František Kriegel
František Kriegel (* 10. April 1908 in Stanislau; † 3. Dezember 1979 in Prag) war ein reformkommunistischer Politiker der Tschechoslowakei. Seit 1987 wird ihm zu Ehren jährlich der František–Kriegel–Preis vergeben.[1]
Leben
Kriegels Vater war Österreicher. Seine Mutter war Jüdin. Er wuchs in einem multinationalen Ambiente auf. Galizien war vorwiegend von verschiedenen slawischen Völkern – Ukrainern, Russen, Polen und Tschechen – besiedelt und gehörte bis 1919 zur österreichischen Reichshälfte der k.u k. Monarchie und ab 1919 zu Polen.
Ein Studium an einer polnischen Universität blieb dem jüdisch-stämmigen Kriegel durch einen Numerus clausus mit antisemitischer Auslegung versagt und so schrieb er sich an der deutschen Karls-Universität Prag für ein Medizinstudium ein. Zwischen 1934 und 1936 praktizierte er dann an der Inneren Klinik in Prag.
1936, nach dem Putsch der klerikal-faschistischen Kräfte unter Franco, ging er nach Spanien und kämpfte in den Reihen der Internationalen Brigaden auf Seiten der Zweiten Spanischen Republik. 1939 verließ Major Kriegel zusammen mit den geschlagenen republikanischen Verbänden Spanien und wurde in Frankreich offenbar nur vorübergehend interniert. Er war einer der wenigen, die dieser Tragödie entkamen.
1940 tauchte er auf Seiten der Chinesischen Roten Armee unter Mao Zedong in China auf. Seine fernöstliche Episode endete 1945 in Burma an Seiten der U.S. Army im Kampf gegen die Japaner.
1945 kehrte er in die Tschechoslowakei zurück und wurde im ČKD Sokolovo aktiv. In der KSČ Praha wurde er ein führendes Mitglied. Während der Auseinandersetzungen zwischen bürgerlichen Kräften und der KSČ im Februar 1948 spielte er als Kommissar der Volksmiliz in Prag eine führende Rolle. Auch wurde er mit anderen späteren Protagonisten des Prager Frühlings wie Josef Smrkovský bekannt.
1949 und 1950 wurde er stellvertretender Gesundheitsminister und war verantwortlich für die Umsetzung der Programmatik seiner Partei in diesem Bereich. In den 1950er-Jahren bekam er Probleme im Rahmen des Kampfes gegen den Zionismus. Zwischen 1963 und 1969 war er Berater für Gesundheitsfragen in Kuba und arbeitete eng mit Fidel Castro zusammen.
In den 1960er Jahren stieg er in die Führungskreise der KSČ auf. 1968 spielte er als Vorsitzender der Nationalen Front eine führende Rolle im Prager Frühling – einer Suche nach einem Dritten Weg jenseits des Stalinismus. Nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts wurde er mitsamt der gesamten Führung – Alexander Dubček, Oldřich Černík, Josef Smrkovský, J. Špaček, B. Šimon, Ludvík Svoboda – nach Moskau gebracht. Als einziges Mitglied der tschechoslowakischen Delegation hat er es abgelehnt, das Moskauer Protokoll zu unterschreiben, das unter dem Diktat der Moskauer Parteiführung zustande gekommen war und das Ende des Prager Frühlings bedeutete. Im Oktober 1968 hat er gegen den Vertrag über die "vorläufige Stationierung" sowjetischer Truppen auf dem Gebiet der Tschechoslowakei gestimmt.
1969 wurde er aus der KSČ ausgeschlossen. 1977 unterzeichnete er die Charta 77. Er wurde von der Staatssicherheit überwacht und starb 1979 unter ärmlichen materiellen Bedingungen.
Literatur
- František Kriegel, in: Internationales Biographisches Archiv 03/1980 vom 7. Januar 1980, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)