Ida Ferenczy
Ida Ferenczy von Vecseszék (* 7. April 1839 in Kecskemét in der ungarischen Tiefebene / Königreich Ungarn; † 28. Juni 1928 in Wien / Österreich) war eine ungarische Adelige (Landadel), die ab 1864 in Diensten der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn stand.
Leben
Abstammung und Jugendzeit
Ida Krisztina Veronika Ferenczy von Vecseszék entstammt einer Familie des ungarischen Landadels in Kecskemét. Sie war das vierte von sechs Kindern von Gergely Ferenczy und dessen Ehefrau Krisztina geb. Szeless. Ihre Ausbildung entsprach dem Durchschnitt, welcher Mädchen ihrer Gesellschaftsklasse in der damaligen ungarischen Provinz zuteilwurde. Von Mädchen ihrer Gesellschaftsschicht erwartete man, dass sie außer Lesen und Schreiben eventuell noch Deutsch als Fremdsprache erlernten und dann möglichst gut heiraten sollten. Ida bildete sich jedoch als Autodidaktin weiter. Bei der ungarischen Schriftstellerin Ida Miticzky[1] wurde ihr ein Gefühl für Literatur beigebracht und diese bildete sie auch zur Vorleserin aus.
Am Kaiserhof in Wien (Im Dienste von Kaiserin Elisabeth)
Die Kaiserin Elisabeth entwickelte bereits in jungen Jahren eine außerordentliche Sympathie der ungarischen Nation gegenüber. Deshalb entschloss sie sich im Jahre 1863 auch, die ungarische Sprache zu erlernen. In der Person des Publizisten und Politikers Maximilian Falk fand sie auch den geeigneten Lehrer, der sie nicht nur auf dem Gebiet der ungarischen Sprache förderte, sondern auch in ungarischer Geschichte, Literatur und Kultur unterwies. Die Begegnungen mit der Königin hielt er in schriftlichen Erinnerungen fest, die im Jahre 1898 in Buchform unter den Titel Erzsébet királynéról -visszaemlékezések (dt. „Über die Königin Elisabeth - Erinnerungen“) in Budapest erschienen sind.[2]
In dieser Zeit beschloss die Kaiserin, sich mit ungarischen Hofdamen zu umgeben. Es wurde ihr eine Liste mit Damen des ungarischen Hochadels vorgelegt, aus der sie ihre Wahl treffen sollte. An letzter Stelle dieser Liste erschien auch der Name Ida von Ferenczys. Gemäß Maximilian Falk wurde der Name mit einer von den anderen Namen abweichender Handschrift hinzugefügt.[3] Wie der Name einer lediglich aus den Kleinadel[4] stammenden Dame auf die Liste kam, konnte niemals endgültig geklärt werden. Die Kaiserin wählte ausgerechnet diesen Namen aus und ließ sich von Ida von Ferenczy ein Bild kommen.
Beide Frauen waren sich bei ihrem ersten Treffen sofort sympathisch. Während der Kaiserin das natürliche, offene Wesen und die Aufrichtigkeit ihrer Altersgenossin imponierten, war Ida Ferenczy neben der auffallenden Schönheit auch von Charme und Intelligenz der Monarchin tief beeindruckt. Sie sollte bis zum gewaltsamen Tod der Kaiserin zum Kreis der „appartementmäßigen Damen“ gehören, die jederzeit Zutritt zu den privaten Gemächern Elisabeths hatten. Ida von Ferenczy entwickelte sich zur „Freundin“ der Kaiserin, sie war die Einzige, die von der Kaiserin (außer den Mitgliedern der eigenen Familie) geduzt wurde.
Im Laufe der Jahre erlangte sie eine wichtige Position im Umfeld der Kaiserin. Viele bedeutende ungarische Politiker, wie z. B. Ferenc Deák und Gyula von Andrássy erhielten durch Vermittlung Ida von Ferenczys Zugang zur Kaiserin bzw. Franz Joseph.
Ida von Ferenczy begleitete die Kaiserin von Österreich (seit 1867 auch Königin von Ungarn) auf ihren umfangreichen Reisen, unterrichtete sie, besonders nach dem Ausgleich mit Ungarn 1867, in ihrer Muttersprache Ungarisch.
Wegen ihrer Diskretion und unbedingten Loyalität zu ihrer Königin und Freundin wurden ihr im Lauf der Zeit verschiedene verantwortungsvolle und teils heikle Aufgaben zuteil.
So arrangierte sie beispielsweise 1874 auf einem Maskenball in Wien den gewünschten Flirt der als „Domino“ maskierten und inkognito anwesenden Kaiserin Elisabeth mit Friedrich List Pacher von Theinburg, einem Ballbesucher,[6] von dem die Monarchin bis an ihr Lebensende irrtümlich annahm, dass er sie nicht erkannt hatte.
Ida Ferenczy fungierte außerdem als Empfangsdame für die Wiener Burgschauspielerin Katharina Schratt in der Hofburg, die die Kaiserin ihrem Gatten Kaiser Franz Joseph als „liebe gute Freundin“ für die Zeit ihrer häufigen Jagdreisen und Weltfluchten zugeführt hatte.
Im Jahre 1890 wurde sie auf ausdrücklichen Wunsch der Kaiserin in den Sternkreuzorden aufgenommen.
Späte Jahre
Die Genfer Tragödie, in der die Kaiserin 1898 ermordet wurde, war ein heftiger Schicksalsschlag für Ferenczy. Sie, die beinahe vierzig Jahre an der Seite Elisabeths verbrachte und deshalb niemals heiratete, rief aus: „Mit dem Tod der Königin Elisabeth habe ich alles verloren“. Gemeinsam mit der ihr ebenfalls nahestehenden Kaiserin-Tochter Marie Valerie (dem „ungarischen Kind“) ordnete sie den Nachlass der Kaiserin. Einen Großteil des schriftlichen Nachlasses der Kaiserin verwahrte sie (nach deren Ermordung 1898 in Genf) bis zu ihrem eigenen Tod. Nach dem Tode Elisabeths musste Ferenczy aus der Hofburg ausziehen. Sie wohnte zuerst in der Wiener Reisnerstrasse,[7] später im Stadtteil Schönbrunn.
Um dreißig „lange Jahre“ überlebte sie die Kaiserin. In dieser Zeit musste sie 1924 auch den Tod Marie Valeries, der Lieblingstochter Elisabeths, erleben. Sie überlebte auch den Oberhofmeister der Kaiserin Ferenc Nopcsa (* 1815, † 1904), sowie ihre Weggefährtin Gräfin Maria Festetics († 1923), Hofdame der Kaiserin.
Nach dem Tode Elisabeths gründete Ida Ferenczy 1899 in Budapest das Königin-Elisabeth-Gedenkmuseum, das am 15. Januar 1908 in der Ofener Burg eröffnet wurde. Das Museum bestand bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, große Teile des Museums wurden jedoch in dieser Zeit vernichtet.
Ida von Ferenczy starb 89-jährig am 28. Juni 1928 in Wien und wurde in ihrem Geburtsort Kecskemét bestattet, in der Familiengruft der Ferenczys am Dreifaltigkeitsfriedhof.
Literatur
- Ferenczy Ida von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 302.
- Egon Caesar Conte Corti: Elisabeth - Die seltsame Frau. Leipzig 1935.
- Max Falk: Kleinigkeiten von Kaiserin Elisabeth. Hrsg.: Beatrix Meyer. epubli Verlag, Dietersheim 2018, ISBN 978-3-7467-2969-5.
- Maximilian Falk: Erzsébet királynéról - visszaemlékezések. (dt. "Über die Königin Elisabeth - Erinnerungen"). Budapest 2016, ISBN 978-615-5662-10-2 (ungarisch).
- Hans Flesch-Brunningen: Die letzten Habsburger in Augenzeugenberichten. Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 1967, DNB 457420227.
- Brigitte Hamann: Elisabeth. Kaiserin wider Willen. Amalthea, Wien 1982, ISBN 3-85002-147-5.
- Márius Karafiáth: Ferenczy Ida. Életkép. Levice 1935.
- Kedves Idám! (dt. Liebe Ida!) zusammengestellt von Tolnyné Kiss Mária (Briefe Kaiserin Elisabeths, Kaiser Franz Josephs, Gyula Andrássys uns Katharina Schritts an Ida von Ferenczy). Budapest 1992, ISBN 963-05-6377-0 (ungarisch).
- Beatrix Meyer (Hrsg.): Kaiserin Elisabeth ganz privat: Briefe an ihre intimste Vertraute Ida Ferenczy. München 2020, ISBN 978-3-96233-217-4.
- Beatrix Meyer: Kaiserin Elisabeth und ihr Ungarn. Allitera, München 2019, ISBN 978-3-96233-130-6.
Weblinks
- Literatur von und über Ida Ferenczy im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Erzeébet királyné barátnõje: Ferenczy Ida (Die Freundin der Königin Elisabeth: Ida von Ferenczy) in www.nagyasszonyok.blog.hu vom 9. September 2016 (ungarisch; abgerufen am 29. August 2017)
Einzelnachweise
- Ida Miticzky (* 16. April 1833 in Munkatsch; † ?) war eine ungarische Schriftstellerin. Am 11. Oktober 1852 heiratete sie den Rechtsanwalt Gusztav Karlovszky, der im Jahre 1862 die Stelle eines Oberstaatsanwalts in Kecskemét annahm. In dieser Zeit lernte sie auch Ida von Ferenczy kennen und bildete sie als Vorleserin aus. Quelle: 'Arcanum Adatbázis Kft.' (ungarisch; online, abgerufen am 31. August 2017)
- Eine ungarische Neuauflage des Buches erschien 2016 in der Reihe „Szepmives“ in Budapester Athenaeum Kiadó (Verlag). ISBN 978-615-5662-10-2.
- Maximilian Falk: Erzsébet királynéról... S. 32.
- Ida von Ferenczy konnte, den Gepflogenheiten der damaligen Zeit entsprechend, niemals den Titel einer ‚Hofdame‘ beanspruchen, da hierzu ein Stammbaum erforderlich war, der mindestens 16 Ahnen aus der Hocharistokratie auswies. (Ahnenprobe) Demnach wäre sie eigentlich nicht „hoffähig“ gewesen, Elisabeth bestand jedoch darauf, dass Ida von Ferenczy in den Hofdienst aufgenommen wurde. Deshalb wurde ihr am Hofe lediglich der Titel einer „Vorleserin der Kaiserin“ verliehen.
- Auf dem Bild ist Ida von Ferenczy (links) mit einer bisher nicht identifizierten Dame beim Schreiben von Briefen dargestellt. Die Aufnahme entstand um die Weihnachtszeit 1890/91 vermutlich in der Wohnung Ida von Ferenczys. Viele glauben, darin Kaiserin Elisabeth (rechts) im fortgeschrittenen Alter erkannt zu haben. Andere wiederum glauben, dass es sich bei der Dame um die Leibfriseuse Elisabeths, Fanny Angerer verheiratete Feifalik (1842–1911) handelt. Wer die Person auf der rechten Seite des Bildes tatsächlich ist, konnte jedoch bisher nicht eindeutig geklärt werden. (Quelle: 'Das letzte Foto mit Ida' Online: 'members.chelo.at', abgerufen am 31. August 2017)
- Corti: Elisabeth, S. 254ff (siehe Literatur)
- Meyer: Kaiserin Elisabeth und ihr Ungarn, S. 83.