Hans Daucher
Hans Daucher, mit vollem Namen Hans Adolph Daucher, manchmal auch Adolph Daucher, der Jüngere genannt (* 1486 in Ulm[1]; † 1538 in Stuttgart), war ein deutscher Bildhauer, Schnitzer und Medailleur der Renaissance.
Leben und Wirken
Hans Dauchers Vater war der Bildhauer und Schnitzer Adolf Daucher (* um 1460 in Ulm, † um 1524 in Augsburg). Beide gehörten zur Ulmer Schule und waren in Augsburg tätig.[2][3] Verheiratet war Hans Daucher mit der Täuferpersönlichkeit Susanna Spitzmacher. Das Ehepaar hatte drei Kinder. Am Daucherschen Haus, das sich in Augsburg an der Ecke Hinterer Lech 2 / Ecke Schleifergässchen befindet, wurde 2013 eine Gedenktafel angebracht. Sie enthält unter der Überschrift Versammlungsort der Täufer folgenden Text:
„Am Ostermorgen, 12.4.1528, versammelte sich eine Gemeinde der Täufer im Haus des Bildhauers Hans Daucher und seiner Frau Susanna. Die Stadtwache sprengte die illegale „Zusammenrottung“ und verhaftete 88 Personen. Sie wurden, teilweise unter Folter, verhört. Auf Beschluss des Stadtrates wurden die meisten ausgewiesen. Dorothea Fröhlich, Scholastika Stierpaur und Thomas Paur erhielten ein Brandzeichen. Elisabeth Heggenmiller wurde die Zunge herausgeschnitten. Vorsteher Hans Leupold wurde am 25.4.1528 hingerichtet. Susanna Daucher wurde am 21.4.1528 ausgewiesen. Weil sie schwanger war, wurde ihr das Brandzeichen erspart. Ihre beiden kleinen Söhne musste sie zurücklassen.[4]“
Das dreihundertsiebzig Zentner schwere Steinbildwerk des Hauptaltars der seit 1539 Evangelisch-lutherischen St. Annenkirche in Annaberg-Buchholz stammt entweder von Vater Adolf oder seinem Sohn Hans Daucher, wobei anhand der Zeittafel eine Gemeinschaftsarbeit zu vermuten ist. In einzelnen Teilen wurde das Kunstwerk von der Daucher-Werkstatt in Augsburg in die 403 km entfernte Stadt im Erzgebirge an der Tschechischen Grenze transportiert. Im Jahr 1522 erfolgte die Aufstellung im Hauptchor. Die Skulpturen aus Solnhofener Kalkstein werden von einem Rahmenwerk aus zehn verschiedenen italienischen Marmorarten umgeben.
Zuvor wirkte Hans Daucher in den Jahren 1515/16 bei der Ausschmückung des spätgotischen Augsburger Rathauses mit.
Werkstatt
Den Kunstwerken nach muss Hans Daucher über eine sehr große Werkstatt in Augsburg verfügt haben. Ein Bereich umfasste die Anfertigung und Bearbeitung der riesigen Marmorblöcke zu seinen Skulpturen. Ein weiterer Trakt verfügte über die Gießerei bestehend aus der Formerei, dem Schmelzbetrieb und der Putzerei für seine Klein- und Groß-Plastiken. Zudem benötigte er einen Zeichenraum mit Schreibtisch und den notwendigen Utensilien für seine Entwürfe. Dies geschah meist nach lebenden und sezierten Modellen, wobei oftmals der Künstler die Sezierung selber vornahm, worauf ein zusätzliches Kellergewölbe mit Bottichen für Eis schließen lässt.
Werke als Bildhauer (Auswahl)
Skulpturen
Dauchers Figurengruppe Die Beweinung Christi um 1500 zählt zu der Innenausstattung von Notre-Dame-de-la-Nativité im elsässischen Saverne. Ebenfalls war Daucher nach 1512 an der Innenausstattung der Fuggerkapelle in der Augsburger Annakirche beteiligt. Die zentrale Fronleichnamsgruppe/Beweinungsgruppe, die Putti auf der Marmorbalustrade vor der Kapelle und die Chorgestühlbüsten sind seine Werke. Das Marmordenkmal der Edlen von Hürnheim in Hochaltingen im Ries wird von Schindler als sein Hauptwerk angesehen.
Relief
Dauchers Tätigkeit in der Anfertigung von Reliefs belegen drei tradierte Platten und ein Epitaph.
Die Geißelung Christi aus Augsburg, erstellt um 1520 in Solnhofener Plattenkalk, befindet sich im Bayerischen Nationalmuseum in München mit der Inventar-Nummer 23/155. Im Jahr 1522 fertigte er in Augsburg das Relief Allegorischer Zweikampf Albrecht Dürers mit Apelles aus Solnhofener Stein in den Maßen 22,8 × 16,8 cm an. Es befindet sich in der Skulpturensammlung des Berliner Bode-Museums und trägt die Inventar-Nummer 804. Das Werk wurde 1848 aus der Sammlung Harzen erworben. Die Heilige Familie zeigt seine Kunstfertigkeit als Renaissancemeister in Form der Darstellung von Raumperspektive mit sich verjüngender Pfeilerreihe.
- Daucher: Allegorischer Zweikampf Dürer Apelles
- Daucher: Geißelung Christi.
Einer Zuschreibung zufolge stammt das Epitaph für die Neugeborenen Paul (6 Wochen alt) und Wolfgang (14 Tage alt) von Freyberg aus den Jahren 1516 und 1521 in St.Wolfgang zu Mickhausen von Hans Daucher. Es ist neben dem Chorbogen in die Wand eingelassen. Daucher stellte die beiden Knaben dar und fügte eine Inschrift über ihr kurzes Leben hinzu.
Werke als Medailleur (Auswahl)
Hans Dauchers früheste tradierte Medaillen-Darstellung eines Profilporträts mit Büstensockel von 1523 wurde laut Stefan Krause eine beliebte Vorlage. Hans Maler zu Schwaz setzte diesen Typ 1520 bei seinem Porträt Anna Regina ein.[5] In Italien findet sich dieser Porträttyp bei folgenden Werken von Pisanello um 1431/41: Sigismund von Luxemburg und Leonello d’Este. Den Datierungen nach hat offensichtlich Daucher sich an Maler orientiert und dieser an italienischen Werken. Auch Pisanello war als Medailleur tätig. Diese Porträttypen eines Brustporträts haben ihren Ursprung in den Fajûn-Porträts.
- Daucher: Ferdinand und Anna von Böhmen, 1523, SMM.
- Kaiser Maximilian I.
- Ottheinrich von Pfalz-Neuburg, 1527. Staatliche Münzsammlung München SMM
Literatur
- Julius Baum: Dauher, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 526 (Digitalisat).
- Herbert Schindler: Augsburger Renaissance, Hans Daucher und die Bildhauer der Fuggerkapelle bei St. Anna. Bavaria Antiqua, München 1985 (Vorwort)
- Thomas Eser: Hans Daucher. Augsburger Kleinplastik der Renaissance. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1996, ISBN 3-422-06174-6
Einzelnachweise
- Herbert Schindler: Augsburger Renaissance, S. 8
- L. Forrer: Biographical Dictionary of Medallists. Daucher (Dauher), Hans. Volume VII. Spink & Son Ltd, London 1923, S. 208 f.
- L. Forrer: Biographical Dictionary of Medallists. Daucher, Hans. Volume VIII. Spink & Son Ltd, London 1930, S. 328 f.
- Mennonitengemeinde Augsburg: Enthüllung Gedenktafel Susanna Daucher, 12. April 2013; eingesehen am 27. Mai 2013; Fotografie der Tafel
- Stefan Krause: Das Porträt Hans Maler – Studien zum frühneuzeitlichen Standesporträt, Wien, 2008 (Google-online), S. 44. (PDF; 1,9 MB).