Gundaker von Liechtenstein
Gundaker von Liechtenstein (seit 1623 Fürst) (* 30. Januar 1580 auf Schloss Lednice; † 5. August 1658 auf Schloss Wilfersdorf) war ein Mitglied des Hauses Liechtenstein und als solcher Herr über große Besitzungen. Außerdem stand er in Habsburger Diensten.
Biografie
Familie
Er war der jüngste Sohn von Hartmann II. von Liechtenstein-Feldsberg (1544–1585) und dessen Gattin Anna Maria von Ortenburg (1547–1601), Enkeltochter des Reichsgrafen Ulrich II. von Ortenburg.[1] Seine Brüder waren Karl und Maximilian. Er erhielt eine sorgfältige Bildung.
Er selbst war zweimal verheiratet. In der ersten Ehe heiratete er Agnes von Ostfriesland und in der zweiten Ehe Elisabeth von Teschen. Aus beiden Ehen gingen zusammen vier überlebende Nachkommen hervor. Er war Begründer der sogenannten Gundakerschen Linie des Hauses Liechtenstein. Die Brüder schlossen 1606 einen Familienvertrag, der vorsah, dass jeweils der Erstgeborene der ältesten Linie Oberhaupt des Hauses ist.[2]
In Habsburger Diensten
Der Vater war Lutheraner und hat seine Kinder in diesem Sinn erzogen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts traten er und seine Brüder zum Katholizismus über. Darüber verfasste er eine Rechtfertigungsschrift „Bewegursachen, so mich zu Annehmung des katholischen Glaubens bewogen haben.“
Dies hat seinen Aufstieg am kaiserlichen Hof erleichtert. Er diente am Hof von Matthias, Ferdinand II. und Ferdinand III. Er trat 1599 als Kämmerer in den Hofdienst ein. In der Folgezeit begleitete er Erzherzog Matthias auf Kriegszügen nach Ungarn und war bei der Belagerung von Ofen anwesend. Im Jahr 1606 diente er mehrfach als Gesandter und begleitete 1608 Matthias bei dessen Zug nach Böhmen gegen Rudolf II. Im Jahr 1606 wurde er Rat bei der Hofkammer. Deren Leitung übernahm er 1613. Bereits 1608 scheint er die Position vertretungsweise innegehabt zu haben. Auch in der niederösterreichischen Kammer war er Rat. Zwischen 1614 und 1617 hatte er verschiedene Posten inne. So war er Landeshauptmann in Oberösterreich, Landmarschall in Niederösterreich, Obersthofmeister von Erzherzog Johann Karl und Obersthofmeister der Ehefrau von Kaiser Matthias Anna von Österreich-Tirol.
Sein eigentlicher politischer Aufstieg fiel in die Zeit des beginnenden Dreißigjährigen Krieges. Im Jahr 1618 übernahm er eine Gesandtschaft zu den Ständen Schlesiens. Seine Aufgabe war es zu verhindern, dass Schlesien sich dem Böhmischen Aufstand anschloss. Dieser Versuch scheiterte. Danach unternahm er zu Beginn des Jahres 1619 eine Gesandtschaftsreise zu verschiedenen Fürsten, Kurfürsten und Bischöfen um offiziell den Tod von Kaiser Matthias mitzuteilen. Auch der böhmische Aufstand war Thema. Eine Geheiminstruktion für die Gespräche mit Herzog Maximilian von Bayern und anderen katholischen Fürsten sah Verhandlungen über die militärische Unterstützung der katholischen Liga in dem bevorstehenden Krieg vor. Im selben Jahr unternahm er eine zweite Gesandtschaftsreise zu den geistlichen Kurfürsten zur Vorbereitung der Wahl Ferdinand II. zum Kaiser. Auch eine Höflichkeitsreise zu Kurfürst Friedrich von der Pfalz unternahm er, obwohl man in Wien bereits wusste, dass dieser davor stand, eine wichtige Rolle beim böhmischen Aufstand zu übernehmen. Liechtenstein war bei der Kaiserwahl anwesend und begleitete anschließend Ferdinand. Nach weiteren Gesandtschaften verhandelte er mit den österreichischen Stände über ihr Verhalten zu den Aufständischen. Zu einem Bruch mit den Böhmen kam es nicht. Nach dem kaiserlichen Sieg erhielt er den Auftrag, die Anhänger des Aufstandes in Oberösterreich zu bestrafen.
Seit 1621 war er geheimer Rat (enger politischer Berater des Kaisers). Vor allem in der Zeit vor 1626 war er als führender Kopf des geheimen Rates einflussreich. Seit 1625 war er Obersthofmeister. Er wurde von Hans Ulrich von Eggenberg verdrängt. Dieser war Anhänger Wallensteins und Oberhaupt der "spanischen" Partei am Hof. Liechtenstein war seitdem ein Gegner Wallensteins.[3]
Er verfasste verschiedene Gutachten und hat zwei Fürstenspiegel geschrieben. Er schlug die Gründung einer Ritterakademie vor und plädierte für eine Reform der Verwaltung. Auch forderte er, dass der Staat die Wirtschaft im Sinne des Frühmerkantilismus fördern solle, um die Einnahmen zu erhöhen. Dabei hat er offenbar Giovanni Botero und andere zeitgenössische Staatstheoretiker rezipiert. Neben seinen dienstlichen Schriften veröffentlichte er auch ein Werk über die Zäumung von Pferden.
Er wurde 1623 in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben.
Gegenreformation
Sein Weltbild war antimachiavellistisch und vom gegenreformatorischen Katholizismus geprägt. Er hat zahlreiche Stiftungen für Kirchen und Klöster gemacht und den Katholizismus auf seinen Besitzungen durchgesetzt. Zur Kontrolle wurde auf den Besitzungen ein gestufter Überwachungsapparat aufgebaut. So konnte er auch gegen Widerstand vor allem in Teilen von Ostmähren den Protestantismus verdrängen.[4]
Besitzungen
Bei der Erbteilung nach dem Tod des Vaters 1598 erhielt er die Herrschaften Wilfersdorf und Ringelsdorf. Im Jahr 1601 erließ er eine Ordnung für seine Untertanen. Seine wirtschaftliche Lage war so gut, dass er wie sein Bruder dem Staat Darlehen gewähren konnte.
Wie seine beiden Brüder konnte er zur Vergrößerung des Familienbesitzes beitragen. Er profitierte dabei wie andere katholische und kaisertreue Adelige von der Enteignung der Unterstützer des böhmischen Aufstandes nach 1619. Die Herrschaft Ostroh erhielt er von Ferdinand II. zum Dank für geleistete Dienste geschenkt. Weitere Herrschaften Ostrau wie Kromau erwarb er um 1622. Der Kauf erfolgte dabei wahrscheinlich mit schlechten Münzen. Statt der bezahlten 540.000 Gulden betrug der tatsächliche Wert des Geldes weniger als 70000 Gulden. Der Wert der Besitzungen lag dabei bei über einer Million Gulden.[5] 1633 erreichte er, dass die Herrschaften Kromau und Ostroh zum Fürstentum Liechtenstein mit Residenz in Stadt Liechtenstein (Kromau) erhoben wurden; der Name dieses Titularfürstentums wurde jedoch nur bis 1646 verwendet.[6]
Allerdings sind weitere Versuche den Besitz zu mehren, fehlgeschlagen. Durch seine erste Frau Agnes konnte er Anspruch auf die Grafschaft Rietberg erheben. Dabei unterlag er in einem langen Rechtsstreit Maximilian Ulrich von Kaunitz. Auch der Erwerb des Herzogtum Teschen gelang nicht. Dabei hatte er vergeblich versucht, seine Frau als Landesherrin von Teschen unter Druck zu setzen. Sie zog sich nach Schlesien zurück und ließ ihren Mann wissen, wenn dieser an einer Fortsetzung der Ehe interessiert sei, müsse er nach Teschen kommen.[7] Der Besitz fiel als erledigtes Lehen an die böhmische Krone zurück.
Wilfersdorf war sein bevorzugter Aufenthaltsort. Er ließ daher die Burg Wilfersdorf zu einem Wasserschloss umbauen.
Nachkommen
Gundaker von Lichtenstein war zweimal verheiratet. Er heiratete 1603 Gräfin Agnes von Ostfriesland (* 1. Januar 1584; † 28. Februar 1616). Das Paar hatte folgende Kinder:
- Juliana (1605–1658) ⚭ 1636 Graf Nikolaus Fugger von Nordendorf (1596–1676)
- Elisabeth (1606–1630)
- Maximiliana Constanza (* 3. Januar 1608; † 1642) ⚭ 1630 Graf Matthias von Thurn und Valsassina
- Caesar, (1609–1610)
- Johanna (1611–1611)
- Hartmann von Liechtenstein, 2. Fürst von Liechtenstein (* 9. Februar 1613; † 11. Februar 1686) ⚭ 27. Oktober 1640 Sidonie Elisabeth zu Salm-Reifferscheidt (* 6. September 1623; † 23. September 1688)
Aus der zweiten Ehe (⚭ 1618) mit Elisabeth Lukretia von Teschen (* 1. Juni 1599; † 19. Mai 1653) stammen folgende Kinder:
- Maria Anna (* 13. August 1621; † 1655) ⚭ 1652 Wilhelm Heinrich Schlik, Graf von Passaun und Weisskirchen († 1652)
- Ferdinand Johann (1622–1666) ⚭ Gräfin Dorothea Anna von Lodron (1619–1666), Witwe von Matthias Gallas
- Albert (1625–1627) (?)
- Anna (1625–1654) (?)
Literatur
- Franz Christoph Khevenhüller (Graf zu Frankenburg): Conterfet Kupfferstich: (soviel man bekommen können) de jenigen vornehmen Ministren und hohen Officiern, so von Kysers Ferdinand des Andern Geburth an, biß zu Desselben seeligisten Hintritt continué und successivè Ihr Kayserl. Majestät gedienet, Zweyter Theil. 1722, Band 2, S. 16 (Digitalisat).
- Constantin von Wurzbach: Liechtenstein, Gundaker. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 15. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1866, S. 124 (Digitalisat).
- Jacob von Falke: Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein. Bd. 2, Wien 1877, S. 267–300.
- Thomas Winkelbauer. Fürst und Fürstendiener. Gundaker von Liechtenstein. Ein Österreichischer Aristokrat des konfessionellen Zeitalters. Wien/ München 1999, ISBN 3-486-64837-3.
- Thomas Winkelbauer: Gundaker von Liechtenstein als Grundherr in Niederösterreich und Mähren. Normative Quellen zur Verwaltung und Bewirtschaftung eines Herrschaftskomplexes und zur Reglementierung des Lebens der Untertanen durch einen adeligen Grundherrn sowie zur Organisation des Hofstaats und der Kanzlei eines „Neufürsten“ in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Wien 2008.
Weblinks
Einzelnachweise
- Genealogische Seite zu Anna Maria von Ortenburg
- Geschichte Haus Liechtenstein (Memento des Originals vom 23. Dezember 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Josef V. Polišenský; Frederick Snider: War and society in Europe, 1618-1648. Cambridge 1978, S. 149.
- Thomas Winkelbauer: Grundherrschaft, Sozialdisziplinierung und Konfessionalisierung in Böhmen, Mähren und Österreich unter der Enns im 16. und 17. Jahrhundert. In: Joachim Bahlcke (Hrsg.): Konfessionalisierung in Ostmitteleuropa : Wirkungen des religiösen Wandels im 16. und 17. Jahrhundert in Staat, Gesellschaft und Kultur. Steiner, Stuttgart 1999, ISBN 3-515-07583-6, S. 327.
- Maria Harrer: Gundaker von Liechtenstein. Rezension Thomas Winkelbauer. In: Historicum Herbst 99. (Digitalisat)
- Evelin Oberhammer: Mährisch Kromau (Herrschaft, tschechisch Moravský Krumlov). In: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein.
- Ronald G. Asch: Europäischer Adel in der frühen Neuzeit. Köln u. a., 2008, S. 103.