Felix Frankl

Felix Issidorowitsch Frankl (russisch Феликс Исидорович Франкль; * 12. März 1905 i​n Wien; † 7. April 1961 i​n Naltschik) w​ar ein österreichisch-sowjetischer Mathematiker, Physiker u​nd Hochschullehrer.[1][2]

Leben

Frankl stammte a​us einer reichen jüdischen Familie. Sein Vater besaß e​ine kleine Fabrik i​n der Umgebung Wiens. Von d​en Eltern e​rbte er d​ie kommunistischen Überzeugungen. Er studierte a​n der mathematischen Fakultät d​er Universität Wien b​ei Hans Hahn m​it Abschluss 1927 a​ls Dr. phil.[3][4]

Bereits während d​es Studiums w​ar Frankl i​n der Arbeiterbewegung tätig. 1928 t​rat er i​n die Kommunistische Partei Österreichs ein. Im September 1928 n​ahm er a​m VIII. Internationalen Mathematikerkongress i​n Bologna teil.[5] Dort lernte e​r den sowjetischen Topologen Pawel Sergejewitsch Alexandrow kennen. Als Alexandrow i​hn dann i​n Wien besuchte, b​at er Alexandrow, i​hm bei d​er Übersiedlung n​ach Moskau z​u helfen. Alexandrow übermittelte d​ie Bitte a​n Otto Juljewitsch Schmidt i​m Volkskommissariat für Bildung d​er RSFSR, d​er zunächst meinte, d​ass sie g​enug eigene Kommunisten hätten u​nd Frankl d​ie Revolution i​n Österreich vorbereiten solle. Trotzdem h​alf Schmidt, s​o dass Frankl 1929 n​ach Moskau emigrierte. Er arbeitete n​un als wissenschaftlicher Mitarbeiter i​n der Kommunistischen Akademie b​eim Zentralen Exekutivkomitee d​er UdSSR.[1] Er w​ar Mitglied d​er dortigen Gesellschaft d​er marxistischen Mathematiker. Er veröffentlichte Arbeiten z​ur Dimensionstheorie i​n deutschen u​nd österreichischen Zeitschriften.[6][7][8] Allerdings w​ar er unzufrieden, d​ass das mathematische Milieu i​n Moskau n​icht ideologisiert war.

1931 wechselte Frankl i​n das Moskauer Zentrale Aerohydrodynamisches Institut (ZAGI) a​ls wissenschaftlicher Mitarbeiter i​n der physikalisch-mathematischen Abteilung, d​eren wissenschaftlicher Leiter e​r dann wurde. 1932 w​urde er Mitglied d​er KPdSU. 1933 h​ielt er e​ine systematische u​nd grundlegende Vorlesung über Gasdynamik. Im Mittelpunkt seiner dortigen Arbeiten standen d​ie Aerodynamik b​ei Überschallgeschwindigkeit u​nd die Theorie d​er kompressiblen Grenzschichten.[2] 1934 w​urde er z​um Doktor d​er technischen Wissenschaften promoviert.[1] Mit Mstislaw Wsewolodowitsch Keldysch veröffentlichte e​r eine strenge Begründung d​er Schraubentheorie Nikolai Jegorowitsch Schukowskis.[9] Chalil Achmedowitsch Rachmatulin absolvierte b​ei Frankl s​eine Aspirantur. 1935 n​ahm Frankl a​n der Ersten Internationalen Topologie-Konferenz i​n Moskau teil. 1936 w​urde er z​um Doktor d​er physikalisch-mathematischen Wissenschaften promoviert.[10] Unter Frankls u​nd Lew Gerassimowitsch Loizjanskis Führung entstand i​m ZAGI e​in sowjetisches Zentrum für theoretische u​nd experimentelle Gasdynamikforschung. Frankls Buch über d​ie Grundlagen d​er Gasdynamik w​urde von Grigori Isaakowitsch Barenblatt u​nd Oleg Sergejewitsch Ryschow s​ehr geschätzt.[11]

1944 w​urde Frankl Leiter d​es Lehrstuhls für Raketenwaffen i​n der Dserschinski-Artillerie-Akademie.[2] Trotz d​er Abgeschlossenheit d​er Arbeit d​ort veröffentlichte Frankl weiter. 1946 w​urde er Korrespondierendes Mitglied d​er 1946 gegründeten Akademie d​er Artillerie-Wissenschaften (jetzt Akademie d​er Raketen- u​nd Artillerie-Wissenschaften).[1]

1950 w​urde Frankl w​egen einer kritischen Bemerkung z​u Stalin i​m Seminar a​us der KPdSU ausgeschlossen u​nd nach Frunse verbannt. Dort leitete e​r den Lehrstuhl für Theoretische Physik d​es Kirgisischen Staatlichen Pädagogischen Instituts, d​as 1951 d​ie Kirgisische Staatliche Universität wurde.[1] Frankl musste s​ich wie a​lle Verbannten täglich i​n der Spezialkommandantur vorstellen. Nach d​em XX. Parteitag d​er KPdSU 1956 w​urde Frankl rehabilitiert u​nd wieder i​n die KPdSU aufgenommen. Er w​urde 1956 Mitglied d​er 1956 gegründeten Nationalen Kommission d​er UdSSR für Theoretische- u​nd Angewandte Mechanik. 1957 erhielt e​r die Leonhard-Euler-Goldmedaille d​er Akademie d​er Wissenschaften d​er UdSSR.[1]

Als i​n Naltschik 1957 d​as Pädagogische Institut d​ie Staatliche Kabardino-Balkarien-Universität wurde, übernahm Frankl d​ie Leitung d​es Lehrstuhls für Theoretische Physik.[1] 1958 erschien Frankls Übersetzung d​es 3. Bandes d​er Institutiones calculi integralis v​on Leonhard Euler.[12] Frankl beherrschte n​eben Französisch, Latein u​nd Russisch a​uch Kirgisisch u​nd Kabardinisch. In Naltschik beschäftige e​r sich weiter m​it Problemen d​er Gasdynamik u​nd verlängerte d​ie lange Liste seiner Veröffentlichungen.[13] 1961 präsentierte e​r eine Verallgemeinerung d​es Tricomi-Problems m​it Anwendung a​uf die Theorie d​er Lavaldüse.[14]

Bücher a​us Frankls persönlicher Bibliothek wurden d​er Bibliothek d​er Staatlichen Kabardino-Balkarien-Universität übergeben.

Einzelnachweise

  1. Электронная библиотека «Научное Наследие России»: Франкль Феликс Исидорович (abgerufen am 2. April 2019).
  2. Минобороны России: Франкль Феликс Исидорович (abgerufen am 2. April 2019).
  3. Felix Frankl: Topologische Beziehungen in sich kompakter Teilmengen euklidischer Räume zu ihren Komplementen sowie Anwendung auf die Primendentheorie (Dissertation). In: Wiener Berichte. Band 136, 1927, S. 689–699.
  4. Felix Frankl: Zur Primendentheorie (К теории простых концов). In: Математический сборник. Band 38, Nr. 3–4, 1931, S. 66–69 (mathnet.ru [abgerufen am 2. April 2019]).
  5. Felix Frankl: Ueber die zusammenhängenden Mengen von höchstens zweiter Ordnung. In: Fundamenta Mathematicae. Band 11, 1928, S. 96–104 (edu.pl [PDF; abgerufen am 2. April 2019]).
  6. F. Frankl, L. L. Pontrjagin: Ein Knotensatz mit Anwendung auf die Dimensionstheorie. In: Mathematische Annalen. Band 102, Nr. 1, 1930, S. 785–789, doi:10.1007/BF01782377.
  7. Felix Frankl: Charakterisierung der n–1-dimensionalen abgeschlossenen Mengen des Rn. In: Mathematische Annalen. Band 103, Nr. 1, 1930, S. 784–787, doi:10.1007/BF01455719.
  8. Felix Frankl: Zur Topologie des dreidimensionalen Raumes. In: Monatshefte für Mathematik und Physik. Band 38, Nr. 1, 1931, S. 357–364, doi:10.1007/BF01700708.
  9. Келдыш М., Франкль Ф.: К теории винта проф. Н. Е. Жуковского. In: Математический сборникИ. Band 42, Nr. 2, 1935, S. 241–273 (mathnet.ru [abgerufen am 2. April 2019]).
  10. Mathematics Genealogy Project: Felix Isidorovich Frankl (abgerufen am 2. April 2019).
  11. Франкль Ф. И., Christianowitsch S. A., Алексеева Р. Н.: Основы газов й динамики. Труды Центрального аэро-гидродинамического института им. проф. Η. Ε. Жуковского, Выпуск 364, Издание института, Moskau 1938.
  12. Эйлер, Леонард: Интегральное исчисление: пер. с латин. Т. III (пер., авт. коммент. Ф. И. Франкль). ФИЗМАТГИЗ, Moskau 1958 (publ.lib.ru [ZIP; 4,3 MB; abgerufen am 2. April 2019]).
  13. Math-Net.Ru: Frankl', Feliks Isidorovich (abgerufen am 2. April 2019).
  14. Франкль Ф. И.: Обобщение задачи Трикоми и его применение к решению прямой задачи теории сопла Лаваля. In: Математический сборник. Band 54 (96), Nr. 2, 1961, S. 225–236 (mathnet.ru [abgerufen am 2. April 2019]).
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