Ingraban Dietmar Simon
Ingraban Dietmar Simon (* 1938 in Berlin) ist ein deutscher Jurist und Kunstsammler von Malerei, Grafik und angewandter Kunst. Er lebt in Berlin und befasst sich – an die Sammlungen seines Großvaters, dem Berliner Gymnasiallehrer Konrad Simon (1860–1945), anknüpfend – mit historischen Buntpapieren, mit Strohintarsien einschließlich Strohbildern sowie mit Nadelkissen, Nadelbüchlein und weiteren dekorativen Nähutensilien zum Aufbewahren von Näh-, Stopf-, Stick-, Strick- oder Stecknadeln und deren Symbolik.
Wirken
Einen besonderen Rang in seinem Wirken nimmt die 1989 begonnene Sammlung Strohintarsien, Strohmosaik aus dem 20. Jahrhundert ein. Sie umfasst Gegenstände aus dem 20. Jahrhundert aus über 25 Ländern in Europa, Afrika, Amerika und Asien und ist gut dokumentiert in der Deutschen Nationalbibliothek in digitalisierter Form abrufbar. Sie enthält überwiegend Exponate aus der Zeit von 1955 bis 1990. Während in den westlichen europäischen Ländern einschließlich der Bundesrepublik Deutschland unter wirtschaftlichem Aspekt in dieser Zeit die gewerbliche Herstellung von Strohintarsienarbeiten undenkbar war, blühte diese in den Staaten des Ostblocks geradezu auf. In der DDR in der Ortsnähe von Zittau: Bild und Souvenir mit geschützter Werkstatt, Neugersdorf, später Volkseigener Betrieb mit zeitweise über 220 Beschäftigten. Aber auch zum Beispiel JOSA Strohintarsien in Torgau oder R+A Steckner Strohintarsien in Leipzig. Keiner der Betriebe hat die Wendejahre 1989/1990 überlebt.
Besonders aufwendige Arbeiten sind bis 1989 in Polen hergestellt worden. Hervorzuheben sind die mit Stroh beklebten Schatullen, die Madonnenbilder aus Jasna Góra (Częstochowa) und Ansichten von Monumentalbauten. Historiografisch besonders interessant sind die Spezialgebiete der Sammlung: Kriegsgefangenenarbeiten aus dem Zweiten Weltkrieg und Arbeiten der Goralen in der Zeit des Generalgouvernements.
Im außereuropäischen Bereich der Sammlung sind als Besonderheit afrikanischer Volkskunst die Bilder auf und aus getrockneten Bananenblättern - zahlenmäßig überwiegend aus den Ländern Sambia, Kenia und Ruanda – vertreten.
Ingraban D. Simon, der als Autor, Sammler und Ausstellungsmacher wichtige Beiträge zur Kulturgeschichte leistet, lebt in Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf. Seine Ehefrau, die Sozialpädagogin und Mitbegründerin der Selbsthilfegruppe und Interessenvertretung von Prostituierten Hydra, Heide Simon, geboren 7. September 1939 in Stendal, starb am 31. Juli 2021 in Berlin.[1]
Veröffentlichungen
- Alte Buntpapiere aus dem 18. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Privatsammlung Konrad, Berlin, Dreieich-Museum, Dreieichenhain/ Eigenverlag 1999, Download Online-Ausgabe Deutsche Nationalbibliothek 2018
- Strohintarsien, Strohmosaik aus dem 20. Jahrhundert, Dreieich-Museum, Dreieichenhain/ Eigenverlag 1999, Download Online-Ausgabe Deutsche Nationalbibliothek 2018
- Strohintarsien, Strohmosaik aus den 20. Jahrhundert. Bildtafeln Teil 1: Europa Download Online-Ausgabe Deutsche Nationalbibliothek 2018 sowie Bildtafeln Teil 2: Afrika, Amerika, Asien, Internationales Strohmuseum in Berlin, Dreieich-Museum, Dreieichenhain/ Eigenverlag 2018 Download Online-Ausgabe Deutsche Nationalbibliothek 2018
- Symbole der Fruchtbarkeit und der Liebe: die erotische Nadel von A bis Z; needlework tools und Symbolik; ein Beitrag zur Kulturgeschichte von der Vorzeit bis zur Gegenwart, Eigenverlag Berlin 2005, ISBN 978-3-00-015158-3 Download Online-Ausgabe Deutsche Nationalbibliothek 2018
- Eva und die Nadel - Handarbeitszeug als Arbeitsgeräte, Symbole der Fruchtbarkeit und Liebe, Reiseandenken und Werbeträger (zusammen mit Heide Simon), Eigenverlag Berlin 2005, ISBN 978-3-00-015696-0 Download Online-Ausgabe Deutsche Nationalbibliothek 2018
- M. v. Othegraven - Ein Maler im 19./20. Jahrhundert mit Berliner Wohnsitz (*30. Juli 1860, Driesen; † 9. April 1924, Berlin), Eigenverlag Berlin 2019
Ausstellungen (Auswahl)
- 1990: Die Erotische Nadel – Fruchtbarkeits- und Liebessymbole, Stadtmuseum Iserlohn, 3. August bis 23. September[2][3]
- 1997: Herrnhuter Papier und andere Buntpapiere, Heimatmuseums Herrnhut, 5. Oktober bis 16. November
- 1998: Fruchtbarkeits- und Liebessymbole, Sonderausstellung im Dreieich-Museum Dreieichenhain vom 25. März bis 24. Mai[4]
- 1999: Bunt und Glänzend – Alte Buntpapiere aus dem 18. und der Ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Sammlung Konrad Simon, Berlin) und Strohintarsien, Strohmosaik aus dem 20. Jahrhundert (Sammlung Simon, Berlin), Dreieich-Museum Dreieichenhain, 20. Mai bis 25. Juli
- 2001/2002: Fruchtbarkeits- und Liebessymbole – Die erotische Nadel, Stadtgeschichtsmuseum Haus zum Palmbaum, Arnstadt vom 1. Dezember bis 3. März
- 2005: Eva und die Nadel - needlework tools – Handarbeitszeug als Arbeitsgeräte, Symbole der Fruchtbarkeit und Liebe, Reiseandenken und Werbeträger, Sonderausstellung im Dreieich-Museum Dreieichenhain vom 10. März bis 8. Mai
Literatur
- Rainer Hein: Wenn Großmutter zum Spargel greift – Dreieich-Museum zeigt 'erotische Nadeln'/ kunstvoll gearbeitet und anregend, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. April 1998
- Oliver H. Eberhardt: Nadeln plaudern nicht aus dem Nähkästchen – Erotische Symbolik: Ausstellung im Dreieich-Museum, Frankfurter Rundschau vom 7. April 1998
Weblinks
Einzelnachweise
- Traueranzeige in: Der Tagesspiegel vom 8. August 2021
- Margret Orthmayr: Sexuelle Anspielungen zwischen Nadel und Faden – Ungewöhnliche Schau im Iserlohner Stadtmuseum, Westfälische Rundschau vom 2. August 1990
- Stichhaltiges aus Amors Köcher - Liebessymbole im Stadtmuseum. 'Erotische Nadel': Exponate in Iserlohn zeigen Hintergründigkeit von Nadelbehältern. Lüdenscheider Nachrichten, 2. August 1990
- Als Amor mit Nadeln statt Pfeilen schoß - Blick zurück: Liebessymbole und Blechspielzeuge vergangener Zeiten im Dreieich-Museum, Langener Zeitung vom 27. März 1998