Kupferstichkabinett Berlin
Das Kupferstichkabinett Berlin ist Teil der Staatlichen Museen zu Berlin und des Kulturforums am Potsdamer Platz im Berliner Ortsteil Tiergarten des Bezirks Mitte. Es ist das größte Museum der grafischen Künste in Deutschland und zugleich eine der vier wichtigsten Sammlungen dieser Art weltweit. In seinen Beständen befinden sich mehr als 500.000 Drucke und rund 110.000 sonstige Werke der „Kunst auf Papier“, also Zeichnungen, Pastelle, Aquarelle und Ölskizzen.
Das Kupferstichkabinett am Kulturforum Berlin, 2010 | |
Daten | |
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Ort | Berlin-Tiergarten, Matthäikirchplatz |
Art | |
Architekt | Neubau: Hilmer & Sattler und Albrecht |
Eröffnung | 1830 |
Besucheranzahl (jährlich) | 46.000 (2019) |
Leitung |
Dagmar Korbacher
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Website | |
ISIL | DE-MUS-018511 |
Im Jahr 2019 verzeichnete das Kupferstichkabinett rund 46.000 Besucher.[1]
Geschichte
Die Gründung des Kupferstichkabinetts und damit der Beginn systematischer Sammeltätigkeit erfolgten 1831. Historischer Kern der Sammlung war ein Bestand von rund 2500 Zeichnungen und Aquarellen, die durch Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1652 erworben und in der Hofbibliothek aufbewahrt wurden. Die Erweiterung der Kollektion im 19. Jahrhundert erfolgte meist durch den Ankauf bedeutender Privatsammlungen. Wesentlich für die überregionale Geltung des Kupferstichkabinetts war der Erwerb der Sammlung des General-Postmeisters Karl Ferdinand Friedrich von Nagler im Jahre 1835. Diese Kollektion enthielt über 50.000 Werke, vor allem Druckgrafik des 15. bis 17. Jahrhunderts sowie Zeichnungen von Albrecht Dürer, Matthias Grünewald und anderen altdeutschen Meistern. In den nächsten Jahrzehnten gelangten weitere hochwertige Bestände in den Besitz des Kabinetts, darunter 1882 die Zeichnungen Sandro Botticellis zu Dante Alighieris Göttlicher Komödie.
Während langer Zeit wurden deutsche Zeichnungen des 19. und 20. Jahrhunderts in Berlin vor allem von der Nationalgalerie gesammelt, darunter rund 6000 grafische Blätter aus dem Nachlass Adolph Menzels. Die Zeichnungssammlung der Nationalgalerie wurde 1986 dem Kupferstichkabinett angegliedert. Dort hatte man nach dem Zweiten Weltkrieg mit Vorrang die Bestände an Druckgrafik des 20. Jahrhunderts ergänzt – zum Beispiel von Werken des Expressionismus, die während der Zeit des Nationalsozialismus als „entartet“ diffamiert und verlorengegangen waren. 1994 wurde der Neubau des Kupferstichkabinetts am Kulturforum Potsdamer Platz eröffnet. Hier wurden die während der deutschen Teilung zwischen Ost und West geteilten Bestände der Kollektion wieder zusammengeführt, gemeinsam mit der Sammlung der Nationalgalerie.
Direktoren
- 1832–1857: Wilhelm Eduard Schorn (1806–1857)
- 1857–1876: ...
- 1876–1903: Friedrich Lippmann (1838–1903)
- 1904–1908: Max Lehrs (1855–1938)
- 1908–1930: Max J. Friedländer (1867–1958)
- 1930–1933: Elfried Bock (1875–1933)
- 1933–1957: Friedrich Winkler (1888–1965)
- 1958–1968: Hans Möhle (1903–1976)
- 1968–1977: Matthias Winner (* 1931)
- 1977–1984: Fedja Anzelewski (1919–2010)
- 1984–2002: Alexander Dückers
- 2002–2017: Heinrich Schulze Altcappenberg
- 2017–2018: Holm Bevers (kommissarisch)
- seit 2018: Dagmar Korbacher
Sammlung
Den Schwerpunkt der Sammlung bilden europäische Zeichnungen und Druckgrafik vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Vertreten sind auch Handschriften mit Buchmalerei aus Mittelalter und Renaissance, Mappenwerke, Skizzenbücher, topografische Darstellungen und Druckplatten. Zeichnungen und Drucke früher italienischer, deutscher und niederländischer Künstler und Arbeiten aus dem 19. Jahrhundert sind in besonders großer Zahl und hoher Qualität vorhanden; sie repräsentieren Künstler wie Mantegna und Botticelli, Dürer, Michelangelo, Altdorfer, Grünewald, Bosch, Bruegel, Rembrandt, Tiepolo, Chodowiecki, Friedrich, Schinkel und Menzel. Weitere Sammlungsschwerpunkte sind die Klassische Moderne (mit Munch, Kirchner, Picasso), die Pop-Art (mit Richard Hamilton, Andy Warhol, Jasper Johns, Frank Stella), Conceptual Art und Minimal Art. Ergänzend finden ausgewählte – in Berlin arbeitende – Vertreter der Gegenwartskunst Beachtung.
Arbeiten auf Papier werden, entsprechend dem Charakter der jeweiligen Sammlung, auch in anderen Berliner Museen aufbewahrt – im Ethnologischen und Asiatischen Museum, in der Kunstbibliothek und der Sammlung Scharf-Gerstenberg. Wegen des großen Umfangs der Sammlung und der relativ hohen Empfindlichkeit der Einzelstücke können die Kunstwerke des Kupferstichkabinetts nicht ständig präsentiert werden. Es werden neben Sonderausstellungen jährlich einige Wechselausstellungen mit Werken aus den eigenen Beständen gezeigt. Zudem können Interessenten sich in einem Studiensaal Originale eigener Wahl zeigen lassen.
Zu den Förderern des Museums gehört in erster Linie die Graphische Gesellschaft zu Berlin – Vereinigung der Freunde des Kupferstichkabinetts e. V.[2] Der Verein besteht seit 1997, er unterstützt den Ausbau der Sammlung, vermittelt Schenkungen und erwirbt einzelne Werke entsprechend den Empfehlungen des Direktors des Kupferstichkabinetts.
Forschung und Restaurierung
Die Kunstwerke des Kupferstichkabinetts werden nach jeweils aktuellem Stand der Wissenschaft dokumentiert, gelagert und – falls nötig – behandelt. Ein Conservation Advisory Council des Museums ist dabei beratend tätig. Für den intensiven innerdeutschen und internationalen Leihverkehr müssen die licht- und klimaempfindlichen Zeichnungen und druckgrafischen Blätter sorgfältig vorbereitet werden. Dazu gehören spezielle Montagen, detaillierte Protokolle und angemessene Rahmung.
Spezialgebiete für restauratorische Bemühungen sind unter anderem die gebundenen Handschriften aus Mittelalter und Renaissance, die großformatigen Entwurfskartons zu Wandbildern des 19. Jahrhunderts (etwa von Peter von Cornelius) oder technisch komplexe Werke der zeitgenössischen Kunst. Eine stets aktualisierte Kartei von Wasserzeichen unterstützt die Forschung auf dem Gebiet der Papierkunde und die Datierung von Kunstwerken auf Papier. Ein Beispiel für längerfristige Forschungsvorhaben ist die genaue Untersuchung von Silberstiftzeichnungen, die als interdisziplinäres Projekt gemeinsam mit dem Rathgen-Forschungslabor (RF), der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und dem Centre de Recherche et de Restauration des Musée de France (C2RMF) betrieben wird. An der Untersuchung einzelner Zeichnungen von Matthias Grünewald sind außer dem Kupferstichkabinett das RF und die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (SABK) beteiligt.
Literatur (Auswahl)
- Alexander Dückers (Hrsg.), Sigrid Achenbach: Das Berliner Kupferstichkabinett, ein Handbuch zur Sammlung ; das Handbuch erscheint aus Anlass der Ausstellung Vereint im Neuen Haus - Meisterwerke aus Zehn Jahrhunderten im Berliner Kupferstichkabinett, herausgegeben von den Staatlichen Museen zu Berlin, Preussischer Kulturbesitz, 1994, Akademie Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-05-002488-7.
- Albert Giesecke: Handzeichnungen venezianischer Meister des 18. Jahrhunderts im Berliner Kupferstichkabinett. Die Kunstwelt, Deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst, Jg. 1912/1913, S. 265–278. (Digitalisat)
- Holm Bevers: Rembrandt - die Zeichnungen im Berliner Kupferstichkabinett : kritischer Katalog ; begleitet von der Ausstellung Rembrandt. Der Zeichner, Kupferstichkabinett - Staatliche Museen zu Berlin, 4. August bis 5. November 2006, Verlag Hatje Cantz, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1817-2.
- Holm Bevers: Zeichnungen der Rembrandtschule im Berliner Kupferstichkabinett : kritischer Katalog, mit einem Beitrag von Georg Josef Dietz und Antje Penz sowie 37 Illustrationen, Verlag Sandstein Kommunikation GmbH, Dresden 2018, ISBN 978-3-95498-414-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Staatliche Museen zu Berlin zählen 2019 mehr als 4 Millionen Besucher*innen. 31. Januar 2020, abgerufen am 19. Juli 2020.
- Graphische Gesellschaft zu Berlin