Gaston Glock
Gaston Hellmut Glock (* 19. Juli 1929) ist ein österreichischer Ingenieur und Unternehmer. Nachdem er ab 1963 selbständig im Kunststoffbereich tätig gewesen war, entwickelte er 1980/81 eine neuartige Pistole, die Glock 17, die 1982 als neue Armeepistole beim österreichischen Bundesheer eingeführt wurde. Glock gründete die Waffenproduktionsfirma Glock GmbH an seinem Wohnort Deutsch-Wagram und wurde in den folgenden Jahren mit seinen Glock-Pistolen vor allem auch auf dem US-amerikanischen Markt kommerziell erfolgreich.
Leben
Berufsleben
Gaston Hellmut Glock,[1] der Sohn eines Eisenbahnarbeiters, schloss 1947 in Wien die Ausbildung an der Bundesgewerbeschule, Abteilung Maschinenbau, ab (Standesbezeichnung Ingenieur) und war anschließend als Kunststofftechniker tätig.[2] Im Jahr 1963 gründete er die Glock KG, mit der er Kunststoff- und Metallteile für Türen und Fenster herstellte. Ab 1970 belieferte Glock das österreichische Bundesheer mit dem Glock Feldmesser, Feldspaten, Übungshandgranaten und Maschinengewehrgurten. Als das österreichische Bundesheer 1980 eine neue Handfeuerwaffe suchte, die mit großer Magazinkapazität einfach zu handhaben und kostengünstig in der Anschaffung sein sollte, bot sich Glock an, eine neue Waffe zu entwickeln. In enger Abstimmung mit Waffenexperten der Armee entwarf er den Prototyp einer Pistole mit einem Griff aus Kunststoff und einem Abzug mit vorgespanntem Schlagbolzen.[3] Am 30. April 1981 reichte Glock ein entsprechendes Patent ein. Da es sich um sein insgesamt 17. Patent handelte, nannte er die neue Pistole Glock 17.[4]
Die Vorteile der Glock 17 lagen darin, dass es sich um eine leichte und robuste Waffe aus vergleichsweise wenigen Teilen und einer Magazinkapazität von 17 Schuss handelte.[5] Damit gewann Glock 1982 die Ausschreibung des Bundesheeres vor neun anderen Anbietern.[3] Glock wandelte seine KG in eine GmbH um und baute in Deutsch-Wagram eine Produktionsstätte auf. Durch ihre Konstruktion ließ sich die Glock 17 mit computergesteuerten Maschinen kostengünstig herstellen. 1985 gründete Glock in den USA eine Tochtergesellschaft seiner Firma. Eine amerikanische Produktionsstätte entstand in Smyrna (Georgia) und eine weitere 1987 im österreichischen Ferlach.
Als Waffenproduzent war Glock insbesondere auf dem amerikanischen Markt erfolgreich. Viele Polizeibehörden und das FBI (ab 2016) sind mit Glock-Waffen ausgestattet. Der amerikanische Journalist Paul Barrett bezeichnete in seinem nicht autorisierten Buch über Glock diesen als „Sam Colt des 20. Jahrhunderts“, weil er das Handfeuerwaffengeschäft in den USA erneuert habe.[6]
Das Glock-Imperium gilt mit einem Vermögen von 1,65 Milliarden Euro (Stand 2016) als höchst erfolgreiche Unternehmensgruppe.[7] Öffentliche Auftritte Glocks sind rar. Beachtung fanden seine Kontakte zu dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, mit dem er Mitte Oktober 2000 in Moskau das Werk des russischen Flugzeugherstellers Mikojan-Gurewitsch besichtigte, nachdem Russland angeboten hatte, MiG-29 an Österreich zu liefern.[8] Im Jahr 2002 begleitete er Haider nach Bagdad zu einem Besuch bei Saddam Hussein.[9] Medienberichte, die ihn mit der FPÖ in Verbindung brachten, hat Glock dementiert.[10] [11] Im Mai 2019 kam Glock im Rahmen der Ibiza-Affäre in den Verdacht, einen FPÖ-nahen Verein finanziell unterstützt zu haben.[12]
Neben der Führung seiner eigenen Firma war Gaston Glock von April 2002 bis September 2011 im Aufsichtsrat der Flugsicherungsgesellschaft Austro Control, ab 2004 als Aufsichtsratsvorsitzender. Bestellt wurde er in diese Position vom damaligen freiheitlichen Verkehrsminister Mathias Reichhold.[13] In dieser Position folgte ihm Caspar Einem nach.[14][15][16] Glock engagiert sich im Pferdesport und finanziert das Glock Horse Performance Center.
Im März 2012 wurde er zum Honorarkonsul des rumänischen Konsulats in Klagenfurt bestellt.[17]
Mordanschlag
Am 27. Juli 1999 wurde Glock Ziel eines Mordanschlages in der Tiefgarage eines Luxemburger Bürokomplexes. Der Franzose Jacques Pêcheur versuchte, ihn mit einem Hammer zu erschlagen. Er handelte im Auftrag von Charles Ewert („Panama-Charly“), einem ehemaligen Geschäftspartner Glocks. Grund waren Auseinandersetzungen um Glocks Handelsfirma Unipatent S.A. und der Vorwurf der Untreue. Ewert soll nach 1989 bis zu 100 Millionen US-Dollar aus der Glock-Gruppe in eine Reihe ihm zuzurechnender Briefkastengesellschaften geschleust haben. Pêcheur wurde am 12. März 2003 von einem Luxemburger Strafgericht rechtskräftig zu 17 Jahren Haft verurteilt, Ewert zu der Höchststrafe von 20 Jahren.[18][19]
Prozesse
Glock hat wiederholt Personen und Organisationen, die seine Waffengeschäfte kritisch hinterfragen, gerichtlich verfolgen lassen. Eine Ehrenbeleidigungsklage gegen Amnesty International verlor er im Februar 2008. Amnesty hatte darüber berichtet, dass eine Waffe aus dem Hause Glock in Besitz eines Rebellen in Darfur gelangt war, und Glock aufgefordert zu klären, wie dies möglich gewesen ist. Dieser Prozess wurde 2012 auch in letzter Instanz für Amnesty International entschieden.[20]
Privatleben
Gaston Glock hat drei Kinder mit seiner ersten Frau Helga,[21] die er 1962 heiratete und von der er sich im Juni 2011 nach 49 Jahren Ehe scheiden ließ.[22] Tochter Brigitte kam kurz nach seiner Ehelichung auf die Welt, drei Jahre später folgte Gaston jun. und ein Jahr nach diesem Robert.[23] Im Juli 2011 heiratete er die um 52 Jahre jüngere, aus Velden am Wörther See stammende, Kathrin Tschikof, die er im Jahr 2004 kennenlernte[24] und die später verschiedene Funktionen in zahlreichen Unternehmen Glocks bekleidete.[25][26][27]
2010 schieden die drei erwachsenen Kinder Glocks aus dem Waffenunternehmen aus: Brigitte (* 1962) eröffnete danach eine Tierhandlung in Langenlois (2014 als Firma wieder gelöscht), Gaston jun. (* 1965) gründete in den USA eine Gesellschaft für Jagdbekleidung, und Robert (* 1969) betreibt Restaurants und Unternehmen in Österreich. Nach der Scheidung 2011 versuchte Helga Glock in mehreren Verfahren, die Vermögenswerte zu ihren und ihrer drei Kinder Gunsten neu aufzuteilen.[25][28][29][30]
Ibiza-Affäre
In einem im Juli 2017 heimlich gefilmten Video, das im Mai 2019 dem Spiegel und der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurde, behauptet der damalige FPÖ-Parteivorsitzende Heinz-Christian Strache, dass Milliardäre wie René Benko, Gaston Glock und Heidi Horten sowie der Glücksspielkonzern Novomatic über einen Tarnverein der FPÖ unter Verletzung der Regelungen zur Parteienfinanzierung in Österreich für den Wahlkampf der FPÖ spenden würden. Alle im Video vermeintlich als Spender genannten Personen und Firmen bestritten noch am selben Tag die Vorgänge.[31][32]
Auszeichnungen
Weblinks
- Glock Homepage. Abgerufen am 20. Dezember 2019.
- Mark A. Keefe IV: Book review: ‘Glock: The Rise of America’s Gun,’ by Paul Barrett. Washington Post, 20. Januar 2012, abgerufen am 10. Dezember 2017 (englisch).
- Glock Horse Performance Center (GHPC). Abgerufen am 10. Dezember 2017.
- Arno Maierbrugger: Gaston Glock: Kärntner Waffen und ihr Netzwerk. In: boersenexpress.com. 20. Januar 2004, archiviert vom Original am 11. Januar 2011; abgerufen am 10. Dezember 2017.
Einzelnachweise
- Ing. Gaston Hellmut Glock. Firmeneintrag in: WKO Firmen A–Z. Wirtschaftskammer Österreich (Hrsg.), ohne Datum, abgerufen am 15. Jänner 2021.
- Fritz Neumann: Glock Horse Performance Center: Pistole, Palme, Pferd. In: der Standard, 14. September 2015.
- Hans Dieter Faißner: Pistolenbewaffnung des Bundesheeres – 1955 bis heute. In: TRUPPENDIENST – Folge 336, Ausgabe 6/2013.
- Paul M. Barrett: Glock. The Rise of America’s Gun. Crown Publishing Group, New York 2012, ISBN 978-0-307-71995-9, S. 13 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Paul M. Barrett: Glock. The Rise of America’s Gun. Crown Publishing Group, New York 2012, ISBN 978-0-307-71995-9, S. 14 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Paul M. Barrett: Glock. The Rise of America’s Gun. Crown Publishing Group, New York 2012, ISBN 978-0-307-71995-9, S. 67 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Adolf Winkler: Pistolenerzeuger Glock mit 95 Millionen Euro Gewinn. In: Kleine Zeitung, 28. Mai 2016.
- Ludmilla Lobova: Sowjetische und russische Positionen zur Teilnahme Österreichs an der europäischen Integration. In: Michael Gehler, Anton Pelinka, Günter Bischof (Hg.): Österreich in der Europäischen Union. Bilanz seiner Mitgliedschaft. Austria in the European Union. Assessment of Her Membership. Böhlau, Wien 2003, S. 496.
- Emo Gotsbachner: Normalisierungsstrategien in der Rhetorik der FPÖ. Die politische Alchemie, Kritik in Unterstützung zu verwandeln. In: ÖZP 32 (2003), S. 457–483, hier S. 479.
- Paul M. Barrett: Glock. The Rise of America’s Gun. Crown Publishing Group, New York 2012, ISBN 978-0-307-71995-9, S. 176 f. (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Pferde, Waffen und die Verbindungen zwischen der FPÖ und Glock (22. September 2018)
- Benjamin Bidder, Anton Rainer: FPÖ-Affäre: Das sind die Bosse aus dem Strache-Video. In: Spiegel Online. 20. Mai 2019, abgerufen am 15. Mai 2020.
- Naheverhältnis zu Jörg Haider. In: orf.at. 12. Januar 2011, abgerufen am 7. April 2012.
- Gaston Glock: Kärntner Waffen und ihr Netzwerk. In: Wirtschaftsblatt. 20. Januar 2004, archiviert vom Original am 31. August 2010; abgerufen am 4. April 2012.
- Parlamentarische Anfragebeantwortung. In: parlament.gv.at. 21. November 2011, abgerufen am 4. April 2012.
- Caspar Einem soll Austro Control kontrollieren. In: Die Presse. 8. September 2011, abgerufen am 4. April 2012.
- Der Waffenproduzent als Konsul. In: Wiener Zeitung. 28. März 2012, abgerufen am 4. April 2012.
- Michael Nikbakhsh: Glock gehabt. In: profil. Nr. 15, 7. April 2003, S. 62.
- Dyan Machan: Top Gun. Forbes, 31. März 2003, abgerufen am 10. März 2010 (englisch).
- Amnesty gewinnt Verfahren gegen Glock. In: derstandard.at. 3. April 2012, abgerufen am 4. April 2012.
- Gaston Glock: Ein Industrieller, der die Öffentlichkeit meidet. In: Kleine Zeitung. 24. Oktober 2008, archiviert vom Original am 8. März 2014; abgerufen am 4. April 2012.
- Gaston Glock: Im Ehe-Krieg. In: oe24.at. 10. Dezember 2011, abgerufen am 4. April 2012.
- Wolfgang Zwander: Glock gegen Glock: „Glock“ von Paul M. Barrett. In: Falter, 49/2014, abgerufen 26. Jänner 2019.
- Simone Brunner: Kathrin Glock: Ein Herz für Knarren. In: Die Zeit. 4. Mai 2021, abgerufen am 29. Januar 2022.
- Antrag auf Verfahrenshilfe eingebracht. ORF, 13. April 2013, abgerufen am 15. April 2013.
- Glück für Glock. In: Kleine Zeitung. 29. Juli 2011, archiviert vom Original am 8. März 2014; abgerufen am 4. April 2012.
- Detailssuche in firmenmonitor.at des amtlichen Teils der Wiener Zeitung (hier Glock Kathrin im Feld „Bezug zu folgender Person“ eintragen), abgerufen am 13. Jänner 2021.
- Im Glock-Scheidungskrieg wird scharf geschossen (Memento vom 16. April 2013 im Internet Archive), vom 15. April 2013, Wirtschaftsblatt, abgerufen am 15. April 2013
- Paul Barrett, Zoe Schneeweiss, Caroline Winter: Bloomberg: Familienfehde beim österreichischen Waffen-Industriellen Glock. In: Welt.de, 27. Jänner 2012, abgerufen 26. Jänner 2019.
- Nina Ellend: Gütesiegel der Liebe: Robert Glock im Interview: In: Kurier.at, 29. Juni 2015, abgerufen 26. Jänner 2019.
- ORF at/Agenturen red: Deutsche Medien: Heimliche Aufnahmen belasten Strache. 17. Mai 2019, abgerufen am 27. Mai 2019.
- Enthüllungen von SPIEGEL und "Süddeutsche": Bundeskanzler Kurz will sich zu Strache-Skandal äußern. In: Spiegel Online. 18. Mai 2019 (spiegel.de [abgerufen am 27. Mai 2019]).
- Großes Goldenes Ehrenzeichen für Gaston Glock. Presseaussendung von Juli 2014, abgerufen am 8. Juli 2018.