Greiserwerke
Die Greiserwerke in Hannover produzierten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem technische Dichtungen, die in der Industrie zur Abdichtung beispielsweise von Dampfmaschinen oder Kompressoren benötigt wurden. Standort der Produktionsanlagen war die Angerstraße in der hannoverschen Oststadt.[1]
Geschichte
Die Greiserwerke wurden im Jahr 1900[2] oder 1901[3] als erstes von mehreren Unternehmen des später in der Erdölwirtschaft expandierenden Industriellen Georg Greiser gegründet,[2] anfangs jedoch mit einem Bruder oder mehreren Brüdern als Gebr. Greiser[4] oder Gebrüder Greiser. Diese unterhielten im Jahr 1906 noch eine Metalldreherei in der Kronenstraße 6.[5]
Die Gebrüder Greiser, die neben dem technischen Geschäft für Lagermetalle auch eine für die aufkommende Automobilindustrie auch eine Öl- und Fettfabrik betrieben, erhielten am 13. Mai 1907 für ihre Produkte-Bezeichnung „Greisol“ eine Eintragung als Schutzmarke.[6]
Während des Ersten Weltkrieges beschäftigten die als GmbH organisierten Greiserwerke, die für ihre Spezialprodukte „eine Art Monopolstellung“ innehatten, zeitweilig bis zu 1099 Kriegsgefangene. Die – verglichen mit anderen kriegswichtigen Betrieben im Raum Hannover – „enorm hohe Zahl an Kriegsgefangenen“ hängt mutmaßlich mit den in dieser Branche vergebenen Aufträgen für die Rüstungsindustrie zusammen.[1]
Nach und nach hatte der als Kaufmann tätige Georg Greiser, der 1917 für sich privat das Haus Fischerstraße 1 an der Ecke zum Königsworther Platz erworben hatte,[7] weitere Gebäude in der Angerstraße erworben.[8]
Zu Beginn der Weimarer Republik zogen sich die Fabrikgebäude und das Kontor[3] von der Angerstraße 11 bis 15 hin. Dort vermieteten Greiser oder die Greiserwerke an Privatleute und andere Unternehmer, aber auch an verbundene Unternehmen wie die Ölhandlung der Gebrüder Greiser, die Ölraffinerie und chemische Fabrik Dollbergen, die Niedersachsen GmbH, die Erdölgesellschaft Cerberus, die Hatege Tiefbohrungsgesellschaft, die Erdölgesellschaft Schwüblingen oder die Hannoversche Mineralölverkaufsgesellschaft.[8]
In den 1920er Jahren bewarben die Greiserwerke ihre Stopfbüchsen-Packungen und offerierten als Spezialität ihre „Greisol-Universal-Baumwoll-Pollux-Packung“. Angeboten wurden metallene Linsen- und Kammer-Packungen sowie geflochtene Packungen für Hochdruck-Dichtungs-Platten, Mannlochringe sowie Rohr- und Flanschendichtungen.[3] Etwa in jenen Jahren war der in Berlin-Charlottenburg wohnende Major Max Langer Mitinhaber der hannoverschen Greiserwerke.[9]
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden um 1934 die von Greiser produzierten Packungen aus Ramie-Garn für chemische Apparaturen empfohlen, die länger als gleichartige der Reibung ausgesetzte Verbindungen wie etwa aus Hanf oder Baumwolle aufwies: Die elastische, sogenannte „Greisol-Gummi-Schnur“ enthielt einen „Paragummikern“; die Ramie-Fasern waren durch ein Spezialfett so fest verbunden, dass „eine Trennung bei normalen Temperaturen kaum möglich“ war.[10]
1938 wies die Gummi-Zeitung die Greiserpackung GmbH als einzige Bezugsquelle für Stopfbüchsenpackungen aus.[11]
Spätestens im Zweiten Weltkrieg war die Stadt Hannover Eigentümer der Gebäude Angerstraße 11–15 geworden, lediglich unter der Hausnummer 12 agierte während der Luftangriffe auf Hannover im Jahr 1943 nun noch die Firma Greiserpackung GmbH.[12] Die Gebrüder Greiser, Inhaber nun Hans Greiser, bewarben Treiböle, Schmieröle und Fette nun im Haus Steintorfeldstraße 37, in dem im selben Jahr auch die Firma Georg Greiser-Bergbau für ihre Fabrik in Dollbergen ihren Verwaltungssitz hatte.[13] Die beiden Kaufleute Georg und Hans sowie der Chemiker Rudolf Greiser wohnten nun nur noch zur Miete in dem ebenfalls in das Eigentum der Stadt Hannover übergegangen Wohnhaus Fischerstraße 1.[14]
Nach der Befreiung vom NS-Regime wurde die im Handelsregister beim Amtsgericht Hannover eingetragene Greiserwerke GmbH am 23. August 1949 gelöscht.[15]
In den 1970er Jahren waren Dichtungen und Dichtungsmaterialien bei der Greiserpackung GmbH im Haus Heiligerstraße 17 zu erhalten.[16]
Am Klagesmarkt 18 in Hannover firmierte Anfang des 21. Jahrhunderts die mit der Despina Grundstücksgesellschaft mbH, Hannover und dem Geschäftsführer Greiser und der Stadt Hildesheim verbundene Greiserpackung high profit and more GmbH, Hannover.[17]
Weblinks
Einzelnachweise
- Andreas Fahl: Das Schicksal der Kriegsgefangenen 1914 – 1922, in Kirsten Tepper (Hrsg.): Heimatfront Hannover. Kriegsalltag 1914 - 1918 ( = Schriften des Historischen Museums Hannover, Band 44), Hannover: HMH, 2014, ISBN 978-3-910073-45-6, S. 267–281; hier: S. 273 und Anmerkung 19 auf S. 281.
- Erdöl und Kohle, Erdgas, Petrochemie, Bd. 18, Teil 2, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Mineralölwissenschaft und Kohlechemie, Hamburg; Berlin [u. a.]: Industrieverlag von Hernhaussen KG, 1965, S. 18.
- Angaben auf einem 1923 datierten Rechnungsbogen.
- Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure (VDI Zeitschrift), Band 55 (1911), S. 499; Google-Books.
- Adressbuch-Seite als PDF-Dokument aus den digitalen Sammlungen der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek (GWLB).
- Der Motorwagen. Zeitschrift für Automobil-Industrie und Motorenbau. Automobiltechnische Zeitschrift. Organ der automobiltechnischen Gesellschaft, 1907, Bd. 1, S. 11; Google-Books.
- Fischerstraße im Adressbuch von 1923.
- Angerstraße im Adressbuch Hannover von 1923 über den DFG-Viewer.
- Jahrbuch der schiffbautechnischen Gesellschaft, Bd. 26 (1925), S. 26; Google-Books.
- Chemische Apparatur. Zeitschrift für die Belange des Chemie-Ingenieurs (Apparate-, Betriebs-, Werkstoff- u. Korrosionsfragen), Bände 22 – 23 (1935), S. 31; Google-Books.
- S. 421; PDF-Dokument über die Seite pbc.gda.pl/
- Angerstraße im Adressbuch Hannover von 1943.
- Greiser im Adressbuch von 1943.
- Fischerstraße im Adressbuch Hannover von 1943.
- Unternehmensangaben der Wirtschaftsauskunftei North Data.
- ABC der deutschen Wirtschaft (1973), S. 441; Google-Books.
- Angaben auf der Seite northdata.de.