Heckantrieb
Der Heckantrieb ist eine Ausführung des Hinterradantriebs bei Kraftfahrzeugen, bei dem die gesamte Antriebseinheit (bestehend aus Heckmotor, Getriebe und Antriebsachse) auf bzw. direkt hinter der Hinterachse zusammengefasst ist.[1] Diese Bauweise ist auch als Hecktriebblock bekannt.
Der Begriff Heckantrieb wird umgangssprachlich oft ungenau mit Hinterradantrieb gleichgesetzt.
Geschichte
Die weit verbreitete Standardbauweise unter den hinterradangetriebenen Fahrzeugen (Motor und Getriebe vor den Insassen, Hinterradantrieb) erfordert wegen des Abstandes zwischen Getriebe und Achsdifferential zusätzliche Komponenten und Bauraum. Um die Kraft zu übertragen, ist eine Kardanwelle notwendig, die meist im Wageninnern durch einen „Tunnel“ verborgen ist. Durch den Interessenskonflikt bei Kosten, Raum und Gewicht ist die Standardbauweise für Kleinwagen nicht oder nur bedingt geeignet.
Eine Lösungsmöglichkeit ist die Zusammenfassung von Motor, Getriebe und Antriebsachse zu einer kompakten Antriebseinheit. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde dies vorwiegend als Heckantrieb umgesetzt, um den konstruktiven Aufwand einer angetriebenen und gelenkten Vorderachse zu umgehen. Diese Bauweise wird auch als Hecktriebblock bezeichnet.
Ab den 1970er Jahren wurde der Frontantrieb die vorherrschende Antriebsart, der Heckantrieb wurde zu einer Nischenlösung bei Sportwagen (zum Beispiel Porsche), Kleinstwagen (Smart) und großen Bussen. In Amerika gibt es seit der Einstellung des Chevrolet Corvair 1969, der als „Heckschleuder“ berüchtigt war, keine Heckmotorlimousinen mehr. In Europa entwickelten und fertigten die tschechischen Automobilhersteller Škoda (mit dem Škoda Rapid bis 1990) und Tatra (mit dem Tatra 700 bis 1999) Limousinen mit Heckmotor.
Als „Väter“ des Heckantriebs gelten Hans Ledwinka und Ferdinand Porsche, wiewohl schon der erste Patent-Motorwagen von Carl Benz den Motor im Heck hatte.
Vor- und Nachteile
Außer den Vorteilen des Hinterradantriebs bietet der Heckantrieb noch weitere Vorteile gegenüber Antriebskonzepten mit Frontmotor:
- Unabhängig vom Beladungszustand und der dynamischen Achslastverteilung des Fahrzeugs hat die Antriebsachse einen hohen Achslastanteil und damit gute Traktion bei glatter Fahrbahn oder beim starken Beschleunigen.
- Im Vergleich zu Fahrzeugen mit Frontmotor und Hinterradantrieb wird der Fahrgastraum nicht durch einen Kardantunnel eingeengt. Die ab den 1980er- und 1990er-Jahren stärker verbreiteten Fahrzeuge mit Frontmotor und Frontantrieb brauchen ebenfalls keinen Kardantunnel, sie haben Vergleichbares nur als Platz für den Auspuff und zur Versteifung der Bodengruppe.
Dementgegen stehen folgende Nachteile, im Vergleich zu Fahrzeugen mit Front- oder Mittelmotor:
- Das Fahrzeugheck wird teilweise oder ganz durch die Antriebseinheit in Anspruch genommen und steht dadurch eingeschränkt oder gar nicht für Stauraum zur Verfügung.
- Ist dennoch ein Kofferraum im Fahrzeugheck verwirklicht, ist entweder der Zugang zum Kofferraum oder zum Motor eingeschränkt, zudem kann der motornahe Kofferraum durch die Wärmeabstrahlung des Motors stark aufgeheizt werden.
- Der Fahrzeugbug kann die Nachteile an Stauraum nicht kompensieren, denn der vorhandene Raum wird teilweise durch die Radkästen (die wegen der gelenkten Vorderräder größer als an der Hinterachse ausfallen), die Lenkungsmechanik und den Fußraum für Fahrer und Beifahrer in Anspruch genommen.
- Die Achslast der Hinterachse ist deutlich höher als die der vorderen (hecklastig), was sich negativ auf Fahrstabilität und Seitenwindempfindlichkeit auswirkt. Die Fahrstabilität lässt sich mit breiteren Reifen an der Hinterachse und einer besser ausgeglichenen Achslastverteilung verbessern, zum Beispiel indem die Batterie vorn im Fahrzeug angeordnet wird.
Beispiele für Pkw mit Heckantrieb
- Benz Patent-Motorwagen
- BMW 600, 700, BMW i3
- Chevrolet Corvair
- Fiat 126, 500 und Puch 500
- Fiat 600, Fiat 850, Fiat 133
- Glas Goggomobil
- Goliath Pionier
- Hillman Imp
- Hino Contessa
- Mercedes-Benz 120/130/150/170H/175
- NSU Prinz
- Porsche 356, 911, 912
- Renault 4CV, Dauphine, Caravelle, R8, R10, Twingo III
- Alpine A108
- Saporoshez (alle Modelle)
- Simca 1000
- Smart Fortwo
- diverse Škoda-Modelle von 1964 bis 1990: 1000 MB, 100, 110 R, Rapid, 742
- Subaru 360
- Subaru Sambar
- Suzuki Fronte 360
- Tatra 77, 87, 97, 600, 603, 613, 700
- Tucker ’48
- KdF-Wagen, VW Typ 82 (Kübelwagen), VW Käfer (Typ 1), VW-Bus (Typ 2 („Bulli“) als T1, T2, T3), VW Karmann-Ghia, VW Typ 3 (1500/1600), VW Typ 147 („Fridolin“), VW Brasilia und VW Typ 4 (411/412)
Der Hanomag 2/10 PS (Kommißbrot) hat keinen Heckantrieb, sondern einen Hinterradantrieb, da zwischen dem Mittelmotor und Achse eine Übertragungseinrichtung (hier: Kette statt Kardanwelle) eingebaut und damit nicht der gesamte Antrieb zu einer Einheit zusammengefasst ist (Hinterradantrieb).
Andere Antriebsvarianten
Unterscheidung nach Motorposition: |
Unterscheidung nach Antriebsachsen: |
Unterscheidung nach Antriebseinheit:
|
Siehe auch
- Themenliste Fahrzeugtechnik
Literatur
- Jan Trommelmans: Das Auto und seine Technik. Motorbuchverlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01288-X.
- Wilfried Staudt: Handbuch Fahrzeugtechnik Band 1. Bildungsverlag EINS, Troisdorf 2005, ISBN 3-427-04520-X.
- Hans Jörg Leyhausen: Die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk Teil 1. 12 Auflage, Vogel, Würzburg 1991, ISBN 3-8023-0857-3.
Einzelnachweise
- Kraftfahrtechnisches Taschenbuch von Bosch