Hirtenberg
Hirtenberg ist eine Marktgemeinde mit 2565 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2021) im Bezirk Baden, Niederösterreich. Südlich des Orts fließt die Triesting.
Marktgemeinde Hirtenberg | ||
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Wappen | Österreichkarte | |
Basisdaten | ||
Staat: | Österreich | |
Bundesland: | Niederösterreich | |
Politischer Bezirk: | Baden | |
Kfz-Kennzeichen: | BN | |
Fläche: | 1,47 km² | |
Koordinaten: | 47° 56′ N, 16° 11′ O | |
Höhe: | 280 m ü. A. | |
Einwohner: | 2.565 (1. Jän. 2021) | |
Bevölkerungsdichte: | 1744 Einw. pro km² | |
Postleitzahl: | 2552 | |
Vorwahl: | 02256 | |
Gemeindekennziffer: | 3 06 15 | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Bahngasse 1 2552 Hirtenberg | |
Website: | ||
Politik | ||
Bürgermeister: | Karl Brandtner (SPÖ) | |
Gemeinderat: (Wahljahr: 2020) (21 Mitglieder) |
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Lage von Hirtenberg im Bezirk Baden | ||
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria |
Geografie
Der Ort liegt am Talausgang des Triestingtals. Die aus dem Wienerwald kommende Triesting fließt hier ins Wiener Becken.
Nachbargemeinden
Nachbargemeinden sind Leobersdorf, Enzesfeld-Lindabrunn und Berndorf (St. Veit).
Leobersdorf | ||
Berndorf | ||
Enzesfeld-Lindabrunn |
Einwohnerentwicklung
Volkszählung | 1971 | 1981 | 1991 | 2001 | 2011 |
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Einwohner | 2.164 | 2.147 | 2.088 | 2.270 | 2.605 |
Geschichte
Die ältesten Siedlungsfunde in der Gegend stammen aus der Jungsteinzeit.
Der Ortsname geht auf die Feste Huotto aus dem 13. Jahrhundert zurück, die sich früher auf einer Anhöhe namens Steinkamperl über dem Dorf erhob.
Nachdem im Jahre 1477 der ungarische König Matthias Corvinus in Österreich eingefallen war und im ganzen Land Orte, Felder und Festungen verwüstet hatte, verzeichnete die Siedlung einen gewissen Niedergang. Während der Ersten Wiener Türkenbelagerung wurden im Raum Leobersdorf-Enzesfeld-Hirtenberg am 19. September 1532 die letzten Truppen des osmanischen Befehlshabers Kasim Bey aufgerieben.
Am 2. Jänner 1870 (vollzogen am 22. Dezember 1870) kam es mit Allerhöchster Entschließung zur Trennung des Ortes Hirtenberg von den Orts- beziehungsweise Katastralgemeinden Leobersdorf und Enzesfeld sowie zur Konstituierung von Hirtenberg als selbständige Ortsgemeinde – mit einer Fläche von nur 1,10 km².[2]
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich der einst von Landwirtschaft und Weinbau geprägte Ort zum Gewerbestandort, insbesondere für die Rüstungsindustrie mit der bekannten Hirtenberger Patronenfabrik (siehe auch: Wöllersdorfer Werke sowie Fritz Mandl) entwickelt. Bei der Markterhebung und Wappenverleihung im Jahre 1929 wählte man als Motive für das Wappen eine Fabrik mit drei rauchenden Schornsteinen und einem Wasserturm. Am 8. Jänner 1933 enthüllte die Arbeiter-Zeitung die Hirtenberger Waffenaffäre. Mussolini lieferte Waffen an die österreichischen Heimwehren und nach Ungarn. Die Patronenfabrik diente als Zwischenlager.
Die Auftragslage des Munitionswerks in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg „war gut“: 3800 Beschäftigte erzeugten pro Tag eine Million Patronen. Diese Leistung wurde von keiner ähnlichen Fabrik in Mitteleuropa erreicht.[3]
Für Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg für die Patronenfabrik (damals Teil der Wilhelm-Gustloff-Stiftung) bestand vom 28. September 1944 bis 15. April 1945 im östlichen Teil des Ortes an der Grenze zu Leobersdorf ein für eine Belegungsstärke von 459 Personen ausgelegtes Frauenlager, ein Außenlager des KZ Mauthausen, dessen Insassinnen Infanteriemunition herstellen mussten.[4]
Der Ort besitzt ein reiches Vereinsleben. Das im Jahre 1999 renovierte Kulturhaus bietet Platz für Veranstaltungen mit bis zu 600 Personen.
Wappen
Blasonierung: Im blauen Schild erhebt sich auf grünem Rasen ein silberfarbenes, vierschiffiges Fabrikgebäude, überragt von einem Wasserturm und drei rauchenden Schlöten. Roter Feuerschein leuchtet aus der Tür- und Fensteröffnungen.
Verkehr
Am Ort vorbei fährt die Südwestbahn von Leobersdorf kommend (und seit 2004 zwischen Weißenbach-Neuhaus und Hainfeld von einer Buslinie ersetzt) durch das Triestingtal und das Gölsental nach Sankt Pölten.
Die Haltestelle Hirtenberg, auf Enzesfelder Gemeindegebiet zwischen einem bewaldeten Abhang und dem Ufer der Triesting beengt gelegen, diente, lagebestimmt, stets nur dem Personenverkehr. Lokale Güter kamen (und kommen) über den Bahnhof Enzesfeld auf die Schiene. Für die in Hirtenberg sich befindenden Industriebetriebe wurden Schleppgleise Richtung bzw. zum Bahnhof Enzesfeld-Lindabrunn verlegt (1916: Fa. Fridolin Keller; 1917: Patronenfabrik; o. J.: zur Textilfabrik Josef Keim und Söhne[5] sowie Fa. KROMAG[6]), die jedoch sämtlich wieder entfernt wurden.
Parallel zur Bahn verläuft die Hainfelder Straße B18. Eine Buslinie fährt sowohl Richtung Berndorf als auch über Enzesfeld nach Leobersdorf.
Öffentliche Einrichtungen
- Die seit 1962 bestehende Justizanstalt Hirtenberg ist die fünftgrößte Strafvollzugseinrichtung in Österreich. Hier war bis 1918 das 1898 von Fischau, Niederösterreich, abgewanderte k.u.k. Officierswaiseninstitut untergebracht (siehe auch: Sanatorium Hirtenberg).
- Laura Gatner Haus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Bildung
In der Gemeinde gibt es einen Kindergarten,[7] eine Volksschule und eine Neue Mittelschule.[8]
Sehenswürdigkeiten
- Pfarrkirche Hirtenberg
- Soldatendenkmal neben der Kirche:
Ein acht Tonnen schwerer Gesteinsblock aus Merkenstein, der von einem flügelschwingenden Adler aus Bronze bekrönt wird, mit einer Marmortafel mit den Namen der Gefallenen und Vermissten aus dem Ersten (28 Opfer) und Zweiten Weltkrieg (118 Opfer). Die Enthüllung fand am 30. Oktober 1932 statt.[9]
Söhne und Töchter
- Hans Adam (1925–2013), Zoologe[10]
- Béla Barényi (1907–1997), Autokonstrukteur, Vater der passiven Sicherheit
- Maria Keller-Siller (1893–1990), Leichtathletin
- Carlo Romatko (1907–1992), Opernsänger (Tenor) und Schauspieler (Die letzte Chance)[11]
- Hannes Seifert (* 1971), Videospiel-Produzent
Literatur
- Andreas Huber: Das „öde Schloß“ von Hirtenberg. Verlag des Gymnasialvereines Berndorg, Berndorf 1934, OBV.
- Walter Rieck: Kulturgeographie des Triestingtales. Dissertation. Universität Wien, Wien 1957, OBV.
- Fritz Hanauska: Heimatbuch der Marktgemeinde Hirtenberg. Marktgemeinde Hirtenberg, Hirtenberg 1980, OBV.
- Thomas Schweinschwaller: Hafterleben im Normalstrafvollzug. Analyse der drogenfreien Abteilung der Strafvollzugsanstalt Hirtenberg. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1997, OBV.
- Klaus-Dieter Mulley (Hrsg.): Geschoße – Skandale – Stacheldraht. Arbeiterschaft und Rüstungsindustrie in Wöllersdorf, Enzesfeld und Hirtenberg. Eigenverlag der Gewerkschaft der Eisenbahner, Ortsgruppe Ebenfurth Pottendorfer Linie, Ebenfurth 1999, ISBN 3-9500563-1-6, OBV.
- Michaela Holeczy: Neue Möglichkeiten der Verhaltensbeeinflussung am Beispiel der drogenfreien Zone der Justizanstalt Hirtenberg. Diplomarbeit. Universität Salzburg, Salzburg 2001, OBV.
Weblinks
- Eintrag zu Hirtenberg in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
- 30615 – Hirtenberg. Gemeindedaten, Statistik Austria.
- Website von Hirtenberg
Einzelnachweise
- Bevölkerungsentwicklung von Hirtenberg. (PDF)
- Nö LGBl 1871/3. In: Landesgesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogthum Österreich unter der Enns, Jahrgang 1871, S. 3. (online bei ANNO). .
- Fritz Hanauska: Heimatbuch der Marktgemeinde Hirtenberg. S. 214.
- Hirtenberg. (Nicht mehr online verfügbar.) In: mauthausen-memorial.at. KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Bundesministerium für Inneres, archiviert vom Original am 9. Oktober 2014; abgerufen am 1. Oktober 2020.
- Correspondenzen. (…) Hirtenberg. (Schleppbahn). In: Badener Zeitung, Nr. 31/1897 (XVII. Jahrgang), 17. April 1897, S. 8, oben rechts. (online bei ANNO). .
- Fritz Hanauska: Heimatbuch der Marktgemeinde Hirtenberg. S. 244.
- Kindergärten in NÖ. NÖ Landesregierung, abgerufen am 5. Oktober 2020.
- Schulensuche auf Schulen online, abgerufen am 6. September 2020
- Die Geschichte von Hirtenberg bis zum Jahr 1945. In: hirtenberg.at. Archiviert vom Original am 17. März 2011; abgerufen am 8. Dezember 2019.
- Fritz Hanauska: Heimatbuch der Marktgemeinde Hirtenberg. S. 367.
- Fritz Hanauska: Heimatbuch der Marktgemeinde Hirtenberg. S. 371.