Kerstin Müller
Kerstin Müller (* 13. November 1963 in Siegen) ist eine deutsche Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen.
Müller war von 1994 bis 2002 Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und von 2002 bis 2005 Staatsministerin im Auswärtigen Amt.
Leben und Beruf
Nach dem Abitur 1983 in Leverkusen[1] begann sie ein Studium der Rechtswissenschaft in Köln, das sie 1990 mit dem ersten Staatsexamen beendete. 1994 folgte dann das zweite juristische Staatsexamen.
Politische Tätigkeit
Zunächst für die trotzkistische Gruppe Internationaler Marxisten aktiv,[2][3] ist sie seit 1986 Mitglied der Partei Die Grünen. Von 1990 bis 1994 war sie Landesvorsitzende der Grünen in Nordrhein-Westfalen.
Seit 1994 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war sie von 1994 bis 1998 Sprecherin und von 1998 bis 2002 Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Nach der Bundestagswahl 2002 war Kerstin Müller bis zur vorgezogenen Neuwahl 2005 Staatsministerin im Auswärtigen Amt in der unter Gerhard Schröder geführten Bundesregierung. Mit Bildung der Großen Koalition schied sie am 22. November 2005 aus dem Amt. Anschließend war sie außenpolitische Sprecherin der Fraktion. Ihre besonderen Schwerpunkte lagen im Bereich Afrikapolitik, Naher Osten, Islamdialog, gerechte Globalisierung und internationale Frauenrechte.
Kerstin Müller wurde über die Landesliste Nordrhein-Westfalen der Grünen in den Deutschen Bundestag gewählt. Ihr Wahlkreis lag im Kölner Norden (Stadtbezirke Köln-Ehrenfeld, Köln-Nippes und Köln-Chorweiler).
Zur Bundestagswahl 2013 trat Müller nicht wieder an.[4]
Sonstige Ämter und Mitgliedschaften
Kerstin Müller ist Mitglied des Kuratoriums von Aktion Deutschland Hilft, dem Bündnis der Hilfsorganisationen. Außerdem sitzt sie im Stiftungsrat der Stiftung Wissenschaft und Politik und im Gesamtpräsidium der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Im Sommer 2021 wurde sie Mitglied im deutschen Beirat des European Leadership Network, welches sich für die europäisch-israelischen Beziehung engagiert.[5] Für das Deutsche Komitee der UNICEF ist sie Bestelltes Mitglied und damit Vertreterin des Bundestages für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Israel-Kritik
Kerstin Müller gilt in ihrer Partei als erfahrene Außenpolitikerin, die sich lange mit den deutsch-israelischen Beziehungen und dem Friedensprozess im Nahostkonflikt auseinandergesetzt hat.[6]
Müller und Frithjof Schmidt regten einen Beschluss zum Ship-to-Gaza-Zwischenfall an, der vom Bundestag am 1. Juli 2010 einstimmig verabschiedet wurde.[7] Eine Resolution des Zentralrats der Juden in Deutschland (ZdJ), die dem Bundestag „einseitige Parteinahme gegen Israel“ vorwarf,[8] wies Müller gegenüber dem ZdJ zurück, worauf dieser ihr einen „unerträglich paternalistischen Tenor“ vorhielt.[9]
Eine Gruppe von Abgeordneten, unter ihnen Müller, sowie die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen richtete am 29. April 2013 eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zu einer möglichen Kennzeichnung von Importprodukten aus den israelischen Siedlungen im Westjordanland.[10] Vertreter der Berliner jüdischen Gemeinde, des Simon Wiesenthal Zentrum, des Jerusalemer NGO Monitor und des ZdJ warfen Müller und den Grünen daraufhin vor, sich durch die Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) instrumentalisieren zu lassen.
Müller war seit Ende 2013 Direktorin des Israel-Büros der Heinrich-Böll-Stiftung (parteinahe Stiftung von Bündnis 90/Die Grünen) in Tel Aviv.[11][12] Die israelische Jerusalem Post warf Kerstin Müller vor, die von ihr unterstützte Initiative zur Kennzeichnung israelischer Produkte greife Nazi-Methoden auf.[13]
Familie und Privates
Kerstin Müller ist seit 2006 alleinerziehende Mutter einer Tochter.[14]
Weblinks
Einzelnachweise
- Andreas Born: Kerstin Müller. In: Leverkusen, who’s who. Abgerufen am 14. Mai 2018.
- https://www.budrich-journals.de/index.php/bios/article/viewFile/33250/28569
- https://www.focus.de/politik/deutschland/die-frau-im-club-der-alten-kaempfer-bundestag_id_1846481.html
- Günter Bannas: Bundestagswahl 2013: Und mit uns geht die Zeit. In: faz.net. 25. Januar 2013, abgerufen am 14. Mai 2018.
- Beer und Müller verstärken Beirat von Elnet. Abgerufen am 9. September 2021.
- Benjamin Weinthal: The Nazi roots of the German Greens. In: Jerusalem Post. 29. Mai 2013, abgerufen am 14. Mai 2018.
- Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ereignisse um die Gaza-Flottille aufklären – Lage der Menschen in Gaza verbessern – Nahost-Friedensprozess unterstützen. (PDF, 129 kB) Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2328, 30. Juni 2010, abgerufen am 14. Mai 2018.
Kerstin Müller: Blockade in Gaza sofort aufheben! In: kerstin-mueller-mdb.de. 2. Juli 2010, archiviert vom Original am 14. August 2013; abgerufen am 14. Mai 2018. - Resolution des Zentralrats der Juden zur Gaza-Solidaritätsflotte, der geplanten interfraktionellen Anträge der Bundestagsfraktionen und der aktuellen Entwicklung im Nahen Osten. Zentralrat der Juden in Deutschland, 30. Juni 2010, archiviert vom Original am 29. März 2016; abgerufen am 14. Mai 2018.
- Stephan Kramer: Zur Politik Deutschlands gegenüber Israel: Paradigmenwechsel? Offener Brief. In: HaGalil. 4. August 2010, abgerufen am 14. Mai 2018.
Benjamin Weinthal: The Nazi roots of the German Greens. In: Jerusalem Post. 7. Juli 2013, archiviert vom Original am 21. Mai 2015; abgerufen am 14. Mai 2018. - Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln) […] und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Importe von Produkten aus israelischen Siedlungen in der Westbank in die Europäische Union und nach Deutschland. (PDF, 132 kB) Deutscher Bundestag, Drucksache 17/13339, 29. April 2013, abgerufen am 14. Mai 2018.
- Kerstin Müller Has Been Appointed the Next Director of the Heinrich Böll Foundation’s Israel office. In: Heinrich Böll Stiftung, Israel. 15. April 2013, abgerufen am 14. Mai 2018.
- Kerstin Müller ehem. Leiterin der Tel-Aviv Büros der Heinrich-Böll-Stiftung
- Benjamin Weinthal: The Nazi roots of the German Greens, in: Jerusalem Post vom 7. Juli 2013, Webarchiv, abgerufen am 29. Dezember 2021.
- Berühmte Mütter: Baby mit 40 plus. In: Süddeutsche Zeitung. 8. Juli 2008, abgerufen am 21. März 2011.