Schlagton
Der Schlagton ist ein wahrgenommener Tonhöheneindruck. Mit ihm wird die Tonhöhe einer Glocke benannt, daher wird in der Campanologie vermehrt die neuere Bezeichnung Nominal- oder Nennton verwendet.[1]
Der Schlagton ist im Klangsprektrum einer Glocke in der Regel nicht als physikalisch messbare Einzelfrequenz vorhanden, sondern wird vom menschlichen Gehör aus dem Zusammenklang derjenigen Teiltöne einer Glocke gebildet, die der Obertonreihe entsprechen (Residualton).
Benennung der Teiltöne
In der Campanologie hat sich die Benennung der Teiltöne nach der heutigen Standardglocke, der reinen Oktavglocke, etabliert. Ausgehend vom tiefsten Teilton, dem Unterton (bei der Oktavglocke eine Oktave unter dem Schlagton), folgen die höheren Teiltöne, die mit dem Namen des Intervalls bezeichnet werden, um das sie oberhalb des Schlagtons liegen:
Bei alten Glocken bleibt diese Terminologie erhalten, obwohl manche der Teiltöne nicht mit dem sie bezeichnenden Intervall übereinstimmen. So kann beispielsweise die Quinte zur Quarte vertieft sein, oder die Prime um bis zu einen Ganzton vom Schlagton abweichen. Toleranzgrenzen für diese Abweichungen bei neuen Glocken werden in den Limburger Richtlinien von 1951 definiert, einer Übereinkunft zwischen dem Beratungsausschuß für das deutsche Glockenwesen und dem Verband deutscher Glockengießer.[2]
Die für Glocken typischen Abweichungen von den Tönen der gleichstufig temperierten Stimmung werden in Sechzehnteln eines Halbtones angegeben. Bezugston ist a1 = 435 Hz.
Obertonreihe
Nur jene Teiltöne der Glocke, deren Frequenzen in etwa eine Obertonreihe aus ganzzahligen Vielfachen eines nicht vorhandenen, nur gehörmäßig erfassbaren Grundtons bilden, also:
- Oktave (doppelte Frequenz)
- Duodezime (dreifache Frequenz)
- Doppeloktave (vierfache Frequenz) usw.,[3]
tragen zur Bildung des Schlagtons als gerade dieses Grundtons bei. Sie werden auch als Schlagtonbildner bezeichnet.
Die Frequenzverhältnisse der Obertöne müssen nicht ganz exakt sein, um einen deutlich ausgeprägten Schlagton zu bilden. Wenn sie allerdings untereinander zu stark verstimmt sind, wie z. B. bei manchen Bienenkorb- und Zuckerhutglocken, wird kein eindeutiger Schlagton wahrgenommen.
Schlagton bei kleinen Glocken
Bei sehr kleinen Glocken liegen die sonst schlagtonbildenden Teiltöne in einem Frequenzbereich, für den das Gehör wenig empfindlich ist, während die tiefsten Teiltöne in einem günstigeren Bereich liegen und besser hörbar sind. Für kleine Glocken wird daher ein Schlagton aus Unterton, Prime und Oktave wahrgenommen, der im Bereich des Untertons liegt, also etwa eine Oktave tiefer als gewöhnlich.[4]
Schlagton bei großen Glocken
Nebenschlagtöne sind ebenfalls Residualtöne, die aus anderen Teiltönen der Glocke gebildet werden.
Der wichtigste davon ist der Quart-Nebenschlagton, der etwa eine Quarte über dem Schlagton liegt, manchmal auch nur etwa eine große Terz. Gebildet wird er aus den Teiltönen
- Undezime (doppelte Frequenz)
- Doppeloktave (dreifache Frequenz) sowie
- weiteren höheren Teiltönen.
Dieser Nebenschlagton tritt besonders bei großen und tiefen Glocken auf, da bei ihnen die hohen Teiltöne, die zur Residualtonbildung beitragen, in einem Frequenzbereich liegen, für die das Gehör besonders empfindlich ist.[4]
Berechnung
Die Schlagtonerrechnung nach J. F. Schouten[1] gilt heute als veraltet, weil sie weder die Teiltonamplituden noch die Physiologie des menschlichen Ohres berücksichtigt. In erster Näherung liegt der Schlagton aber fast immer – ausgenommen bei sehr kleinen Glocken – im Oktavabstand unter dem Teilton Oktave (Regel von Rayleigh).[4]
Siehe auch
Literatur
- Gothard Bruhn: Über die Hörbarkeit von Glockenschlagtönen. Bosse, Regensburg 1980.
- William A. Hibbert: The Quantification of Strike Pitch and Pitch Shifts in Church Bells. (Dissertation), 2008. (online)
- André Lehr: De betekenis van de duodeciem voor de vorming van de slagtoon. (online (Memento vom 1. November 2007 im Internet Archive))
Weblinks
- Besonderheiten im Klangaufbau und in der Wahrnehmung von Glockenklängen (Memento vom 13. März 2007 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- Claus Peter: Glocken, Geläute und Turmuhren in Bamberg. Heinrichs-Verlag, Bamberg 2008, S. 351.
- Limburger Richtlinien für die klangliche Beurteilung neuer Glocken, Limburg 1951. Wiedergegeben in: Kurt Kramer, Beratungsausschuß für das Deutsche Glockenwesen (Hrsg.): Glocken in Geschichte und Gegenwart. Beiträge zur Glockenkunde, Bd. 1. Badenia-Verlag, Karlsruhe 1986.
- Gerhard D. Wagner: Die Schlagton-Errechnung nach Schouten. In: Kurt Kramer, Beratungsausschuß für das Deutsche Glockenwesen (Hrsg.): Glocken in Geschichte und Gegenwart. Beiträge zur Glockenkunde, Bd. 1. Badenia-Verlag, Karlsruhe 1986.
- Jörg Wernisch: Glockenkunde von Österreich. Journal-Verlag, Lienz 2006.