Karlsruher Linie
Karlsruher Linie ist eine Bezeichnung aus der deutschen Germanistik und umfasst zwei Isoglossen des westgermanischen Dialektkontinuums. Diese verlaufen an der östlichen Sprachgrenze des Ostfränkischen und an der Südgrenze des Südrheinfränkischen. Sie trennen diese Sprachformen vom südlich gelegenen Bairischen, Schwäbischen und Alemannischen.
Die Karlsruher Linie umfasst Teilstrecken zweier anderer Sprachgrenzen: Die euch/enk-Linie grenzt zwei verschiedene Formen des Pronomens Dativ Plural voneinander ab, nämlich das ostfränkische und schwäbische und auch standarddeutsche „Euch“ sowie das bairische „Enk“. Die zweite Isoglosse ist die mähe/mähet-Grenze, die zwei verschiedene Verbformen in der dritten Person Plural (am Beispiel des Wortes „mähen“) voneinander abgrenzt (standarddeutsch: mähen), nämlich das ost- und südrheinfränkische „mähe“ und das schwäbische-alemannische „mähet“. Südlich von Karlsruhe überschreitet die Sprachlinie den Rhein und stößt etwas später auf die Speyerer Linie.
In der älteren Germanistik-Literatur, so erstmals bei Gottsched (1748), wird die Karlsruher Linie als Grenze zwischen dem Mitteldeutschen und dem Oberdeutschen angesehen. Diese Ansicht wird heute als überholt angesehen und diese Sprachlinie musste ihre Trenn-Funktion an die nördliche Speyerer Linie abtreten.
Verlauf
Die Karlsruher Linie begann südöstlich der Stadt Karlsbad und schlug nördlich dieser Stadt einen Bogen in Richtung deutsch-tschechischer Grenze. Diese überschritt die Isoglosse erstmals bei Graslitz und traf am Ascher Zipfel[1] auf die Apfel/Appel-Linie.[2][3] Östlich der deutsch-tschechischen Grenze ist sie seit 1945 obsolet, da der dortige Dialekt nach der Vertreibung der sudetendeutschen Bevölkerung durch das Tschechische ersetzt wurde. Die Karlsruher Linie verläuft danach von Wunsiedel über Hersbruck nach Nürnberg, das auf der westlichen und damit ostfränkischen Seite liegen bleibt und die Sprachgrenze zwischen Ostfränkisch und Nordbairisch bildet. Dieser Isoglossenabschnitt wird auch als euch/enk-Linie bezeichnet.
Weiter südlich folgt die Karlsruher Linie der ost- und südrheinfränkischen Sprachgrenze gegenüber dem Schwäbisch-Alemannischen und bildet dort die mähe/mähet-Grenze. Dieser Linie folgt die Karlsruher Linie, bis die mähe/mähet-Grenze an die Haus-Hus-Linie stößt. Von dort aus biegt sie in nördliche Richtung ab und überschreitet dann südlich von Karlsruhe, genauer bei Ettlingen, den Rhein und überschreitet wenig später die deutsch-französische Grenze. Bei Wissembourg trifft diese Isoglosse auf die Speyerer Linie. Beide vereinigen sich und enden in den Vogesen.
Man kann also sagen, dass diese Isoglosse im Groben der Linie (Karlsbad – Duppau – Graslitz –) Bad Brambach – Asch – Wunsiedel – Goldernach – Auerbach – Hersbruck – Nürnberg – Allersberg – Abenberg – Weißenburg – Oettingen – Murrhardt – Bönnigheim – Sachsenheim – Weil – Neuenbürg – Ettlingen – Weißenburg folgt.
Aufgrund dieses Linienverlaufes wurden das südrheinfränkische und das ostfränkische Dialektgebiet zum Mitteldeutschen gezählt, obwohl diese Dialekte alle Kennzeichen der zweiten Lautverschiebung des Oberdeutschen besitzen.
Siehe auch
Anmerkungen
- Anmerkung: Manche Germanisten verlegen diese Isoglosse mitunter auf eine nördlichere Nebenlinie, die sogenannte fränkisch-bairischen Plural-Linie. Hier wurde nun die Stadt Asch und deren Umfeld als sprachliches Übergangsgebiet zwischen dem Ostfränkischen und dem Oberpfälzischen dem letzteren zugeschlagen, obgleich sie üblicherweise dem Ostfränkischen zugerechnet wurden. Diese „fränkisch-bairische Plural-Linie“ verläuft auch westlich der Stadt Nürnberg, sodass diese und ihr Umfeld nun auch dem oberpfälzischen Dialekt des Bairischen zugerechnet wurde. Diese Karlsruher Nebenlinie ist in der vorliegenden Darstellungskarte gestrichelt dargestellt.
- F. Dörr, W. Kerl, Osmipress: Ostdeutschland und die deutschen Siedlungsgebiete in Ost- und Südosteuropa. 3. Auflage. Südwest Verlag München 1987, ISBN 3-517-01070-7. Sprachenkarte S. 54.
- Werner König: dtv-Atlas zur deutschen Sprache. 9. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 3-423-03025-9, Darstellungskarte S. 92.