Jean Malaurie
Jean Malaurie (* 22. Dezember 1922 in Mainz, Deutschland[1][2]) ist ein bedeutender französischer Geomorphologe, Ethnologe, Arktisforscher, Autor und Dokumentarfilmer sowie „UNESCO-Botschafter des Guten Willens“.[3] Er arbeitete international für verschiedene Regierungen in Washington, Ottawa, Kopenhagen und Moskau als wissenschaftlicher Berater sowie für die Pariser Elitehochschule École des hautes études en sciences sociales (EHESS).
Leben
Nach zwei ersten Expeditionen mit Paul-Émile Victor Ende der 1940er Jahre bereiste Malaurie 1950 erstmals Grönland und begann, intensiv die Kultur der Inuit zu erforschen. Dazu lebte er selbst zeitweilig, unter anderem in Siorapaluk bei Thule, eng mit Eskimos zusammen. Es folgten über 30 Expeditionen in der gesamten Arktis, neben Grönland in Alaska, Kanada und Sibirien. Dabei kartographierte Malaurie auch etwa 300 Kilometer Küste. Jean Malaurie erreichte am 29. Mai 1951 als erster Europäer den geomagnetischen Nordpol in Inglefield-Land im Nordwesten Grönlands.[4]
Bereits 1955 begründete Malaurie im französischen Verlag Plon die Buchreihe Terre Humaine, in der wichtige Titel wie Traurige Tropen von Claude Lévi-Strauss erschienen. 1956 wurde er Mitbegründer des Zentrums für Arktis-Studien (Centre d'études arctiques et finno-scandinaves) an der École pratique des Hautes Études der Sorbonne.
In den 1970er Jahren berief Jean Malaurie einen internationalen und interdisziplinären Kongress ein, der sich sehr früh und zukunftsweisend mit der Bedeutung der arktischen Bodenschätze, insbesondere des Erdöls, für die dort lebenden Völker befasste. Er ist als entschiedener Verfechter der Rechte von arktischen Minderheiten anzusehen, die er durch die industrielle Entwicklung bedroht sieht.
Nachdem Gorbatschow an die Spitze der Sowjetunion gelangt war, führte Malaurie 1990 im Auftrag der sowjetischen Regierung die erste internationale Expedition im sibirischen Tschukotka und besuchte dabei als erster nichtsowjetischer Forscher die Walallee, eine arktische Kultstätte, die erst 1977 durch die sowjetischen Archäologen Sergei Arutjunow (* 1932) und Michail Tschlenow (* 1940) entdeckt worden, jedoch weitgehend unbekannt geblieben war. Später begründete er die Staatliche Polarakademie in Sankt Petersburg, deren Zweck die Etablierung von Bildungseliten der arktischen Völker ist.
Im Jahr 2007 wurde er durch die UNESCO zum „Botschafter des guten Willens“ für die arktischen Regionen berufen. Im gleichen Jahr ernannte man ihn zum Ehrenpräsidenten des Uummannaq Polar-Instituts, einer Einrichtung zur Erhaltung des Kultur und Förderung von Bildungsprogrammen für die Jugend der Inuit. Im Jahr 2009 beauftragte ihn die UNESCO mit der Vorbereitung zum Entwurf eines Vertrages über den Umweltschutz in der Arktis.
Veröffentlichungen
- Les derniers Rois de Thulé, Librairie Plon, Paris 1955 (deutsche Ausgabe: Die letzten Könige von Thule, VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1957)
- Ultima Thulé. De la découverte à l’invasion. Ed. du Chêne, 2000. ISBN 2-84277-295-4 (deutsche Ausgabe: Mythos Nordpol. 200 Jahre Expeditionsgeschichte. National Geographic Deutschland, 2003. ISBN 3-936559-20-1)
- L'Appel du Nord. Editions de La Martiniere, Paris 2001 (deutsche Ausgabe: Der Ruf des Nordens. Auf den Spuren der Inuit. J. C. Bucher Verlag, München 2001. ISBN 3-7658-1291-9)
- Jean Malaurie, une énergie créatrice by Giulia Bogliolo Bruna, coll. «Lire et comprendre», Editions Armand Colin, Paris, Oktober 2012.
Filme (Auswahl)
- Jean Malaurie: The Ultimate Kings of Thule (Memento vom 24. März 2012 im Internet Archive) (Die letzten Könige von Thule). Dokumentarfilm, Frankreich 2002, 52 Minuten.
- Michel Viotte: Jean Malaurie – Polarforscher aus Leidenschaft. Dokumentarfilm, Frankreich 2009, 43 Minuten, ausgestrahlt am 7., 8. und 13. März 2010 auf arte.
Weblinks
- Literatur von und über Jean Malaurie im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Vortragsexposé Universität Mainz im Rahmen der Ehrung durch die Stadt Mainz am 4. November 2004. Abgerufen am 21. März 2010.
- Biographie in Jean Malauries Webpräsenz (fr) Archiviert vom Original am 23. Oktober 2009. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 21. März 2010: „›Né en 1922 à Mayenne‹, weiter unten jedoch ›Né le 22 Décembre 1922 à Mayence Allemagne‹“
- Professor Jean Malaurie joins ranks of UNESCO Goodwill Ambassadors (17. Juli 2007). Abgerufen am 21. März 2010.
- Jean Malaurie: Mythos Nordpol. 200 Jahre Expeditionsgeschichte. National Geographic Deutschland, 2003, S. 5