Gundernhausen
Gundernhausen (im lokalen Dialekt: Gunnerhaise)[3] ist ein Ortsteil der Gemeinde Roßdorf im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg.
Gundernhausen Gemeinde Roßdorf | |
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Höhe: | 157 m ü. NHN |
Fläche: | 6,74 km²[1] |
Einwohner: | 3512 (31. Dez. 2016)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 521 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1977 |
Postleitzahl: | 64380 |
Vorwahl: | 06071 |
Geographie
Der Ort liegt circa fünf Kilometer südwestlich von Dieburg in der historischen Region Bachgau.
Geschichte
Aus Bodenfunden geht hervor, dass die Gemarkung Gundernhausen seit Jahrtausenden besiedelt ist. Bedingt durch den Ortsnamen mit der Endung ...hausen wird vermutet, dass die Siedlung von den Franken im 8. oder 9. Jahrhundert gegründet wurde. Im Jahre 763 schenkte Pippin der Jüngere der Abtei Fulda das heutige Groß-Umstadt mit allem Zubehör, zu dem auch Gundernhausen gehört haben soll.
Die erste schriftliche Erwähnung des kompletten Ortsnamens als Gunthershusen finden wir in einer Urkunde des Klosters Fulda aus dem Jahre 1250.[4] In einer weiteren Urkunde aus dem Jahre 1257 erneuert der Abt von Fulda die Lehen der Grafen Dieter und Eberhard von Katzenelnbogen unter anderem an Gundernhausen. In den historischen Dokumenten ist der Ort dann im Laufe der Jahrhunderte unter wechselnden Ortsnamen belegt.[5] Unter anderem als Gunderadeshusen 1318, als Gunderdehusen 1423, als Gundelhusen 1453, Gondernhusen 1492 und als Gondernhaußen 1671.
Im ausgehenden 14. Jahrhundert kam es zu Streitigkeiten zwischen den Grafen zu Katzenelnbogen und der Stadt Worms, in deren Verlauf große Schäden in der Grafschaft entstanden. Im Schadenverzeichnis aus dem Jahre 1390 ist vermerkt, dass dem Kunz Ulrich von Gundernhausen sieben Ohm Wein genommen wurden. Damit gibt es einen Hinweis auf Weinbauaktivitäten um Gundernhausen.
Im Jahr 1479, mit dem Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen, fiel Gundernhausen an die Landgrafschaft Hessen. 1526 wurde Gundernhausen zusammen mit der Landgrafschaft evangelisch. In der evangelischen Kirche blieb die 1520 gegossene Glocke Anna bis heute erhalten. Gundernhausen, das ursprünglich zur Mutterkirche Lengfeld gehörte, erhielt 1412 eine eigene Pfarrei.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde Gundernhausen zweimal schwer beschädigt. 1622 wurde das Dorf durch Truppen des Grafen von Mansfeld ausgeraubt, und um das Jahr 1636 lagerten die Schwedischen Truppen am heute noch so genannten Schwedenrain. Der anschließenden Pest fielen fast alle Einwohner zum Opfer; jahrelang war der Ort mit den verfallenen Häusern unbewohnt. Das älteste noch vorhandene Kirchenbuch wurde 1599 von Pfarrer Theoderich Kraft Weidling begonnen und endete 1634, als er an der Pest starb.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort langsam wieder neu besiedelt. Die treibende Kraft waren dabei die beiden in der Gemarkung gelegenen Hofgüter.
Im Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert gab es Einquartierungen französischer und anderer Truppen. 1813 wurde die Dieburger Mark aufgelöst und Gundernhausen erhielt anteilig zu seiner damaligen Einwohnerzahl Gemeindewald zugesprochen.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Gundernhausen:
»Gundernhausen (L. Bez. Reinheim) luth. Pfarrdorf; liegt in einer großen Ebene, 2 St. von Reinheim, und hat 108 Häuser und 735 Einw., die bis auf 2 Kath., 1 Reform und 5 Juden lutherisch sind. Unter diesen sind 90 Gewerbsleute und 104 Bauern und Taglöhner. Man findet hier eine 1747 neuerbaute Kirche, das von Grolman’sche Lehengut, mit einem schön angelegten Garten und 4343⁄4 Morgen Acker- und Wiesenland, ein Pfarrhaus, ein neues Schulhaus, eine Mahlmühle und eine zu eben bemerkten Lehengute gehörige Ziegelhütte. Gundernhausen ist der Sitz des Steuerkommissairs, und der Geburtsort des Botanikers Joh. Christoph Röhling, der den 27. April 1757 geboren wurde. – Der Ort kommt in Urkunden unter dem Namen Cuncherateshusen vor und war ein Lehen von Fulda, womit nebst dem Hofe die Grafen von Katzenellenbogen belehnt waren, und welches Lehen namentlich 1250 erneuert wurde. Die Kirche war ein Filial von Roßdorf und wurde erst nach der Reformation zur Pfarrkirche erhoben.«[6]
1863 wurde der erste Verein gegründet, der Bienenzuchtverein. Ihm folgten mehrere Gesangvereine (ab 1865), der erste Turnverein (1905) und später der Kaninchenzuchtverein (1912). 1897 erhielt Gundernhausen Anschluss an das Schienennetz, als am ehemaligen Bahnhof der Bahnstrecke Darmstadt Ost–Groß-Zimmern der erste Eisenbahnzug hielt. Eine elektrische Beleuchtung wurde im Jahr 1913 installiert und eine öffentliche Wasserversorgung entstand 1934 durch das verlegte Wasserrohrnetz.
Wie alle deutschen Gemeinden hatte auch Gundernhausen unter dem Zweiten Weltkrieg zu leiden, und 102 Männer und Frauen überlebten dieses einschneidende Ereignis nicht. Mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen am 25. März 1945 ging für Gundernhausen der Krieg zu Ende.
Über 400 Heimatvertriebene und Ausgebombte nahm Gundernhausen in den Jahren 1946 bis 1955 auf; das Dorf veränderte sich, Neubaugebiete wurden erschlossen, die Bevölkerungszahl verdoppelte sich, eine neue Schule wurde eingeweiht, und die 1957 durchgeführte Flurbereinigung veränderte das Landschaftsbild.
Gebietsreform
Am 1. Januar 1977 wurde im Rahmen der Gebietsreform in Hessen kraft Landesgesetz die bis dahin selbstständige Gemeinde Gundernhausen nach Roßdorf eingegliedert, zugleich wurde der Landkreis Darmstadt-Dieburg gegründet, zu dem Gundernhausen seither gehört.[7] Ortsbezirke nach der Hessischen Gemeindeordnung wurden nicht errichtet.
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Gundernhausen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[5][8][9]
- vor 1479: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Katzenelnbogen, Obergrafschaft Katzenelnbogen
- ab 1479: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Obergrafschaft Katzenelnbogen
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obergrafschaft Katzenelnbogen, (1791: Amt Lichtenberg, Zent Oberramstadt, Roßdorfer Reiswagen)
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg[10]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Reinheim (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lichtenberg) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1866: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Dieburg (Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland (seit 1946), Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg
- am 1. Januar 1977 zur Gemeinde Roßdorf
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg (in dem die Landkreise Landkreis Dieburg und Darmstadt im Zuge der Gebietsreform in Hessen aufgingen)
Gerichtszugehörigkeit
Gundernhausen lag im Gerichtsbezirk der Zent Oberramstadt. Die Zent war in sogenannte „Reiswagen“ eingeteilt, denen jeweils ein Oberschultheiß vorstand, die dem Zentgrafen unterstellt waren. Dieser Bezirk hatte einen Frachtwagen (Reiswagen) einschließlich Zugtiere und Knechten für Feldzüge bereitzustellen. Gundernhausen gehörte zum „Roßdorf Reiswagen“, zu dem auch Roßdorf sowie alle zugehörigen Höfe und Mühlen gehören. Die gesamte Zent Ober-Ramstadt war dem Amt Lichtenberg zugeteilt. Diese Einteilung bestand noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.[11]
Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lichtenberg das Gericht erster Instanz, zweite Instanz war das Hofgericht Darmstadt. Es folgten:[5]
- ab 1848: Landgericht Reinheim (Verlegung von Lichtenberg nach Reinheim), zweite Instanz: Hofgericht Darmstadt
- ab 1879: Amtsgericht Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
- ab 1968: Amtsgericht Darmstadt mit der Auflösung des Amtsgerichts Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
Einwohnerentwicklung
• 1791: | 464 Einwohner[11] |
• 1800: | 498 Einwohner[12] |
• 1806: | 540 Einwohner, 89 Häuser[10] |
• 1829: | 735 Einwohner, 108 Häuser[6] |
• 1867: | 872 Einwohner, 135 Häuser[13] |
Gundernhausen: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1791 | 464 | |||
1800 | 498 | |||
1806 | 540 | |||
1829 | 735 | |||
1834 | 741 | |||
1840 | 800 | |||
1846 | 767 | |||
1852 | 815 | |||
1858 | 861 | |||
1864 | 850 | |||
1871 | 868 | |||
1875 | 857 | |||
1885 | 816 | |||
1895 | 908 | |||
1905 | 995 | |||
1910 | 1.020 | |||
1925 | 1.094 | |||
1939 | 1.124 | |||
1946 | 1.472 | |||
1950 | 1.714 | |||
1956 | 1.664 | |||
1961 | 1.754 | |||
1967 | 2.443 | |||
1970 | 2.584 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 3.126 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [5]; Zensus 2011[14] |
Religionszugehörigkeit
• 1829: | 727 lutheranische (= 98,91 %), ein reformierter (= 0,14 %), 5 jüdische (= 0,68 %) und 2 katholische (= 0,27 %) Einwohner[6] |
• 1961: | 1324 evangelische (= 75,48 %), 382 katholische (= 21,78 %) Einwohner[5] |
Wappen
Blasonierung: „Ein Schild in Blau, unter einem silbernen sechszackigen Stern ein aufwärtsgekehrt liegender goldener Halbmond, an dem ein silbernes Hufeisen hängt.“[15]
Das Wappen enthält Elemente des Siegels des gemeinsamen Dorfgerichts von Roßdorf und Gundernhausen aus dem 19. Jahrhundert. | |
Eine offizielle Flagge wurde nie genehmigt. Es gibt jedoch eine nichtamtliche Flagge, die auf weiß-rot-geviertem Flaggentuch das Gemeindewappen zeigt.
Regelmäßige Veranstaltungen
- Juli: Parkfest[16]
- September: Ein wichtiges Fest im Dorf ist die erstmals 1599 schriftlich erwähnte Kirchweih (Kerb). Sie findet am 1. Sonntag nach dem 1. September über vier Tage statt und wird von der gesamten Bevölkerung gefeiert.[17]
- November/Dezember: Weihnachtsmarkt[18]
Verkehr
Der Haltepunkt Gundernhausen lag an der Bahnstrecke Darmstadt Ost–Groß-Zimmern. Der Personenverkehr wurde am 1. Juni 1966 eingestellt. Diese Bahnstrecke ist stillgelegt. Gundernhausen ist über eine eigene Anschlussstelle an die autobahnähnlich ausgebaute Bundesstraße B26 in Fahrtrichtung Darmstadt sowie in Fachrichtung Dieburg angeschlossen.
Weblinks
- Geschichte von Gundernhausen. In: Webauftritt der Gemeinde Rosdorf.
- Gundernhausen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Suche nach Gundernhausen In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Einzelnachweise
- Daten-Informationen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Webauftritt. Gemeinde Roßdorf, archiviert vom Original am 2. Mai 2014; abgerufen im Mai 2014.
- Bedarfs- und Entwicklungsplan Feuerwehr Roßdorf S. 5 Abgerufen am 14. April 2021.
- Darmstädter Echo, Samstag, 22. Juli 2017, S. 26
- Die Regesten der Grafen von Katzenelnbogen, Band 1: 1060–1418
- Gundernhausen, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 23. Juli 2012). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 30. Oktober 2012.
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 93 (Online bei google books).
- Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II 330–334) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 318, §§ 12 und 18 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Online bei google books).
- Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 125 (Online in der HathiTrust digital library).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 126 (Online in der HathiTrust digital library).
- Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 34 (Online bei google books).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Gundernhausen: Wapen (HStAD Bestand R 6 C Nr. 98) In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 1970.
- Darmstädter Echo, Montag, 24. Juli 2017, S. 17
- Darmstädter Echo, Donnerstag, 1. September 2016, S. 24
- Darmstädter Echo, Donnerstag, 26. November 2015, S. 20