Franziskanerkloster Zittau
Das Franziskanerkloster Zittau ist ein Gebäudekomplex in der Altstadt von Zittau in Sachsen, der teils als Kirche und teils vom Kulturhistorischen Museum der Städtischen Museen Zittau genutzt wird. Das Kloster besteht aus der Klosterkirche St. Petri und Pauli, dem Heffterbau und den Resten des Kreuzgangs mit angrenzenden Klosterräumen sowie dem Friedhof.
Klosterkirche
Die Klosterkirche St. Peter und Paul nimmt den Südflügel der Klosteranlage ein und bildet mit ihrem markanten Turm einen wichtigen Orientierungspunkt im Stadtbild von Zittau. Sie wird von der Evangelischen Kirchgemeinde Zittau genutzt. Der Chor wurde dazu durch eine transparente Wand abgetrennt.
Geschichte
Die möglicherweise 1244 von Brüdern des 1210 gegründeten Franziskanerordens erbaute Kapelle des heiligen Nikolaus ist vermutlich mit der heutigen Sakristei, der früheren Nikolauskapelle im Süden identisch. Eventuell gründeten die Franziskaner, die zur Sächsischen Franziskanerprovinz (Saxonia) gehörten, erst in den 1260er-Jahren ein Kloster in Zittau. Erstmals urkundlich erwähnt wurde ein Franziskanerkonvent 1283, als der Guardian des Klosters, Pater Werner, als Zeuge genannt wird. Die Weihe des Hauptaltars im gotischen Chor der Klosterkirche erfolgte 1293. 1407 tagte das Provinzkapitel der Saxonia im Kloster in Zittau, das inzwischen offenbar ausreichend groß für die Aufnahme zahlreicher auswärtiger Brüder gewesen sein muss.[1]
Im Jahr 1480 erfolgten wesentliche Erweiterungen der Kirche im Westen und der Anbau des Turms. Das ursprünglich niedrigere Seitenschiff im Süden wurde auf die gleiche Höhe wie das Hauptschiff gebracht und eine Pfeilerreihe eingebaut. Als Folge der Reformation wurde das Kloster aufgelöst; der letzte Franziskaner starb 1554, und in diesem Jahr übernahm die Stadt Zittau die gesamten Konventsgebäude.[2]
In den Jahren 1652–1658 wurde die verfallene Kirche durch Martin Pötzsch aus Bautzen wiederaufgebaut, wobei das Bauwerk vollständig verputzt wurde. Nach 1662 bildete die Kirche die zweite Stadtkirche von Zittau. In den Jahren 1881/82 und 1976 erfolgten Restaurierungen der Kirche.
Architektur
Die Klosterkirche ist eine zweischiffige Hallenkirche mit einschiffigem Chor aus verputztem Sandstein mit hohem Satteldach. Der Chor liegt etwa in der Achse des nördlichen Schiffs, ist gerade geschlossen und zeigt in der Ostwand eine Gruppe von drei Lanzettfenstern. An der Nordseite des Chores ist eine der heiligen Katharina geweihte Kapelle aus dem 15. Jahrhundert angebaut, an der Südseite die Sakristei in den Räumen der ehemaligen Nikolauskapelle. Daran schließt sich der im Grundriss quadratische, in der oberen Hälfte ins Oktogon übergehende schlanke Turm aus dem 15. Jahrhundert an. Er wird durch eine Haube mit Laterne und geschweifter Spitze aus dem Jahr 1758 von Johann Andreas Hünigen abgeschlossen. Auf der Nordwand des Langhauses sind drei Spitzbogenfenster angeordnet. An der Südwand sind zwei spitzbogige Fenster, zwei Rundfenster und zwei Korbbogenfenster sowie die Noacksche Betstube zu finden. Diese ist ein kleiner Barockbau von 1696 mit Segmentgiebel, auf dem zwei liegende weibliche Figuren angeordnet sind. Zwischen dem zweiten und fünften Strebepfeiler ist eine barocke Loge von 1747 angebaut, am Turm ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.
Der Innenraum der fünfjochigen, zweischiffigen Hallenkirche ist mit Kreuzrippengewölben und einem Netzgewölbe im Joch am Übergang zum vierjochigen Chor abgeschlossen. Der Chor schließt sich über einen niedrigeren breiten Segmentbogen mit Diamantquadern an, ist mit Kreuzgewölben geschlossen und endet mit rechteckigem Chorschluss. Die zweijochige Sakristei wird von einem Kreuzgewölbe auf zierlichen frühgotischen Konsolen aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts geschlossen, der darüber liegende Raum mit einer Flachdecke des 17. Jahrhunderts. Die Konsolen der Gewölbeanfänger an der Nordwand sind mit stuckierter Ornamentik versehen, an der mittleren Konsole findet sich eine Tierdarstellung und an den westlich anschließenden je ein menschlicher Kopf. Die gotischen Pfeiler wurden im 17. Jahrhundert verputzt. Im Norden, Süden und Westen des Schiffes sind schlichte Holzemporen eingebaut. Im Chor sind an der Nord- und Südwand hölzerne, von reich geschmückten Konsolgesimsen getragene Emporen angebracht.
Ausstattung
Hauptstück der Ausstattung ist der reichverzierte barocke Altar mit vergoldetem Schnitzwerk aus den Jahren 1668/69. Die beiden hölzernen Figuren des Petrus und des Paulus seitlich des Altarbilds mit der Darstellung Christi stammen vermutlich aus dem ehemals gotischen Altar und sind von je zwei Säulen gerahmt. Über dem Gesims mit seitlichen Giebelansätzen, auf denen Engel sitzen, ist ein Aufbau mit dem Gemälde des Erlösers angeordnet, darüber befindet sich ein gesprengter Giebel mit den hölzernen Figuren Gottvaters und zweier Engel. Die beiden Gemälde sind Werke Johann Wilhelm Schobers aus Dresden aus dem Jahr 1675.
Die sechseckige Kanzel von Georg Bahns und Hans Bubenick aus den Jahren 1668/69 ist reich mit Fruchtgehängen, Dreiviertelsäulen und Voluten verziert und zeigt am Kanzelkorb Holzreliefs mit der Darstellung Christi und der Evangelisten. Im Jahr 1889 wurde die alte Fassung übermalt und 1974 wiederhergestellt. Die Kanzel steht vor einem steinernen Treppenbau mit Diamantquaderung, der bis zu den Emporen reicht und einen geschweiften Giebel mit Voluten und drei Obelisken trägt.
Die Orgel ist ein Werk der Firma Orgelbau A. Schuster & Sohn aus dem Jahr 1882 in einem Prospekt von Johann Valentin Engler aus den Jahren 1788–1791. Ein Beichtstuhl unterhalb der Westempore stammt aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. An der Treppe zur südlichen Chorempore ist eine reich verzierte Tür aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts angebracht. Das Chorgestühl mit Resten ornamentaler Malerei stammt aus dem 15. Jahrhundert. Neben dem Altar sind vier wohlgestaltete Barockepitaphien angebracht.
Geläut
Das Geläut besteht aus drei Bronzeglocken, der Glockenstuhl ist aus Eichenholz wie auch die Joche gefertigt.[3] Es folgt eine Datenübersicht des Geläutes:[3]
Nr. | Gussdatum | Gießer | Durchmesser | Masse | Schlagton |
---|---|---|---|---|---|
1 | 1922 | Glockengießerei Gebr. Ulrich | 848 mm | 415 kg | a′ |
2 | 1920 | Glockengießerei Gebr. Ulrich | 810 mm | 319 kg | h′ |
3 | 1761 | Glockengießerei Fr. Körner | 782 mm | 296 kg | cis″ |
Heffterbau
Nordwestlich der Kirche liegt der nach dem Bürgermeister Heinrich von Heffter benannte spätgotische Bau, der in den Jahren 1652–62 durch den Baumeister Martin Pötzsch mit dem prächtigen frühbarocken Nordgiebel ausgestattet wurde. Das Bauwerk wurde seit 1990 restauriert. Der Heffterbau ist ein dreigeschossiger Bau auf rechteckigem Grundriss, dessen Obergeschosse durch einen Treppenturm an der Westseite erschlossen werden. Der künstlerisch wertvolle Nordgiebel ist in drei Geschosse mit seitlichen Voluten gegliedert, die mit je einem Obelisken versehen sind. Die Fenster werden durch Halbsäulen und verkröpfte Gesimse gegliedert.
Im Innern sind die beiden unteren Geschosse mit Holzbalkendecken abgeschlossen. Im Obergeschoss liegt ein großer Saal mit Pilastergliederung in der Attikazone aus dem Jahr 1709. An der Decke sind Gemälde mit Stuckrahmen und allegorischen und mythologischen Darstellungen von Nikolaus Prescher angeordnet. Im Zentrum ist die Vorstellung der Pandora durch Jupiter dargestellt; in den seitlichen Medaillons sind Darstellungen von Wahrheit, Hygieia, Gerechtigkeit und Religion zu finden.
Kreuzgang
Nordöstlich der Kirche liegen sechs Joche des ehemaligen Kreuzgangs mit Kreuzrippengewölbe, an die sich östlich der Kapitelsaal und der Vorraum anschließen, die mit reichen Gewölben aus Dreistrahlfiguren über je einem zentralen Pfeiler geschlossen sind. Im Obergeschoss ist die ursprüngliche Raumstruktur des Klosters mit einem Mittelgang mit Blendarkaden und seitlich abgehenden Zellen weitgehend erhalten.
Im Jahr 2008 wurden gotische Wandmalereien mit einer Darstellung des Jungbrunnens im Obergeschoss der Klostergebäude freigelegt. Sie stellen Menschen verschiedener Lebensalter und Stände dar, die zum Brunnen streben und damit den Wunschtraum von einem ewigen Leben symbolisieren. Eine derartige Darstellung gilt als ein einmaliges Dokument aus dem 15. Jahrhundert nördlich der Alpen.[4]
Friedhof
Auf dem Hof der Klosteranlage liegt der Friedhof mit zahlreichen prächtigen Gruftbauten aus der Zeit zwischen 1675 und 1725. Besonders aufwändig ist die Gruft für Johann Karl Kühn an der Südwestecke aus dem Jahr 1723 gestaltet. Der breit proportionierte Bau hat ein Flachbogenportal in der Mitte, in den Zwickeln Rankenwerk und seitlich je zwei Säulen mit Kompositkapitellen, die ein verkröpftes Gesims tragen. Darüber ist ein geschweifter Giebel angeordnet, der von einer Vase und zwei Engeln bekrönt ist und von je zwei Frauenfiguren über einer Balustrade flankiert wird.
Unmittelbar daneben findet sich die Gruft für Johann Friedrich Jung aus dem Jahr 1718. Sie zeigt eine große Korbbogenöffnung in der Mitte mit einem kräftigen Schlussstein. Seitlich sind je eine korinthische Säule und ein korinthischer Pilaster angeordnet, in den Zwischenräumen zwei Nischen mit den Allegorien der Liebe und des Neides. Darüber ist ein verkröpftes Gesims zu finden, das von einem Segmentbogengiebel mit zwei Engelsfiguren abgeschlossen wird.
Literatur
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen I. Regierungsbezirk Dresden. Deutscher Kunstverlag, München 1996, ISBN 3-422-03043-3, S. 876–879.
- Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg. vom Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 373.
Weblinks
Einzelnachweise
- Dieter Berg: Spuren franziskanischer Geschichte. Chronologischer Abriß der Geschichte der Sächsischen Franziskanerprovinzen von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Werl 1999, S.43.75.143.
- Dieter Berg: Spuren franziskanischer Geschichte. Werl 1999, S. 301.
- Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 373.
- Website der Städtischen Museen Zittau Abgerufen am 18. März 2021.