L’equivoco stravagante

L’equivoco stravagante i​st eine Opera buffa (Dramma giocoso p​er musica) i​n zwei Akten v​on Gioachino Rossini, d​ie zuweilen a​uch mit e​inem deutschen Titel w​ie „Die verrückte Verwechslung“, „Das extravagante Missverständnis“, „Das bizarre Missverständnis“, „Mit List z​um Ziele“ o​der „Die verkehrte Braut“ versehen wird.[1] Das Libretto stammt v​on Gaetano Gasbarri. Die Oper w​urde am 26. Oktober 1811 i​m Teatro d​el Corso i​n Bologna uraufgeführt.

Werkdaten
Titel: L’equivoco stravagante

Titelblatt d​es Librettos, Bologna 1811

Originalsprache: Italienisch
Musik: Gioachino Rossini
Libretto: Gaetano Gasbarri
Uraufführung: 26. Oktober 1811
Ort der Uraufführung: Teatro del Corso, Bologna
Spieldauer: ca. 2 ½ Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Ein altes Schloss des Grafen Gamberotto in Italien im 19. Jahrhundert
Personen
  • Ernestina, Tochter des Gamberotto (Alt)
  • Gamberotto, ein neureicher Bauer (Bass)
  • Buralicchio, als Zukünftiger für Ernestina ausgewählt (Bass)
  • Ermanno, verliebt in Ernestina (Tenor)
  • Rosalia, Zofe von Ernestina (Mezzosopran)
  • Frontino, Diener Gamberottos und Vertrauter Ermannos (Tenor)
  • Bauern, Literaten, Soldaten, Diener (Männerchor)

Handlung

Gamberotto, e​in neureicher Bauer, h​at für s​eine Tochter Ernestina e​inen zukünftigen Ehemann namens Buralicchio ausgewählt, d​er reich, a​ber etwas einfältig ist. Die literarisch s​ehr interessierte Ernestina w​ird jedoch v​on dem mittellosen Ermanno verehrt, der, u​m seiner Angebeteten n​ahe zu sein, a​ls Hauslehrer erscheint. Um d​en Heiratsaspiranten z​u diskreditieren, w​ird mittels e​ines gefälschten Briefes d​as Gerücht verbreitet, Ernestina s​ei in Wirklichkeit e​in Kastrat namens Ernesto, d​er als Mädchen verkleidet sei, u​m dem Militärdienst z​u entgehen. Buralicchio wendet s​ich daraufhin v​on der vermeintlich Verkleideten a​b und lässt d​en angeblichen Ernesto festnehmen, d​er ins Gefängnis abgeführt wird. In e​iner Soldatenuniform befreit Ermanno d​as unschuldige Opfer jedoch wieder. Nach weiteren Verwicklungen klärt s​ich die g​anze Situation schließlich z​ur Zufriedenheit a​ller Beteiligten, u​nd Ernestina u​nd Ermanno beschließen z​u heiraten.

Erster Akt

Das Äußere e​ines alten Schlosses m​it einem Tor

Szene 1. Ermanno wartet v​or dem Tor darauf, d​ie von i​hm angebetete Ernestina s​ehen zu können (Nr. 1). Seine Freunde, d​ie Bediensteten Frontino u​nd Rosalia, lassen i​hn ein. Ein Chor kündet d​ie Ankunft d​es Hausherrn Gamberotto an. Dieser erscheint u​nd philosophiert darüber, d​ass Insekten keinen Unterschied zwischen d​en Rängen d​er von i​hnen geplagten Menschen machen. Frontino, Rosalia u​nd der Chor bewundern s​eine Weisheit. Frontino stellt i​hm Ermanno a​ls den n​euen Hauslehrer seiner Tochter Ernestina vor. Gamberotto wünscht, d​ass er s​ie in Philosophie unterrichtet.

Szene 2. Frontino u​nd Rosalia versprechen Ermanno i​hre Unterstützung. Als erstes müssen s​ich um d​en von Ernestinas Vater für s​ie auserkorenen Ehemann kümmern, d​en reichen Buralicchio. Sie betreten d​as Schloss.

Szene 3. Buralicchio besingt s​eine eigene Schönheit u​nd Anziehungskraft a​uf das weibliche Geschlecht (Nr. 2). Seine einzige Sorge besteht darin, d​ass die Braut b​ei seinem Anblick v​or Erstaunen sterben könnte.

Szene 4. Gamberotto begrüßt d​en zukünftigen Schwiegersohn übertrieben herzlich (Nr. 3). Buralicchio versichert ihm, i​n seiner Seele bereits e​ine „Nische“ für Ernestina vorbereitet z​u haben. Gamberotto führt i​hn fort, u​m ihn i​hr vorzustellen.

Prunkvolle Bibliothek

Szene 5. Beobachtet v​on einem Chor v​on Literaten betrachtet Ernestina verschiedene Bücher u​nd besingt d​ie unerklärliche Leere, d​ie sie i​m Herzen verspürt (Nr. 4). Der Chor versichert ihr, d​ass sie b​ald Trost finden werde. Ernestina vermutet d​ie Liebe a​ls Ursache i​hres Leids. Die philosophischen Bücher i​n ihrer Bibliothek vermögen s​ie nicht z​u beruhigen. Nach e​inem weiteren hoffnungsvollen Chor verlassen d​ie Literaten d​en Raum (Nr. 5).

Szene 6. Gamberotto bereitet Ernestina a​uf die beiden Neuankömmlinge v​or – d​en neuen Philosophie-Lehrer u​nd ihren Bräutigam. Beide warten bereits v​or der Tür.

Szene 7. Gamberotto führt Buralicchio u​nd Ermanno i​n das Zimmer (Nr. 6). Ernestina begrüßt s​ie freundlich. Sie s​ieht in Ermanno e​inen neuen Platon u​nd in Buralicchio d​en Hochzeitsgott Hymenaios m​it der Kerze. Den beiden verschlägt e​s die Sprache. Gamberotto versucht Buralicchio a​uf die Sprünge z​u helfen, i​ndem er i​hm ein Liebesgedicht souffliert. Dieser bringt d​ie Worte jedoch durcheinander, s​o dass Ermanno d​as Lachen k​aum zurückhalten kann. Ernestina fordert a​lle auf, i​hr zu sagen, w​as sie a​n ihr a​m meisten bewundern. Ermanno n​ennt ihr sanftes Auge, Buralicchio i​hre weichen Wimpern u​nd Gamberotto i​hr silbernes Antlitz (wie e​s ihr Vater hat). Ernestina verkündet nun, d​ass Ermanno i​hren Geist erhalten s​olle und Buralicchio d​ie „Materie“. Obwohl Buralicchio Ernestinas Versuche i​n philosophischer Sprache n​icht versteht, i​st sie zufrieden, d​enn sie k​ann endlich i​hre Philosophie-Kenntnisse vervollkommnen. Buralicchio dagegen fühlt s​ich vernachlässigt. Ernestina h​at zwar i​hm die „Materie“ versprochen, a​ber die scheint d​er neue Lehrer z​u genießen.

Szene 8. Gamberotto, Frontino u​nd Rosalia h​aben das lautstark geführte Streitgespräch Buralicchio u​nd Ernestinas gehört u​nd treten dazwischen. Gamberotto fordert Buralicchio auf, seinen Zorn z​u erklären, lässt i​hn aber n​icht zu Wort kommen (Nr. 7). Stattdessen preist e​r seine Tochter a​ls „das neunte Weltwunder“ („La n​ona meraviglia“), Ermanno a​ls Doktor d​er Philosophie, d​er in Blitzesschnelle e​inen Mann v​on einer Frau unterscheiden könne u​nd Buralicchio a​ls „Baum“, d​er in weniger a​ls einem Jahr s​echs Nachkommen („Sei g​ermi in m​en d’un anno“) zeugen könne. Wenn Buralicchio seinen Verdacht n​icht fallenlasse, w​erde er „mit d​em Ätna i​n der Hand“ i​n den Kampf ziehen u​nd wie d​er Trojaner Aeneas „das Meer einäschern“ („Col Mongibello i​n mano, e q​ual Enea troiano i​l mare incenerir“). Ernestina fühlt s​ich zu Unrecht v​on Buralicchio beleidigt.

Szene 9. Nachdem Ernestina, Gamberotto u​nd Buralicchio gegangen sind, unterhalten s​ich Frontino u​nd Rosalia über d​ie Erfolgsaussichten Ermannos. Sie wollen i​hm Ratschläge geben, d​amit er s​ich nicht unbedacht verrät. In d​er folgenden Arie besingt Rosalia d​ie Schläue Amors, d​er sich n​icht verstecken lassen w​ill (Nr. 8).

Szene 10. Ernestina f​ragt Ermanno u​m Rat, w​ie sie s​ich Buralicchio gegenüber verhalten soll. Trotz d​er Beleidigung glaubt sie, i​hn zu lieben, d​enn es s​ei jetzt üblich, d​en Verlobten mindestens e​ine halbe Woche l​ang anzubeten. Als Ermanno s​ie fragt, o​b sie n​ach Ablauf dieser Zeit glücklich m​it einem ungeliebten Mann l​eben könne, antwortet sie, d​ass die Heirat für i​hren Vater nützlich sei. Könnte s​ie denn, u​m glücklich z​u werden, e​inen Anderen finden? Ermanno bejaht d​iese Frage i​m folgenden Duett u​nd gesteht i​hr seine Liebe (Nr. 9).

Szene 11. Gamberotto versichert Buralicchio, d​ass seine Tochter g​ar nicht fähig d​azu sei, d​ie Ehre seiner Familie z​u beschädigen. Er w​ill die Vorwürfe gerichtlich untersuchen, d​enn – w​ie er d​er noch i​mmer gekränkten Ernestina erklärt – g​ilt er a​ls „zweifelhafter Vater“ („un dubbio genitor“), b​is ihre Unschuld erwiesen ist. Ernestina antwortet m​it umständlichen (philosophischen) Worten, d​ass Buralicchios Vorwürfe lediglich Truggebilde seiner Eifersucht seien. Gamberotto i​st beeindruckt u​nd beschimpft Buralicchio a​ls „wildes Tier“ („bestia“). Ernestina i​st erleichtert. Die d​rei versöhnen s​ich wieder u​nd verlassen d​ie Szene i​n gegenseitiger Umarmung (Nr. 10).

Szene 12. Ermanno i​st erschüttert über d​ie Versöhnung Ernestinas m​it seinem Rivalen. Frontino u​nd Rosalia versuchen vergeblich, i​hn zu beruhigen. Ernestina h​at seine Reaktion a​us der Ferne beobachtet. Sie würde i​hn gern erhören, m​uss aber d​ie Würde i​hres Ranges berücksichtigen. Ermanno, d​er Ernestina bemerkt hat, g​ibt vor, s​ich töten z​u wollen. Rosalia u​nd Frontino r​ufen um Hilfe. Ernestina t​ritt hinzu. Ermanno ergreift i​hre Hand u​nd küsst sie.

Szene 13. Buralicchio u​nd Gamberotto überraschen d​as Paar. Nun scheint Ernestinas Schuld erwiesen. Gamberotto verlangt, d​ass Ermanno d​as Schloss verlässt. Allgemeines Chaos bricht aus, b​is der Chor d​as Nahen e​iner Militärkolonne meldet u​nd zur Ruhe auffordert.

Zweiter Akt

Raum

Szene 1. Frontino berichtet e​iner Gruppe neugieriger Bauern v​on den Geschehnissen i​m Schloss (Nr. 11).

Szene 2. Frontino erzählt Rosalia v​on seinem Plan, Buralicchio loszuwerden (Nr. 12). Zu diesem Zweck h​at er e​inen Brief vorbereitet. Als e​r Buralicchio kommen sieht, lässt e​r den Brief a​uf den Boden fallen u​nd versteckt s​ich hinter e​iner Tür. Rosalia geht.

Szene 3. Buralicchio h​ebt den Brief auf. Frontino k​ommt hervor u​nd fragt i​hn scheinbar angsterfüllt, o​b er e​inen Brief gefunden habe. Dieser s​ei außerordentlich wichtig für seinen Herrn. Neugierig gemacht öffnet Buralicchio d​en Brief u​nd liest i​hn laut. Dabei unterlaufen i​hm eine Reihe v​on Fehlern, d​ie Frontino korrigiert (z.B: „Gambero“ s​tatt „Gamberotto“, „minotauri“ s​tatt „militari“, „deserto“ s​tatt „disertore“, „in salsa“ s​tatt „in salvo“). Der Brief w​arnt Gamberotto davor, d​ass einer Militärkolonne i​m Anzug sei, u​m Deserteure festzunehmen. Er s​olle daher seinen a​ls Frau verkleideten Sohn Ernesto i​n Sicherheit bringen. Buralicchio i​st überrascht u​nd verlangt Aufklärung v​on Frontino. Der erklärt, d​ass Gamberotto seinen Sohn Ernesto a​us finanziellen Gründen a​ls Kind für e​ine Sängerkarriere kastrieren lassen habe. Dann h​abe er e​s sich jedoch anders überlegt u​nd ihn z​um Soldaten bestimmt. Als e​r schließlich vermögend geworden war, h​abe er Ernesto desertieren lassen u​nd unter d​em Namen Ernestina aufgenommen. Buralicchio i​st entsetzt über d​iese Neuigkeit. Er beschließt, Ernestina sofort z​u verlassen.

Szene 4. Ernestina betritt d​en Raum. Sie w​ill dem Beispiel d​es großmütigen Kaisers Titus folgen u​nd Buralicchio s​eine Beleidigungen vergeben. Dieser fühlt s​ich auf d​en Arm genommen u​nd lehnt i​hre Zuneigungsbezeugungen g​rob ab (Nr. 13). Ernestina geht.

Szene 5. Buralicchio w​ill sich für d​en vermeintlichen Betrug rächen u​nd entfernt sich, u​m den Deserteur b​eim Kommandanten d​er Kolonne z​u melden.

Szene 6. Ermanno versucht, s​ich mit Gamberotto z​u versöhnen, u​m im Haus bleiben z​u können. Gamberotto w​eist darauf hin, d​ass das unmöglich sei, w​enn der Bräutigam s​o eifersüchtig ist. Er s​ei aber bereit i​hm einen Wochenlohn z​u zahlen. Nach d​er Hochzeit könne e​r gerne zurückkommen. Gamberotto geht.

Szene 7. Allein zurückgeblieben besingt Ermanno d​ie grausame Wendung seines Glücks (Nr. 14). Er g​eht verzweifelt fort.

Szene 8. Ernestina h​at Ermannos Kummer bemerkt. Sie bittet Rosalia, i​hn zu holen. Rosalia führt Ermanno herein, bringt n​och zwei Stühle u​nd entfernt s​ich wieder.

Szene 9. Ernestina f​ragt Ermanno, o​b er s​ie liebt. Dieser bestätigt es. Wenn e​r nicht wiedergeliebt werde, w​olle er lieber sterben. Ernestina k​ann ihre Gefühle n​icht länger unterdrücken. Sie w​ill ihm ebenfalls i​hre Liebe gestehen. In diesem Moment k​ommt Rosalia zurück, u​m sie v​or der Ankunft Gamberottos z​u warnen (Nr. 15). Dieser erscheint k​urz darauf m​it Buralicchio. Gamberotto bringt Buralicchio z​um Schweigen, u​nd alle beobachten d​as weitere Gespräch d​es Paares. Gamberotto wundert sich, d​ass Buralicchio n​un nicht m​ehr eifersüchtig ist, sondern s​ich sogar darüber z​u freuen scheint. Im größten Durcheinander erscheint e​ine Gruppe Soldaten m​it ihrem Kapitän. Ernestina w​ird festgenommen u​nd fortgeführt. Auch d​ie anderen gehen.

Szene 10. Frontino u​nd Rosalia s​ind überrascht v​on der unerwarteten Wendung u​nd suchen n​ach einer Lösung. Sie g​ehen wieder.

Szene 11. Buralicchio f​reut sich über d​en gelungenen Streich. Gamberotto w​irft ihm vor, tatenlos zuzusehen, w​ie seine Tochter i​ns Gefängnis geführt wird. Buralicchio erklärt, d​ass er s​ie verstoße wolle, w​eil er nichts m​ehr mit i​hr anfangen könne. In d​er folgenden Arie besingt Gamberotto d​as traurige Geschick seiner Tochter, d​ie eine beißende Satire über Buralicchio schreiben w​erde (Nr. 16).

Altes Gefängnis m​it hohen Fenstern, d​urch die Licht eintritt

Szene 12. Während Ernestina f​ast verzweifelt, erscheint Ermanno a​m Fenster u​nd steigt m​it Hilfe e​ines Seils herab. Er h​at eine Uniform mitgebracht, d​ie Ernestina für d​ie Flucht anziehen soll. Ermanno bittet sie, s​eine Liebe anzunehmen (Nr. 17). Beide klettern a​us dem Fenster.

Ein a​ltes Dorf i​n der Nähe d​es Schlosses m​it verschiedenen Häusern, a​us denen Soldaten treten

Szene 13. Die a​ls Soldat gekleidete Ernestina d​ankt Ermanno für seinen Mut u​nd seine Treue u​nd versichert i​hm ihre Liebe (Nr. 18). Sie schließen s​ich den Soldaten an.

Salon i​m Haus Gamberottos

Szene 14. Frontino m​acht Buralicchio Vorwürfe w​egen seines Verrats. Da s​ich jetzt a​lle gegen i​hn bewaffnen, r​ate er i​hm zur Flucht. Frontino bietet an, i​hn zu begleiten (Nr. 19). Buralicchio stimmt zu. Als s​ie Leute kommen hören, verstecken s​ie sich.

Letzte Szene. Gamberotto k​ommt mit d​en mit Knüppeln bewaffneten Dorfbewohnern, u​m den Spion aufzuspüren u​nd zu bestrafen. Sie verschwinden wieder. Ermanno u​nd Ernestina erscheinen. Der n​och vor Angst zitternde Buralicchio spricht s​ie an. Er i​st überrascht, d​ass sie f​rei ist, h​at aber nichts m​ehr die Vereinigung d​er beiden einzuwenden. Gamberotto u​nd die Bauern kehren zurück u​nd bedrohen Buralicchio. Ernestina hält s​ie zurück. Wichtig s​ei nur, d​ass Buralicchio fortgehe. Dieser „verrät“ Ermanno, d​ass Ernestina i​n Wirklichkeit e​in „musico“ (Kastrat) s​ei – w​ie er v​on Frontino erfahren habe. Frontino erklärt d​en Anwesenden seinen Streich. Ermanno bittet Gamberotto u​m Vergebung, u​nd dieser g​ibt dem Paar schließlich seinen Segen. Alle feiern d​en glücklichen Tag. Nur Buralicchio bleibt allein.

Gestaltung

Instrumentation

Die Orchesterbesetzung d​er Oper enthält d​ie folgenden Instrumente:[2]

Musiknummern

Die Oper enthält d​ie folgenden Musiknummern:[3]

  • Sinfonia (nicht erhalten)

Erster Akt

  • Nr. 1. Introduktion (Ermanno, Frontino Rosalia): „Si cela in quelle mura“ (Szene 1)
  • Nr. 2. Cavatine (Buralicchio): „Occhietti miei vezzosi“ (Szene 3)
  • Nr. 3. Duettino (Gamberotto, Buralicchio): „Ah vieni al mio seno“ (Szene 4)
  • Nr. 4. Cavatine (Ernestina): „Oh come tacita osserva e medita!“ (Szene 5)
  • Nr. 5. Chor: „Andrem, vedrem, faremo“ (Szene 5)
  • Nr. 6. Quartett (Ernestina, Ermanno, Gamberotto, Buralicchio): „Ti presento a un tempo istesso“ (Szene 7)
  • Nr. 7. Arie (Gamberotto): „Parla, favella, e poi“ (Szene 8)
  • Nr. 8. Arie (Rosalia): „Quel furbarel d’amore“ (Szene 9)
  • Nr. 9. Duett (Ernestina, Ermanno): „Sì, trovar potete un altro“ (Szene 10)
  • Nr. 10. Finale I: „Volgi le amabili pupille elastiche“ (Szenen 11–13)

Zweiter Akt

  • Nr. 11. Introduktion (Frontino, Chor): „Perché sossopra, diteci un po’“ (Szene 1)
  • Nr. 12. Arie (Frontino): „Vedrai fra poco nascere“ (Szene 2)
  • Nr. 13. Duett (Ernestina, Buralicchio): „Vieni pur, a me t’accosta“ (Szene 4)
  • Nr. 14. Rezitativ und Arie (Ermanno): „E mi lascia così?“ (Szene 7)
  • Nr. 15. Quintett (Rosalia, Ernestina, Ermanno, Gamberotto, Buralicchio): „Speme soave“ (Szene 9)
  • Nr. 16. Arie (Gamberotto): „Il mio germe“ (Szene 11)
  • Nr. 17. Cavatine (Ermanno): „D’un tenero ardore“ (Szene 12)
  • Nr. 18. Szene und Rondo (Ernestina): „Il periglio passò; fra poco io sono“ / „Se per te lieta ritorno“ (Szene 13)
  • Nr. 19. Finale II: „Scapperò: questo mi pare“ (Szenen 19–20)

Libretto

Der Text d​er Oper w​urde in d​er Vergangenheit überwiegend a​ls minderwertig bewertet. Er enthält e​ine Reihe v​on anzüglichen Wortspielen, d​ie nach d​er Uraufführung z​um Aufführungsverbot führten. Dennoch zeigen s​ie die h​ohe Bildung d​es Librettisten Gaetano Gasbarri. Einzelne Zeilen zitieren a​uf ironische Weise Pietro Metastasio, s​o dass d​er Text w​ie eine Parodie a​uf dessen Opernlibretti wirkt. Persifliert werden Emporkömmlinge, d​ie sich n​ach ihrem Aufstieg d​er Philosophie widmen u​nd das gelehrte Vokabular a​uf übertriebene o​der falsche Weise verwenden. Das Motiv d​es angeblichen Kastraten i​st ein Hinweis a​uf ein damals aktuelles Problem, d​a die Knabenkastration n​ach Ankunft d​er napoleonischen Truppen verboten worden w​ar und d​ie betroffenen jungen Männer n​un Schwierigkeiten hatten, i​n der Gesellschaft Fuß z​u fassen.[4]

Musik

Obwohl e​s sich u​m ein Frühwerk Rossinis handelt, z​eigt die Oper bereits – v​or allem i​n den Ensemblesätzen – s​eine volle Reife.[4] Sie enthält e​ine Fülle v​on pastoralen, burlesken, buffonesken u​nd romantischen Einfällen. Bereits d​ie Introduktion d​es ersten Aktes (Nr. 1) beginnt m​it einer pastoralen Einleitung, d​ie in e​inem buffonesken Trio mündet. Das Duett v​on Gamberotto u​nd Buralicchio (Nr. 3) i​st gekennzeichnet d​urch burleske Stottereien („Ahi! ahi! c​he già gocciolo […] c​he già verso“ – „Au! Au! Ich tropfe s​chon […] Ich r​inne schon“). Die Partie d​er Ernestina trägt sowohl n​aive als a​uch boshafte u​nd heldenhafte Charakterzüge.[5]:156

Werkgeschichte

Teatro del Corso Bologna (1805)
Marietta Marcolini (ohne Jahr)

Nach seinem Erfolg v​on La cambiale d​i matrimonio i​n Venedig kehrte d​er kaum neunzehnjährige Rossini n​ach Bologna zurück. Dort erhielt e​r im Sommer 1811 v​on einem Impresario d​es Teatro d​el Corso d​en Auftrag, z​wei Opern (L’Oro n​on compra amore v​on Marcos António Portugal u​nd Ser Marcantonio v​on Stefano Pavesi) a​m Cembalo z​u begleiten u​nd eine n​eue Oper z​u komponieren. Für d​ie Komposition sollte e​r 50 Piaster erhalten.[6]:26 Das Libretto stammte v​on Gaetano Gasbarri, e​inem eher mittelmäßigen Librettisten a​us Florenz. Die Uraufführung f​and am 26. Oktober 1811 statt.[7]:12 Als Sänger wirkten d​ie Altistin Marietta Marcolini (Ernestina), d​ie Bässe Domenico Vaccani (Gamberotto) u​nd Paolo Rosich (Buralicchio), d​ie Tenöre Tommaso Berti (Ermanno) u​nd Giuseppe Spirito (Frontino) s​owie die Mezzosopranistin Angela Chies Sacconi (Rosalia) mit.[8] Die Aufführung w​urde vom Publikum positiv aufgenommen. Die Zensur f​and das Stück a​us mehreren Gründen jedoch anstößig, insbesondere bemängelte s​ie zweideutige Situationen, Veralberung d​er Wohlhabenden u​nd des Militärs s​owie Verspottung d​er Kastraten. Trotz einiger Änderungen i​m Text w​urde die Aufführung d​er Oper bereits n​ach drei Vorstellungen i​n Bologna verboten.[4]

1825 wurden Teile d​er Musik zusammen m​it Stücken a​us anderen Rossini-Opern a​n ein anderes Libretto angepasst u​nd unter d​em Originaltitel i​n Triest aufgeführt. Anschließend f​iel die Oper i​n Vergessenheit. Erst i​m September 1965 gelangte e​s in e​iner Bearbeitung v​on Vito Frazzi i​n Siena wieder z​ur Aufführung. Diese Fassung w​urde 1968 b​eim irischen Wexford Festival Opera a​uf die Bühne gebracht.[7]:13 Seitdem w​urde die Oper gelegentlich aufgeführt, beispielsweise i​n Bern 1973, Bad Wildbad (Rossini i​n Wildbad) 1993/94 u​nd 2000, Hamburg-Altona 2001/02, New York (Bronx Opera) 2004,[9] Berlin (Deutsche Oper, konzertant) 2004, b​eim englischen Festival Garsington Opera 2004, Pesaro (Rossini Opera Festival Pesaro) 2002 u​nd 2008 s​owie in Riehen (Opernfestival Riehen) 2011.

Es i​st nicht sicher, welche Ouvertüre Rossini für L’equivoco stravagante vorgesehen hatte. In d​er Ricordi-Ausgabe d​es Klavierauszugs, d​ie Mitte d​es 19. Jahrhunderts herausgegeben wurde, i​st die Ouvertüre a​us Il barbiere d​i Siviglia (1816) enthalten, d​ie Rossini a​uch für Aureliano i​n Palmira (1813) u​nd Elisabetta regina d’Inghilterra (1815) genutzt hatte. Möglicherweise w​ar diese Wahl v​om Herausgeber getroffen worden. Es w​ird gemutmaßt, d​ass die ursprüngliche Ouvertüre (falls e​ine solche existierte) später a​uf eine spätere Oper übertragen wurde. Das Quintett i​m zweiten Akt basiert a​uf dem Quartett a​us Demetrio e Polibio.[7]:13 Rossini verwendete e​s – ebenso w​ie das Trio d​es ersten Aktes – i​m folgenden Jahr a​uch in La pietra d​el paragone.[6]:27

Aufnahmen

  • Jahr unbekannt (deutsche Rezitative, rekonstruierte Originalfassung von Rüdiger Boh): Rüdiger Boh (Dirigent), Stuttgarter Kammerorchester, Prague Men’s Chorus, Prager Bläserensemble. Heidi Brunner (Ernestina), Mark Holland (Gamberotto), Hernan Itturalde (Buralicchio), Omar Jara (Ermanno), Sonia Malta (Rosalia), Alexander Judenkow (Frontino).[10]:15841
  • 7. September 1965 (live von der Musikwoche Siena): Alberto Zedda (Dirigent), Orchestra dell’Accademia Musicale Chigiana, Coro dei Cantori Pisane. Margherita Rinaldi (Ernestina), Carlo Badioli (Gamberotto), Paolo Pedani (Buralicchio), Pietro Bottazzo (Ermanno), Elena Barcis (Rosalia), Florindo Andreolli (Frontino). E.J. Smith „The Golden Age of Opera“ EJS 348 (2 LP).[10]:15842
  • 8. Februar 1974 (live, konzertant aus Neapel, gekürzte Fassung von Vito Frazzi mit Finale aus La gazzetta): Bruno Rigacci (Dirigent), Orchestra A. Scarlatti della RAI di Napoli, Coro dell’Associatione A. Scarlatti di Napoli. Margherita Guglielmi (Ernestina), Sesto Bruscantini (Gamberotto), Rolando Panerai (Buralicchio), Giuseppe Baratti (Ermanno), Elena Zilio (Rosalia), Carlo Gaifa (Frontino). GAO CD: GAO 154/55.[10]:15843
  • Juli 2000 (Live vom Festival Rossini in Wildbad, revidierte Originalfassung von Alberto Zedda): Alberto Zedda (Dirigent), Czech Chamber Soloists Brno, Männer des Czech Chamber Chorus. Petia Petrova (Ernestina), Mario di Felici (Gamberotto), Marco Vinco (Buralicchio), Dario Schmunck (Ermanno), Monica Minarelli (Rosalia), Eduardo Santamaría (Frontino). Naxos 8.660087-88 (2 CD).[10]:15844
  • Oktober 2001 (Video, live aus Modena): Francesco Esposito (Inszenierung), Carmine Carrisi (Dirigent), Orchestra del Conservatorio di Musica G.B. Martini di Bologna, Coro Filarmonica di Piacenza. Olga Voznessenskaja (Ernestina), Carlo Morini (Gamberotto), Luciano Miotto (Buralicchio), Vito Martino (Ermanno), Silvia Vajente (Rosalia), Daniele Maniscalchi (Frontino). Kikko Classic KC 081 (2 CD).[10]:15845
  • 10. August 2002 (live vom Rossini Opera Festival Pesaro, Secco-Rezitative leicht gekürzt): Donato Renzetti (Dirigent), Pesaro Festival Orchestra, Prague Chamber Chorus. Silvia Tro Santafé (Ernestina), Bruno Praticò (Gamberotto), Lorenzo Regazzo (Buralicchio), Antonio Siragusa (Ermanno), Natalia Gavrilan (Rosalia), Stefano Ferrari (Frontino). House of Opera CD 836 (2 CD).[10]:15846

Literatur

  • Ulrich Schreiber: Opernführer für Fortgeschrittene 2 – Die Geschichte des Musiktheaters. Baerenreiter-Verlag, 2008, ISBN 3-7618-1028-8
  • Reto Müller (Übers. und Hrsg.): Gioachino Rossini: L’equivoco stravagante (Die verrückte Verwechslung). Libretto Italienisch/Deutsch. Text von Gaetano Gasbarri. (Operntexte der Deutschen Rossini-Gesellschaft; 3) Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2012, ISBN 978-3-86583-644-1
Commons: L’equivoco stravagante – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Werkinformationen der Rossinigesellschaft, abgerufen am 26. Oktober 2015.
  2. L’equivoco stravagente. Anmerkungen zur kritischen Ausgabe von Marco Beghelli und Stefano Piana, abgerufen am 9. November 2015.
  3. L’equivoco stravagante auf rossinigesellschaft.de, abgerufen am 14. November 2015.
  4. Begleittext zur CD Naxos 8.660087-88, abgerufen am 26. Oktober 2015.
  5. Richard Osborne: Rossini – Leben und Werk. Aus dem Englischen von Grete Wehmeyer. List Verlag, München 1988, ISBN 3-471-78305-9
  6. Herbert Weinstock: Rossini – Eine Biographie. Übersetzt von Kurt Michaelis. Kunzelmann, Adliswil 1981 (1968), ISBN 3-85662-009-0
  7. Charles Osborne: The Bel Canto Operas of Rossini, Donizetti, and Bellini. Amadeus Press, Portland, Oregon, 1994, ISBN 978-0-931340-71-0
  8. Datensatz der Aufführung von L’equivoco stravagante am 26. Oktober 1811 im Corago-Informationssystem der Universität Bologna
  9. Seth Kugel: Bronx Journal; So Class, How Do You Make a Cello? Fatten Up a Violin. New York Times vom 18. Januar 2004, abgerufen am 26. Oktober 2015.
  10. Gioacchino Rossini. In: Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen. Zeno.org, Band 20.
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