Lothar H. Wieler
Lothar Heinz Wieler (* 8. Februar 1961 in Königswinter) ist ein deutscher Tierarzt und Fachtierarzt für Mikrobiologie. Seit März 2015 ist er Präsident des Robert Koch-Instituts. In dieser Funktion berät er die Bundesregierung und die Landesregierungen bei Krankheiten, insbesondere Infektionskrankheiten, und bei der Eindämmung der COVID-19-Pandemie in Deutschland.
Leben
Wieler wuchs in einer Familie mit zwei Geschwistern im Königswinterer Stadtteil Oberpleis auf. Sein Großvater und sein Vater waren Tierärzte, die Mutter war Landwirtin. Nach seinem Abitur am Gymnasium am Oelberg[1] studierte er von 1980 bis 1985 Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin und an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 1986 bis 1987 leistete er seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr. Danach arbeitete er von 1987 bis 1990 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Pathologie der Universität Ulm. 1988 wurde Wieler an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit der Dissertation Experimentelle Untersuchungen über die Standardisierung von bakteriellen Präparaten zur Stimulierung der paraspezifischen Abwehr promoviert. Von 1990 bis 1998 war er wissenschaftlicher Assistent am Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere an der Justus-Liebig-Universität Gießen, wo er sich 1996 für das Fach Infektionskrankheiten und Hygiene der Tiere habilitierte. Seit 1997 ist er Fachtierarzt für Mikrobiologie.
Von 1998 bis 2015 war Wieler Professor für Mikrobiologie und Tierseuchenlehre am Fachbereich Veterinärmedizin der FU Berlin und geschäftsführender Direktor am Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen. Seit März 2015 ist er verbeamteter[2] Präsident des Robert Koch-Instituts,[3] als Nachfolger von Reinhard Burger.[4] Die FU Berlin berief ihn im selben Jahr zum Honorarprofessor.[5]
Wieler ist praktizierender Katholik,[6] verheiratet und Vater zweier erwachsener Töchter. Er wohnt mit seiner Ehefrau in Berlin.[7] Wieler ist Mitglied des 1. FC Köln.[8]
Wirken
Lothar Wieler forscht zur molekularen Pathogenese und funktionellen molekularen Epidemiologie multiresistenter bakterieller Pathogene, insbesondere von Zoonose-Erregern, innerhalb der Spezies Escherichia coli, Staphylococcus aureus und Staphylococcus pseudintermedius. Fokus ist die Aufklärung jener Mechanismen, die dazu beitragen, dass bakterielle Pathogene erfolgreich verschiedene Wirte infizieren können. Hierbei stehen die Entwicklung und die Anwendung differenzierender molekularer Typisierungsmethoden im Vordergrund, mit denen in einem ersten Schritt innerhalb einer bakteriellen Spezies Zoonose-Erreger definiert werden.
Mit DNA-Sequenzanalysen, In-vitro-Verfahren und relevanten Tierinfektionsmodellen im natürlichen Wirt (Huhn, Schwein) werden bakterielle Faktoren (Adhäsine, Invasine, Toxine, Moduline) identifiziert, die eine erfolgreiche Infektion im jeweiligen Wirt vermitteln. Ziel der Forschung ist die Entwicklung prophylaktischer Interventionsstrategien.
In der COVID-19-Pandemie wurde Wieler Anfang 2020 eine zentrale Figur bei den Anstrengungen der Bundesregierung, die Verbreitung des Virus einzudämmen und Maßnahmen für den Umgang mit der Pandemie zu empfehlen.[9]
Als vielzitierter Wissenschaftler hat Wieler 2022 laut Scopus einen h-Index von 56.[10]
Mitgliedschaften
- 2009–2014: Interner Beirat der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen
- 2009–2014: Vorstand der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft
- 2011–2015: Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Friedrich-Loeffler-Instituts
- 2012–2015: Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern
- seit 28. September 2010: Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (Matrikel-Nr. 7382)
- Kommissarischer Senator der Leopoldina, Sektion Global Health (in Gründung)[11]
- seit April 2011: Mitglied des Wehrmedizinischen Beirats im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verteidigung
- seit Januar 2016: Wissenschaftlicher Beirat des internationalen Netzwerks Global Research Collaboration for Infectious Disease Preparedness (GloPID- R)
- seit Oktober 2017: Executive Board der International Association of National Public Health Institutes
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1997: Nachwuchspreis der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft
- 2007: Hauptpreis der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie
- 2016: Walter-Frei-Preis, Vetsuisse-Fakultät, Universität Zürich
- 2021: Albrecht-von-Graefe-Medaille der Berliner Medizinischen Gesellschaft[12]
- 2021: Ehrendoktorwürde der Universität Zürich[13] und der Tierärztlichen Hochschule Hannover[14]
Weblinks
- Lebenslauf von Lothar H. Wieler auf der Website des Robert Koch-Instituts
- Lebenslauf von Lothar H. Wieler auf der Website der Leopoldina (PDF)
- Literatur von und über Lothar H. Wieler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Hansjürgen Melzer: Interview mit RKI-Chef Lothar Wieler: „Wir dürfen dieses Virus nicht unterschätzen“. In: General-Anzeiger. 6. April 2020, abgerufen am 7. April 2020.
- laut eigener Aussage bei Jung & Naiv: Folge 509. 28. April 2021.
- BM für Gesundheit
- https://idw-online.de/de/news614275
- Präsident des Robert Koch-Instituts zum Honorarprofessor berufen, Pressemitteilung der Freien Universität Berlin, Nr. 334/2015, 27. Oktober 2015, abgerufen am 4. Dezember 2020.
- domradio.de: "Gottvertrauen ist für mich ein Fundament". RKI-Präsident über Corona-Tests, Gottesdienstbesuche und Weihnachten (Interview mit Christoph Scholz, 16. Oktober 2020).
- Lothar Wieler privat auf Focus Online, abgerufen am 7. Mai 2020.
- RKI-Chef Wieler: „Natürlich fehlt mir der FC“. Abgerufen am 12. April 2021.
- Lutz Meier: Qualen nach Zahlen. In: Stern. Nr. 51. Gruner + Jahr, 16. Dezember 2021, ISSN 0039-1239, S. 42 ff.
- Wieler, Lothar. In: Scopus preview – Scopus – Author details. Elsevier B.V., abgerufen am 7. Mai 2021 (englisch).
- Senat Leopoldina. Abgerufen am 22. November 2021.
- Auszeichnung: RKI-Präsident Wieler erhält Graefe-Medaille. In: aerztezeitung.de. 8. April 2021, abgerufen am 26. April 2021.
- Die Universität Zürich verleiht sieben Ehrendoktorwürden. In: media.uzh.ch. 23. April 2021, abgerufen am 26. April 2021.
- Ehrendoktortitel für Christian Drosten, Gerd Sutter und Lothar H. Wieler. Abgerufen am 26. Juli 2021.