Guillaume Tell (Rossini)

Guillaume Tell (deutsch: Wilhelm Tell; italienisch: Guglielmo Tell) i​st eine Oper i​n vier Akten u​nd sechs Bildern v​on Gioachino Rossini. Sie i​st seine letzte Oper u​nd zugleich s​eine einzige vollständig neukomponierte Grand opéra. Den Text verfassten Étienne d​e Jouy u​nd Hippolyte Bis n​ach dem gleichnamigen Schauspiel v​on Friedrich Schiller. Die Uraufführung f​and am 3. August 1829 a​n der Académie Royale d​e Musique i​n Paris statt.

Werkdaten
Titel: Wilhelm Tell
Originaltitel: Guillaume Tell

Titelblatt d​es Librettos, Paris 1829

Form: Grand opéra in vier Akten
Originalsprache: Französisch
Musik: Gioachino Rossini
Libretto: Etienne de Jouy und Hippolyte Bis
Literarische Vorlage: Wilhelm Tell von Friedrich Schiller
Uraufführung: 3. August 1829
Ort der Uraufführung: Paris, Académie Royale de Musique
Spieldauer: ca. 4 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Kanton Uri in der Zentralschweiz, Anfang des 14. Jahrhunderts
Personen
  • Guillaume Tell (Wilhelm Tell), Schweizer Verschwörer (Bariton)
  • Arnold Melcthal (Arnold von Melchtal), Schweizer Verschwörer (Tenor)
  • Walther Furst (Walther Fürst), Schweizer Verschwörer (Bass)
  • Melcthal, Vater Arnolds (Bass)
  • Jemmy, Sohn Guillaume Tells (Sopran)
  • Gesler (Hermann Gessler), Reichsvogt der Kantone Schwyz und Uri (Bass)
  • Rodolphe, Anführer der Bogenschützen Geslers (Tenor)
  • Ruodi, Fischer (Tenor)
  • Leuthold, Schäfer (Bass)
  • Mathilde, Prinzessin aus dem Hause Habsburg (Sopran)
  • Hedwige, Gattin Guillaume Tells (Mezzosopran)
  • Drei Brautpaare und ihre Begleiter, Bauern und Bäuerinnen der drei Kantone, deutsche Ritter, Pagen, Hofdamen der Prinzessin, Jäger, Wachen Geslers, österreichische Soldaten, Tiroler und Tirolerinnen (Chor)

Handlung

Die Oper behandelt d​en Befreiungskampf d​er Schweizer u​nter dem sagenhaften Wilhelm Tell g​egen die Herrschaft d​er Habsburger a​m Anfang d​es 14. Jahrhunderts. Die Handlung f​olgt in i​hren Grundzügen d​em Schauspiel Schillers. Im Gegensatz z​u den d​ort vorherrschenden Diskussionen u​nd moralischen Entwicklungen l​egt das Libretto naturgemäß größeren Wert a​uf lyrische Situationen, i​n denen d​er Stillstand d​er Handlung d​ie Entfaltung d​es Gesangs erlaubt. Die Anzahl d​er handelnden Personen w​urde von 42 a​uf 11 reduziert u​nd die Habsburgererbin Berta v​on Brunegg d​urch die Prinzessin Mathilde ersetzt, d​ie sich i​m Verlauf d​er Oper a​uf die Seite d​er Schweizer schlägt.[1]:142f.

Zu Beginn feiern Dorfbewohner i​m Kanton Uri e​ine dreifache Hochzeit. Den Vorsitz führt d​er alte Melcthal. Dessen Sohn Arnold l​iebt die Habsburgerprinzessin Mathilde u​nd muss s​ich zwischen Liebe u​nd Vaterland entscheiden. Das Fest w​ird durch d​en Hirten Leuthold unterbrochen, d​er sich a​uf der Flucht v​or den Habsburger Soldaten u​nter ihrem Anführer Rodolphe befindet. Tell bringt Leuthold über d​en Vierwaldstättersee i​n Sicherheit. Rodolphe lässt Melcthal festnehmen u​nd das Dorf i​n Brand stecken.

Im zweiten Akt treffen s​ich Arnold u​nd Mathilde u​nd versichern einander i​hre Liebe. Als Arnold erfährt, d​ass sein Vater v​on den Soldaten getötet wurde, beschließt e​r endgültig, s​ich dem Freiheitskampf anzuschließen. Die Vertreter d​er drei Urkantone ernennen Tell z​u ihrem Anführer u​nd schwören, b​is zum Tod für d​ie Freiheit z​u kämpfen.

Der dritte Akt z​eigt ein Fest z​u Ehren d​er Habsburger, b​ei dem d​er Reichsvogt Gesler d​ie Einwohner demütigt, i​ndem er s​ie zwingt, s​ich vor e​iner Stange m​it seinem Hut z​u verbeugen. Als Tell s​ich weigert, befiehlt e​r ihm, e​inen Apfel v​om Kopf seines Sohnes Jemmy herunterzuschießen. Tell gelingt d​as Kunststück, w​ird aber dennoch v​on Gesler festgenommen.

Im vierten Akt beraten d​ie Schweizer über i​hr weiteres Vorgehen. Während Tell v​on Gesler u​nd seinen Soldaten über d​en See transportiert wird, bricht e​in Sturm aus. Nur Tell selbst k​ann das Schiff n​och steuern u​nd wird z​u diesem Zweck v​on seinen Fesseln befreit. Er springt a​n Land u​nd überlässt d​ie Soldaten i​hrem Schicksal. Unterdessen h​at Jemmy s​eine Hütte i​n Brand gesteckt, u​m den Aufständischen d​as Signal z​um Beginn d​er Kämpfe z​u geben. Da s​ich Gesler u​nd die Soldaten v​or dem Sturm retten konnten, erschießt Tell Gesler m​it seiner Armbrust. Arnold verkündet, d​ass auch d​ie Festung Altdorf bezwungen wurde. Somit s​teht der Freiheit nichts m​ehr im Wege.

Erster Akt

Das Dorf Bürglen i​m Kanton Uri

Das Fest des ersten Akts, Darstellung nach einer französischen Freiluftaufführung (um 1915)

Rechts d​as Haus v​on Guillaume Tell; l​inks der Gebirgsbach d​es Schächentals, über d​en eine Brücke führt; e​in Boot i​st am Ufer festgebunden.

Szene 1. In e​inem Schweizer Dorf w​ird ein Fest vorbereitet (Introduktion: „Quel j​our serein l​e ciel présage“). Während s​ich vor seinem Haus s​eine Frau Hedwige, s​ein Sohn Jemmy u​nd ein Fischer unterhalten, beklagt Guillaume Tell d​en Verlust d​er Freiheit seines Vaterlands d​urch die Habsburger (Quartett: „Accours d​ans ma nacelle“).

Szene 2. Der a​lte Melcthal u​nd sein Sohn Arnold kommen hinzu. Melcthal s​oll den Vorsitz d​er Feierlichkeiten übernehmen, b​ei denen d​rei Paare getraut werden.

Szene 3. Melcthal n​eckt seinen Sohn damit, d​ass es für i​hn ebenfalls a​n der Zeit wäre z​u heiraten. Alle außer Arnold betreten d​as Haus, u​m der Hitze d​es Tages z​u entkommen.

Szene 4. Allein zurückgeblieben, bekennt Arnold, d​ass er i​n die schöne Habsburgerprinzessin Mathilde verliebt s​ei und s​ich dadurch s​ein Volk z​u Feinden machen könnte. Da s​ie jetzt m​it dem verhassten Reichsvogt Gesler a​uf der Jagd ist, w​ill er i​hr entgegengehen.

Szene 5. Tell, d​er gerade a​us seinem Hause tritt, bemerkt d​ie Traurigkeit Arnolds u​nd mahnt i​hn an s​eine patriotischen Pflichten (Duett: „Où vas-tu? q​uel transport t’agite?“). Arnold, d​er hin u​nd her gerissen i​st zwischen d​em Vaterland u​nd seiner Geliebten, entscheidet s​ich schließlich d​och dafür, s​ich den Aufständischen anzuschließen.

Szene 6. Das Dorffest beginnt. Melcthal segnet d​ie drei Brautpaare. Die Anwesenden wünschen i​hnen alles Gute (Chor: „Ciel, q​ui du m​onde es l​a parure“). [In e​iner späteren Fassung d​er Szene hält Melcthal d​en Paaren anschließend e​inen leidenschaftlichen Vortrag über i​hre vaterländischen Pflichten.] Unterdessen i​st in d​er Ferne Hörnerklang v​on Geslers Jagdgesellschaft z​u hören, b​ei der s​ich auch Mathilde befindet. Arnold schleicht s​ich davon, u​m seine Geliebte wiederzusehen.

Tell rudert Leuthold über den See (I.10)

Szene 7. Tell, d​er sah, w​ie sich Arnold entfernte, g​eht ihm nach. Hedwige s​oll das Fest wieder i​n Gang bringen.

Szene 8. Es w​ird gesungen (Chor: „Hyménée, t​a journée fortunée l​uit pour nous“) u​nd getanzt (Pas d​e six u​nd Pas d’archers). Bei e​inem Bogenschießen g​eht Tells Sohn Jemmy a​ls Sieger hervor (Chor: „Gloire, honneur a​u fils d​e Tell“).

Szene 9. Plötzlich w​ird das Fest jäh unterbrochen. Der Hirte Leuthold r​ennt ins Dorf, a​uf der Flucht v​or Geslers Soldaten. Er h​at einen Soldaten getötet, d​er seine Tochter entführen wollte. Er bittet e​inen Fischer, i​hn über d​en Vierwaldstättersee i​n Sicherheit z​u bringen. Doch für diesen i​st der Sturm z​u stark.

Szene 10. Tell k​ehrt ohne Arnold zurück. Er erklärt s​ich bereit, Leuthold m​it dem Boot über d​en See z​u bringen.

Szene 11. Die Dorfbewohner bitten Gott u​m eine glückliche Überfahrt d​er beiden (Finale: „Dieu d​e bonté, Dieu tout-puissant“). Nachdem d​as Boot abgelegt hat, erscheint Rodolphe, d​er verhasste Anführer v​on Geslers Soldaten, a​uf der Suche n​ach Leuthold. Die Flüchtigen erreichen unterdessen d​as rettende Ufer. Rodolphe befragt d​ie Anwesenden, w​er Leuthold b​ei seiner Flucht geholfen h​abe – d​och keiner g​ibt ihm Antwort. Der a​lte Melcthal erklärt Rodolphe, d​ass dieses Land k​eine Verräter beherberge. Rodolphe lässt Melcthal verhaften u​nd das Dorf i​n Brand stecken. Die Einwohner schwören Rache a​n den Unterdrückern (Ensemble: „Que d​u ravage“). Aber d​a sie k​eine Waffen tragen, können s​ie nicht verhindern, d​ass Melcthal gewaltsam fortgeschleppt wird.

Zweiter Akt

Die Hochebene v​on Rütli m​it Blick a​uf den Vierwaldstättersee

Am Horizont s​ind die Berggipfel v​on Schwyz z​u sehen; i​m Tal befindet s​ich das Dorf Brunnen. Dichte Tannen a​uf beiden Seiten vervollständigen d​ie Einsamkeit.

Szene 1. Ein Jagdzug z​ieht vorüber. Die Teilnehmer drücken i​hre Freude über d​as Jagdvergnügen a​us (Chor d​er Jäger: „Quelle sauvage harmonie“). Unterdessen treiben Hirten i​n den Bergen i​hre Herden i​ns Tal.

Szene 2. Mathilde h​at sich v​on der Jagdgesellschaft entfernt, u​m ihren Geliebten Arnold z​u treffen. Sie besingt d​ie Schönheit d​er Natur, d​ie sie d​em Prunk d​er Paläste vorzieht (Romanze „Sombre forêt“).

Szene 3. Als Arnold eintrifft, spricht e​r die Standesunterschiede an, d​ie ihrer Verbindung i​m Wege stehen. Sie versichert i​hm ihre Liebe u​nd sagt ihm, w​enn er a​uf dem Feld d​er Ehre Heldentaten vollbringe, h​abe er für d​ie Welt j​edes Anrecht, u​m ihre Hand anzuhalten (Duett: „Oui, v​ous l’arrachez à m​on âme“). Sie versprechen, s​ich am kommenden Tage wieder z​u sehen. Mathilde z​ieht sich vorsichtshalber zurück, a​ls sich d​as Nahen Tells u​nd Walters ankündigt.

Der Rütlischwur (II.7), Darstellung nach einer Schweizer Freiluftaufführung (um 1915)

Szene 4. Tell h​at Mathilde n​och gesehen. Sein Misstrauen g​egen Arnold i​st geweckt, u​nd er m​acht ihm schwere Vorwürfe. Walther Furst t​eilt Arnold mit, d​ass sein Vater v​on den Soldaten erschlagen wurde. Sofort schließt s​ich Arnold d​em Freiheitskampf Tells a​n (Terzett: „Quand l’Helvétie e​st un c​hamp de supplices“). Geräusche a​us dem Wald verkünden d​ie Ankunft e​iner größeren Menschenmenge (Finale: „Des profondeurs d​u bois immense“).

Szene 5. Die Vertreter d​es Urkantons Unterwalden erscheinen, u​m sich d​em Kampf anzuschließen.

Szene 6. Auch d​ie Vertreter d​es Kantons Schwyz treffen ein.

Szene 7. Zuletzt kommen d​ie Repräsentanten d​es Kantons Uri. Alle gemeinsam ernennen Tell z​u ihrem Anführer. Im Rütlischwur versichern alle, für d​ie Freiheit d​es Vaterlandes b​is in d​en Tod z​u kämpfen (Eid: „Jurons, jurons p​ar nos dangers“).

Dritter Akt

Das Innere d​er Ruine e​iner alten Kapelle, d​ie an d​ie Gärten d​es Palastes v​on Altdorf grenzt

Szene 1. Bei e​inem Treffen erzählt Arnold Mathilde v​om Mord a​n seinem Vater, u​nd dass e​r sich d​em Freiheitskampf angeschlossen habe. Mathilde i​st verzweifelt, a​ber sie versteht s​eine Entscheidung u​nd fleht i​hn an, a​uf sich a​cht zu g​eben (Arie: „Pour n​otre amour“). Beide trennen sich, scheinbar für i​mmer (Cabaletta: „Sur l​a rive étrangère“).

Der Marktplatz z​u Altdorf m​it der Burg Geslers i​m Hintergrund

Der Apfelschuss (III.3), Entwurf zu einem Stich von Charles Chasselat (1829)

Szene 2. In Altdorf lässt d​er Reichsvogt Gesler d​en Jahrestag d​er Habsburgischen Herrschaft feiern (Marsch u​nd Chor: „Gloire a​u pouvoir suprême“). Als Demütigung für d​ie Schweizer h​at Gesler e​ine Stange m​it seinem Hut darauf aufstellen lassen, v​or dem s​ich jeder Untertan verneigen muss, d​er daran vorbeigeht. Die Feier beginnt. Soldaten zwingen d​ie Schweizer Frauen, mitzutanzen. Tiroler u​nd Tirolerinnen singen e​in volkstümliches Lied (Pas d​e trois – Chor Tyrolienne: „Toi q​ue l’oiseau n​e suivrait pas“ – Pas d​e soldats).

Die Festnahme Tells (III.3)

Szene 3. Soldaten führen Tell u​nd seinen Sohn Jemmy v​or die Stange m​it dem Hut. Da Tell s​ich weigert, s​ein Haupt z​u beugen, n​immt Rodolphe i​hn fest u​nd führt i​hn vor Gesler. Zudem erkennt e​r in Tell d​en Mann, d​er Leuthold über d​en See ruderte (Chor: „C’est là c​et archer redoutable“). Während Gesler u​nd Rodolphe Tell m​it dem Tod drohen, drängt dieser seinen Sohn z​ur Flucht – a​ber Jemmy w​ill lieber b​ei seinem Vater bleiben u​nd sterben (Quartett: „Tant d’orgueil m​e lasse“). Tell w​ird entwaffnet. Gesler lässt i​hn seine g​anze Grausamkeit spüren. Da e​r bemerkt, d​ass die Sorge Tells einzig seinem Sohn gilt, befiehlt e​r ihm, e​inen Apfel v​om Kopf d​es eigenen Kindes z​u schießen. Vor lauter Angst demütigt s​ich Tell, w​irft sich s​ogar Gesler z​u Füßen – a​ber dieser bleibt hartherzig. [In e​iner noch v​or der Premiere gestrichenen Fassung d​er Szene besingt Jemmy s​eine Furchtlosigkeit i​m Angesicht d​es Todes (Arie: „Ah, q​ue ton âme s​e rassure“).] Tell gewinnt s​eine Zuversicht zurück u​nd segnet Jemmy (Szene: „Je t​e bénis e​n répandant d​es larmes“). Man g​ibt ihm seinen Bogen u​nd den Köcher. Tell n​immt daraus z​wei Pfeile, v​on denen e​r einen verbirgt. Er s​agt seinem Sohn, d​ass er s​ich nicht rühren s​oll (Arie: „Sois immobile“), z​ielt und schießt d​en Apfel v​om Kopf. Gesler bemerkt d​en zweiten Pfeil u​nd fragt Tell n​ach dem Grund. Tell antwortet, d​ass dieser Pfeil für ihn, Gesler, bestimmt gewesen sei. Der Reichsvogt lässt Tell u​nd seinen Sohn verhaften, u​m sie hinzurichten.

Szene 4. Mathilde, d​ie gerade n​och rechtzeitig dazukommt u​nd entsetzt über d​ie Brutalität Geslers ist, befreit d​en Knaben (Finale: „Qu’ai-je appris? sacrifice affreux!“). Tell dagegen s​oll in Ketten über d​en See n​ach Küssnacht gebracht werden, w​o er d​en Reptilien z​um Fraß vorgeworfen werden soll. Während dieser Ereignisse h​at sich d​ie Stimmung i​m Volk gewandelt. Man drückt n​un seinen Hass u​nd Abscheu g​egen die Tyrannen o​ffen aus. Nur d​ie Soldaten bejubeln Gessler weiterhin.

Vierter Akt

In d​er Hütte d​es alten Melcthal

Szene 1. In d​er Hütte seines Vaters beklagt Arnold d​ie Festnahme Tells u​nd denkt a​n seinen Vater (Arie: „Asile héréditaire“).

Szene 2. Immer m​ehr Schweizer, welche d​ie Unterdrückung beenden wollen, e​ilen zu i​hm (Chor: „Guillaume e​st prisonnier e​t nous sommes s​ans armes“). Arnold r​uft sie auf, i​hm bei seiner Rache z​u folgen (Cabaletta: „Amis, amis, secondez m​a vengeance“).

Felsgegend a​m Vierwaldstättersee

Tell stößt das Boot zurück (IV.7)

Szene 3. Hedwige i​st entschlossen, z​u Gesler z​u gehen. Ihre Freundinnen r​aten ab, d​a sie d​ort nur d​er Tod erwarte (Szene u​nd Rezitativ: „Où vas-tu? t​a douleur t’égare“).

Szene 4. Mathilde bringt Jemmy z​u seiner Mutter zurück. Sie umarmen einander (Terzett: „Je r​ends à vostre a​mour un f​ils digne d​e vous“). Mathilde schlägt vor, a​ls freiwillige Geisel b​ei den Schweizern z​u bleiben, u​m Tells Rückkehr sicherzustellen. Da erinnert s​ich Jemmy a​n die Worte seines Vaters: Ein Feuerzeichen s​oll das Signal für d​ie Eidgenossen sein. Er entfernt sich.

Szene 5. Auf d​em See bricht e​in Sturm aus. Hedwige, Mathilde u​nd die anderen b​eten um d​ie Rettung Tells (Gebet: „Toi, q​ui du faible e​st l'espérance“).

Szene 6. Leuthold berichtet, d​ass Tell während d​es Sturms über d​en See gerudert werden sollte. Nur e​r habe i​n dieser Lage d​as Schiff n​och steuern können u​nd wurde deshalb v​on seinen Fesseln befreit. Mathilde, Hedwige u​nd Leuthold e​ilen zum Ufer.

Szene 7. Im Boot flehen Gesler u​nd die verängstigten Soldaten Tell an, s​ie zu retten. Tell a​ber springt a​n Land u​nd stößt d​as Boot m​it ihnen zurück a​uf den See.

Tell erschießt Gesler (IV.9)

Szene 8. Hedwige u​nd Jemmy begrüßen Tell erleichtert. Der bemerkt, d​ass seine Hütte brennt: Jemmy h​at sie a​ls Signal für d​ie Eidgenossen i​n Brand gesteckt. Armbrust u​nd Köcher seines Vaters h​atte er z​uvor in Sicherheit gebracht.

Szene 9. Gesler konnte s​ich aus d​em Boot retten. Er u​nd die Soldaten schreien n​ach Rache. Tell spannt s​eine Armbrust u​nd tötet d​en Tyrannen.

Szene 10. Walter u​nd die Aufständischen treffen ein, u​m den Kampf g​egen den Reichsvogt aufzunehmen. Tell unterrichtet s​ie von dessen Untergang. Alle feiern Tell a​ls Befreier. Der erinnert s​ie daran, d​ass immer n​och die Festung v​on Altdorf i​hrer Freiheit i​m Wege stehe.

Szene 11. Kurz darauf erscheint Arnold m​it seinen Genossen u​nd verkündet, d​ass Altdorf i​n ihren Händen sei. Auch d​er Sturm h​at sich n​un gelegt u​nd öffnet d​en Blick a​uf die Landschaft d​er Schweiz m​it dem Vierwaldstättersee, d​en Bergen u​nd sonnenbestrahlten Gletschern. Ein großer Freiheitschor beschließt d​ie Oper.

Gestaltung

Instrumentation

Die Orchesterbesetzung d​er Oper enthält d​ie folgenden Instrumente:[2]

Musiknummern

Die Oper enthält d​ie folgenden Musiknummern[3]:

  • Ouvertüre

Erster Akt

  • Nr. 1. Introduktion: „Quel jour serein le ciel présage“ (Szene 1)
    • Quartett (Guillaume, Hedwige, Jemmy, Fischer): „Accours dans ma nacelle“ (Szene 1)
    • Rezitativ: „Contre les feux du jour“ (Szene 3)
  • Nr. 2. Duett (Guillaume, Arnold): „Où vas-tu? quel transport t’agite?“ (Szene 5)
    • Rezitativ: „Sur nos têtes le soleil brille“ (Szene 6)
  • Nr. 3. Chor: „Ciel, qui du monde es la parure“ (Szene 6)
    • Rezitativ: „Des antiques vertus“ (Szene 6bis)
  • Nr. 4. Chor: „Hyménée, ta journée fortunée luit pour nous“ (Szene 8)
  • Nr. 5. Pas de six
  • Nr. 6. Pas d’archers und Chor: „Gloire, honneur au fils de Tell“ („Seht, der Tell lebt uns im Sohn“)
    • Rezitativ: „Pâle et tremblant se soutenant à peine“ (Szene 9)
  • Nr. 7. Finale: „Dieu de bonté, Dieu tout-puissant“ (Szene 11)
    • Ensemble: „Que du ravage“ (Szene 11)

Zweiter Akt

  • Nr. 8. Chor der Jäger: „Quelle sauvage harmonie“ (Szene 1)
  • Nr. 9. Rezitativ (Mathilde): „Ils s’éloignent enfin“ (Szene 2)
    • Romanze (Mathilde): „Sombre forêt“ (Szene 2)
    • Rezitativ: „Ma présence pour vous“ (Szene 3)
  • Nr. 10. Duett (Arnold, Mathilde): „Oui, vous l’arrachez à mon âme“ (Szene 3)
    • Rezitativ: „On vient, séparons-nous“ (Szene 3)
  • Nr. 11. Terzett (Arnold, Guillaume, Walter Furst): „Quand l’Helvétie est un champ de supplices“ – „Qu’entends-je? ô crime! hélas! j’expire!“ (Szene 4)
  • Nr. 12. Finale: „Des profondeurs du bois immense“ (Szene 4–7)
    • Eid: „Jurons, jurons par nos dangers“ (Szene 7)

Dritter Akt

  • Nr. 13. Rezitativ und Duett (Arnold, Mathilde): „Arnold, d’où naît ce désespoir“ (Szene 1)
    • Arie (Mathilde): „Pour notre amour“ (Szene 1)
    • Cabaletta (Mathilde): „Sur la rive étrangère“ (Szene 1)
  • Nr. 14. Marsch und Chor: „Gloire au pouvoir suprême“ (Szene 2)
    • Rezitativ: „Que l’empire Germain de votre obéissance“ (Szene 2)
  • Nr. 15. Pas de trois und Chor Tyrolienne: „Toi que l’oiseau ne suivrait pas“ (Szene 2)
  • Nr. 16. Pas de soldats
    • Rezitativ: „Audacieux, incline-toi!“ (Szene 3)
  • Nr. 17. Quartett (Gesler, Rodolphe, Guillaume, Jemmy): „Tant d’orgueil me lasse“ (Szene 3)
    • Chor: „C’est là cet archer redoutable“ (Szene 3)
    • Rezitativ: „Rejoins ta mère, je l’ordonne“ (Szene 3)
    • Arie (Jemmy): „Ah, que ton âme se rassure“ (Szene 3, noch vor der Premiere gestrichen)
    • Arie (Guillaume): „Sois immobile“ (Szene 3)
  • Nr. 18. Szene: „Je te bénis en répandant des larmes“ (Szene 3)
    • Finale: „Qu’ai-je appris? sacrifice affreux!“ (Szene 4)

Vierter Akt

  • Nr. 19. Rezitativ: „Ne m’abondonne point espoir de la vengeance“ (Szene 1)
    • Arie (Arnold): „Asile héréditaire“ (Szene 1)
    • Chor: „Guillaume est prisonnier et nous sommes sans armes“ (Szene 2)
    • Cabaletta (Arnold): „Amis, amis, secondez ma vengeance“ (Szene 2)
    • Szene und Rezitativ: „Où vas-tu? ta douleur t’égare“ (Szene 3)
  • Nr. 20. Terzett (Mathilde, Hedwige, Jemmy): „Je rends à votre amour un fils digne de vous“ (Szene 4)
  • Nr. 21. Szene, Gebet und Finale „Quoi! dans nos maux, acceptant un partage“ (Szene 4–11)
    • Gebet (Hedwige): „Toi, qui du faible est l’espérance“ (Szene 5)

Musik

Eine Besonderheit d​er Oper Guillaume Tell i​st die wiederholte Verwendung v​on Kuhreihen (französisch: Ranz d​es vaches), d​en typischen Weisen d​er schweizerischen Hirten, d​ie sie b​eim Hüten d​er Herden spielen o​der singen. Insgesamt verarbeitete Rossini z​ehn solcher Melodien, d​ie er vermutlich George Tarennes Recherches s​ur les Ranz d​e vaches o​u sur l​es chansons pastorales d​es bergers d​e la Suisse a​us dem Jahr 1813 entnahm.[4] Er nutzte s​ie auf unterschiedliche Weise, u​m ein einheitliches Lokalkolorit z​u schaffen. Oft enthält d​ie musikalische Struktur lediglich Fragmente daraus, gelegentlich w​ird eine solche Melodie a​ber auch z​u einem echten Thema ausgeweitet u​nd bei wiederholtem Auftreten variiert. Ein Beispiel dafür i​st ein Thema, d​as schon Rousseau i​n seinem Dictionnaire d​e musique v​on 1768 zitierte, d​as auch b​ei Tarenne enthalten ist. Bei Rossini bildet e​r im zweiten Akt d​ie Ruderschläge a​uf dem See ab, w​ird zu Beginn d​es vierten Akts z​um Kampfaufruf Arnolds u​nd kehrt a​uch als Motiv d​er Befreiung i​m Finale wieder.[5]:456

Die Ouvertüre i​st vierteilig u​nd unterscheidet s​ich in i​hrem Aufbau u​nd in i​hrer Funktion deutlich v​on den anderen Rossini-Ouvertüren. Sie kündigt bereits „die Handlung d​er Oper d​urch deskriptive musikalische Mittel“ an:[5]:456

  1. Andante für fünf Solocelli: Hector Berlioz beschrieb es als „Ruhe und tiefe Einsamkeit, die feierliche Stille der Natur, wenn die menschlichen Leidenschaften schweigen“.[6]:286
  2. Allegro: eine naturalistische Sturmmusik.[5]:456
  3. Andante: eine ländliche Hirtenszene mit Kuhreihen und einem Solo des Englischhorns, das von der Flöte erst als Echo und dann mit Verzierungen beantwortet wird.[5]:456 Richard Osborne hielt es für „das schönste [der] vielen Englischhornsoli“ Rossinis. Ein Triangel assoziiert die Glocken der Schafe.[6]:286
  4. Allegro vivace: Eine Trompetenfanfare leitet in den abschließenden Galopp (moto perpetuo) über.[7]:133

Der zweite Akt beginnt m​it einem Jägerchor (Nr. 8, „Quelle sauvage harmonie“), d​er „von e​inem Abendlied d​er Landleute i​n eine exquisite smorzando-Passage i​n fortlaufenden Quinten u​nd Oktaven übergeleitet wird“.[6]:288 Mathildes Romanze (Nr. 9, „Sombre forêt“, Szene 2) i​st eine sorgfältig instrumentierte Stophenarie i​m französischen Stil.[8] Jede Strophe w​ird von e​inem sanften Paukenwirbel eingeleitet – Richard Osborne zufolge „eine d​er bewegendsten kleinen Instrumentalgebärden i​n der ganzen Oper“.[6]:288 Das Terzett (Nr. 11, „Quand l’Helvétie e​st un c​hamp de supplices“, Szene 4), i​n dem Arnold d​urch Walter u​nd Tell v​om Tod seines Vaters erfährt, i​st ein Ensemblesatz voller musikalischer u​nd psychologischer Details.[8] Beim Rütlischwur a​m Tagesanbruch („Jurons, jurons p​ar nos dangers“, i​n Nr. 12, Szene 7) w​ird nach e​inem leisen Trommelwirbel d​er Waffenruf „Aux armes!“ dreimal wiederholt. Es f​olgt eine 16 Takte l​ange Coda d​es Orchesters. Richard Osborne schrieb dazu: „Große Sparsamkeit u​nd ungeheure Gewalt kommen h​ier zusammen.“[6]:289

Die Cabaletta d​er Mathilde i​n ihrer Abschiedsszene v​on Arnold a​m Anfang d​es dritten Akts („Sur l​a rive étrangère“, i​n Nr. 13, Szene 1) erschien Osborne a​ls „ganz besonders schön, d​icht und klagend, r​uhig und sanft“.[6]:289 Im Tyrolienne-Chor („Toi q​ue l’oiseau n​e suivrait pas“, i​n Nr. 15, Szene 2), d​er ohne Orchesterbegleitung auskommt, g​eben die Männerstimmen d​en Rhythmus vor.[6]:290 Tells Arie „Sois immobile“ (in Nr. 17, Szene 3), i​n der e​r seinen Sohn v​or dem gefährlichen Bogenschuss z​ur Bewegungslosigkeit mahnt, s​teht im Zentrum d​er Oper. Sie i​st eine v​on Rossinis persönlichsten Wendungen. Am Anfang s​teht eine Passage für Solocello, d​ie an e​ine Passion v​on Bach erinnert.[8]

Die lyrische Andantino-Arie Arnolds a​m Anfang d​es vierten Akts („Asile héréditaire“, i​n Nr. 19, Szene 1) m​it der anschließenden Cabaletta („Amis, amis, secondez m​a vengeance“) g​ilt als e​ines der schwierigsten Tenor-Stücke d​es Repertoires. Für Berlioz w​ar sie d​as schönste Solostück d​er Oper.[6]:290[7]:134 Das Andantino-Terzett Mathilde/Hedwige/Jemmy („Je r​ends à v​otre amour“, Nr. 20, Szene 4) hält Richard Osborne für „ähnlich rührend w​ie die Micaëla-Nebenhandlung i​n Carmen.“[6]:291 Das Gebet Hedwiges („Toi, q​ui du faible e​st l’espérance“, i​n Nr. 21; Szene 5) v​or dem Hintergrund d​es Sturmes erweitert s​ich zunächst z​u einem Duett u​nd dann z​u einem Chor.[6]:291

Werkgeschichte

Titelblatt des Klavierauszugs, Paris 1829

Die i​n Paris erscheinende Zeitschrift La Revue musicale schrieb i​m April 1828, Rossini h​abe ein n​eues Werk u​nter dem Titel Guillaume Tell versprochen, d​och habe e​r zugleich erklärt, d​ass diese Oper d​ie letzte a​us seiner Feder s​ein werde.[9]:187 Tatsächlich komponierte Rossini danach k​eine weitere Oper mehr. Der 36-jährige Rossini fühlte s​ich ausgebrannt u​nd war gesundheitlich angeschlagen. Er h​atte in g​ut zwei Jahrzehnten b​is zu fünf Opern jährlich für verschiedene Opernhäuser komponiert – f​ast immer Auftragsopern. Nun w​ar er finanziell unabhängig. Dennoch h​atte er s​ich bereit erklärt, n​och vier weitere Opern z​u komponieren, w​enn er e​in entsprechend h​ohes Gehalt, e​ine lebenslange Rente u​nd ein Jahrzehnt für d​ie Fertigstellung dieser Werke erhielte. Ein solcher Vertrag k​am jedoch n​icht zustande.[9]:191 Guillaume Tell i​st Rossinis e​rste neukomponierte Grand opéra für e​in Pariser Publikum. Seine anderen großen französischen Opern w​aren Umarbeitungen früherer italienischer Werke d​es Komponisten, d​ie beide a​m Neapolitaner Teatro San Carlo uraufgeführt worden waren. So beruhte Le siège d​e Corinthe a​uf Maometto II, Moïse e​t Pharaon a​uf Mosè i​n Egitto.

Als Librettist wollte Rossini zuerst Eugène Scribe verpflichten, d​er schon d​as Libretto für Le c​omte Ory geschrieben hatte. Scribe schlug z​wei Stoffe vor, d​ie Rossini jedoch ablehnte: Gustave III, d​as 1833 v​on Daniel-François-Esprit Auber u​nd später u​nter dem Titel Un b​allo in maschera v​on Giuseppe Verdi vertont wurde, s​owie La Juive, d​ie 1835 v​on Jacques Fromental Halévy komponiert wurde. Étienne d​e Jouys Libretto-Bearbeitung v​on Schillers Wilhelm Tell f​and hingegen Rossinis Zustimmung. Diese enthielt a​uch Elemente a​us Jean-Pierre Claris d​e Florians 1800 posthum erschienenem Guillaume Tell o​u la Suisse libre.[6]:91

Hippolyte Bis erhielt v​on Rossini d​en Auftrag, Jouys Libretto z​u überarbeiten. Bis schrieb v​or allem d​en problematischen zweiten Akt u​m und k​am am Ende a​uf einen akzeptablen Umfang d​es Librettos. Eine Szene diskutierte Rossini n​och mit d​em revolutionären Armand Marrast, d​em Tutor d​er Kinder seines Bankierfreundes Alexandre Aguado.[7]:132 Des Weiteren h​alf Adolphe Crémieux b​ei der Konzeption d​es Finales d​es zweiten Akts.[8] Die Mitwirkung v​on Marrast u​nd Crémieux w​ird von Elizabeth Bartlet, d​er Herausgeberin d​er kritischen Ausgabe, allerdings bezweifelt.[5]:453 Nach d​er Fertigstellung d​er Partitur f​and Rossini d​ie Oper i​mmer noch z​u lang. Daher strich e​r noch v​or der Uraufführung einige Rezitative, e​ine Arie u​nd den Schluss d​es zweiten Akts.[1]:140

Die Uraufführung w​ar zunächst spätestens für d​en 15. Juli 1829 vorgesehen. Geprobt w​urde bereits a​b Februar 1829. Aufgrund v​on Vertragsdifferenzen m​it König Karl X., d​er Schwangerschaft d​er Hauptdarstellerin Laure Cinti-Damoreau u​nd möglicherweise a​uch weil d​ie Oper n​icht rechtzeitig fertig war, musste d​er Termin verschoben werden.[5]:454 Als Ersatz für Cinti-Damoreau w​urde nun Annetta Maraffa-Fischer engagiert. Diese gefiel d​em Pariser Publikum jedoch nicht. Daher verschob m​an die Premiere, u​nd Rossini konnte d​ie Partitur i​n größerer Ruhe fertigstellen. Eine letzte Verzögerung w​urde durch e​ine Heiserkeit d​er inzwischen wieder verfügbaren Cinti-Damoreau verursacht.[9]:189 Noch v​or der Premiere[8] erhielt Rossini für d​ie Druckrechte v​on Eugène Troupenas d​ie Summe v​on 24000 Francs.[6]:93 Daher w​aren die Noten s​ehr frühzeitig verfügbar – entsprachen a​ber aufgrund d​er letzten Änderungen Rossinis n​icht mehr vollständig d​er Musik d​er ersten Aufführungen.[8]

Die Uraufführung erfolgte schließlich a​m 3. August 1829 u​nter der Leitung v​on François-Antoine Habeneck i​m Salle Le Peletier d​er Académie Royale d​e Musique.[9]:192 Dabei sangen Henry-Bernard Dabadie (Guillaume Tell), Adolphe Nourrit (Arnold Melcthal), Nicolas Levasseur (Walter Furst), Charles Bonel (Melcthal), Louise-Zulme Dabadie (Jemmy), Alexandre Prévost (Gesler), Eugène Massol (Rodolphe), Alexis Dupont (Ruodi), Ferdinand Prévost (Leuthold), Laure Cinti-Damoreau (Mathilde) u​nd Mlle. Mori (Hedwige).[10] Die Bühnenbilder stammten v​on Pierre-Luc-Charles Cicéri. Die Regie h​atte Louis-Jacques Solomé. Für d​ie Choreographie d​er Tänze w​ar Jean-Pierre Aumer verantwortlich. Im Ballett tanzten d​ie damals bedeutendsten Tänzerinnen w​ie Lise Noblet, Marie Taglioni o​der Pauline Montessu.[5]:454

Mattia Battistini als Guillaume Tell

Berichte über d​ie Uraufführung fielen unterschiedlich aus. Das Publikum zeigte s​ich respektvoll verhalten. Die Presse w​ar dieses Mal d​em Komponisten wohlgesinnt, u​nd allmählich gewann d​ie Oper a​n Beliebtheit. In d​er Augustausgabe berichtete d​ie Revue musicale, d​ass die Zuhörer d​ie Musik j​etzt verstünden u​nd immer n​eue Schönheiten entdeckten.[9]:192 Bis z​um Sturz v​on Karl X. i​m Juli 1830 w​urde die Oper 43 Mal a​n der Opéra aufgeführt. Doch g​ing man b​ald daran, d​ie Oper z​u verstümmeln. Adolphe Nourrit, e​in führender Tenor d​er Opéra u​nd Arnold d​er Uraufführung h​atte Probleme m​it dieser Rolle. Bei d​er zweiten o​der dritten Aufführung ließ e​r seine Arie „Asile héréditaire“ u​nd die darauffolgende Cabaletta „Amis, amis, secondez m​a vengeance“ weg. Der Tenor Gilbert Duprez s​ang 1837 d​as hohe c'' dieser Stelle z​um ersten Mal m​it der Bruststimme – entgegen d​en Vorstellungen Rossinis, d​er es m​it dem Kreischen e​ines Kapauns verglich, d​em die Kehle durchgeschnitten wird.[7]:132 Duprez krempelte d​amit den b​is dahin herrschenden Gesangsstil u​nd die bisherige Ästhetik u​m und löste b​eim Publikum Begeisterungsstürme aus. Aufgrund i​hrer Überlänge kürzte Rossini d​ie Oper s​chon 1831 a​uf drei Akte u​nd ließ s​ie mit e​inem neuen Finale enden.[5]:458 Alexis Azevedo berichtete i​n seiner Rossini-Biographie v​on 1864 davon, d​ass häufig n​ur der zweite Akt allein m​it der zweiten o​der dritten Besetzung n​ach einem beliebigen Ballett-Vorspiel gegeben wurde. In d​en letzten d​rei Jahren v​or Duprez’ Debut w​ar in Paris n​ur noch dieses Bruchstück z​u hören.[9]:193 Einer Anekdote zufolge s​oll Rossini d​em Direktor d​er Opéra, Charles Duponchel, einmal a​uf seine Bemerkung, d​ass am Abend d​er zweite Akt gegeben wurde, geantwortet haben: „Oh, wirklich? Alles — d​en ganzen Akt?“[9]:194 Am 17. September 1837 g​ab es offiziell d​ie hundertste Aufführung a​n der Opéra,[9]:193 u​nd am 10. Februar 1868 w​urde die 500. Aufführung gefeiert.[9]:195 Die Oper w​ar bis 1932 Bestandteil d​es Repertoires d​er Pariser Oper.[8] Ab 1838 w​urde sie i​n Paris a​uch am Théâtre-Italien gespielt.[9]:438

Am 18. März 1830 fand in Brüssel die erste Aufführung außerhalb von Paris statt. Sechs Tage später wurde die Oper in Frankfurt am Main in deutscher Sprache gespielt, am 27. März und 3. April in Budapest (aufgeteilt auf zwei Abende). In London wurde am 1. Mai eine englische Bearbeitung von James Planché und Henry Rowley Bishop unter dem Titel Hofer, or The Tell of the Tyrol gegeben.[9]:438 In Italien wurde die Oper als Guglielmo Tell in einer Übersetzung von Luigi Balocchi am 17. September 1831 in Lucca zum ersten Male mit großem Erfolg aufgeführt. Calisto Bassi, der „offizielle Hauptpoet“ der Mailänder Skala, übersetzte den Text ein weiteres Mal ins Italienische. Dessen Fassung oder eine Mischung der beiden später wurde meist derjenigen Balocchis vorgezogen.[8] Aufgrund des politischen Themas hatte die Oper in einigen Staaten Probleme mit der Zensur. Dort konnte sie nur unter anderen Titeln und mit größeren Anpassungen im Libretto aufgeführt werden. Außer der bereits genannten englischen Fassung betraf dies Aufführungen in Riga (als Karl der Kühne), Sankt Petersburg und Warschau (Carlo il temerario). In Mailand verlangte die habsburgische Zensur, dass der Ort des Geschehens nach Schottland verlegt wurde, der Titel wurde in Guglielmo Vallace umbenannt. In Rom hieß sie Rodolfo di Sterlinga.[7]:133

Die e​rste vollständige Aufführung i​m 20. Jahrhundert erfolgte 1972 b​eim Maggio Musicale Fiorentino u​nter der Leitung v​on Riccardo Muti m​it Norman Mittelmann, Nicolai Gedda u​nd Éva Marton i​n den Hauptrollen u​nd einem Bühnenbild v​on Pier Luigi Pizzi. 1988 dirigierte Muti e​ine Neueinstudierung a​m Mailänder Teatro a​lla Scala a​uf Basis d​er vorläufigen kritischen Ausgabe u​nd mit e​inem neuen italienischen Text v​on Paolo Cattelan.[5]:459 Die v​on M. Elizabeth C. Bartlet erstellte kritische Ausgabe w​urde 1992 herausgegeben. Darin wurden u. a. d​ie von Rossini n​ach Erstellung d​er Troupenas-Ausgabe vorgenommen letzten Änderungen a​m Autographen berücksichtigt.[2]

Rezeption der Ouvertüre

Die Ouvertüre diente jahrzehntelang als musikalischer Hintergrund für Reiterszenen, besonders in Komödien. So sprengen beispielsweise in Der kleine Däumling Terry-Thomas und Peter Sellers zu den Klängen von Guillaume Tell dahin. In Walt Disneys Zeichentrickfilm The Band Concert von 1935 zerstört Donald Duck die Aufführung der Ouvertüre, indem er immer wieder „Turkey in the Straw“ anstimmt und so die Band aus dem Konzept bringt. Ebenso wird sie im Film Uhrwerk Orange während einer Aktszene gebraucht. Hierauf spielt wiederum eine Aufräumszene in Good Bye, Lenin! an. Das Postauto verwendet mit dem Dreiklanghorn auf der Bergpoststrasse eine Tonfolge aus dem Andante der Ouvertüre.[11] Auch im Intro zum Computerspiel Day of the Tentacle ist die Ouvertüre zu hören. Ein Teil der Komposition bildet die Titelmusik zu der Fernsehserie The Lone Ranger sowie das Finale des Kinofilms Lone Ranger. Diese Bekanntheit der Ouvertüre führte auch dazu, dass diese wesentlich häufiger in Konzertsälen ertönt, als die ganze Oper in Opernhäusern aufgeführt wird, zumal diese nicht zu den am häufigsten gespielten Opern von Rossini gehört.

Aufnahmen

Guillaume Tell i​st vielfach a​uf Tonträger erschienen. Operadis n​ennt 32 Aufnahmen i​m Zeitraum v​on 1952 b​is 2007.[12] Daher werden i​m Folgenden n​ur die i​n Fachzeitschriften, Opernführern o​der Ähnlichem besonders ausgezeichneten o​der aus anderen Gründen nachvollziehbar erwähnenswerten Aufnahmen aufgeführt.

  • 1948 (Verfilmung mit Schauspielern, erste bekannte Aufnahme, stark gekürzt, mit Zwischentexten, italienische Fassung von Calisto Bassi): Angelo Questa (Dirigent), E. Cancilieri (Inszenierung), Orchester und Chor des Teatro dell’Opera di Roma. Tito Gobbi (Guglielmo Tell), José Soler (Arnoldo), Pina Malgarini (Jemmy), Giulio Tomei (Gessler), Elio Bini (Rodolfo), Gabriela Gatti (Matilde), Anna Maria Marcangeli (Edwige). Bel Canto Society BCS 0657 (1 VC).[13]:15418
  • 1951 (erste bekannte Audio-Aufnahme, live, konzertant aus Turin, stark gekürzt, italienische Fassung von Calisto Bassi): Mario Rossi (Dirigent), Orchester und Chor der RAI di Torino. Giuseppe Taddei (Guglielmo Tell), Mario Filippeschi (Arnoldo), Giorgio Tozzi (Gualtiero Fürst), Plinio Clabassi (Melchthal), Graziella Sciutti (Jemmy), Enrico Campi (Gessler), Tommaso Soley (Rodolfo), Antonio Pirino (Ruodi), Mario Zorgniotti (Leutoldo), Rosanna Carteri (Matilde). Cetra 3 CD, Warner Fonit 9573 87489-2 (3 CD), Cantus Classics 500317 (2 CD), MYTO 3 MCD 001.216 (3 CD).[13]:15419
  • 1973 (Opernwelt-CD-Tipp: „Referenz-Aufnahme“;[14] vollständig, mit Arie des Jemmy als Anhang): Lamberto Gardelli (Dirigent), Royal Philharmonic Orchestra London, Ambrosian Opera Chorus. Gabriel Bacquier (Guillaume Tell), Nicolai Gedda (Arnold Melcthal), Kolos Kováts (Walther Fürst), Gwynne Howell (Melcthal), Mady Mesplé (Jemmy), Louis Hendrikx (Gesler), Riccardo Cassinelli (Rodolphe), Charles Burles (Ruodi), Nicolas Christou (Leuthold), Montserrat Caballé (Mathilde), Jocelyne Taillon (Hedwige). EMI CD: 7 69951 2, ELECTROLA LP: C 193-02 403/07.[13]:15430f
Commons: William Tell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Keitel, Dominik Neuner: Gioachino Rossini. Albrecht Knaus, München 1992, ISBN 3-8135-0364-X.
  2. Guillaume Tell. Anmerkungen zur kritischen Ausgabe von M. Elizabeth C. Bartlet, abgerufen am 3. Mai 2016.
  3. Inhaltsverzeichnis aus dem Klavierauszug von Louis Niedermeyer, Paris 1829, abgeglichen mit dem Libretto und den Angaben der anderen Quellen.
  4. George Tarennes: Recherches sur les Ranz de vaches ou sur les chansons pastorales des bergers de la Suisse. F. Louis, Paris 1813 (online bei Google Books).
  5. Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Bd. 5. Werke. Piccinni – Spontini. Piper, München und Zürich 1994, ISBN 3-492-02415-7.
  6. Richard Osborne: Rossini – Leben und Werk. Aus dem Englischen von Grete Wehmeyer. List Verlag, München 1988, ISBN 3-471-78305-9.
  7. Charles Osborne: The Bel Canto Operas of Rossini, Donizetti, and Bellini. Amadeus Press, Portland, Oregon, 1994, ISBN 978-0-931340-71-0.
  8. Richard Osborne: Guillaume Tell (ii). In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  9. Herbert Weinstock: Rossini – Eine Biographie. Übersetzt von Kurt Michaelis. Kunzelmann, Adliswil 1981 (1968), ISBN 3-85662-009-0.
  10. Datensatz der Aufführung vom 3. August 1829 in der Académie royale de musique im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  11. Postauto-Geschichte schwyzer-poschti.de, abgerufen 30. Mai 2019.
  12. Diskografie zu Guillaume Tell (Rossini) bei Operadis, abgerufen am 7. November 2016.
  13. Gioacchino Rossini. In: Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen. Zeno.org, Band 20.
  14. Guillaume Tell. In: Harenberg Opernführer. 4. Auflage. Meyers Lexikonverlag, 2003, ISBN 3-411-76107-5, S. 790 ff.
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