László Moholy-Nagy
László Moholy-Nagy (IPA: [ˈlaːsloː ˈmohojˌnɒɟ]) (* 20. Juli 1895 in Bácsborsód, Österreich-Ungarn; † 24. November 1946 in Chicago), ursprünglich: László Weisz, am Bauhaus manchmal eingedeutscht als Ladislaus Moholy-Nagy[1], war ein ungarisch-US-amerikanischer Maler, Fotograf, Typograf und Bühnenbildner. 1923 bis 1928 war er Lehrer am Bauhaus; er war mit der Bauhaus-Fotografin Lucia Moholy und später mit der Schauspielerin und Dramaturgin Sibyl Moholy-Nagy verheiratet, mit der er 1935 nach London ging.
Leben
László Moholy-Nagy beschäftigte sich seit 1918 mit Malerei, davor studierte er von 1913 bis 1918 Jura. 1919 siedelte er nach Wien über, 1920 nach Berlin. 1922 fand die erste Einzelausstellung in der Galerie Der Sturm in Berlin statt. 1921 heiratete er die Fotografin Lucia Moholy, geb. Schulz. Das Ehepaar trennte sich 1929.
Moholy-Nagy wurde 1923 als Nachfolger von Johannes Itten Formmeister der Metallwerkstatt und Leiter des Vorkurses am Bauhaus in Weimar. Er lehrte dort und später in Dessau bis 1928. Moholy-Nagy war einer der bedeutendsten Lehrer am Bauhaus;[2] er war Assistent von Walter Gropius und beschäftigte sich daneben mit typografischen Entwürfen und Fotografie. Seit 1924 war er in Zusammenarbeit mit Gropius Herausgeber der Bauhausbücher.
Nach seinem Weggang vom Bauhaus 1928 gründete er in Berlin ein eigenes Atelier und heiratete in zweiter Ehe die Kunsthistorikerin und Architekturkritikerin Sibyl Moholy-Nagy, geb. Pietzsch. 1933 begann die Zusammenarbeit mit der Werbeabteilung des Jenaer Glaswerks Schott & Gen, für die er eine vollkommen neuartige Werbung für das von Wilhelm Wagenfeld gestaltete Hauswirtschaftsglas des Unternehmens schuf.
Da er in Deutschland ein Berufsverbot erhielt, emigrierte er ein Jahr nach Hitlers Machtergreifung 1934 zunächst nach Amsterdam, dann nach England (1935–1937) und später in die USA, wo er das New Bauhaus in Chicago sowie nach dessen Schließung 1938/1939 die Nachfolgeeinrichtung School of Design gründete und leitete.
László Moholy-Nagy hatte mit seiner zweiten Frau Sibyl zwei Töchter. Er starb infolge einer Leukämieerkrankung im November 1946 in Chicago und wurde dort auf dem Graceland Cemetery bestattet.
Werk
László Moholy-Nagy beschäftigte sich mit nichtgegenständlicher Malerei, beeinflusst von Kasimir Malewitsch. In seinem Berliner Atelier pflegte er Kontakt zu Kurt Schwitters, Theo van Doesburg, und Lazlar El Lissitzky. Seine Arbeit als Grafikdesigner war stark von der De-Stijl-Bewegung, dem Konstruktivismus und der Merzkunst beeinflusst.
Gestaltend und beratend vereinte er die ästhetischen Forderungen des Bauhauses mit den Bedingungen und Mechanismen der Produktwerbung. Das Jenaer Glas wurde zum Inbegriff moderner Warenkultur. Moholy-Nagy erschuf ungegenständlich-konstruktivistische Plastiken, Gemälde, Fotografien und Grafiken. Moholy-Nagy war in den 1920er Jahren einer der wichtigsten Fotogrammkünstler, er erarbeitete die theoretische und experimentelle Grundlage für die Etablierung dieser damals neuen Kunstgattung. Er prägte den Begriff der Fotoplastik als Ausdruck für künstlerische fotografische Arbeiten, die aus der Kombination und Ineinanderschaltung verschiedener grafischer und anderer gestalterischer Elemente mit fotografischen Arbeiten entstehen.[3] Die Arbeit mit Licht und dessen Brechung, Fixierung und Reflexion prägten gleichermaßen sein Interesse an den neuen technischen Medien Fotografie und Film. 1925 erschienen seine programmatischen Überlegungen dazu in der Reihe der bauhausbücher unter dem Titel Malerei Fotografie Film. Im Jahr 1929 konzipierte er den programmatischen Eingangsraum der internationalen Werkbund-Ausstellung Film und Foto, in den Material und theoretische Überlegungen des Buchs eingingen.
Des Weiteren kreierte er mit anderen Künstlern des Bauhauses, u. a. Herbert Bayer, das erste deutsche Lifestylemagazin, die neue linie.
Relativ unbekannt ist sein Schaffen als Regisseur. Er drehte einige Stummfilme, aber auch den Ton-Dokumentarfilm Lobsters. Die Titel seiner Filme sind Lichtspiel Schwarz Weiss Grau (1930), Marseille Vieux Port (1929), Berliner Stilleben (1931), und Grossstadtzigeuner (1932). Vor allem in den drei letzteren schafft es Moholy-Nagy, die Stimmung einzufangen und quasi die Musik visuell darzustellen. Durch eine klare Dramaturgie und für die Zeit relativ ungewöhnlich schnelle Schnitte und wechselnde Einstellungen lässt er beispielsweise die Feier der Zigeuner höchst spontan und lebendig erscheinen. Die Filme sind in Deutschland schwer zu bekommen, da offenbar sämtliche Rechte bei seinen Nachkommen in den USA sind.
Seine Telefonbilder der 1920er Jahre können als frühes Werk der Medienkunst interpretiert werden.
Nachlass
László Moholy-Nagys älteste Tochter Hattula Moholy-Nagy (* 1933), eine Archäologin, gründete im Jahr 2003 zusammen mit ihren beiden Söhnen die Moholy-Nagy-Stiftung, die sich um den Nachlass ihres Vaters kümmert und verwaltet. Der Sitz der Stiftung ist Ann Arbor in den Vereinigten Staaten.
Ehrung
Nach László Moholy-Nagy ist die Moholy-Nagy-Universität für Kunsthandwerk und Gestaltung in Budapest benannt worden, die ursprünglich 1880 gegründet wurde.
Ausstellungen (Auswahl)
- 1997: László Moholy-Nagy. Photograms 1922–1943, Fundació Antoni Tàpies, Barcelona.
- 2009: László Moholy-Nagy. Auf dem Weg nach Weimar, Kunsthaus Apolda.
- 2009/2010: László Moholy-Nagy. Retrospektive, Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main.
- 2010/2011: László Moholy-Nagy. Kunst des Lichts, Martin-Gropius-Bau, Berlin.
- 2011: Moholy-Nagy-Ausstellung Den Haag.
- 2014/2015: sensing the future: lászló moholy-nagy, die medien und die künste, Bauhaus-Archiv, Berlin.
- 2019: László Moholy-Nagy und die Neue Typografie. Rekonstruktion einer Ausstellung Berlin 1929, Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin[4]
Literatur
- Jeannine Fiedler: Moholy-Nagy, László. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 699 f. (Digitalisat).
- Hans-Michael Koetzle: László Moholy Nagy, München: Hirmer 2019, ISBN 978-3-7774-3403-2.
- Moholy Album - László Moholy-Nagy. Hrsg. von Jeannine Fiedler. Steidl Verlag, Göttingen 2019, ISBN 978-3-95829-107-2.
- Gudrun Wessing: László Moholy-Nagy: Gestalter des bewegten Lichts, [Wiesbaden]: Weimarer Verlagsgesellschaft ein Imprint von Verlagshaus Römerweg [2018], ISBN 9783737402545.
- László Moholy-Nagy. Malerei Fotografie Film (Neue Bauhausbücher). Mit einer Anmerkung des Herausgebers und einem Nachwort von Otto Stelzer. 3. Auflage. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 978-3-7861-1465-9.
Weblinks
- Literatur von und über László Moholy-Nagy im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über László Moholy-Nagy in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Die Homepage der Moholy-Nagy Foundation (engl.)
- Fotografien von Laszlo Moholy-Nagy im George Eastman House (engl.)
- László Moholy-Nagy bei bauhauskooperation.de
- László Moholy-Nagy bei Google Arts & Culture
- www.ejournal.at: Der Mann mit Blouson und Bundhose – über Leben und Werk von László Moholy-Nagy
- Bild A 7, 1922 von Laszlo Moholy-Nagy, im Museum Kunstpalast, Düsseldorf
- Moholy-Nagy auf der Website des Steidl Verlag
Einzelnachweise
- Meistermappe des Staatlichen Bauhauses 1923. Weimar 1923. Titelblatt.
- Zu seinen Schülern gehörte u. a. Marianne Brandt.
- L. Moholy-Nagy: fotografie ist lichtgestaltung, in: bauhaus, Heft 1, Dessau 1928, S. 9 - Mit Fotoplastiken meinte Moholy-Nagy nicht Skulpturen. Es entstehen in der Fotoplastik, so Moholy-Nagy, „aus der zusammenfügung von fotografischen elementen mit linien und anderen ergänzungen unerwartete spannungen, die über die bedeutung der einzelnen teile weit hinausgehen … denn gerade die ineinanderschaltung von fotografisch dargestellten geschehniselementen, die einfachen bis komplizierten überlagerungen formen sich zu einer merkwürdigen einheit … diese einheit kann in ihren ergebnissen erheiternd, ergreifend, niederschmetternd, satirisch, visionär, revolutionär usw. wirken.“
- László Moholy-Nagy und die Neue Typografie. Rekonstruktion einer Ausstellung Berlin 1929 – 29. August 2019 bis 15. September 2019, zuletzt aufgerufen am 9. Mai 2019.