Heinrich von Bünau (Historiker)
Heinrich von Bünau, ab 1742 Graf von Bünau, (* 2. Juni 1697 in Weißenfels; † 7. April 1762 in Oßmannstedt) war ein deutscher Staatsmann und Historiker in der Zeit der Aufklärung.
Leben
Er war der Sohn des kursächsischen Kanzlers Heinrich von Bünau (1665–1745). Beide wurden am 24. März 1742 gleichzeitig in den Reichsgrafenstand erhoben. Nach dem Studium an der Universität Leipzig trat er 1716 in den kursächsischen Staatsdienst ein und wurde Beisitzer beim Oberhofgericht Leipzig. Später wurde er Oberkonsistorialpräsident und Wirklicher Geheimer Rat. Ihn förderte der kursächsische Kabinettsminister Graf von Hoym, der Onkel seiner zweiten Ehefrau. Sein Vater ließ 1723 das Barockschloss Seußlitz erbauen. Nach dem Sturz Hoyms durch Graf Brühl wurde Heinrich von Bünau 1734 Oberaufseher der Grafschaft Mansfeld in Eisleben. 1741 trat er in den Dienst des Kaisers Karl VII. ein, der ihn zum Reichshofrat ernannte und als diplomatischen Gesandten im Ober- und Niedersächsischen Reichskreis einsetze. Nach dem Tod des Kaisers kehrte er 1745 nach Kursachsen auf sein Gut Schloss Nöthnitz bei Dresden zu wissenschaftlichen Studien zurück. 1751 wurde er obervormundschaftlicher Statthalter des Herzogtums Sachsen-Eisenach und 1756 Premierminister in Weimar und damit des Geheimen Consiliums. 1751 wurde er zum Ehrenmitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[1] Er trat 1759 in den Ruhestand und verbrachte den Lebensabend auf seinem Gut Oßmannstedt bei Weimar.
Heinrich Graf von Bünau war Herr auf Dahlen, Domsen (ab 1723/25), Nöthnitz, Göllnitz, Oßmannstedt und Groß-Tauschwitz. Ihm gehörte auch das Rittergut Neusorge.
Bünaus Privatbibliothek umfasste etwa 42.000 Bände. Sie hatte ihren Standort zuerst in Dresden, dann in seinem Gut Nöthnitz und war öffentlich benutzbar.[2] Die Bünauische Bibliothek war seinerzeit weit über Nöthnitz hinaus bekannt, sie gehörte zu den umfangreichsten Büchersammlungen in Sachsen.
Der Archäologe Johann Joachim Winckelmann aus Stendal arbeitete dort von 1748 bis 1754 als Bibliothekar. Er unterstützte Bünau bei seinem unvollendeten epochalen Geschichtswerk über die deutsche Kaiser- und Reichsgeschichte, deren letzter Band mit dem Tod Konrads I. im Jahr 918 abschließt, jedoch als Manuskript bis zu den Ottonen ging.
Sein ältester Sohn trug ebenfalls den Namen Heinrich; er veräußerte 1769 die Privatbibliothek seines Vaters für 40.000 Taler an Kurfürst Friedrich August III. Die Bestände wurden nach Dresden ausgelagert und bildeten später den Grundstock der heutigen Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Von 1991 bis 2009 existierte auf Schloss Nöthnitz ein Museum mit Studienstätte, die dem Gedenken an Winckelmann und Bünau gewidmet war.
Familie
Er war mehrfach verheiratet. Seine erste Frau wurde am 5. Juni 1721 Auguste Helene von Döring (* 15. November 1706; † 5. November 1728). Nach ihrem Tod heiratete er am 23. November 1729 die Gräfin Erdmuthe Frederike von Hoym (* 24. April 1712; † 30. Dezember 1742), die Ehe wurde 1736 geschieden. Danach heiratete er am 24. Juni 1739 Christine Elisabeth von Arnim (* 18. Februar 1699; † 29. August 1783), Herrin auf Röthnitz und Rosentitz. Er hatte zwei Söhne aus erster Ehe:
- Heinrich (* 20. Juni 1722; † 29. August 1782), Wirklicher Geheimer Rat, Reichstagsgesandter ⚭ 1753 Gräfin Frederike Sophie von Degenfeld-Schonburg (* 5. April 1723; † 7. Dezember 1789)
- Günther (* 10. Januar 1726; † 11. März 1804), Herr auf Dahlen, französischer Oberst der Kavallerie
- ⚭ 1766 Johanna Erdmuthe von Schönfeld († 12. Februar 1779)
- ⚭ 1781 Erdmuthe Magdalena von der Sahla (* 31. August 1750; † 7. September 1836)
Verwechselbarkeit der Namensträger
Aufgrund eines Familiengesetzes der Familie Bünau, das bereits im 12. Jahrhundert in Kraft war, durften für männliche Nachkommen nur die Vornamen Günther, Heinrich oder Rudolph verwendet werden.[3] Es gibt deshalb innerhalb der weit verzweigten Sippe zahlreiche Personen mit dem Namen Heinrich von Bünau. Dies führte in der bisherigen Geschichtswissenschaft nicht selten zu falschen Personenzuordnungen. So wurde in der sächsischen Landesgeschichtsschreibung Heinrich Graf von Bünau mehrfach mit seinem gleichnamigen Vater, dem Kanzler am Dresdner Hof, verwechselt.
Werke (Auswahl)
- Probe einer genauer und umständlichen Teutschen Kayer- und Reichshistorie oder Leben und Thaten Friedrichs I. Römischen Kaysers. 1722
- Genaue und umständliche teutsche Kayser- und Reichshistorie aus den bewährtesten Geschichtsschreibern und Urkunden zusammengetragen. Vier Bände. 1728–1743.
- Band 1, Leipzig 1728 (Volltext)
- Band 2, Leipzig 1732 (Volltext)
- Band 3, Leipzig 1739 (Volltext)
- Band 4, Leipzig 1743 (Volltext)
- Johann Joachim Winckelmanns eigenhändige Exzerpte zur Geschichte Ottos I. und Heinrichs II.: SLUB Dresden, Mscr.Dresd.App.1720–1724.a (Digitalisat)
- Kurze, jedoch gründliche, Information, was es um des Chur und Fürstl. Haußes Sachsen Gerechtsamen an den verledigten Hertzogthümern, Graff und Herrschafften Jülich, Cleve und Berg etc. für eine Bewandnüß habe. Dresden und Leipzig 1733 (Digitalisat)
- (gemeinsam mit Johann Michael Francke) Catalogus bibliothecae Bunavianae. Drei Bände.
- Band 1, Leipzig 1750 (Volltext).
- Historie des Kriegs zwischen Frankreich, England und Teutschland. Vier Bände. 1763–1767.
- Betrachtungen über die Religion und ihren itzig Verfall. Post mortem herausgegeben von Johann Friedrich Burscher mit Lebenslauf, Genealogie und Werkeverzeichnis Bünaus. Leipzig 1769 (Volltext).
Literatur
- Karl Czok: August der Starke und Kursachsen. 2. Auflage, Leipzig 1988, S. 124 ff.
- Heinrich Theodor Flathe: Bünau, Heinrich Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 538 f.
- Herbert Helbig: Bünau, Heinrich Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 739 f. (Digitalisat).
- Carl Justi: Winckelmann. Sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen. Band 1, Leipzig 1866 (Digitalisat), 3. Auflage 1922.
- Sahrer v. Sahr: Heinrich, Graf von Bünau. 1869.
- Werner Schultze: Heinrich von Bünau. Ein kursächsischer Staatsmann, Gelehrter und Mäcen (Dissertation). Leipzig 1933.
- Max Schurig: Die Geschichtsschreibung des Grafen Heinrich von Bünau. Leipzig 1910.
- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser, 1903, Vierter Jahrgang, S.236
Einzelnachweise
- Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 52.
- Torsten Sander: Ex Bibliotheca Bunaviana. Studien zu den institutionellen Bedingungen einer adligen Privatbibliothek im Zeitalter der Aufklärung. Thelem Universitätsverlag, Berlin 2011, ISBN 9783939888994.
- vergl. z. B. Gottlieb Schumann: Jährliches Genealogisches Hand-Buch. Leipzig 1749, Fußnote auf S. 153.
Weblinks
- Literatur von und über Heinrich von Bünau im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Heinrich von Bünau in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literatur von und über Heinrich von Bünau in der Sächsischen Bibliografie
- Reinhardt Eigenwill: Bünau, Heinrich Graf von. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.