Luthers Lehr, darum vergeht sie nimmermehr. |
6 | August Hermann Francke | Taufglocke | as′ | 620 kg | 1200 mm | Die auf den Herren harren, kriegen neue Kraft. |
Persönlichkeiten, die in der Lutherkirche gewirkt haben
1. Pfarrstelle
- 1921–1955: Otto Bernhard Breithaupt
- 1955–1977: Wolfgang Johannes Breithaupt
- 1978–1990: Martin Hofmann
- 1990–1997: Karl Otto Ganzer
- 1997–1998: Christoph Carstens (Vakanzvertretung)
- 1998–2011: Dorothee Müller
- seit 2013: Bernhard Zeller
2. Pfarrstelle
- 1921–1956: Friedrich Klaproth
- 1956–1975: Johannes Kolditz
- 1975–1992: Wolfgang-Dietrich Heinrich
Kirchenmusiker
- 1921–19??: Richard Hoffmann (als Organist)
- 1921–1951: Ernst Seydlitz (zunächst Chorleitung)
- 1951–1978: Hans Brückner
- 1978–1989: Günter Kemmler (zusätzlich als Katechet)
Literatur
- Klaus-Martin Bresgott: Lutherkirche Erfurt-Johannesvorstadt, in: Neue Sakrale Räume. 100 Kirchen der Klassischen Moderne. Zürich 2019. S. 58f.
Weblinks
- Website der Kirchengemeinde
- Die Lutherkirche bei Erfurt-Web
- Informationen zur Lutherkirche auf der offiziellen Website der Stadt Erfurt
- Lutherkirche in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
- Ein Einblick in die Glockenstube während des Vollgeläutes auf Youtube
Einzelnachweise
- Kirchen in Erfurt: Lutherkirche. Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Erfurt, abgerufen am 5. Juni 2014.
- Beschreibung, abgerufen am 24. April 2021
- Informationen zur Geschichte und Disposition der Rühlmann-Orgel (Memento vom 14. September 2014 im Internet Archive)
- youtube.com, Erfurt-Johannesvorstadt (D) evang. Lutherkirche: Plenum