Friedrich von Logau
Friedrich von Logau (Pseudonym Salomon von Golaw; * vor 14. Januarjul. / 24. Januar 1605greg. auf Gut Brockuth [seit 1945: Brochocin] bei Nimptsch, Herzogtum Brieg; † 14. Julijul. / 24. Juli 1655greg. in Liegnitz, Herzogtum Liegnitz[1]) war ein deutscher Dichter und Epigrammatiker des Barocks.
Herkunft
Friedrich entstammte dem schlesischen Adelsgeschlecht von Logau. Seine Eltern waren der Gutsbesitzer Georg von Logau und dessen zweite Ehefrau Anna von Reideburg. Den Vater verlor er im Jahr seiner Geburt (1605), seine Mutter verheiratete sich erneut und verstarb in Brieg am 29. Juni 1649.[2] Zu Friedrichs Vorfahren gehörte auch Georg von Logau (gestorben 1553) auf Schlaupitz (Sohn des 1541 gestorbenen Georg von Logau), der in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts in lateinischer Sprache dichtete.
Leben und Werke
Logau besuchte vom 13. Oktober 1614 bis zum Juni 1625 das Gymnasium zu Brieg. Am 6. Juli 1625 immatrikulierte er sich an der Universität Altdorf bei Nürnberg und studierte dort zwei Jahre lang Jurisprudenz. Mit 28 Jahren übernahm er 1633 das verschuldete und wenig ertragreiche Familiengut, das er jedoch auch in Zeiten der Kriegsnöte behielt, auch dann, als er 1644 in die Hofdienste eintrat.
Am 29. September 1644 wurde Logau vom Brieger Herzog Ludwig IV. an dessen Hof berufen und trat in die Dienste des Herzogs. 1653 fielen Liegnitz und Wohlau Ludwig und seinen beiden Brüdern zu und man teilte das jetzt erweiterte Herrschaftsgebiet neu auf. Logau folgte seinem Herrn 1654 nach Liegnitz.[3] Im Sommer 1654 wurde er zum Regierungsrat und Hofmarschall befördert.
Im Juli 1648 wurde Logau im Auftrag von Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Als Gesellschaftsnamen wählte Logau „der Verkleinernde“ und als Wappenpflanze das „Milzkraut“.[4]
Friedrich von Logau starb in seiner Wohnung in der Burggasse in der Nacht vom 24. Juli im Alter von 50 Jahren und 26 Wochen[5] und wurde laut Totenbuch der lutherischen Kirchengemeinde „Zu unserer lieben Frau“ in Liegnitz am 22. August 1655 begraben.[6] Da er Mitglied der Kirchengemeinde Zu unserer lieben Frau war, er aber dennoch bei der fürstlichen Stiftskirche seine letzte Ruhestätte erhielt, wurde von den Angehörigen die doppelte Begräbnisgebühr verlangt.[7]
Als Verfasser von mehr als dreitausend Epigrammen („Sinngedichten“) tadelte er Untugenden wie Putzsucht, Heuchelei und Habsucht sowie die „Ausländerei“ mit ihrer Sprachverwilderung und Nachäfferei. Er beklagte den verheerenden Krieg, mahnte seine Landsleute zur Vaterlandsliebe und äußerte kritische Ansichten zum Wirken der Politiker seiner Zeit (Von von Logau stammt unter anderem das Gedicht Heutige Weltkunst):
„ANders ſeyn, und anders ſcheinen:
Anders reden, anders meinen:
Alles loben, alles tragen,
Allen heucheln, ſtets behagen,
Allem Winde Segel geben:
Bös- und Guten dienſtbar leben:
Alles Thun und alles Tichten
Bloß auff eignen Nutzen richten;
Wer ſich deſſen wil befleiſſen
Kan Politiſch heuer heiſſen.“
Sein Pseudonym „Salomon von Golaw“ wählte Logau nach dem Sittenrichter des Alten Testaments (Sprüche Salomos) sowie nach dem Gut Gohlau im Kreis Neumarkt, das als Anagramm des Familiennamens verstanden werden kann.
Wiederentdeckt wurde Logau von Gotthold Ephraim Lessing.[8] An Lessing anknüpfend machte Gottfried Keller einen der Logau’schen Sinnsprüche zum Leitmotiv seines Novellenzyklus Das Sinngedicht:
„Wie willst du weiße Lilien zu roten Rosen machen?
Küß eine weiße Galathee, sie wird errötend lachen!“
Familie
Friedrich von Logau heiratete 1631 Helena von Gruttschreiber, die im Sommer 1641 starb. Sie war eine Tochter des Heinrich von Gruttschreiber zu Rosenau auf Olbendorff und Obereck und der Magdalena von Poser († 1625). Mit ihr hatte Logau eine Tochter Anna, die sich nach 1660 mit einem Gersdorff aus der Lausitz vermählte, sowie einen 1634 geborenen Sohn George Heinrich, der jedoch früh starb.[9]
1643 heiratete Logau zum zweiten Mal: Helena von Knobelsdorff (1617–1686), Tochter des Balthasar von Knobelsdorff, Briegischen Hofmarschalls und Erbherrn auf Fritschendorf, und der Dorothea von Hohendorf. Nach Logaus Tod verheiratete sie sich 1661 mit Dietrich Ernst von Rößler. 1645 entspross der zweiten Ehe Sohn Balthasar Friedrich († 1702), Nassau-Dillenburger Rat, Stammvater der Grafen von Logau. Als zweites Kind der zweiten Ehe kam Dorothea Magdalena zur Welt († 1701); 1649 wurde Tochter Anna Helena geboren († 1712), 1653 im April die Tochter Eleonora Sophia, die jedoch im Alter von vier Monaten verstarb.[9] Eine Tochter der zweiten Ehe heiratete den russischen General Georg Gustav von Rosen.
Zu den weiteren Nachkommen zählte Heinrich Wilhelm von Logau und Altendorff, Verfasser der Epigrammsammlung Poetisches Vergnügen (1737), die zum größten Teil ein Plagiat seines berühmten Vorfahren darstellt.
Stil
Die Gesamtausgabe der Gedichte Logaus fasst nicht nur „Drey-Tausend“ Epigramme, sondern 3.560, denn zu dem „Anderen Tausend“ ist noch eine „Zu-Gabe“ von 201 Gedichten angehängt, und auf das letzte Tausend folgen gleich zwei weitere Zugaben von 102 bzw. 257 Epigrammen. Wer aus dieser Fülle nur ein Epigramm auswählt, würde keinen Eindruck von dem Wechsel der Versarten und Gedichtsformen und von der Vielfalt der Themen in Logaus Gedichtsammlung bekommen. Eine Auswahl von mehreren Epigrammen vermag das schon eher zu leisten:
- Lebens-Satzung
- Leb ich / so leb ich!
- Dem Herren hertzlich;
- Dem Fürsten treulich;
- Dem Nechsten redlich;
- Sterb ich / so sterb ich!
- (I,5,22)
- Deß Landes Leichendienst
- Das Land ist leider tod! drum wird es nun begraben.
- Die Städte / sind der Pfarr / die zum Gedächtnüß haben
- Die Spolien davon: Soldaten sind die Erben
- Die erben eh man stirbt / jhr Erb ist vnser sterben.
- (I,5,24)
- Glauben
- Luthrisch / Päbstisch vnd Calvinisch / diese Glauben alle
- drey
- Sind verhanden; doch ist Zweiffel / wo das Christenthum
- dann sey.
- (II,1,100)
- Redligkeit
- Wer gar zu bieder ist / bleibt zwar ein redlich Mann
- Bleibt aber wo er ist / kümmt selten höher an.
- (II,3,29)
- Beyderley Adel
- Kunst vnd Tugend / machet Adel; Adel machet auch / das
- Blut;
- Wann sie beyde sich vermählet / ist der Adel noch so gut:
- Adel / den die Kunst gebieret / hat gemeinlich diesen Mut
- Daß er mehr für Geld als Ehre / jmmerzu das seine thut.
- (III,6,11)
- Auff Glissam
- Glissa lieset gern in Büchern; Arndt / jhr liegt dein Parasiß
- Stets zur Hand / doch für den Augen deine Biebel / Amadiß.
- (III,10,85)
(aus Deutscher Sinn-Getichte drey Tausend, 1654)
Man kann sehen, dass Logau sich in seinen Epigrammen weder an die Forderung gehalten hat, dass ein Epigramm satirisch sein solle – obwohl er sie in der Vorrede An den Leser zitiert –, noch ist er immer dem Gebot der Kürze (brevitas) gefolgt, noch hat er alle seine Epigramme unter das Gesetz der „spitzfindigkeit“ (argutia) gestellt. Die Mehrzahl seiner Epigramme sind vor allem gnomische Epigramme. Ein Beispiel für den Typ des gnomischen Sinngedichts ist Lebens-Satzung. „Logau hat wohl gerade in solchen Sinnsprüchen sein Eigenstes gesehn“, meint Elschenbroich. Logaus Epigramme wenden sich vor allem an den Hof. Beispiele dafür sind die Gedichte Redligkeit, aber auch Beyderley Adel und Auff Glissam. Gegen die Städte wenden sich auch eine Mehrzahl von Logaus Epigrammen, der Beleg dafür ist das Epigramm Deß Landes Leichendienst. Das Epigramm Glauben verweist darauf, dass Logau wie viele Schriftsteller der Epoche ein irenischer Geist ist. Gegen den Anspruch der Konfessionen, jeweils das wahre Christentum zu vertreten, stellt er die Forderung nach einer überkonfessionellen Herzfrömmigkeit, die sich nicht in Bekenntnis und kirchlicher Praxis bewährt, sondern darin, dass der Gläubige sein Leben als Auftrag begreift und das Sterben willig auf sich nimmt (vgl. vor allem Lebens-Satzung).[10]
Das epigrammatische Werk Logaus ist reich an stilistischen Eigentümlichkeiten und kreativen Neubildungen: So lässt er oft Pronomen und Artikel weg, gebraucht Wortstämme im Neutrum wie „das Frei“ oder „das Wahr“ für Abstrakta wie Freiheit und Wahrheit, „seinerley“ oder „meinerley“ für „etwas, das wie seines (meines) war“, „wohlbesprecht“ für jemanden, der gut reden kann. Daneben schuf er viele Eindeutschungen („Beilaut“ für lat. accentus) und verwendete schlesische Provinzialismen.[11]
Schlussbemerkung
Keine Deutung der Wirklichkeit kann sich bei Logau so sehr durchsetzen, dass sie eine Einheit seiner Gedichtsammlung herstellte. Nur zwei Gedanken scheinen alles zu beherrschen: dass die Welt in Unordnung geraten ist und dass der Moralist und Kritiker (eben deshalb) bei ihrer Beschreibung kein Ende finden kann. Diese Gedanken verbinden sich mit einer wenig präzisen Vorstellung vom Wesen des Epigramms. Das erlaubt es dem Autor, die Sprechrollen je nach der Redesituation beliebig zu wechseln: Vom Lobgedicht geht er über zur Satire, von der „Lebens-Satzung“ zum unterhaltenden Epigramm. Der schnelle Wechsel der Sprechrollen und das Gebot „spitzfindigen“, d. h. witzigen Ausdrucks erlauben dem Autor freilich auch nicht mehr, die Spannungen und widersprüchlichen Interessen zu verbergen, von denen sein Leben bestimmt ist. Im Gegenteil: gerade im witzigen Sprechen kommen sie zur Geltung. So entsteht ein ganz gewiss nicht unparteilich gezeichnetes Bild der Epoche, aber doch eines, das uns viele Züge der damaligen Wirklichkeit enthüllt.[12]
Literatur
- Thomas Althaus, Sabine Seelbach (Hrsg.): Salomo in Schlesien. Beiträge zum 400. Geburtstag Friedrich von Logaus (1605–2005). (= Chloe. Beihefte zum Daphnis; 39). Rodopi, Amsterdam und New York 2006, ISBN 90-420-2066-0.
- Martin Bojanowski: Friedrich von Logau. In: Schlesische Lebensbilder. Hrsg. von der Historischen Kommission für Schlesien, Band 3, Breslau 1928, S. 10–19.
- Gerhard Dünnhaupt: Friedrich von Logau (1605–1655). In: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Band 4, Hiersemann, Stuttgart 1991, ISBN 3-7772-9122-6, S. 2584–2588 (Werk- und Literaturverzeichnis).
- Fabienne Malapert: Friedrich von Logau. Lang, Bern 2002.
- Andreas Palme: „Bücher haben auch jhr Glücke“. Die Sinngedichte Friedrich von Logaus und ihre Rezeptionsgeschichte. (= Erlanger Studien; Bd. 118). Palm & Enke, Erlangen 1998, ISBN 3-7896-0818-1.
- Michael Sachs: Gesundheit, Krankheit und Ärzte in den Sinngedichten Friedrich von Logaus (Februar 1605 – 25. August 1655). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 17, 1998, S. 65–88.
- Ulrich Seelbach: Biographie. In: Friedrich von Logau. Reimensprüche und andere Werke in Einzeldrucken. Niemeyer, Tübingen 1992, S. 23–32. Digitalisat
- Peter Ukena: Logau, Friedrich von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 116 f. (Digitalisat). (veraltet).
- Friedrich von Logau. In: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Kindlers Literatur Lexikon. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. 18 Bde. Metzler, Stuttgart/Weimar 2009, ISBN 978-3-476-04000-8, Bd. 10, S. 257–259. [Biogramm, Werkartikel zu Salomons von Golaw Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend von Theodor Verweyen.]
- Friedrich von Logau: Sinngedichte. In: Volker Meid (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Bd. 1: Renaissance und Barock. (=RUB. Nr. 7890). Reclam, Stuttgart 2000 [zuerst 1983], ISBN 978-3-15-007890-7, S. 255–257.
- Ernst-Peter Wieckenberg: Logau – Moralist und Satiriker. In: Volker Meid (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Bd. 1: Renaissance und Barock. (=RUB. Nr. 7890). Reclam, Stuttgart 2000 [zuerst 1983], ISBN 978-3-15-007890-7, S. 257–266.
Einzelnachweise
- Vgl. nebenstehende Thränen-Getichte, eine beim Begräbnis verteilte offizielle Funeralschrift; dazu Ulrich Seelbach: Biographie. In: Friedrich von Logau. Reimensprüche und andere Werke in Einzeldrucken. Tübingen 1992, S. 3*-7*; Ulrich Seelbach: Friedrich von Logau: Biographischer Abriss. In: Salomo in Schlesien. Beiträge zum 400. Geburtstag Friedrich von Logaus (1605-2005). Hrsg. von Thomas Althaus und Sabine Seelbach. Amsterdam 2006, S. 489–493; Wolfgang Harms: Art. Logau, Friedrich von. In: Killy. Literaturlexikon. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin 2010, S. 494.; Michael Sachs deutet hingegen die Angabe des 15. August im Totenbuch als Todestag (noch nach Julianischem Kalender), was nach Gregorianischem Kalender der 25. August ist.
- Johannes Grünewald: Beiträge zu schlesischen Presbyterologie aus den Kirchenbüchern von Nimptsch im 17. Jahrhundert. In: Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte. Band 59, 1980, S. 162–197, hier S. 188 (Angaben zum Sterbedatum der Mutter).
- Ernst-Peter Wieckenberg: Logau – Moralist und Satiriker. In: Volker Meid (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Bd. 1: Renaissance und Barock. (=RUB. Nr. 7890). Reclam, Stuttgart 2000 [zuerst 1983], ISBN 978-3-15-007890-7, S. 262.
- Klaus Conermann: Die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft 1617-1650. 527 Biographien. Weinheim 1985, S. 662
- Johannes Sinapius: Des Schlesischen Adels Anderer Theil, Oder Fortsetzung Schlesischer Curiositäten, Darinnen Die Gräflichen, Freyherrlichen und Adelichen Geschlechter [...]. Leipzig und Breslau (M. Rohrlach) 1728, S. 371
- Totenbuch der evangelischen Kirchengemeinde Zu unserer lieben Frau in Liegnitz (1655), Blatt 103r: „Den 15. Augustij: Jst (titul.) H. Friedrich von Logaw Fürstl. Liegn. Regierungs Rath außgeleutet worden. [...] Den 22. Augustij. ist der wol Edle gestrenge H. Friderich von Logaw [...] zu S. Johanniß beygesetzet worden [...]“, Archiwum Panstwowe w Legnicy, Signatur ULF. Kirche Lig. Nr. 97, S. 103, zitiert von Seelbach 1992, S. 5*.
- Seelbach (1998), S. 5*.
- C. W. Ramler, G. E. Lessing (Hrsg.): Friedrich von Logau: Sinngedichte. Zwölf Bücher. Mit Anmerkungen über die Sprache des Dichters. Weidmannische Buchhandlung, Leipzig 1759.
- Ulrich Seelbach, Friedrich von Logau (Eine Biographie) (abgerufen am 20. Februar 2016)
- Ernst-Peter Wieckenberg: Logau – Moralist und Satiriker. In: Volker Meid (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Bd. 1: Renaissance und Barock. (=RUB. Nr. 7890). Reclam, Stuttgart 2000 [zuerst 1983], ISBN 978-3-15-007890-7, S. 257–265.
- G. E. Lessing: Briefe, die neueste Literatur betreffend. Werke in acht Bänden, Band 4, Darmstadt 1996, 44. Brief, S. 154 ff.
- Ernst-Peter Wieckenberg: Logau – Moralist und Satiriker. In: Volker Meid (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen. Bd. 1: Renaissance und Barock. (=RUB. Nr. 7890). Reclam, Stuttgart 2000 [zuerst 1983], ISBN 978-3-15-007890-7, S. 265.
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